Herr Minister, ich habe Sie zuvor als „dienstlich verhindert“ bezeichnet. Vielleicht können Sie den Widerspruch aufklären, dass Sie doch leibhaftig unter uns sein können.
Herr Präsident! Es gibt Unterschiede zwischen der Statistik und der Realität. Ich bin hier in der Realität.
Heute findet die Sitzung des Senats der Max-Planck-Gesellschaft statt, in dem ich Mitglied bin. Da ich aber im Landtag diese Große Anfrage der Fraktion GRÜNE zu beantworten habe und nachher ein Gesetz, das wieder einmal die Autonomiefreundlichkeit der Landesregierung unterstreicht, zu vertreten habe, habe ich mich natürlich entschieden, nicht zur Max-Planck-Gesellschaft zu gehen, sondern in unseren Landtag zu kommen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge- ordneten der SPD – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Es ist gut, dass diese Selbstverständlichkeit noch ein- mal betont wird! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Zah- len Sie dann dafür? – Unruhe)
Das Phänomen, meine Damen und Herren, um das es geht, ist bekannt. Aufgrund der demografischen Situation steigen nämlich die Studierendenzahlen, und außerdem kommt ein doppelter Abiturjahrgang auf uns zu. Die Landesregierung hat mit der Vorlage und der Finanzierung eines Programms beispielhaft gehandelt. Herr Abg. Dr. Schüle hat eigentlich alles Wesentliche dargestellt.
Daher kann ich mich darauf beschränken, einige Argumente, die die Opposition angeführt hat, oder das, was die Opposition nicht an Argumenten gebracht hat, zu kommentieren.
Das ist insofern nicht ganz schwierig, als die Argumente der Opposition in der Tat von gestern gewesen sind.
(Abg. Martin Rivoir SPD: Na, na, na! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Aber die Fragen sind topaktuell! – Wei- tere Zurufe von der SPD und des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)
Wir haben in der Tat einen Masterplan eingerichtet, der in drei Stufen – genau entlang der statistischen Schätzung, aber jeweils modifiziert nach den realen Bedürfnissen und den realen Studienzahlen der vorhergehenden Tranche – einen Aufbau von Studienplätzen vorsieht. Es ist also ein „atmendes“ System. Denn man kann die zusätzlich notwendigen Studienanfängerplätze über einen so langen Zeitraum nicht völlig exakt durchplanen.
Insofern passen wir in jeder neuen Tranche die Zahl der neu einzurichtenden Studienplätze gemäß den Erfahrungen mit den wirklich angenommenen Studienplätzen der vorhergehenden Tranche an.
Es ist auch vernünftig, dass wir diese Planungen gemeinsam mit denjenigen vorgenommen haben, die die Absolventinnen und Absolventen schließlich einstellen müssen. Wir richten uns also nach dem Bedarf auf dem Arbeitsmarkt.
Es ist auch wichtig, dass es nicht um einen rein quantitativen Ausbau geht. Bildungspolitik ist nicht nur eine Angelegenheit von Quantität, sondern ganz wesentlich auch eine Angelegenheit von Qualität.
Was die Dimensionierung betrifft, so basieren die 16 000 zusätzlichen Studienanfängerplätze in der Spitze auf einer Quote des Übergangs der Hochschulzugangsberechtigten auf die Hochschulen von 75 %. Diese Quote wird derzeit unter Berücksichtigung der Hochschulen, der Berufsakademien und der Hochschulen für öffentliche Verwaltung fast exakt eingehalten.
Allerdings müssen wir stets berücksichtigen, dass die Abiturienten nur verzögert an die Hochschulen kommen. Durch verschiedene Phänomene – Wehrdienst, freiwilliges soziales Jahr – macht die Zahl der Abiturienten, die nach dem Abitur ein Studium aufnehmen, oft nur die Hälfte des Potenzials aus. Insofern werden auch nach 2012 Angehörige des doppelten Abiturjahrgangs noch einige Jahre später in die Hochschulen kommen, und der doppelte Abiturjahrgang ist dann sozusagen kein doppelter. Es geht also ohnehin nur um die Hälfte der Hochschulzugangsberechtigten und davon wiederum um etwa 50 % im Jahr 2012. Insofern ist die Dimensionierung mit 16 000 Studienanfängerplätzen genau richtig.
Herr Minister, Sie sagten eben, Sie würden die Zahlen in Bezug auf den notwendigen Ausbau im Rahmen dieses „atmenden“ Systems immer aktuell anpassen. Sie haben gegenüber dem Bund zugesagt, dass wir in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2008 4 200 zusätzliche Anfängerplätze geschaffen haben, um die Verpflichtungen des Hochschulpakts zu erfüllen. Davon sind wir weit entfernt, wenn man vom Ausgangsjahr 2005 ausgeht. Was heißt das für Sie für die nächste Tranche? Wie viele zusätzliche Anfängerplätze wollen Sie für 2009 schaffen? Welche Verabredungen soll es da geben, und wie viel Geld stellen Sie dafür zur Verfügung?
Die Zahl der Studienanfänger im Land – man muss ja die Zahl der Studienanfänger von den Studienplatzzahlen unterscheiden – ist vom Wintersemester 2006/07 auf das Wintersemes ter 2007/08 unter Einschluss der Berufsakademien um 2,4 % gestiegen. Das sind die endgültigen Zahlen; das sind keine Statistiken, Herr Rivoir. Das sind die Zahlen, die jetzt von den Hochschulen für die wirklich aufgenommene Zahl an Erstsemestern endgültig gemeldet worden sind.
Gleichzeitig gehen die Zahlen der Studierenden leicht zurück, weil die Verweildauer zurückgeht, das heißt, die Studienzeiten sich verkürzen. Dadurch sinkt die Zahl der Studierenden, während die Zahl der Studienanfänger wächst. Beides ist eigentlich eine sehr gesunde Entwicklung.
Herr Rivoir, ich will jetzt nicht wieder Einstein zitieren und feststellen, dass plus plus ist und minus minus.
(Abg. Martin Rivoir SPD: Immer das Gleiche! Ihre Witze werden nicht besser! Sie wiederholen sie nur!)
(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. Martin Rivoir SPD: Wenn Sie gestern auf mei- ne Fragen von gestern keine Antwort gaben, muss ich sie heute halt noch einmal stellen! Ganz einfach!)
Die neu eingerichteten Studiengänge der ersten Tranche sind zum allergrößten Teil angenommen worden. Das heißt, wir haben auch die richtigen Studiengänge ausgewählt. Dies bedeutet gleichzeitig einen Zuwachs an Studierenden, an Erstsemestern im Bereich Naturwissenschaft und Technik. Das geschah gezielt, denn wir müssen vor allem den Mangel an Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Technikern angehen.
Was das Bundesgeld anbetrifft, ist die Dimensionierung von Bundes- und Landesgeld völlig ausreichend, um die zusätzlichen Studienplätze zu finanzieren. Alle, die sagen, das Geld reiche nicht aus, unterschätzen die wirkliche Zahl, denn es geschieht natürlich eine Implementierung in vorhandene Institutionen. Damit kann man nicht so kalkulieren, als würden wir eine komplett neue Institution schaffen, was die Grünen übrigens mit ihrer 2012-Universität wollen.
Die Mittel des Bundes werden übrigens nicht pro Jahr abgerechnet, sondern das ist eine Summe, die nach dem König steiner Schlüssel zur Verfügung gestellt wird, und zwar nach dem „Königsteiner Schlüssel alt“ ohne West-Berlin und Stadtstaaten. Das Geld, das an uns fließt, wird nach Ablauf des Hochschulpakts spitz abgerechnet. Die Verpflichtung wird über die gesamte Periode gesehen, und deshalb sollten wir im Grunde genommen auch unsere Kalkulation über die gesamte Periode sehen.
Das Zweite: Es muss auch nichts zurücküberwiesen werden, wie Sie suggerieren, sondern das wird in einer sich eventuell anschließenden nächsten Phase verrechnet werden. Insofern sind die Verhältnisse eben anders, Frau Bauer, als Sie sie sich wünschen oder denken, als Sie erfahren haben oder vermuten.
Der Ausbau erfolgt in den Jahren 2009/2010 sowie 2010/2011 – das ist jetzt die nächste Tranche – mit wiederum etwa 3 000 zusätzlichen Studienanfängerplätzen; auch in der ersten Tranche sind 3 000 geschaffen worden. Im Durchschnitt sind es 3 200 Plätze, weil wir zu dem doppelten Abiturjahrgang hin die Zahl der Studienanfängerplätze natürlich steigern müssen. Für diese Tranche arbeiten wir genau entlang des Masterplans; Sie können sich das ansehen.
Es gibt aus den Hochschulen aber mehr Vorschläge. Was jetzt in der Bewilligungsphase ist, ist übrigens jener Teil der Vorschläge, die 2009/2010 realisiert werden. Aus diesen Vorschlägen werden wir aber einiges auch noch 2010/2011 realisieren. Man muss sehen, dass in dieser Tranche zwei Wintersemester liegen und damit zwei Studienanfängerzeiten. In diesen Zeiten werden jeweils andere zusätzliche Studiengänge eingerichtet.
Dass man mehr Vorschläge macht, als angenommen werden können, ist in der Wissenschaft völlig selbstverständlich. Wenn es aber um Qualität und nicht nur um Quantität geht, müssen wir auch nach qualitativen Gesichtspunkten unter den Vorschlägen der Hochschulen auswählen können, welche zu realisieren sind.