Was die Universitäten betrifft, so ist das Bild der realen Zugänge differenziert. Es gibt Universitäten mit einem Plus, es gibt Universitäten mit einem Minus. Wir haben das mit den Rektoren der Universitäten ausführlich diskutiert.
Es gibt an den Universitäten erheblich mehr Bewerbungen als früher. Notwendig ist eine Strukturierung der Verfahren. Die Bewerbungen an den Universitäten sind sehr viel weniger regional und lokal bezogen als an den Fachhochschulen; es sind in der Regel bundesweite Bewerbungen. Deshalb waren wir dafür und haben das auch umgesetzt, dass die ZVS im Grunde genommen in eine Serviceagentur für die Organisation der Anmeldungen umgewandelt wird, um die Annahmemöglichkeiten der Universitäten zu verbessern. Das wird die Lage erheblich verbessern, und wir sind im Gespräch mit den Universitäten, damit sie ihre Annahmeverfahren optimieren. Denn hier geht man sozusagen dorthin, wo die erste Annahme er
folgt ist. Es lehnt kaum jemand einen Studienplatz ab, wenn er angenommen wird, und wartet ab, ob die nächste Hochschule ihn vielleicht doch noch annimmt.
Insofern wird sich dort die Lage des Annahmeverhaltens verbessern, und damit werden sich auch die Zahlen an den Universitäten verändern.
Herr Rivoir, es gab noch ein paar Argumente, die Sie sozusagen abseits des Themas 2012 aus der Rede von Herrn Umbach genannt haben – jedenfalls haben Sie geglaubt, sinngemäß zu zitieren. Baden-Württemberg ist nicht nur das erste Land, das im Rahmen des Programms „Hochschule 2012“ handelt, also zusätzliche Studienplätze aufbaut, sondern wir haben auch Bürokratieabbau geleistet. Wir wissen, dass eine regelmäßige Evaluation und eine regelmäßige Akkreditierung und Reakkreditierung nicht nur die Hochschulen überforderte, sondern bedeuten würde, dass ein größerer Teil unserer exzellenten Professoren und Professorinnen nur noch als Peers, Akkreditierer und Evaluierer unterwegs wären.
Deshalb verzichten wir auf die regelmäßige Evaluierung. Es wird die anlassbezogene Evaluierung geben – auch fächer übergreifend und hochschulartenübergreifend –, und wir haben in der Kultusministerkonferenz durchgesetzt, dass an die Stelle der Einzelakkreditierung von Studiengängen die System akkreditierung der Einrichtungen tritt und damit das Verfahren erheblich vereinfacht wird. Als Gegenleistung müssen die Hochschulen Qualitätssicherungssysteme aufbauen, was aber in unserem Landesgesetz ohnehin schon angelegt ist.
Wir sind in dieser Hinsicht also nicht das Land der Bürokratie, sondern das Land des Bürokratieabbaus; denn die Hochschulen sollen in erster Linie forschen und lehren. Die Professoren sollten nicht in erster Linie als Peers durch die Gegend laufen und ansonsten zu nichts mehr kommen können.
Die zweite Frage ist die Frage nach dem Bachelor: Wie man in der letzten Zeit in den einschlägigen Tages- und Wochenzeitungen lesen konnte, beginnt die Wirtschaft immer mehr, den Bachelor zu akzeptieren. Immer mehr junge Leute werden auch, bevor sie sozusagen in den Master gehen, schon von der Wirtschaft quasi in den Beruf geholt. Das System wird immer mehr akzeptiert.
Ich glaube, dass man nicht Bildungspolitik betreiben kann, indem man sagt: „Wir wollen mehr junge Leute studieren lassen“, dann aber gleichzeitig bei fünfjährigen Studiengängen bleiben kann. Der Bachelor ist ein gutes Mittel, um gerade auch jungen Menschen aus bildungsferneren Schichten eine Chance zum Studieren zu geben, weil sie in absehbarer Zeit einen ersten Abschluss haben und damit die Hürde des Hochschulstudiums gesenkt wird. Wenn also die SPD eine Bildungspartei ist, dann sollte sie pro Bachelor sein und nicht gegen Bachelor. Wenn ich es richtig verstehe, war die Bundesministerin Frau Bulmahn nicht gegen den Bachelor, sondern für den Bachelor.
(Abg. Martin Rivoir SPD: Habe ich etwas dagegen gesagt? Wer ist denn gegen den Bachelor? Er ist schlechter bezahlt!)
(Abg. Martin Rivoir SPD: Aber dann reden Sie ein- mal mit denen! – Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Wa- rum stehen Sie dann hier? – Heiterkeit)
Aus innerer Berufung. – Aber auch diese Dinge werden wir uns in einer vernünftigen Weise reformierend vornehmen, nicht um das Prinzip zu ändern, sondern um die Möglichkeit zu steigern, dass Hochschulen wettbewerbsfähige Gehälter für Professoren zahlen können.
Herr Rivoir, lassen Sie mich einen letzten Gedanken vorbringen, der mich zurückführt zu der gestrigen Debatte, als Herr Mentrup sagte, die SPD sei sozusagen als Bildungspartei entstanden, und wenn die Bildungsfragen gelöst seien, dann hätte sie ihre Aufgabe erfüllt
(Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP – Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD – Unruhe)
Herr Minister, Sie haben jetzt wortreich und fintenreich die Details interpretiert, gedreht und gewendet zu der großen Problematik, dass, verglichen mit dem Jahr 2005, die Zahlen der Studienanfänger im Land einfach nicht stimmen. Sie sind tief im roten Bereich. Auch mit dem kleinen bisschen Wachstum, das es da im letzten Semes ter gegeben hat, ist der Abbau aus dem Vorjahr immer noch nicht gutgemacht. Zu dieser großen Problematik haben Sie nichts gesagt.
Sie haben ein paar Erklärungsversuche gemacht, was da an den Universitäten vielleicht falsch gelaufen ist. Aber dazu, dass das Problem nicht behoben ist und was Sie dagegen tun wollen, haben Sie nichts gesagt.
Dazu gebe ich Ihnen eine alte grüne Empfehlung: Sie müssen finanzielle Anreize setzen, damit Hochschulen, die sich aus der Verantwortung schleichen, dafür zahlen müssen. Sie haben einen Solidarpakt geschlossen. Wenn die Hochschulen diesem Pakt nicht nachkommen, frage ich mich: Welche Sank
tionen treten dann ein? Reagieren Sie darauf, oder lassen Sie es einfach laufen? Sie haben dazu nichts gesagt.
Wir erwarten, dass Sie endlich in ein System der nachfrage orientierten Hochschulfinanzierung einsteigen. Es muss sich für eine Hochschule auszahlen, Studierende aufzunehmen, sie gut auszubilden und zu einem Abschluss zu führen. Wer das nicht macht, der bekommt vom Land weniger Mittel. So einfach ist die Sache. Ich erwarte da ein bisschen mehr Mut von Ihrer Seite und eine klare Ansage an die Hochschullandschaft. Dann klappt es auch mit dem Wachstum.
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Große Anfrage ist mit der heutigen Besprechung erledigt.
Wir haben noch darüber zu befinden, was mit dem Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/2908, geschehen soll. Ich gehe davon aus, dass er zur weiteren Beratung an die Ausschüsse zu überweisen ist,
Aktuelle Debatte – Gesellschaftliche Vielfalt nutzen und gestalten – Der neue Integrationsplan Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.
(Beifall der Abg. Michael Theurer FDP/DVP und Karl Zimmermann CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Der kriegt schon Applaus, bevor er etwas ge- sagt hat! – Gegenruf des Abg. Michael Theurer FDP/ DVP: Vertrauensvorschuss!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Manche mögen Einheitsbrei. Wir Liberalen bevorzugen dagegen Vielfalt, denn Liberalismus will Menschlichkeit durch Vielfalt. Vielfalt heißt in der sozialen Marktwirtschaft Wettbewerb, und Vielfalt heißt in der Gesellschaft Toleranz.
Baden-Württemberg ist ein Land der Vielfalt. Sie können das auch in der Krone unseres Landeswappens sehen. In BadenWürttemberg leben Badener, Schwaben, Franken, Kurpfälzer, Vorderösterreicher und Hohenzollern.