Protokoll der Sitzung vom 28.06.2006

(Abg. Norbert Zeller SPD: Vor allem mit den Schulen! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die Gewerkschaften! Die blockieren das!)

Ja, auch da. – Wir müssen die Zeit nutzen. Da muss es wirklich einen Dialog geben. Das Ziel muss sein, nicht irgendwie zu versuchen, eine Gesichtswahrung oder sonst etwas zu betreiben, sondern wirklich und tatsächlich den jungen Menschen zu helfen, indem wir das Defizit, das die Betriebe häufig beklagen – dass Schulabgänger ankommen,

die mit ihren Defiziten in den Sprachen und in Mathe gar nicht ausbildungsfähig seien –, gezielt gemeinsam zu beheben versuchen und damit neue Chancen eröffnen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Diese Themen – Schulträger Land, Kindergarten und Kinderbetreuung originär Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe der Kommunen – führen mich noch einmal zu dem Verhältnis zwischen Land und Kommunen. Es ist jetzt schon mehrfach angesprochen worden. Klarer, als wir das gesagt haben, kann es eigentlich niemand mehr sagen. Das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“, also das Konnexitätsprinzip, halten auch wir für richtig und für einen fairen Umgang mit den Kommunen.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Schauen Sie sich einmal die Koalitionsvereinbarung an. Da steht auch drin, dass wir die Frage von Konnexität und Konsultation wiederum gemeinsam mit den Betroffenen noch einmal überprüfen werden.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Überprüfen! – Abg. Reinhold Gall SPD: Überprüfen! Das Ergebnis, das da herauskommt, ist doch schon klar! – Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Man muss doch einmal darüber reden. Das ist wie eine Schuldenbremse oder ein Schuldenverbot per Gesetz. Schauen Sie doch einmal an, was in Berlin passiert.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Seit fünf Jahren bricht man ein im Grundgesetz verankertes Gebot, weil man immer einen Weg findet, eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts als Begründung heranzuziehen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Die Frage, was auf dem Papier steht, ist noch einmal eine andere Frage als die Frage, was Realität ist.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das stimmt in der Tat! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Es gäbe viele Möglichkeiten, das zu diskutieren, Herr Noll! Wir haben ein Jahr lang gekämpft!)

Wir bekennen uns dazu, dass wir in einem fairen Miteinander mit den Kommunen versuchen wollen, diese Aufgaben gemeinsam zu lösen. Helfen Sie mit, dass man den Kommunen zumindest das, was ihnen der Bund im Zusammenhang mit Hartz IV einmal versprochen hat – nämlich 2,5 Milliarden € jährlich – zukommen lässt, um Kinderbetreuung auszubauen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nichts davon ist bisher angekommen. Im Gegenteil: Es gibt eine Mehrbelastung.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Herzlich willkommen, meine Damen und Herren von der Opposition, bei dem gemeinsamen Versuch, das hinzubekommen.

Das Thema Demografie ist unheimlich vielschichtig und betrifft alle Bereiche. Deswegen bin ich bei aller Skepsis gegenüber dem Beauftragtenwesen sehr dankbar, dass der Ministerpräsident speziell für den Bereich „Demografie, ältere Menschen“ eine Beauftragte berufen hat. Denn es ist in der Tat so: Bei übergreifenden Themen ist es, denke ich, richtig, eine Stelle zu schaffen, an die alles, was damit zu tun hat, angedockt wird.

So wie Sie, Frau Vogt und Herr Kretschmann, den Vorwurf geäußert haben, zu bestimmten Bereichen sei nichts gesagt worden, könnte ich Ihnen jetzt sagen: Mich hat es schon gewundert, dass man nichts über die Chancen älterer Menschen in unserer Gesellschaft gesagt hat. Klar, Sie können auch nicht alles sagen,

(Abg. Ute Vogt SPD: Wir sind noch fünf Jahre lang hier!)

aber das ist eines der drängenden Probleme. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie über Seniorenpolitik als Teil der demografischen Entwicklung sprechen. Gott sei Dank werden wir alle immer fitter und gesünder älter. Doch als Erstes wird man in diesem Zusammenhang immer gefragt: Wie geht es mit den Pflegeheimen und mit den Dementen weiter? Obwohl inzwischen jeder weiß, dass das Alter per se nichts Schlechtes ist, sondern dass es einem viele Chancen, viel Kompetenz und viel Erfahrung bringt, wird doch sehr häufig von einem Defizitansatz ausgehend diskutiert: Was brauchen die Menschen, wenn sie betreut werden müssen?

Stattdessen müssen wir die Chancen wieder viel mehr in den Mittelpunkt stellen. Genau in solchen Bereichen wie dem bürgerschaftlichen Engagement gibt es Chancen der Mitwirkung und der Teilhabe, die wir gerade für ältere Menschen möglich machen können. Es gibt sie aber auch, und das ist ganz wichtig, in der Wirtschaft, in den Betrieben. Dort, wo die Politik Vorruhestandsregelungen Vorschub geleistet hat – diesem unwürdigen Herausdrängen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsprozess –, muss damit schnell und definitiv Schluss gemacht werden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ute Vogt SPD: Wenn Erwin Teufel das gehört hätte, hätte er sich gefreut!)

Jetzt komme ich doch noch zu dem defizitären Ansatz und zu dem Thema Pflegeheimpolitik: Auch da haben ältere Menschen, wie wir inzwischen alle wissen, und übrigens auch deren Angehörige völlig andere Prioritäten, wenn es darum geht, wie sie denn im Falle des Falles, dass sie Unterstützung brauchen, leben möchten.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: So ist es!)

Auch aus diesem Grund glaube ich, dass unser Beschluss aus der letzten Legislaturperiode, der in der Regierungserklärung zwar erwähnt, aber

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Verwässert!)

etwas verwässert wurde, sage ich jetzt einmal, richtig war. Das entspricht ja auch den tatsächlichen Bedürfnissen zum

einen der Kommunen, die die Pflegeheimförderung mit KIF-Mitteln betreiben, und zum anderen der Menschen, die sich möglicherweise andere Wohnformen vorstellen, die dann wieder nicht systemkonform oder programmkonform sind. Was soll also ein Festhalten am Programm? Deshalb haben wir als Fraktionen den Beschluss gefasst, aus diesem Programm nach und nach auszusteigen und keine neuen Verpflichtungsermächtigungen mehr auszusprechen, denn hier funktioniert der Markt, und es ist auch menschengerechter, wenn man da nicht versucht, sozusagen mit dem goldenen Zügel zu lenken. Hier können wir beim Thema Subventionen konkret etwas verändern.

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Das ist Daseinsvorsor- ge!)

Lassen Sie mich zu einem weiteren Querschnittsthema kommen, das mehrere Kabinettsausschüsse betrifft. Auch darüber ist bei der Regierungserklärung nicht geredet worden, weil man eben nicht alles sagen kann – so wie Sie nichts über Seniorinnen und Senioren gesagt haben,

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

wobei ich wirklich glaube, dass es ein wichtiges Signal ist, dass wir diese im Land Baden-Württemberg im Blick haben.

Ich meine das Thema „innere Sicherheit und Liberalität“. Frau Vogt, Sie haben sich zu Recht – und ich darf alle, die sich vorhin vielleicht nicht getraut haben, zu klatschen, aufrufen, jetzt vielleicht noch nachträglich zu klatschen –

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Da überfordern Sie jetzt Ihre CDU-Kollegen!)

bei all denen bedankt, die – sei es professionell und hauptamtlich oder ehrenamtlich – in den Rettungsdiensten und bei der Polizei dafür sorgen, dass wir bisher Gott sei Dank im Wesentlichen nur wunderbare Bilder von dieser Weltmeisterschaft im Land haben sehen dürfen. Es herrscht eine wunderbare Stimmung, und diese Menschen sorgen mit ihrer Arbeit dafür, dass alles in einem sicheren Rahmen abläuft.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD sowie Ab- geordneten der Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Da können wir mitklatschen! Aber die CDU klatscht wieder nicht! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Die CDU hat es immer noch nicht kapiert!)

Vor der Weltmeisterschaft ging ja die Meldung durch die Medien, dass in manchen Teilen der Welt, vor allem in Afrika, von No-go-Areas in Deutschland die Rede sei. Ich halte das für eine schlimme Entwicklung. Das galt nicht für Baden-Württemberg, aber es zeigt natürlich, dass innere Sicherheit und Liberalität zwei Seiten derselben Medaille sind und dass wir einerseits selbstverständlich darauf achten wollen, Sicherheit zu gewährleisten, in diesem Spannungsfeld andererseits aber auch keine überzogenen Einschränkungen der Liberalität und der persönlichen Freiheit zulassen sollten. Bisher sind wir da schon sehr gut gefahren. Wir haben keine No-go-Areas. Aber wir müssen natürlich immer wieder in diesem Spannungsfeld diskutieren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Gerade dieses schöne Bild, das wir von den Spielen von den Public-Viewing-Plätzen haben, und diese vielen Menschen unterschiedlicher Kulturen, die die Offenheit dieses Landes Baden-Württemberg ein Stück weit zeigen, dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir nicht ohne Grund den Justizminister als Beauftragten für das Thema Integration haben. Er geht über die Aufgabe eines klassischen Ausländerbeauftragten hinaus, er benennt genau die Fragen der Integration schon im Kindergarten. Er nimmt bei diesem Gesamtkonzept jetzt wirklich die Fäden stärker in die Hand, um aus einem Guss dieses wichtige Thema für uns in Baden-Württemberg anzusprechen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: So ist es! – Zuruf von der SPD)

Ja, natürlich. Wir haben vieles richtig und gut gemacht, aber man kann alles immer noch verbessern, wenn man versucht, die Kompetenzen zu bündeln und von einer Hand steuern zu lassen.

Integration ist ein wichtiges Thema, aber Integration erfordert nicht nur die Bereitschaft, die Menschen aufzunehmen, sondern auch die Bereitschaft der Menschen, die zu uns kommen, sich zu unserer Werteordnung, zu unserer Gesellschaft zu bekennen. Dazu gab es ja schon Debatten in diesem hohen Hause. Für uns gilt an diesem Punkt wie an anderer Stelle: keine Toleranz der Intoleranz, auf keiner der Seiten der Beteiligten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Zum Thema Nachhaltigkeit: Auch wenn Herr Kretschmann meint, nur die Grünen hätten solche Themen bisher behandelt, darf ich selbstverständlich das, was der Ministerpräsident zum Thema Energie gesagt hat, noch einmal aufgreifen. Sie wissen, der Wirtschaftsminister hat jetzt die wesentlichen Teile der Energiepolitik in seinem Ressort. Man muss sich einfach einmal von dem Märchen verabschieden, wir würden einen – was haben Sie gesagt? – Kreuzzug gegen die erneuerbaren Energien führen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP schüttelt den Kopf. – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Un- sinn!)

Das ist doch so was von abstrus. Im Gegenteil: Wir wollen doch alles daransetzen, den Anteil der erneuerbaren Energien zu steigern. Wir kümmern uns um genau die Bereiche, die Sie genannt haben: Energieeffizienz, Energiesparen als d i e Energiequelle und eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Wie wollen Sie das machen?)

Jetzt kommt eine schöne Frage: Wie wollen Sie das machen?