Protokoll der Sitzung vom 05.11.2008

Deshalb sind wir der Meinung, dass der nicht öffentliche Datenschutz weit mehr Aufmerksamkeit verdient hat und dass es nicht ausreicht, wenn er nur über einen Teilbereich des Innenministeriums kontrolliert wird. Wir wünschen uns einen nicht öffentlichen Datenschutz, wie er in anderen Bundesländern zum Teil ja schon verwirklicht worden ist, der dem öffentlichen gleichkommt, und einen unabhängigen Datenschutzbeauftragten für den öffentlichen und den nicht öffentlichen Bereich.

Wir haben deshalb einen Änderungsantrag eingebracht, der dieses Landesdatenschutzgesetz in dem Sinne zu ändern beabsichtigt, den öffentlichen und den nicht öffentlichen Datenschutz in einer unabhängigen Behörde zusammenzulegen. Das ist kein Zeichen des Misstrauens gegenüber den Menschen, die bisher in diesem Arbeitsbereich tätig sind, aber es muss dem Rechnung getragen werden, dass der nicht öffentliche Bereich eine weit größere Menge an Arbeit verursacht, als bisher mit dem derzeitigen Personal und auch mit der engen Anbindung an das Innenministerium gewährleistet werden kann.

Insofern bitten wir Sie, diesem Änderungsantrag zuzustimmen. Insbesondere richtet sich diese Bitte natürlich an die FDP/DVP-Fraktion, die ja einen gleichartigen Antrag auf Bundesebene eingebracht hat. Es wäre wunderschön, wenn Sie hier einmal sagen würden: An einem solchen Punkt machen wir einmal eine Ausnahme und stimmen einmal mit der Koalition der Vernunft und nicht mit der Zwangsehe.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Wie macht ihr das ei- gentlich in Berlin?)

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung auch zum Änderungsantrag.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Walter das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich appelliere nicht an die Vernunft der FDP/DVP und rede lieber zum Thema.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Denn wie Sie wissen, sind solche Appelle in der Vergangenheit fruchtlos gewesen, und ich nehme an, dass sie auch in der Zukunft fruchtlos bleiben.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Warum ist der ei- gentlich immer so gemein? – Heiterkeit)

Herr Kollege Theurer, Sie wollen ja ohnehin nach Europa.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Ich bin schon in Europa!)

Sie sind es schon. Bewusstseinsmäßig sind Sie ja schon lange ein Weltbürger

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Danke!)

zwischen Horb und Stuttgart.

(Heiterkeit des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Deshalb, Herr Kollege, glaube ich nicht, dass wir Sie auf unsere Seite bekommen.

(Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Isoliert betrachtet, meine Damen und Herren, ist ein zweijähriger Bericht kein Problem. Wir können auch gern alle zwei Jahre darüber diskutieren. Aber dann müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Doch die Rahmenbedingungen – Frau Kollegin Vogt hat schon darauf hingewiesen – stimmen in Baden-Württemberg seit vielen Jahren nicht. Deswegen ist der jährliche Antrag angebracht – manchmal kommt der Antrag von uns, manchmal von der SPD, manchmal von beiden zusammen –, den Datenschutz im öffentlichen Bereich und den im nicht öffentlichen Bereich endlich zusammenzulegen, wie es in anderen Bundesländern gang und gäbe ist. Diesen Antrag werden wir natürlich unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Ich weiß auch nicht, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, was Sie daran hindert, das endlich umzusetzen.

Genauso wichtig und richtig ist es – das schafft Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern draußen im Land –, dass man diese Behörden völlig unabhängig macht. Darauf hat die EU gedrängt. Die Bundesregierung, wiederum gedrängt von den CDU-regierten Ländern, versucht jetzt, diese Umsetzung mit einer Beschwerde oder Klage zu verhindern. Das halten wir für einen groben Fehler. Wir halten das für einen Verstoß gegen den Gedanken des Datenschutzes.

Das heißt, eine Rahmenbedingung ist schon einmal nicht erfüllt: dass Sie versuchen, das Optimale aus den vorhandenen Behörden herauszuholen und einen möglichst unabhängigen Datenschutz zu gewährleisten. Das ist das eine.

Das Zweite – darin liegt das Problem begraben – ist: Sie haben beim Datenschutz so wenige Personalstellen und mittlerweile so viel Arbeit, dass die Menschen, die dort arbeiten, dem kaum mehr nachkommen können, geschweige denn stichprobenartige Kontrollen machen können. Das ist schlichtweg gar nicht mehr möglich.

Anstatt diese Behörden jetzt endlich einmal mit entsprechen dem Personal auszustatten, sagen Sie: „Dann legen wir den Bericht halt nur noch alle zwei Jahre vor; dann fällt wenigs tens diese Arbeit weg.“ Dabei wird es sicherlich so sein – darauf hat auch Frau Kollegin Vogt schon hingewiesen –, dass der Bericht dann entsprechend umfangreicher und länger wird und dadurch insgesamt wahrscheinlich die gleiche Arbeitszeit erfordert, als würde er nur jährlich erstellt. Damit kommen Sie nicht aus dem Problem heraus, in dem Sie stecken.

Wir alle haben in den letzten Monaten mitbekommen, welche Probleme es im Datenschutz gibt. Daten werden verkauft oder

nicht richtig geschützt. Bei der Telekom, bei der Klassenlotterie und selbst beim KI.KA sind plötzlich Datenpannen aufgetreten. Das heißt: Es gibt einen erheblichen Nachholbedarf. All diese Probleme schaffen natürlich auch eine zusätzliche Sensibilisierung der Bevölkerung. Darauf müssen wir reagieren.

Gleichzeitig haben wir Gesetze, die Sie vorlegen und denen Sie zustimmen: Gemäß dem Polizeigesetz werden mehr Daten gesammelt; dasselbe trifft auf das Versammlungsrecht zu. Trotzdem sind Sie nicht bereit, Personalstellen zu schaffen. Sie müssen sich einmal fragen lassen: Welchen Stellenwert hat eigentlich der Datenschutz bei CDU und FDP/DVP?

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Keinen!)

Welchen Stellenwert hat der Datenschutz bei dieser Landesregierung?

(Zuruf von der FDP/DVP: Einen hohen! – Abg. Ni- kolaos Sakellariou SPD: Keinen!)

Hohen? Dann bin ich einmal auf Ihre Rede gespannt und darauf, welche Verbesserungsvorschläge Sie nachher bringen.

Einerseits merken Sie, dass das Problem immer größer wird, und andererseits ist Ihre einzige Antwort darauf, den Bericht nur noch alle zwei Jahre vorzulegen.

Ich glaube auch, dass es wichtig wäre, meine Damen und Herren, dass wir uns hier in diesem Parlament aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Datenschutzes jährlich darüber unterhalten, wohin der Datenschutz eigentlich gehen soll und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um in BadenWürttemberg mehr Effektivität zu erreichen.

Bei alldem kommen Sie uns leider in keiner Weise entgegen. Im Gegenteil: Sie hoffen sogar noch, dass die Klage der Bundesregierung, die auch von Ihnen ausgegangen ist, erfolgreich sein wird.

Wir hoffen jetzt auf die EU und darauf, dass Ihnen durch die se Milchmädchenrechnung ein Strich gemacht wird, sodass Sie von höherer Ebene gezwungen werden, einen effektiven Datenschutz in Baden-Württemberg einzuführen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die FDP/DVPFraktion erteile ich Herrn Abg. Kluck das Wort.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Der Kollege Kluck wird sich jetzt wieder verbiegen!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben die Grünen leider doch Angst vor ihrer eigenen Courage gekriegt.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Oh!)

Herr Kollege Walter, ursprünglich waren Sie mit dabei, als wir diese Zweijahresfrist einführen wollten. Jetzt wollen Sie das nicht mehr. Gut, Sie haben sich wieder in die Oppositionseinheitsfront eingereiht. Herzliches Beileid!

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: „Einheitsfront“ gab es nur bei den Liberalen in der DDR!)

Wir Liberalen bleiben bei der Zustimmung zur Verlängerung des Berichtszeitraums. Es geht nicht darum, den Datenschutz irgendwie aus dem Blickfeld zu nehmen, sondern es geht um eine Entlastung des Landesbeauftragten für den Datenschutz sowie seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das war doch von denen gar nicht gewünscht!)

Wenn wir den Berichtszeitraum also auf zwei Jahre verlängern – das wurde schon vom Kollegen Bopp gesagt –, dann können sich die Leute eben verstärkt dem praktischen Datenschutz widmen, und das ist das Allerwichtigste.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir verschaffen diesen Leuten mehr Freiraum. Das ist auch ein Beitrag zum Bürokratieabbau. Mit dieser Gesetzesänderung wollen wir den Landesbeauftragten für den Datenschutz nicht schwächen, sondern wir wollen ihn stärken. Ich weiß gar nicht, was Sie hier für einen Popanz aufbauen. Auch künftig können wir jederzeit um Zwischenberichte oder Auskünfte zu besonders gravierenden Fällen bitten, und wenn der Landesbeauftragte zwischendurch uns, dem Parlament, etwas mitteilen will, dann hat er auch dazu jederzeit Gelegenheit. Das kann durchaus häufiger der Fall sein.

Die ständig steigende Zahl der Verstöße macht das Dilemma vor allem beim privaten Datenschutz deutlich. Da haben Sie recht, Frau Kollegin Vogt: Die Flut der Daten ist kaum kontrollierbar. Das Interesse der Wirtschaft an Persönlichkeitsprofilen vorhandener und potenzieller Kunden nimmt zu, und dagegen hilft nur die von der FDP/DVP seit Langem und nach wie vor geforderte unabhängige Datenschutzstelle als schlagkräftige Einheit.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullin- ger FDP/DVP: Gut! – Abg. Dieter Kleinmann FDP/ DVP: Sehr gut! – Abg. Reinhold Gall SPD: Und jetzt?)