Protokoll der Sitzung vom 11.02.2009

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie haben doch gar keine gemacht! – Abg. Reinhold Gall SPD: Was wäre denn Ihr Vorschlag?)

Das Zweite: Von Herrn Kretschmann kam die Aussage, Mappus und Noll würden mit ihrer Forderung nach Entlastung der Bürgerinnen und Bürger Volksverdummung betreiben.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Dann kam der Nachsatz: „Ihr wollt wieder die Reichen entlas ten.“ Dazu darf ich Ihnen einmal etwas sagen.

(Heiterkeit des Abg. Stefan Mappus CDU – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ruhe!)

Das klingt ja immer so toll. Aber durch den nie geänderten Tarifverlauf über 20 Jahre hinweg ergab sich folgende Entwicklung

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

ja, ich nehme bewusst diese Zahlen –: Vor 20 Jahren musste derjenige den Spitzensteuersatz zahlen, der das 18-Fache des Durchschnittseinkommens oder noch mehr verdient hat. Dreimal dürfen Sie raten: Wer zahlt heute bereits den Spitzensteuersatz? Jeder, dessen Einkommen höher als das 1,4-Fache des Durchschnittseinkommens ist.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Genau! Die kalte Pro- gression!)

Das sind die „Reichen“, die wir entlasten wollen, die, die Sie durch den Tarifverlauf als reich definieren. Das fängt im unteren und mittleren Bereich an. Wir bleiben dabei, dass wir in diesem Bereich mit diesem Thema sehr zögerlich umgehen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Sehr gut, Uli!)

Noch einmal, auch an dieser Stelle: Ich glaube, die Menschen draußen werden sagen: „Da schnürt ihr zwei Konjunkturpakete im Wert von 400 Milliarden € und im Wert von 50 Milliarden €, alles für gute, sinnvolle Investitionen, wie wir hoffen, gleichzeitig aber“ – und das sagen mir viele Bürgerinnen und Bürger zu Recht – „verdummt ihr uns, wenn offensichtlich 20 oder 30 Milliarden € nicht bereitgestellt werden können, um uns zu entlasten, während 500 Milliarden € ohne Weiteres, mit einem Federstrich machbar sind.“ Da sollte man schon ehrlich sein.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich glaube auch darauf hinweisen zu dürfen, dass die Entlas tung der Bürgerinnen und Bürger ja eines bringt, was wir im Exportland Baden-Württemberg gerade dringend brauchen: Wenn wir schon Probleme im Exportbereich haben, dann leben wir doch, auch wenn wir das nicht ganz ausgleichen können, ein Stück weit von der Binnenkonjunktur. Was wird denn am besten angekurbelt, wenn ich den Bürgerinnen und Bürgern mehr netto von dem in der Tasche lasse, was sie brutto verdienen? Dann brauchen Sie nicht branchenspezifisch Konjunkturprogramme zu betreiben, sondern können die Wirt

schaft in diesem Land über alle Branchen hinweg nach Ihren Wünschen ankurbeln.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn dann noch sozusagen das Ausgabevolumen des Staates von manchen als unangreifbar und als konstant dargestellt wird, sagen wir: Das sehen wir anders. Das haben wir in Baden-Württemberg bewiesen. Ich nenne das Stichwort Haushaltsstrukturkommission. Dieses Problems muss man sich dann eben auch einmal auf Bundesebene annehmen, indem man uns folgt: Die FDP-Fraktion im Bundestag hat das sogenannte Sparbuch vorgelegt, in dem alle diese Einsparungen ganz konkret nachlesbar sind, übrigens auch im Internet.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Welche Sachen wol- len Sie denn streichen?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden also zusammen mit den Kommunen bis zum nächsten Mittwoch – das muss relativ schnell gehen – insbesondere über die Verteilung der Mittel aus dem Konjunkturpaket II weiter diskutieren und Ihnen dann ein gutes Ergebnis vorlegen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Lauter Sachen, die nicht gehen! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Drexler, ruhig bleiben! – Abg. Wolfgang Drex- ler SPD: Was kostet denn Ihr Steuersenkungspro- gramm? – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Sie machen doch Steuersenkungen auf Pump!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch etwas zu folgendem Thema sagen: Die Menschen im Land verstehen ja manchmal nicht so ganz, was wir hier drin so an Details diskutieren.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie verstehen doch selbst nicht, was Sie sagen!)

Ich glaube, darauf hat der Kollege Mappus deutlich hingewiesen. Wir müssen die Sorgen der Menschen z. B. um ihren Arbeitsplatz sehr ernst nehmen. Da muss man, glaube ich, durchaus auch einmal ein Lob als Opposition auf Bundesebene loswerden, und zwar dafür, dass in der Vergangenheit Reformen, von denen Sie sich teilweise klammheimlich wieder verabschieden wollten,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wer? Die!)

dazu geführt haben, dass die Tarifpartner derzeit in der Krise sehr viel flexibler und verantwortungsbewusster handeln können. Da meine ich beide Seiten, die Arbeitnehmerseite mit den Gewerkschaften und die Arbeitgeberseite, die sehr verantwortlich mit dieser Situation umgehen. Ich kann nur betonen, dass das, was in den kleinen Unternehmen immer üblich war, dass man nicht bei jeder Krise erst einmal Leute hinauswirft, sondern schaut, wie man das Ganze überbrücken oder untertunneln kann, wirklich verinnerlicht worden ist. Da wollen wir selbstverständlich zusammen mit dem Wirtschaftsministerium dafür sorgen, dass dort, wo es Liquiditätsengpässe gibt, diese durch die Ausweitung unserer Bürgschaftsmöglichkeiten beseitigt werden,

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

und damit Luft schaffen, um diese Krise, die hoffentlich in einem Jahr oder in anderthalb Jahren überwunden sein wird, überwinden zu helfen, soweit wir es letztendlich können.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn ich gerade beim Thema Banken bin: Sie alle hören doch jeden Tag von Ihrer örtlichen Sparkasse, von Ihrer örtlichen Volksbank: „Wir haben schon immer unser Geschäft darin gesehen, dem Privatkunden und dem kleinen oder mittelständischen Unternehmen Kredit zu gewähren.“ Diese Leute brauchen sich über Geschäftsmodelle nicht belehren zu lassen.

Es ist in der Tat richtig, dass man darüber nachdenken muss, welche Ziele man mit den Landesbanken – auch mit unserer Landesbank – letztendlich anstrebt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle den Wunsch oder den Appell loswerden, gerade unsere Partner, die Kreissparkassen, zu respektieren und zu versuchen, gemeinsam mit ihnen im Boot zu bleiben. Wir sehen natürlich schon die Befürchtungen. Was Kollege Kretschmann an die Wand gemalt hat, muss – je nachdem, wie man diese Kapitalaufstockung gestaltet – natürlich im Auge behalten werden.

Ich denke, wir müssen gemeinsam mit den Kreissparkassen und somit der örtlichen Ebene versuchen, eine Lösung zu finden, die – das ist meiner Meinung nach ganz wichtig – das Ziel der Nullnettoneuverschuldung letztlich nicht kaputt macht. Denn eines ist auch klar: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich gänzlich ungeniert. Wenn wir, mit welcher guten Begründung auch immer, das Ziel der Nullnettoneuverschuldung aufgeben sollten, hätte ich große Sorge, dass dann Dämme brechen, die wir bisher Gott sei Dank halten konnten.

(Beifall bei der FDP/DVP – Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema Bildung ist jetzt mehrfach angesprochen worden. Ich glaube, dass wir – auch die Opposition – die Chance einräumen sollten, dass die jetzt eingeleiteten Entwicklungen im Bereich der frühkindlichen Bildung zur Wirkung kommen, da, wo wir wirklich Geld in die Hand nehmen und noch mehr Geld in die Hand nehmen müssen – das wissen wir wohl –,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dann machen Sie es doch!)

wenn es um Sprachförderung geht.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Seit 2000 haben Sie es verhindert!)

Was wir jetzt in den Bereichen Grundschule, Hauptschule und Werkrealschule tun, wird nicht schon übermorgen alles in idealer Weise gestalten. Wir sollten den Menschen vor Ort – wenn wir ihnen mehr Autonomie geben – aber zutrauen, dass sie sich auf den Weg machen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist doch Theorie! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wovon reden Sie denn?)

Jetzt haben Sie im Finanzausschuss doch gesehen – – Lieber Herr Schmiedel, auf Ihr Schmankerl, wie das Kultusministerium mit einem Rektor umgeht, will ich Ihnen ein Gegen

schmankerl erzählen. In der Finanzausschusssitzung am vergangenen Donnerstag haben wir mehr Autonomie im Bereich von Personalbudgets und die Möglichkeit, Stellen in Mittel umwandeln zu dürfen, angesprochen. Das war lange vereinbart, und es hat ein bisschen länger gedauert, das auch haushaltstechnisch im Staatshaushaltsgesetz umzusetzen, damit das ab 2009 konkret angewandt werden kann.

Ich habe mir erlaubt, darüber auch die Eltern und Lehrer in meinem Wahlkreis zu informieren. Wissen Sie, wer mich heftigst kritisiert hat?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Frau Vossschulte!)

Ein SPD-Fraktionsvorsitzender in einer großen Stadt auf den Fildern, der behauptet hat, ich würde die Leute in die Irre führen und für Irritationen sorgen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wahrscheinlich hat er so- gar recht! – Abg. Stefan Mappus CDU: Der war von Herrn Schmiedel geschickt!)

Er ist übrigens Realschulrektor.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Immer, wenn wir über Kooperationen gesprochen haben, hatte ich das Gefühl, dass Sie hier völlig anders reden als Ihre Genossen vor Ort. Wo Sie Verantwortung tragen, handhaben Sie das anders.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Wahrscheinlich haben Sie den Leuten wieder nicht die Wahrheit erzählt!)

Für uns stimmt mit dem vorgelegten Haushalt jedenfalls der Kurs. Wir werden ihn noch mit dem Konjunkturprogramm des Bundes synchronisieren müssen. Aber ich bin sicher, dass wir mit dem Steuermann Günther Oettinger und der Mannschaft aus CDU und FDP/DVP das Land Baden-Württemberg auch in dieser krisenhaften Zeit immer auf gutem Kurs halten werden.

(Anhaltender Beifall bei der FDP/DVP – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Lauter Leichtmatrosen!)