Erzählen Sie heute einem jungen Mann, der bereit wäre, ein solches Unternehmen zu übernehmen, beispielsweise nur einmal, was im Zusammenhang mit der Erbschaftsteuerdiskussion von ihm verlangt wird.
Wissen Sie – wenn Sie das Thema Erbschaftsteuer schon ansprechen –: Ich halte einen Unternehmer für in der Lage, die Lottozahlen vom kommenden Samstag vorauszusagen; das kann er vielleicht.
Aber er wird z. B. nicht in der Lage sein, seine Lohnsumme für die nächsten sieben oder zehn Jahre vorauszusagen.
Er wird nicht in der Lage sein, etwa zuzugestehen oder zu erreichen, dass er in den nächsten zehn Jahren an seinem Unternehmen überhaupt nichts verändert. Das ist jenseits unternehmerischer Realität, und eine solche Forderung führt deshalb auch dazu, dass junge Leute von diesem Sprung in die Selbstständigkeit eher abgehalten werden. Wir sollten alles tun, sie dazu anzuregen und nicht davon abzuhalten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Dr. Rainer Pre- wo SPD: Wieso sind wir dann an zweitletzter Stel- le?)
Was können wir in dieser Situation tun? Die Situation ist schwierig. Die Zahlen sind alle genannt worden; ich brauche das gar nicht groß zu wiederholen. Die Situation ist ja hundertfach beschrieben worden. Wir sind noch wunderbar ins Jahr 2008 gestartet. Noch im August, September hatten wir ein Wirtschaftswachstum von 2,5 %. Damit lagen wir übrigens, Herr Kollege Prewo, weit oben.
Wir lagen bei einem Wachstum von 2,5 % und mussten dann erleben, wie insbesondere in den Monaten Oktober, Novem
ber, Dezember die Konjunktur regelrecht abgestürzt ist. Wir waren am Schluss des Jahres 2008 bei einem durchschnittlichen Wachstum von 0,7 %. Der Bund hatte sogar noch ein Wachstum von 1,3 %.
Aber daran wird natürlich auch die Anfälligkeit der badenwürttembergischen Wirtschaft deutlich, insbesondere was die Exporttätigkeit angeht. Es ist immer so: Wenn es aufwärtsgeht – das zeigen alle Zahlen –, sind wir immer mit an der Spitze. Das hängt mit unserer Exportsituation zusammen. Aber umgekehrt, wenn es nach unten geht, wenn es abwärtsgeht, sind wir eben leider auch mit an der Spitze.
Genau diese Situation haben wir im Augenblick. Deshalb ist durchaus denkbar und leider durchaus möglich: Wenn der Bund jetzt ein Minuswachstum von 2,5 % prognostiziert, dann ist es durchaus denkbar und möglich, sogar wahrscheinlich, dass Baden-Württemberg unter diesen 2,5 % liegt, also noch schlechter dran ist.
Das alles ist hundertfach beschrieben worden. Trotzdem behaupte ich eines: Ich behaupte, dass trotz dieser sehr schwierigen Situation Grund zum Optimismus vorhanden ist. Da bin ich übrigens mit meiner Kollegin Frau Sitzmann völlig einig. Das hat mich sehr gefreut. Frau Sitzmann, ich sehe das genauso wie Sie. Ich glaube, dass trotz aller Schwierigkeiten die baden-württembergische Wirtschaft heute besser aufgestellt ist, als dies vor fünf oder vor acht Jahren der Fall war.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Aber das Wirt- schaftsministerium nicht!)
Das können Sie z. B. daran sehen, dass sich die Eigenkapitalbildung in den letzten fünf oder zehn Jahren auch beim baden-württembergischen Mittelstand eindeutig verbessert hat. Das können Sie daran sehen, dass sich das Qualifikationsniveau – Stichwort Facharbeiterausbildung – in den letzten Jahren ganz eindeutig verbessert hat. Das können Sie daran sehen, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit und die Produktivität der baden-württembergischen Wirtschaft in den letzten Jahren verbessert hat.
Ich weise immer gern darauf hin: 6 % aller Unternehmen in Deutschland schaffen es, innerhalb von 18 Monaten ein neues Produkt, eine neue Dienstleistung auf die Märkte, auch auf die Weltmärkte zu bringen. 6 % bundesweit! In Baden-Würt temberg sind dies in der Zwischenzeit 15 %. Das sagt etwas über die Wettbewerbsfähigkeit, auch über die Innovationskraft der baden-württembergischen Wirtschaft aus.
Aber in einem haben Sie natürlich recht, Herr Dr. Prewo: Kein Mensch gibt uns eine Garantie, das dies auch noch morgen und übermorgen so ist. Es geht wirklich darum, meine Damen und Herren:
die es uns erlauben, schneller und besser als andere aus dieser krisenhaften Situation herauszukommen. Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen.
(Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Dafür machen wir Vor- schläge! – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Welche Schlammlöcher buddeln wir denn?)
Der erste Punkt – lassen Sie mich das einmal so sagen – ist, einen intelligenten Mittelweg zu finden, bei dem der Notwendigkeit von Investitionen, die auch in einer schwachen Konjunktur vorgenommen werden müssen, Rechnung getragen und Schluss gemacht wird mit dem Marsch in den Schuldenstaat. Ich glaube, wir haben hier die Balance gefunden.
Wir haben sie insofern gefunden, als wir, wie der Ministerpräsident das so schön formuliert hat, „Aktion Eichhörnchen“ durchgeführt haben. Das heißt, wir haben das getan, was jeder gute Schwabe, jeder gute Badener oder jeder gute Kurpfälzer eigentlich tut:
Genau das haben wir getan. In guten Zeiten haben wir rund 1 Milliarde € auf die Seite gelegt, und wir sind deshalb in der Lage, die Konjunkturpakete, die wir jetzt schnüren, so zu finanzieren, dass wir nicht in eine neue Verschuldung hineingehen müssen. Das ist gut so, meine Damen und Herren, weil ich der festen Überzeugung bin, dass es Aufgabe unserer Politikergeneration ist – all derer, die hier an den Tischen sitzen –, dafür zu sorgen, dass die junge Generation, die nachfolgende Generation nicht in eine Situation gerät, in der sie z. B. wegen betonierter Haushalte keinerlei politische Gestaltungsmöglichkeiten für die Zukunft mehr hat. Das wäre zutiefst unmoralisch und muss schon deshalb unbedingt verhindert werden.
Das gilt auch noch aus einem zweiten Grund: Jeder von uns weiß, dass die Schulden von heute die Steuererhöhungen von morgen sind. Wir brauchen in Zukunft auch Spielräume, aber nicht nur für Steuererhöhungen, sondern auch für Steuersenkungen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Der Hans ist ein wunderbares Beispiel dafür. Denn es geht nicht nur um den Mittelstand. Über den Mittelstand sind wir uns alle eigentlich einig. Der Mittelstand ist das Rückgrat der Nation, das Rückgrat der Wirtschaft. Das ist jetzt aber nicht der Punkt. Es geht um die Mittelschicht. Es geht um die 80 % bis 85 % der Menschen, die sich der Mittelschicht zurechnen können, z. B. den Hans mit einem Einkommen von 3 000 € monatlich.
Meine Damen und Herren, ich will erreichen, dass sich dieser Hans durch entsprechende Spielräume, die wir uns auch in der Haushaltspolitik schaffen, eines Tages wieder auf eine Lohnerhöhung freuen kann.
Heute ist es so – das ist ein wenig spitz formuliert, das gebe ich zu –, dass der gute Hans abends, wenn er ins Bett geht, eigentlich fünf Stoßgebete an seinen Herrgott schicken und darum bitten muss, dass er um Himmels willen keine Lohnerhöhung bekommt. Denn wenn er diese Lohnerhöhung bekommt, dann kann es durchaus passieren, dass er nach der Lohnerhöhung unterm Strich weniger im Geldbeutel hat als vor der Lohnerhöhung. Das ist für eine Leistungsgesellschaft, die sich zur Leistung bekennt, ein Skandal. Auch das muss geändert werden, meine Damen und Herren.