Protokoll der Sitzung vom 12.02.2009

Der Schülerzahlenanstieg hat auch in den letzten Jahren im Bereich der Gymnasien und im Bereich der beruflichen Schulen hervorragende Einstellungschancen geschaffen. Ich finde nicht, dass wir uns darüber beschweren sollten, dass es die höheren Einstellungschancen gibt, dass wir Lehrerinnen und Lehrer gewinnen müssen. Das ist auch eine Konsequenz aus der Senkung des Klassenteilers. Dieser Beschluss ist richtig, und dadurch ist die Grundlage für erhöhte Einstellungszahlen im kommenden Schuljahr geschaffen worden.

Wir bilden in Baden-Württemberg in großem Umfang aus. Baden-Württemberg ist neben Bayern und Nordrhein-Westfalen das einzige Bundesland, das keinen Numerus clausus im Vorbereitungsdienst hat.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Entscheidend!)

Wir schöpfen also unsere Ausbildungskapazitäten voll aus. Wenn in Thüringen im nächsten Schuljahr 100 Einstellungsmöglichkeiten für alle Schularten geschaffen werden können und 300 Referendare allein im Bereich der Gymnasien zur Verfügung stehen, warum sollen wir uns dann nicht darum bemühen, dass diese bei uns für die Arbeit in den Schulen, auch für eine Senkung des Klassenteilers und eine dadurch verbesserte Arbeit, zur Verfügung stehen? Deshalb ist es richtig, dass wir uns um diese Lehrkräfte bemühen.

Richtig ist langfristig sicher auch – da sind wir, alle Bildungspolitiker, uns auch einig, glaube ich –, dass wir uns um das Ansehen des Lehrerberufs insgesamt kümmern.

(Beifall bei der CDU)

Im „Kinderland“ Baden-Württemberg spielt neben der Förderung der Kinder in den Schulen auch die Betreuung von Kindern im Vorschulalter, die Betreuung der Kinder unter drei Jahren und die Betreuung der Kinder zwischen drei und sechs Jahren in den Kindertageseinrichtungen eine Rolle. Der Bereich der Betreuung von unter Dreijährigen betrifft, vor allem wenn es um Fragen der Finanzierung und der Etatisierung geht, das Ministerium für Arbeit und Soziales.

Bei den Drei- bis Sechsjährigen im Kindergartenbereich haben wir in Baden-Württemberg schon lange Jahre kein Problem mit der Anzahl der Plätze. Die Betreuungsformen im Kindergartenbereich werden kontinuierlich verbessert, auch weil die Personalkostenzuschüsse vor einigen Jahren pauschaliert worden sind und nicht auf dem Stand vor der Pauschalierung gedeckelt worden sind, da sie sich nicht nach oben entwickeln, sondern sozusagen geerdet worden sind und trotz zu

rückgehender Kinderzahl nicht nach unten verändert werden. Den Trägern der Kindertageseinrichtungen stehen also bei zurückgehenden Kinderzahlen mehr Mittel pro Kind zur Verfügung. Das wirkt sich in veränderten Betreuungsformen aus, z. B. darin, dass sich der prozentuale Anteil von Ganztagsangeboten im Kindergartenbereich allein zwischen 2006 und 2008 rund um die Hälfte erhöht hat.

Wichtig ist nicht nur die Frage nach den Plätzen, sondern auch die Frage, welche inhaltliche Arbeit in den Betreuungseinrichtungen gemacht wird. Generell gilt für die Arbeit in den Kindergärten, dass im Kindergartenjahr 2009/10 der Orientierungsplan verbindlich wird. Die wissenschaftliche Begleitung ist erfolgt und war finanziert. Die Erkenntnisse aus dieser wissenschaftlichen Begleitung fließen jetzt in Überlegungen über mögliche Modifizierungen ein. Das Land und die Kommunen haben sich um die Fortbildung der Erzieherinnen für die Anwendung des Orientierungsplans gekümmert und sich je zur Hälfte an den Kosten von bis zu 20 Millionen € beteiligt.

Außerdem findet jetzt laufend die Sprachstandsdiagnose im Rahmen der Einschulungsuntersuchung für die zukünftigen Schülerinnen und Schüler statt, die jetzt noch Kindergartenkinder sind, die in eineinhalb Jahren eingeschult werden. Wir werden im nächsten Kindergartenjahr die Fördermaßnahmen vornehmen, die nach dieser Diagnose erforderlich sind. Auch das Projekt „Schulreifes Kind“ läuft weiter mit bis zu 45 Millionen € im Endausbau.

Meine Damen und Herren, auch von den Konjunkturprogrammen auf Bundes- und Landesebene wird die Bildung profitieren. 65 % des Bundesprogramms sind für Bildung vorgesehen. Auch im Landesprogramm sind Maßnahmen dafür enthalten. Ministerpräsident Günther Oettinger hat gestern in seiner Rede dargestellt, dass rund 270 € pro Kind in den Einrichtungen von Kommunen, Kirchen und freien Trägern auf diesem Weg pauschal zur Verfügung gestellt werden. Dadurch wird die Arbeit in den Einrichtungen in Baden-Württemberg weiter verbessert.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich auf einige Änderungen eingehen, die wir im Finanzausschuss an diesem Einzelplan vorgenommen haben.

Wir haben einen Zuschuss für den Landesverband der Schulfördervereine vorgesehen. Die Schulfördervereine haben in den letzten Jahren im Bereich der Betreuungsangebote, des Mittagstisches und der Organisation dieser Angebote sehr wertvolle Aufgaben übernommen. Sie taten das in ihrer Form auch deshalb, weil es dafür steuerrechtliche und andere rechtliche Gründe gibt. Der Landesverband gibt wertvolle Informationen und Beratungen in diesem Bereich. Deshalb werden wir erstmals 50 000 € dafür im Haushalt 2009 zur Verfügung stellen.

Wir haben für die Fachlehrerinnen und Fachlehrer Stellenhebungen vorgesehen. Wir wollen mit einem Entschließungsantrag zur Personalausgabenbudgetierung die Grundlagen für eine entsprechende Entwicklung legen. Das sind Änderungen, die wir im Finanzausschuss vorgenommen haben, die richtig und wichtig sind.

Weitere Änderungen betreffen den Sport und die kulturelle Arbeit. Die Kolleginnen Brunnemer und Kurtz werden in weiteren Debattenbeiträgen darauf eingehen.

Wir stimmen dem Einzelplan 04 in der Fassung nach den Beratungen des Finanzausschusses vorbehaltlich der Änderun gen, die sich vielleicht noch aus dem Konjunkturprogramm auch für den Einzelplan 04 ergeben, zu.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Mentrup.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Schebesta hat vieles erwähnt, was im letzten Jahr angekündigt worden ist. Beginnend mit der „Aschermittwochsrede“ des Ministerpräsidenten über den Bildungsgipfel der Kanzlerin und die Bildungsoffensive der Regierungsfraktionen bis hin zur Vorstellung des Werkrealschulkonzepts durch die FDP/DVP ist kein Thema ausgelassen worden, mit dem man nicht Versprechungen für die Zukunft gemacht hätte.

Jeder, der ein bisschen von Haushalt versteht, weiß: Zum Schwur kommt es, wenn der Haushalt auf den Tisch gelegt werden muss; denn Ankündigungen sind das eine, aber die Umsetzung das andere. Was sich nicht im Haushalt wiederfindet, wird auch nicht gemacht.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das sind Allgemein- plätze!)

Lassen Sie uns deshalb einmal gemeinsam diese wichtigen Themen durchgehen und schauen, ob der „Lügendetektor Haushaltsentwurf“

(Heiterkeit des Abg. Gunter Kaufmann SPD)

quietscht und jault oder ob er das bestätigt, was auch eben noch einmal wortreich angekündigt worden ist.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gutes Konzept! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Der erste Punkt ist: Sie sagen, es sei ein Schwerpunkt in der Bildungspolitik gesetzt worden. Das wird begründet mit einem Etat von zusätzlich 200 Millionen €. Jetzt muss man wissen, dass darunter schon einmal 100 Millionen € für zusätzliche Versorgungsbezüge vorgesehen sind und 40 Millionen € für die zusätzliche Förderung der Privatschulen. Der Rest wird im Grunde nur noch dadurch mobilisiert, dass man 50 Millionen € aus einer Rücklage hineinnimmt.

Das heißt, im substanziellen Haushalt ist zur Verbesserung der Situation an den öffentlichen Schulen nichts dazugekommen. Das Einzige, was Sie hinzufügen, haben Sie aus einer Rücklage genommen. Der Anteil des Haushalts von Herrn Rau am Gesamthaushalt beträgt 23 % – 0,9 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Meine Güte!)

Daraus jetzt einen Schwerpunkt zu konstruieren halte ich in Anbetracht der Gesamtsituation für sehr gewagt.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Punkt: Es wurde wortreich vorgetragen, dass Sie die Umsetzung des Bildungsauftrags im frühkindlichen Bereich verbessern wollen. Drei Elemente sind angesprochen worden: die Sprachstandsdiagnose, die Sprachförderung und die Umsetzung des Orientierungsplans. Schaue ich in den Haushalt hinein, finde ich einen Totalausfall. Alle drei Themen bilden sich im Haushalt allenfalls am Rande ab.

(Zurufe der Abg. Marianne Wonnay SPD und Ursu- la Lazarus CDU)

Das Einzige, was erwähnt wird, sind zur Durchführung der Sprachstandsdiagnose 2,1 Millionen € für die Gemeinden und 750 000 € für den öffentlichen Gesundheitsdienst, allerdings aus der Bildungsoffensive, also auch nicht aus der Substanz des Haushalts, sondern aus einer Rücklage. Das ist so wenig, dass die Gemeinden, mit denen man zusammenarbeiten will, das Gesetz deswegen ablehnen, weil sie damit nicht zurande kommen.

Sprachförderung taucht im Haushalt überhaupt nicht auf, obwohl sie eine logische Konsequenz der Sprachstandsdiagnostik ist. Sie taucht nicht auf, weil Sie die Mittel in diesem Jahr der „Moser-Stiftung“ entnehmen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Wird es jetzt gemacht oder nicht? Dann ist es doch gut! Dann ist es doch in Ordnung!)

Es wird gemacht, aber aus der „Moser-Stiftung“. Sie wollen doch einen zukunftsfähigen Haushalt haben und nicht nur eine Überbrückung für ein Jahr, nach deren Ablauf Sie erneut anfangen, darüber zu diskutieren. Ersteres wäre zumindest unser Anspruch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wenn wir Moser nicht hätten, gäbe es gar nichts!)

Zur Umsetzung des Orientierungsplans: Alle, die das im Moment vor Ort betreiben, sagen uns, dass die Rahmenbedingungen für die einzelnen Kindertagesstättengruppen verbessert werden müssen. Letztlich geht es um eine Aufstockung des Personalschlüssels. Man kann das auch nicht damit schönrechnen, dass es jetzt mehr Ganztagsgruppen gibt als früher. Hier muss eine Rahmenbedingung substanziell geändert werden, sonst wird dieser Orientierungsplan nicht umgesetzt werden können.

Dazu sagen Sie nichts. Hierfür stellen Sie keine Mittel ein. Wir beantragen heute 50 Millionen € für diese drei Gesamtkomplexe, denn es ist peinlich, wirklich peinlich, Angelegenheiten gesetzlich zu regeln und sie Kommunen, Eltern, Kindern und Tageseinrichtungen vorzuschreiben, das im Haushalt aber nicht finanziell abzubilden. Das ist eine peinliche Nummer, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Dritter Punkt: Unterrichtsversorgung. Die Unterrichtsversorgung soll durch eine Senkung des Klassenteilers besser werden. Sie behaupten, sie hätten frisches Geld genommen und in den Haushalt hineingetan. Dann schauen wir uns das doch einmal an.

Der Ansatz für Beamte an den Grund- und Hauptschulen sinkt im Grundhaushalt um 40 Millionen €. Bei dieser Senkung ist schon gegengerechnet, dass 13 Millionen € aus der Rücklage zufließen, um die Aufstockung für 20 % der Deputate unterzubringen. Real kürzen Sie diese Position also um 53 Millionen €.

Dagegen steigt diese Position bei den Realschulen um 9 Millionen €, bei den Sonderschulen um 4,5 Millionen € und bei den Gymnasien um 30 Millionen €. Per saldo bleibt eine Abnahme der Beamtenfinanzierung um 9,5 Millionen € im Stammhaushalt.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Hinzu kommt eine globale Minderausgabe in Höhe von 13,5 Millionen €, die im Wesentlichen nur über Personaleinsparungen finanziert werden kann, denn das Personal macht 88 % der Gesamtkosten aus.

Dann kommen wir auf 23 Millionen €, die Sie für die Unterrichtsversorgung dem normalen Haushalt entnehmen. Dem rechnen Sie gegen, dass Sie über die Bildungsoffensive, also diesen Sonderposten, für 2009 etwa 20 Millionen € zusätzlich einstellen. Diese 20 Millionen € ergeben sich aus dem Betrag von 7,5 Millionen € für die zusätzlichen Leitungszeiten und 12,5 Millionen € für die Senkung des Klassenteilers.

Am Ende bleibt ein Nullsummenspiel. Das, was Sie vor Ort erzählen – dort sagen Sie, Sie würden frisches Geld hineinpumpen, um die Situation zu verbessern –, gleicht nur das aus, was Sie an anderer Stelle im selben Haushalt kürzen. Ich nehme an, Sie dachten, die Schülerzahlen würden so weit sinken, dass Sie sich das leisten könnten. Hier bleibt es bei einem Nullsummenspiel, und es ist nicht fair, draußen herumzulaufen und zu behaupten, es würde alles besser werden.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Hinzu kommt der Duktus dieser Personalausgaben. Eine globale Minderausgabe belohnt jeden, der z. B. eine Stelle nicht sofort besetzt. Denn jeder in der Verwaltung ist aufgerufen, einen Beitrag zur globalen Minderausgabe zu leisten. Des Weiteren gibt es eine Reihe von Stellensperrungen und Stellenverlagerungen; dies nimmt für den Gymnasialbereich im Haushaltsplan bereits drei Seiten ein. Das sind fast mehr Seiten, als der gesamte Gymnasialbereich überhaupt hat.