Kein Lehrer und keine Lehrerin, der bzw. die eine zehnte Klasse unterrichtet oder unterrichtet hat, mit denen ich in den unzähligen Gesprächen zum Thema Werkrealschule im letzten Dreivierteljahr gesprochen habe,
Das alles sind Lehrerinnen und Lehrer, die sich sehr engagiert um ein bestmögliches Erreichen von Bildungszielen ihrer Schüler kümmern und ein Interesse daran haben, dass die Schüler nachher auf dem Ausbildungsmarkt unterkommen.
Keine dieser Lehrkräfte hat gesagt, das Versetzungszeugnis werde für ausreichend gehalten. Vielmehr haben wir ein ehrgeiziges Ziel: Mit einem Jahr mehr sollen die Schüler den mittleren Bildungsabschluss mit den zusätzlichen Bildungszielen gegenüber dem Hauptschulabschluss erreichen. Das können wir nur erreichen, wenn gewisse Grundlagen, die durch entsprechende Leistungen in den Klassen 8 und 9 belegt werden können und müssen, vorhanden sind, auf die man in der zehnten Klasse aufbauen kann.
Ich habe in dieser Frage gründlich recherchiert, Herr Kollege Schebesta, und es ist mir zumindest gelungen, von einer Lehrkraft eine solche Stellungnahme zu hören. Ich habe die Lehrkraft zu dieser Frage nicht selbst befragt, weil sie Gewerkschaftsvorsitzende ist und ich nicht weiß, ob sie in einer zehnten Klasse unterrichtet. Sie hat, glaube ich, eine gewerkschaftliche Pflichtübung abgeliefert. Ich kenne viele Lehrerinnen und Lehrer. Ich besuche mehr Schulen als Sie alle zusammen, und dabei ist mir keine andere Lehrkraft mit einer solchen Stellungnahme untergekommen.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Als ob die alle mit den Fähnchen dastehen und winken, wenn der Minister kommt!)
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da ist auch keine Gefahr! – Abg. Reinhold Gall SPD: Zugegebenerma- ßen: Kultusminister wollte ich nie werden!)
Wir haben, glaube ich, mit der Konzentration auf die Frage des Übergangs von Klasse 9 nach Klasse 10 auch ein Symptom dafür vor Augen, dass die wirklich wichtigen Punkte in diesem Schulkonzept nicht mehr strittig sind: die Durchgängigkeit des Bildungsplans, die Berufsorientierung, das erweiterte Bildungsangebot, die Ganztagsschule, die Wahlschule, die Initiative der Schulträger – alles ungeheuer wichtige Eckpunkte dieser Schulart, der Werkrealschule. All das scheint unstrittig zu sein. Ich bin sehr dankbar, wenn sich der sachliche Klärungsbedarf nur noch auf diesen einen Punkt der Kriterien für den Übergang von Klasse 9 nach Klasse 10 konzentriert.
Ich bleibe dabei: Wir sind es den jungen Menschen schuldig, ihnen nach Klasse 9 eine klare Orientierung zu geben,
Wir kennen die Kriterien aus den KMK-Standards, und wir dürfen niemanden sehenden Auges in eine große Enttäuschung hineinlaufen lassen, nur weil die Erwachsenen nicht den Mut gehabt haben, hier eine klare Prognose zu stellen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rau, ich könnte jetzt kontern und sagen: Sie besuchen die Schulen, ich arbeite an einer Hauptschule. Daher nehme ich mir auch das Recht heraus, zu sagen: Ich habe einen Einblick in die Realität. Reden Sie einmal mit Schulleitern, reden Sie einmal mit Lehrern, reden Sie einmal mit der unteren Schulverwaltung darüber, was sie zu Ihrem Konzept der Werkrealschule sagen.
(Abg. Ernst Behringer CDU: Herr Zeller, Sie reden offensichtlich mit den falschen Leuten! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Fragen Sie Ihre Kollegin, Frau Fohler! Herr Gregor, SPD-Schulleiter in Kirchheim, begrüßt das! – Gegenruf der Abg. Christine Rudolf SPD )
Herr Rau, Sie haben soeben bestätigt, dass Sie die Werkrealschule nicht mit einer Realschule gleichsetzen. Sie haben deutlich gemacht, dass Sie bei der Grundschulempfehlung die Hauptschule und die Werkrealschule gleichsetzen.
Nebenbei: Dass Sie Werkrealschule und Realschule nicht gleichsetzen, wird auch dadurch deutlich, dass Sie andere Quoten für den Übergang auf eine berufliche Schule ansetzen. Auch dies ist ein Beleg, dass es hier nicht um eine Gleichsetzung geht, was den mittleren Bildungsabschluss betrifft.
Wir von der SPD wollen zehn Schuljahre für alle. Das heißt aber nicht, dass jeder automatisch den Werkrealschulabschluss macht.
(Abg. Ernst Behringer CDU: Das muss er doch nicht! Herr Zeller, Sie haben gar nicht begriffen, worum es geht!)
Wir wollen, dass die Hauptschülerinnen und Hauptschüler, die bisher nur neun Schuljahre haben, endlich auch das Recht auf zehn Jahre bekommen. Das ist in Ihrem Entwurf nicht enthalten. Reden Sie doch nicht so daher, als ob es darum ginge, allen den mittleren Bildungsabschluss aufzudrücken. Vielmehr sollen die Schüler die Chance haben, einen Realschulabschluss, einen Hauptschulabschluss oder bei vorliegender Konzeption einen Werkrealschulabschluss zu machen.
Mit Ihrem Konzept wollen Sie die Viergliedrigkeit betonen und favorisieren. Dies bedeutet – ich bleibe dabei – im Klartext: Wer immer es kann, wird alles versuchen, um von der normalen Hauptschule, die dann am Rande noch mitläuft, auf
die Werkrealschule zu wechseln mit dem Effekt, dass dann mangels entsprechender Schülerzahlen automatisch alle auf die Werkrealschule wechseln und die normale Hauptschule aufgelöst wird. Damit – das sage ich Ihnen – sind Sie für das Sterben der Hauptschulen und der Schulen in der Fläche im Land verantwortlich.