Das gilt zum Beispiel für abgelehnte Asylbewerber, und das gilt insbesondere für straffällig gewordene Ausländer oder solche Personen, die extremistischen Kreisen angehören.
(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Ute Vogt SPD: Jetzt sagen Sie einmal etwas Positives!)
Der dritte Punkt ist die Erfüllung humanitärer Verpflichtungen. Hierzu sage ich für die Landesregierung und für meine Fraktion hier: Selbstverständlich werden wir auch künftig unseren humanitären Verpflichtungen gerecht werden, wie wir das beispielsweise mit der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien in großem Umfang unter Beweis gestellt haben.
Wir haben über die humanitären Aufenthaltsrechte schon in der Plenarsitzung vom 22. Februar dieses Jahres gesprochen, auch unter dem Stichwort Kettenduldungen. Ich will die Diskussion heute nicht noch einmal von vorn aufrollen. Aber den Hinweis, dass das Zuwanderungsgesetz erhebliche Verbesserungen für besonders schutzbedürftige Ausländer enthält, halte ich für notwendig, weil diese Tatsache in der Diskussion häufig untergeht.
Jetzt haben wir beispielsweise Verbesserungen in einigen Bereichen. In vielen Fällen, in denen Ausländer nach altem Recht lediglich geduldet waren, haben sie jetzt regelmäßig Anspruch auf einen Aufenthaltstitel, etwa bei geschlechts
spezifischer Verfolgung oder wenn für einen Ausländer im Heimatstaat konkrete Gefahr für Leib und Leben besteht.
Es können außerdem ausreisepflichtige Ausländer einen Aufenthaltstitel bekommen, wenn sie ohne eigenes Verschulden nicht abgeschoben werden können und wenn ihnen auch eine freiwillige Ausreise nicht möglich ist.
Die Härtefallkommission wurde angesprochen. Von der Möglichkeit, eine solche Kommission einzurichten, haben wir Gebrauch gemacht. Ich bedanke mich bei unserem Ausländerbeauftragten – jetzt Integrationsbeauftragten –, dem Kollegen Goll, an dieser Stelle ausdrücklich dafür, dass wir die Einrichtung der Härtefallkommission in großem Konsens sehr zügig vorgenommen haben. Die Besetzung und die Arbeitsweise der Kommission geben uns in vollem Umfang Recht. Dort wird eine hervorragende Arbeit geleistet. Wenn Sie Zahlen wissen wollen, kann ich sie Ihnen konkret sagen.
Jetzt zum Thema Bleiberechtsregelung. Das ist ja nun in der Tat das Thema, das jetzt vorrangig im Fokus steht. Zunächst einmal will ich feststellen: Eine Bleiberechts- oder Altfallregelung wurde gerade auch wegen der Verbesserungen im Zuwanderungsgesetz, die ich eben skizziert habe, nicht in den Zuwanderungskompromiss aufgenommen.
Das war das Gesetz von Rot-Grün, ein Kompromiss, der allerdings mit Zustimmung der damaligen Oppositionsparteien im Bundestag zustande gekommen ist. Aber wegen dieser Verbesserungen wurde eine Bleiberechtsregelung bzw. Altfallregelung gerade nicht aufgenommen.
Wir haben in der Innenministerkonferenz im letzten Jahr – den Vorsitz hatte Baden-Württemberg – beschlossen, eine interministerielle Arbeitsgruppe einzurichten, die das Zuwanderungsgesetz evaluiert und die Frage einer Bleiberechtsregelung prüft und vorbereitet. Jetzt haben wir diesen Bericht, und es sind seit seiner Vorlage nur wenige Tage vergangen. Nein, eigentlich hat Baden-Württemberg schon vorher seine Vorstellungen zu einem Bleiberecht, zu einer Altfallregelung bei dieser Kommission, bei dieser Arbeitsgruppe eingereicht. Deswegen sage ich Ihnen, dass wir da auch mit vorne dran sind. Ich weise darauf hin, dass ich selbst eine Bleiberechtsregelung für grundsätzlich sinnvoll und vorstellbar halte. Aber wir müssen natürlich die inhaltliche Ausgestaltung miteinander sehr genau differenzieren.
Ich habe schon öfter betont, dass die Situation der Betroffenen für mich zweifellos ein sehr wichtiger Aspekt ist, insbesondere wenn Kinder hier geboren und aufgewachsen sind. Sicherlich wird auch ein langjähriger Aufenthalt erforderlich sein, aber er allein reicht noch nicht aus, um ein Bleiberecht zu erhalten.
Eines sage ich in aller Deutlichkeit, um gleich die Eckpunkte zu markieren, die ich mir bei einer Altfallregelung vorstelle: Wer es nur durch Täuschung der Behörden – solche Fälle haben wir zu Hunderten – über viele Jahre geschafft hat, seine Ausreise zu verhindern, wer über seine Identität täuscht, wer seinen Pass wegwirft oder wer über einen lan
gen Zeitraum nur durch öffentliche Leistungen in erheblichem Umfang seinen Lebensunterhalt bestreitet, kann meines Erachtens nicht über eine Bleiberechtsregelung hierbleiben.
Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, möchte ich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zitieren:
Eine Rechtsordnung, die sich ernst nimmt, darf nicht Prämien auf die Missachtung ihrer selbst setzen. Sie schafft sonst Anreize zur Rechtsverletzung, diskriminiert rechtstreues Verhalten und untergräbt damit die Voraussetzungen ihrer eigenen Wirksamkeit. …
Die Bereitschaft zu rechtmäßigem Verhalten darf nicht dadurch untergraben werden, dass statt des rechtstreuen Verhaltens der Rechtsverstoß begünstigt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist doch völ- lig unstrittig! Auf so etwas kommt doch gar nie- mand!)
Klar muss sein, dass Straftäter oder Personen, bei denen Bezüge zu extremistischen Vereinigungen erkennbar sind, keine Chance haben dürfen, in den Genuss einer Bleiberechtsregelung zu kommen. Sie müssen wieder ausreisen, und wenn sie dies nicht freiwillig tun, dann müssen wir sie abschieben. Punkt.
Ich will dazu aber zwei, drei Punkte anführen: Das Land fördert die Integration nicht erst, seit es das Zuwanderungsgesetz gibt.
Bei uns werden Integrationskurse angeboten. Insoweit haben wir, Herr Kollege, eine Schrittmacherfunktion übernommen. Als erstes Bundesland haben wir schon im Jahr 2001 einen Modellversuch „Integrationskurse für bleibeberechtigte Ausländer“ gestartet. Dank der Landesstiftung konnten wir ab 2002 nahezu flächendeckend Integrationskurse anbieten. Seit dem Jahr 2001 hat die Landesstiftung 7,4 Millionen € für Integrationsmaßnahmen bereitgestellt. Vergleichbares ist mir aus anderen Ländern nicht bekannt.
Mein Haus hat aktuell ein Projekt „Ehrenamtliche Integrationsbegleitung“ gestartet. Es umfasst ein Volumen von 850 000 € an Landesstiftungsmitteln und ist auf drei Jahre angelegt.
Ehrenamtliche Integrationsbegleitung ist im Übrigen in den USA seit Jahrzehnten selbstverständlich. Dort machen dies die Nachbarn. Sie stehen Neuankömmlingen über einen langen Zeitraum hinweg ehrenamtlich beratend zur Seite. Ich denke, das kann auch ein Weg sein.
Sie sehen also: Die Landesregierung stellt sich der Aufgabe – 40 Millionen € im laufenden Jahr für Integrationsmaßnahmen.
Deswegen, meine Damen und Herren, sage ich mit allem Nachdruck: So wenig man Integration erzwingen kann – das sollte man im Übrigen auch nicht –, sosehr darf es aber auch nicht im Belieben eines Ausländers stehen, ob er sich integriert oder nicht. Wir müssen erwarten, dass sich Ausländer in unserem Land in zentralen Punkten den Werten unserer Gesellschaft öffnen, diese akzeptieren und respektieren.
Damit bin ich bei Ihnen, Frau Kollegin Vogt. Also: Integration darf nicht nur angeboten und eingefordert werden. Integration muss auch durchgesetzt werden.
Im Bereich der Einbürgerung hat Baden-Württemberg für Bewegung gesorgt. Gerade mit dem von Ihnen angegriffenen, immer noch beharrlich missverstandenen Leitfaden haben wir
entscheidende Impulse gegeben. Durch die Einführung dieses Gesprächsleitfadens, mit dem sich die Einbürgerungsbehörden in Zweifelsfällen Gewissheit darüber verschaffen, ob ein Einbürgerungsbewerber den Inhalt des Bekenntnisses, das er unterschreibt, versteht
und ob das Bekenntnis seiner inneren Überzeugung entspricht, hat das Land bundesweit die Diskussion erst in Gang gebracht.
Aber wir haben es, und zwar einstimmig – – Die Innenministerkonferenz – Frau Kollegin, ich nehme an, dass Sie als ehemalige Staatssekretärin im Bundesinnenministerium dies wissen – beschließt einstimmig. Die 16 Bundesländer sind mit im Boot. Diese Diskussion ging von Baden-Württemberg aus. Dies ist jetzt auch so festgeschrieben. Ich sage es Ihnen nachher einmal.