G 8 bedeutet Hochschulreife nach zwölf Jahren. Der gymnasiale Abschluss nach zwölf Jahren ist nationaler und internationaler Standard. Nirgendwo wurde das G 8 so gut vorbereitet eingeführt wie bei uns.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Rein- hold Gall SPD: Lächerlich! – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Peter Hofelich SPD: Abteilung Realsatire! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Paralleluniversum! – Abg. Peter Hofelich SPD: Schopenhauer!)
Wir haben an einem Viertel der Gymnasien mehrere Jahre lang Erfahrungen damit gesammelt. Wir haben neue Bildungspläne erstellt, die dem zur Verfügung stehenden Zeitbudget Rechnung tragen und die den Schulen Spielraum und Verpflichtung zur eigenständigen Schulentwicklung geben. Genau diese Schulentwicklung wird jetzt geleistet.
Eines will ich dazusagen: Wir gehen davon aus, dass ein Abitur eine gewisse Anstrengung verlangt. Das ist der höchste Bildungsabschluss, den man in unseren Schulen erreichen kann.
Wir haben den Einführungsprozess unterstützt, indem wir umfangreiche Fortbildungsmaßnahmen ergriffen haben, die in jede Schule hineingewirkt haben. Für jeden Fachbereich wurden Lehrerinnen und Lehrer fortgebildet, die das nach dem Schneeballsystem in die Kollegien getragen haben. Wir haben runde Tische organisiert, an denen Lehrkräfte, Schulleitungen, Eltern und Schüler beteiligt waren, um uns rückzumelden, an welchen Punkten ein Nachsteuerungsbedarf besteht. Dem sind wir nachgekommen. Es ging um das Zeitmanagement, es ging um frei verfügbare Stunden, und es ging um Hausaufgabenbetreuung. In all diesen Punkten ist nachgesteuert worden, weil ein so umfangreiches Reformwerk natürlich auch verlangt, im Laufe der Zeit mit den Erfahrungen umgehen zu lernen.
Es gibt keinen ernsthaften Grund, an einer erfolgreichen Schul laufbahn für G-8-Schüler, die ihre Chance nutzen wollen, zu zweifeln. Wir haben bereits erste Abiturergebnisse von Gym
Die Ergebnisse sind gleichwertig mit den Ergebnissen der Schüler, die in neun Jahren das gleiche Abitur erreichen. Die Schülerinnen und Schüler nutzen ihre Chance.
An den Schulen wird gute Arbeit geleistet. Ich glaube, wir sehen insgesamt viel zu wenig, wie viel wirklich intensive Schul entwicklungsarbeit die neuen Bildungspläne verlangt haben. Ich glaube, dass die Schulen gut aufgestellt sind, um die Erfahrungen so umzusetzen, dass das G 8 insgesamt ein Erfolg ist.
Ich weiß: Solange es noch die jetzt auslaufenden G-9-Jahrgänge und parallel zum G 8 gibt, wird immer auch ein Vergleich gezogen und die Annahme geäußert, dass es im G 9 irgendwie leichter gegangen sei. Das ist aber keine Erfahrung, auf der man ein anderes Schulkonzept aufbauen könnte.
Ihr Antrag, Herr Schmiedel – Ihr Antrag, Frau Rastätter, ist etwas anders orientiert –, ist nach dem Motto „Vorwärts, Kamerad! Wir müssen zurück!“ gestrickt. Ich glaube, das kann in der Bildungspolitik kein Prinzip sein. Das ist kein Beitrag zur Weiterentwicklung der Gymnasien.
Frau Rastätter, wenn Sie selbst sagen, dass das Konzept des achtjährigen Gymnasiums schlüssig sei, aber neun Jahre Zeit im Rahmen eines Schulversuchs fordern, dann argumentieren Sie, wie mir scheint, ein bisschen mit dem „Wohlfühlfaktor“. Das ist aber kein zielführendes Argument, wenn es darum geht, das G 8 an unseren Schulen zu einem Erfolg werden zu lassen. Ich bin davon überzeugt, dass mit dem ersten flächendeckenden G-8-Abitur im Jahr 2012 alle Beweise dafür erbracht sein werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPD hat uns hier im Landtag in den vergangenen Jahren viele Vorschläge unterbreitet. Sie hat gesagt: sechsjährige Grundschule und danach sechsjähriges oder vielleicht auch siebenjähriges Gymnasium, oder eine zehnjährige Gesamtschule mit darauf folgendem dreijährigen Gymnasium. Heute reden wir auf der Basis der vierjährigen Grundschule über ein neunjähriges Gymnasium. Was sind Sie eigentlich für eine Chaostruppe?
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Wider- spruch bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wenn Sie eine Chaostruppe anschauen wollen, müs- sen Sie in Ihr Haus gehen! Liebe Leut! – Weitere Zu- rufe von der SPD und den Grünen – Unruhe)
Sie haben überhaupt kein schlüssiges Konzept. Sie bringen jeden Tag etwas anderes. Sie setzen sich jeden Tag auf irgendeine Stimmung drauf und sind selbst bei 22 % sitzen geblieben.
(Beifall und Heiterkeit bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Prima! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Zurufe von der SPD und den Grünen – Unruhe – Minister Helmut Rau trinkt aus seinem Glas.)
(Abg. Dr. Frank Mentrup SPD trinkt aus dem Glas von Minister Helmut Rau. – Abg. Stefan Mappus CDU: Das war dem Rau sein Glas! – Heiterkeit)
(Abg. Peter Hofelich SPD: Das Rau-Glas wird bis zur Neige ausgetrunken! – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Volker Schebesta CDU: Einmal gu- cken, ob es etwas hilft! – Heiterkeit des Abg. Stefan Mappus CDU – Abg. Stefan Mappus CDU: Jetzt trinkt der schon unser Wasser! – Unruhe)
(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Auch nicht durch die Hintertür! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)
Kein Mensch von uns hat gesagt, dass wir das Angebot des G 8 nicht flächendeckend aufrechterhalten wollen.
(Abg. Stefan Mappus CDU: Sie wollen alles für al- le! – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU – Unru- he)
Aber solange Sie nicht bereit sind, die grundlegenden Strickfehler des baden-württembergischen G 8 grundsätzlich anzugehen, so lange ist es berechtigt und für Sie auch absolut nötig, sich mit der Stimmung im Land auseinanderzusetzen.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe der Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP und Dr. Klaus Schüle CDU)
Ich könnte dazu noch viel sagen. Ich könnte Ihnen die Frage stellen, wie Sie den baden-württembergischen G-8-Schülern erklären, dass sie nach der neunten Klasse innerhalb von Baden-Württemberg fachlich so weit sind wie früher nach der zehnten Klasse und deswegen so anerkannt werden, als hätten sie die mittlere Reife, sie dies aber nicht bescheinigt bekommen, weil man in vielen anderen Bundesländern nach wie vor erst nach Klasse 10 so weit ist.
Das hat zur Folge, dass Sie die Schüler genau an diesen Übergängen zu Schulfremdenprüfungen treiben, weil sie nämlich keine Andockmöglichkeiten mehr haben, wenn sie im Gymnasium ein- oder zweimal wiederholen oder Gefahr laufen, sitzen zu bleiben. Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren: In anderen Bundesländern gibt es auch das G 8, aber dort gibt es keine so große Unzufriedenheit wie bei uns.
Mein Gegenargument ist Rheinland-Pfalz, Herr Rau: Wenn es dort ein solcher Unfug ist, warum gibt es dort keinen Elternprotest, keine solchen Umfrageergebnisse und nicht diese Unzufriedenheit? Diese Frage müssen Sie uns doch einmal beantworten.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe, u. a. der Abg. Volker Schebesta und Jörg Döpper CDU so- wie Hagen Kluck FDP/DVP und Wolfgang Drexler SPD – Abg. Stefan Mappus CDU meldet sich. – Glo- cke des Präsidenten)
Herr Schebesta, wir reden heute über Mosbach. Wir reden über eine Schule, die in einem Zug ein neunjähriges G 8 anbieten will. Sie haben dort Profis. Diese haben vorher jahrzehntelang G 9 gemacht, haben sich um das G 8 bemüht
und dieses Modellprojekt einer parallelen Organisation an ihrer Schule gemacht. Sie haben festgestellt, dass es dort nicht zu sozialen Problemen, zu Ausgrenzungen oder irgendwelchen Schwierigkeiten führt, wenn man das parallel macht. Sie haben dann umfassend G 8 eingeführt. Nur: Sie machen etwas, was viele andere Schulen nicht machen. Sie fragen nämlich vorher einmal die Eltern von Grundschülern, was sie sich an Qualität vorstellen, und sie fragen anschließend, wenn die Kinder Unter- und Mittelstufe durchlaufen haben, wie sie das erlebt haben. Sie haben dann seit Jahren konsequent die Rückmeldung: „Wenn wir gewusst hätten, was an Zeitbelastung“ – es geht nicht um das pädagogische Konzept oder um sons tige Inhalte – „auf unsere Kinder zukommt, hätten wir uns für unser Kind ein Jahr mehr in der Unter- und Mittelstufe gewünscht!“
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Alfred Winkler SPD: Das ist der Normalfall! Genau!)
Und dann, Herr Minister, machen diese Mosbacher genau das, was Sie bei der Schulentwicklung wollen. Sie wollen nämlich ein Profil entwickeln, das von den Eltern angenommen wird. Da geht es nicht um „G 8 ist grundsätzlich schlecht oder gut“, sondern sie diskutieren auf der Grundlage ihrer Erfahrungen, wie sich die Schule so weiterentwickeln soll, dass es dort für die Kinder vor Ort – nicht in Stuttgart, nicht in Mannheim, sondern in Mosbach – noch besser wird. Das muss jede Schule selbst diskutieren. Daher sind die hier in Mosbach Profis in der Schulentwicklung. Sie beantragen nicht, das ganze Konzept zu sprengen, sondern sie beantragen, den Eltern, die es wünschen, zu sagen: Eure Kinder dürfen die drei Jahre von Klasse 5 bis 7 auch in vier Jahren durchlaufen, weil sie dann nicht die Wochenstundenbelastung haben, die sie sonst hätten.
Das hat völlig unterschiedliche Gründe. Auch all das ist erhoben worden; das ist jahrelang festgestellt worden. Es gibt den Grund: „Meine Kinder brauchen etwas länger!“ Es gibt den Grund: „Meine Kinder wollen außerhalb der Schule noch mehr zusätzliche Angebote wahrnehmen!“ Es gibt den Grund: „Die Kinder haben eine so weite Anfahrt, dass die Gesamtbelastung für diese Kinder aus Sicht der Eltern einfach zu groß ist!“ Insofern geht es auch nicht um schlechtere oder bessere Kinder, sondern es ist eine gute Mischung von Eltern, die sich dafür entscheiden.
Nun machen diese Mosbacher das, was alle guten Schulentwickler tun: Sie stellen ihr Profil zur Diskussion. Sie stellen ihr Profil in die politische Entscheidung des Schulträgers und beantragen einen Modellversuch, genauso wie Sie das bei anderen Dingen möchten. Es ist arrogant, hier einfach zu sagen, die wollten alle nur einen bequemen Weg zum Abitur, und all das würde nur zu schlechteren Ergebnisse führen.