Protokoll der Sitzung vom 04.11.2009

Ich nehme an, Sie bleiben noch eine ganze Zeit im Amt, Herr Oettinger. Deshalb wollen wir wissen: Wie ist der Kurs? Gehen Sie mit den anderen Ministerpräsidenten konform, die ganz offen sagen, das gehe nicht, das sei verantwortungslos, hier würden Beschlüsse auf Kosten Dritter gefasst?

Ich erinnere noch einmal daran, Herr Kollege Oettinger, dass sich die Föderalismuskommission nicht dazu durchringen konnte, uns neben dem Schuldenstopp ab 2020 auch eigene Steuerhebungsrechte oder Rechte zur Abweichung von Standards in Bundesgesetzen zu gewähren. Das heißt, wir sind denen in Berlin ausgeliefert. Wenn sie die Steuern senken, können wir nichts machen, außer Ausgaben zu kürzen. Da sind Sie gefragt.

Herr Kollege Rülke, Sie haben jetzt etwas polemisch die Wünsche der SPD aufgezählt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Warum ist das Polemik, wenn man aufzählt, was die fordern?)

Sie wollten ja damit sagen, das alles sei unseriös und die SPD habe keine Finanzierungsvorschläge und mache noch mehr Schulden.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Vielen Dank für die Interpretation! – Abg. Stefan Mappus CDU: Wo ist die Polemik? Das ist wahr, nicht polemisch!)

Aber Sie müssen doch selbst sagen: Wollen Sie, dass wir den Orientierungsplan umsetzen?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Selbstverständlich! – Abg. Stefan Mappus CDU: Ja, klar!)

Wollen Sie, dass die Gemeinden die U-3-Betreuung so vornehmen, wie sie erforderlich ist und von der Bevölkerung gebraucht wird?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Selbstverständlich! – Abg. Stefan Mappus CDU: Auch klar!)

Und woher nehmen Sie bitte das Geld?

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Genau! – Abg. Alfred Winkler SPD: Da bleiben einige Fragen!)

Jetzt frage ich noch einmal: Wem kommt eigentlich diese Steuersenkung zugute? Sicher nicht der unteren Hälfte der Bevölkerung, die ohnehin ganz wenig Steuern bezahlt.

(Abg. Ingo Rust SPD: Genau!)

Vielmehr kommt sie denen zugute, die so gut verdienen, dass sie auf solche Steuersenkungen eigentlich gut verzichten könnten.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül- ke FDP/DVP: Familien mit Kindern meinen Sie!)

In der gegenwärtigen Situation könnten wir in diesem Bereich gut darauf verzichten.

Jetzt empfehle ich Ihnen, Herr Kollege Mappus: Lesen Sie einmal das Gutachten zur Kinderarmut, das die Diözese Rottenburg-Stuttgart bei der Dualen Hochschule in Auftrag gegeben hat.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, eben!)

Die Bilanz dieses Gutachtens lautet:

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Man muss etwas für Familien mit Kindern tun!)

Wenn wir nicht etwas gegen die Kinderarmut tun – aber nicht nur materiell, sondern vor allem, was Bildung betrifft,

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja!)

was Chancen auf dem Arbeitsmarkt betrifft –, dann besteht die Gefahr, dass wir ein Viertel unserer jetzigen Generation verlieren.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: Ja, kein Dissens!)

Vor dieser Herausforderung stehen wir.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das wollen wir ja bekämpfen!)

Das heißt, wir können in einer solchen Situation auf wichtige Investitionen des Staates überhaupt nicht verzichten.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wollen wir auch gar nicht! Es muss mehr investiert werden!)

Wir können da nicht einsparen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Eben!)

Jetzt möchte ich von Ihnen wissen:

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Der geht ja nicht ans Rednerpult! Er sagt ja nichts, er schreit nur noch!)

Wie sollen wir diese wichtigen Infrastrukturleistungen finanzieren, wenn wir zugleich wieder Transferleistungen erhöhen – und zwar Transferleistungen, die die Bevölkerungsgruppe, die sie tatsächlich benötigt, gar nicht wirksam erreichen?

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das Schweigen der Fraktion!)

Das sind die Fragen, vor denen wir stehen. Das sind die Herausforderungen. Da ist es weder mit billiger Polemik noch mit Schönfärberei getan. Das sind harte Herausforderungen. Wir hätten erwartet, dass es heute hier erste Ansagen von Verantwortlichen aus der Regierung und den sie tragenden Fraktionen gibt, wie Sie diese schwierige Problemlage lösen wollen. Nichts haben wir gehört. So geht man nicht verantwortlich mit diesem Land um.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Röhm.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich verzichte!)

Dann stelle ich fest, dass keine Wortmeldung mehr vorliegt.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Nichts mehr aufge- schrieben!)

Damit ist die Aktuelle Debatte unter Punkt 1 der Tagesordnung abgeschlossen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Ein Auftritt wie der FC Bayern gestern!)

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Nachwahl eines Vertreters des Landtags für die Entsendung in den Medienrat der Landesanstalt für Kommunikation

(Unruhe)

Herr Abg. Hans Georg Junginger, der dem Medienrat der Landesanstalt für Kommunikation seit Oktober 2007 angehört hat, hat mit Ablauf des 31. August 2009 sein Landtagsmandat niedergelegt und uns mit Schreiben vom 1. November 2009 mitgeteilt, dass er zum 31. Dezember 2009 vorzeitig aus dem Landesmedienrat ausscheiden wird.

Für den Rest der Amtszeit ist somit ein Nachfolger zu benennen. Zur Nachwahl schlägt die Fraktion der SPD Herrn Abg. Andreas Stoch vor, der das Medienratsmandat ab 1. Januar 2010 erhalten soll. Ein entsprechender Wahlvorschlag liegt Ihnen vor.

Ich darf davon ausgehen, dass wir offen abstimmen können. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.

Darf ich weiter davon ausgehen, dass Sie dem Wahlvorschlag der SPD-Fraktion zustimmen? – Auch dagegen gibt es keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 2 der Tagesordnung ist damit erledigt.