Das, was die Kommunen beantragen und wollen, damit die Schule wohnortnah bleibt, verhindern Sie. Sie räumen nicht die Möglichkeit ein, entsprechende Anträge zu realisieren.
Deswegen bedeutet Ihr Konzept das Aus für die einzügigen Hauptschulen. Das hatte ich Ihnen bei der Beratung des Gesetzentwurfs zur Einführung der neuen Werkrealschule gesagt. Sie machen alle einzügigen Hauptschulen platt. Ich habe mit Schulamtsleuten verschiedener Schulämter gesprochen.
Das Ziel ist, Vollzug zu melden: nur noch zweizügige Hauptschulen. Es kann doch wahrlich nicht Ihre Politik sein, den ländlichen Raum damit sozusagen auszubluten. Das ist nämlich das Ergebnis.
Deswegen werden wir den von den Grünen vorgelegten Gesetzentwurf unterstützen, weil seine Richtung stimmt.
Nachdem der Minister bei diesem Punkt wirklich uneinsichtig ist, fordere ich Sie von den Koalitionsfraktionen – insbesondere mit Blick auf die FDP/DVP – abschließend nochmals auf: Machen Sie das, was Sie, Frau Arnold, draußen immer wieder verkünden, endlich wahr, dass die Kommunen, die ein Konzept vorlegen und darlegen, dass es zu unserem jetzigen Schulsystem sinnvolle Alternativen gibt, ihr Konzept ausprobieren können, damit sie Ihnen endlich beweisen können, dass es funktioniert,
Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es bleibt dabei: Die FDP/DVP-Fraktion lehnt den vorgelegten Gesetzentwurf ab. Sie lehnt ihn zum einen deshalb ab – Sie, Frau Rastätter, haben es eben klipp und klar noch einmal ausgeführt –, weil Sie in einem ersten Schritt unser Schulsystem völlig verändern wollen. Sie wollen Realschule, Hauptschule und Gymnasium zugunsten einer Basisschule abschaffen; früher haben Sie es „Gemeinschaftsschule“ genannt. Wir werden diesen Weg auf keinen Fall mitgehen.
Ich habe leider nicht die Zeit, Ihnen aufgrund der Eckdaten noch einmal ausführlich darzulegen, weshalb wir wissen, dass wir in unserem Land ein auf nationaler und internationaler Ebene erfolgreich agierendes Schulsystem haben. Wie gesagt: Die Zeit reicht nicht. Aber wir werden den Teufel tun, dieses erfolgreiche Schulsystem durch eine völlig verfehlte Strukturreform aufs Spiel zu setzen.
Zweitens: Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf auch deshalb ab, weil er widersprüchlich ist. Sie haben vorhin gesagt, der Begabungsbegriff existiere für Sie nicht mehr.
Das stimmt auch. In § 3 werfen Sie diesen Begriff auch aus Ihrem Gesetzentwurf hinaus. Aber in § 4 taucht der Begriff wieder auf. Dort steht: „unterschiedliche Begabungen“ – ihnen müsse man entsprechen. Was denn nun, Begabung Ja oder Nein?
Kollege Schebesta hat schon die forsa-Umfrage angesprochen: Ihr Gesetzentwurf basiert auf den falschen Voraussetzungen. Mehr als zwei Drittel der Menschen in diesem Land wollen Ihr neues Schulgesetz nicht.
Die wollen keine Basisschule, und wir sind gut beraten, wenn wir diese Meinung zu unserer Meinung machen. Das tun wir hier auch.
Um es in einem Satz zu sagen: Unsere Bildungspolitik basiert nicht auf Wunschdenken und auf Stimmungsbildern, sondern sie basiert auf empirischen Daten, die wir in unserer Bildungspolitik berücksichtigen. Diese empirischen Daten haben Sie nicht.
Die wenigen Studien, die wir in diesem Bereich überhaupt haben, kommen alle zu demselben Ergebnis: Relativ homogen zusammengesetzte Lerngruppen sind erfolgreicher.
(Widerspruch bei den Grünen und der SPD – Abg. Norbert Zeller SPD: Wo haben Sie denn das jetzt her? – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Warum haben die Pri- vatschulen so einen Zulauf? – Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE: Das bringen Sie uns bitte einmal bei!)
Wir haben keinerlei empirische Daten, die belegen, dass die Gemeinschaftsschule von vornherein besser ist. Deshalb gehen wir den Weg weiter, den wir bisher erfolgreich gegangen sind.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Jür- gen Walter GRÜNE: Eine Regel aus dem Jahr 1964! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Herr Walter, da sind Sie noch nicht zur Schule gegan- gen!)
Ich möchte an dieser Stelle einen Blick auf die moderne Hirnforschung werfen, meine Damen und Herren.
Man hat festgestellt: Wenn ein Mensch motiviert werden soll, etwas zu tun, muss das Gehirn drei Botenstoffe aussenden. Dann raffen wir uns auf zu egal was, auch zum Lernen. Diese drei Botenstoffe werden aber nur ausgesandt, wenn dieser Mensch in einem sozialen Beziehungsgeflecht steht,
wenn er wahrgenommen wird, wenn er weiß: „Ich bedeute etwas für meine Mitmenschen“, wenn er erfährt: „Ich bin wichtig für meine Mitmenschen.“ Ohne dieses Beziehungsgeflecht gibt es diese Botenstoffe nicht und gibt es keine Motivation.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Win- fried Kretschmann GRÜNE: Und die werden nur im dreigliedrigen Schulsystem ausgeschüttet?)
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: So ist es! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Arbeiten die Waldorfschulen nicht erfolgreich? – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Die haben 42 Schüler pro Klasse! Das funktioniert gut!)
Erfolgreich arbeitende Schulen, egal, wie sie strukturiert sind, schaffen es, dieses Beziehungsgeflecht herzustellen.
Sie schaffen es, ein stabiles Bildungsgeflecht zwischen Lehrern und Schülern herzustellen. Automatisch werden die Schüler motiviert, und wer motiviert ist, lernt gern und lernt gut. Das ist unser Ziel. Wir wollen in Baden-Württemberg eine Bildungslandschaft immer weiter ausbauen, die genau das schafft. Dazu brauchen wir natürlich die nötigen Rahmenbedingungen.
(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das dreigliedrige Schulsystem! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Genau!)