Baustelle Kommunen: Für den Bereich Kommunen hatten Sie in Ihrem Erläuterungsbericht zum Haushalt 2010/2011 versucht, die Reform des Gemeindehaushaltsrechts – Stichwort Einführung der Doppik – als Erfolg zu verkaufen,
(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ojemine! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Es wird einer!)
wobei dies – wohlgemerkt auf kommunaler Ebene – eigentlich so gut wie niemand wollte, weil öffentliche Haushalte eben nicht mit Unternehmen zu vergleichen sind,
deren vorrangiges Ziel es natürlich ist, Gewinne zu erwirtschaften – mit all den Begleiterscheinungen, die wir kennen.
In den Städten und Gemeinden, meine Damen und Herren, wollen nämlich weder die Verwaltung noch die kommunalen Mandatsträger mit Produkten und Kennzahlen arbeiten. Vielmehr möchten sie sich gern mit Themen wie „Ausreichende und gute Kinderbetreuung“, wie „Angebote in den Bereichen Sport und Kultur“ oder wie „Sicherstellung z. B. des abwehrenden Brandschutzes“ beschäftigen. Sie möchten sich mit Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten in einer älter werdenden Gesellschaft beschäftigen oder mit Präventivmaßnahmen, z. B. im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes. Da passen Kennzahlen und Produktbezeichnungen nun einmal nicht in die kommunale Landschaft.
Ich will auch ganz deutlich sagen, meine Damen und Herren: Mit Ihrer Unterstellung, Ihr neues Gemeindehaushaltsrecht wäre erforderlich, um die kommunalen Haushalte langfristig auf eine solide finanzielle Basis zu stellen, stellen Sie gerade denen, die in den zurückliegenden Jahrzehnten am solidesten gewirtschaftet haben, aus meiner Sicht ganz bewusst ein schlechtes Zeugnis aus, um von Ihren eigenen finanziellen Unzulänglichkeiten im Landeshaushalt abzulenken.
Die Kommunen hingegen erwarten vom Land, dass Sie nicht ständig in die kommunale Finanzschatulle greifen, wie Sie dies bislang und auch im Doppelhaushalt 2010/2011 gemacht haben, was bei den Kommunen eine Belastung von etwa 40 € pro Einwohner bedeutet. Da kann sich jeder für seine Gemeinde ausrechnen, wie viel Geld eigentlich mehr im kommunalen Haushalt wäre, wenn Sie es nicht vorweg abgreifen würden.
Die Kommunen erwarten zu Recht, meine Damen und Herren, dass Sie Ihren Verpflichtungen z. B. beim Krankenhausbau nachkommen. Auch da sind Sie dazu übergegangen, immer
mehr Kosten auf die Träger – in überwiegender Zahl sind es kommunale Krankenhäuser – zu verlagern. Sie erwarten die Förderung von Sportstätten, die zwischenzeitlich zum Teil bereits ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel haben. Sie erwarten aber nicht, dass Sie mit belehrendem Zeigefinger deren Finanz- und Zukunftspolitik kritisieren.
Meine Damen und Herren, die Kommunen können vom Land auch Entlastung durch Aufgabenabbau und das Beseitigen von bürokratischen Vorgaben der Ministerialbürokratie erwarten.
Das Land hat sich – das will ich jetzt einmal sagen und anerkennen – immerhin bemüht, einen Landesbeauftragten für Bürokratieabbau zu installieren. Dessen Erfolgsbilanz – das muss man sagen – ist jedoch, Herr Köberle, mehr als bescheiden. Besser könnte man auch sagen: Sie ist im Prinzip jämmerlich. Mit gerade einmal 15 Vorschlägen zur Vereinfachung von Regelungsvorhaben des Landes oder zum Standardabbau konnten Sie bisher aufwarten, Herr Köberle. Frage ich dann auf der kommunalen Ebene, wie sich das denn vor Ort ausgewirkt hat, kennt man solche Auswirkungen nicht einmal. Ein toller Erfolg, kann ich da nur sagen.
Getoppt wird dieses magere Ergebnis dann noch durch die Arbeit der Strukturkommission für Aufgabenkritik und Haushalt,
die nämlich bislang keine einzige Maßnahme für Bürokratieabbau vorgeschlagen hat. Auch in diesem Bereich kann man sagen: absolute Fehlanzeige. Das ist ein Beweis dafür, dass das Land viel verspricht und wenig tut.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Regie- rung!)
Herr Minister, Herr Köberle, in diesem Bereich will ich Ihnen einfach sagen: Sie sollten Nichtstun nicht etwa schon als Beitrag zum Bürokratieabbau verstehen.
Baustelle Datenschutz: Meine Damen und Herren, auch hier jahrelanges Nichtstun, was den Ausbau und was vor allem auch die Zusammenlegung des öffentlichen und des nicht öffentlichen Datenschutzes anbelangt. Es gab zwar im letzten Jahr eine Ankündigung, diese Zusammenlegung vornehmen zu wollen. Aber im Haushalt finden wir hierzu überhaupt keine Aussage und beileibe auch keine Mittel. Ich sage Ihnen: Sie sollten sich da einfach einmal an anderen Bundesländern orientieren, die den Datenschutz sinnvollerweise schon zusammengelegt haben, und ihn auch entsprechend mit Personal ausstatten.
Baustelle Dienstrechtsreform: Herr Kollege Heinz, zugegebenermaßen ist ansatzweise im Haushalt zu erkennen, dass in dieses Problem, in dieses Thema jetzt endlich Bewegung zu kommen scheint, so z. B. bei der unterhälftigen Teilzeitbeschäftigung, was auch in unserem Sinn ist.
Fehlanzeige auch bei vielen anderen Themen, was den Haushalt anbelangt. Fehlanzeige beim Thema „Aus-, Fort- und Weiterbildung“. Die Höhe der Haushaltsansätze macht nämlich deutlich, welch geringen Stellenwert Sie diesem Thema in der Lebenswirklichkeit beimessen.
Fehlanzeige beim außerordentlich wichtigen Thema Gesundheitsmanagement: im Haushalt zwar aufgeführt – Seite 35 im Einzelplan, wenn Sie nachschauen wollen –, aber letztendlich mit lauter Nullen versehen, und zwar vor dem Komma und nicht hinter dem Komma.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Unglaublich! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: An Nullen sind die doch gewöhnt!)
Das heißt, zur Flankierung der Erhöhung des Pensionseintrittsalters haben Sie weder ein vernünftiges Konzept, noch haben Sie die hierfür erforderlichen Mittel im Haushalt eingestellt.
Nächste Baustelle, meine Damen und Herren: der Bereich der inneren Sicherheit. Für den Bereich der inneren Sicherheit formulieren Sie in Ihrem Bericht zum Staatshaushaltsplan als Ziel, die Basisarbeit der Polizei zu gewährleisten. Dem steht aber die Lebenswirklichkeit gegenüber, meine Damen und Herren, die da heißt: Schwächung der Basisarbeit der Polizei, indem Sie immer weniger Personal für deren Aufgabenerledi gung zur Verfügung stellen, während die Aufgaben eher zu- denn abnehmen.
Der Doppelhaushalt weist im Vergleich zu 2009 Personalstellenzahlen aus, die um 600 Stellen unter denen des Jahres 2009 liegen,
das heißt, in den Jahren 2010 und 2011 gibt es 600 Stellen weniger bei der Polizei. Und wo fehlen die? Natürlich an der Basis, dort, wo die tägliche Konfrontation letztlich stattfindet.
Da frage ich Sie einfach: Wie bringen Sie die Gewährleistung der Basisarbeit mit diesen Zahlen überein? Wie bringen Sie die Gewährleistung der Basisarbeit mit den Zahlen im Haushalt überein, die ausweisen, dass die Ausgaben für die innere Sicherheit pro Einwohner deutlich zurückgehen und dass die Dichte der Polizei in zwei Jahren von einem Polizeibeamten pro 443 Einwohner auf einen Polizeibeamten pro 453 Einwohner abnimmt?
Die Neueinstellungen, mit denen Sie argumentieren, sollen über diesen Sachverhalt hinwegtäuschen und glauben machen – unsere Polizei, aber auch die Bürgerinnen und Bürger glauben machen –, mit mehr Personal rechnen zu können. Letztendlich passiert aber nichts anderes, als dass Sie versuchen, Löcher zu stopfen, und zwar Löcher, die Sie selbst geschaffen haben.
Damit nicht genug: Sie schaffen, wie gesagt, auch in der Personalausstattung neue Löcher, indem Sie noch weniger Personal zur Verfügung stellen,
entweder durch echten Stellenabbau oder durch die Verlagerung von neuen Aufgaben in Richtung Polizei. Deren Personal, das Sie benötigen, um die neuen Aufgaben zu erfüllen, ziehen Sie der Polizei an anderer Stelle ab.
Ich sage an dieser Stelle noch einmal: Herr Heinz, Herr Blenke und Herr Minister allemal, Sie sollten die Signale vor Ort wirklich ernst nehmen
und nicht damit abtun, da würden einige wenige aufschreien. Das, was alle Polizeigewerkschaften artikulieren, ist nämlich die Meinung der Polizei im Land, und zwar nicht nur der Polizei, die im Vollzugsdienst vor Ort tätig ist, sondern auch der Polizeiführung.
Hinzu kommt, dass die Polizei des Landes Baden-Württemberg zu den am schlechtesten bezahlten Polizeien in Deutschland gehört. Lassen Sie deshalb, Herr Minister, Ihrem Bedauern, das Sie gelegentlich äußern, und auch Ihren Ankündigungen endlich einmal Taten folgen, und schaffen Sie die Besoldungsgruppe A 7 bei der Polizei ab.
Denn wir sagen Ihnen: Wer tagein, tagaus an einer Stelle, an der es richtig brenzlig werden kann und auch brenzlig wird, wer dort, wo die zunehmende Gewaltbereitschaft täglich zu spüren ist, einen Dienst verrichtet, der häufig mit Beleidigungen, körperlichen Blessuren und Verletzungen verbunden ist, hat eine angemessene Vergütung verdient.