Protokoll der Sitzung vom 24.02.2010

Lieber Herr Schmiedel, in dieser Frage messen Sie mit zweierlei Maß. Wenn Schröder zu Holzmann, zur Großindustrie reist, wenn Steinbrück mit Opel verhandelt, dann ist das für Sie in Ordnung. Aber wenn sich die Landesregierung um Familienunternehmen kümmert,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Um Gottes willen!)

die nicht gewerkschaftlich organisiert sind, dann ist das anscheinend nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Bravo! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Was verstehen Sie unter Familienunternehmen? – Zu- ruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung, die neue Mannschaft mit Stefan Mappus an der Spitze, signalisiert Aufbruch. In Wahrheit spricht aus Ihren Worten letztendlich nur der Neid.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Oh-Rufe von der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP)

Es spricht der Neid darüber, dass ein Regierungswechsel geräuschlos gelungen ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen bei der SPD und den Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Geräuschlos? Sie sind doch nicht taub!)

Es spricht der Neid darüber, dass die Unionsfraktion und die baden-württembergische CDU ein hohes Maß an Geschlossenheit bewiesen haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Rein- hold Gall SPD: „Geräuschlos“! Das ist ja peinlich!)

Aus Ihren Worten spricht der Neid darüber, dass die Koalition aus CDU und FDP in Baden-Württemberg funktioniert, und zwar besser als jede andere Koalition in Deutschland.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Ojemine! – Abg. Peter Hofe- lich SPD: Das sollte Frau Merkel nicht hören!)

Herr Schmiedel, aus Ihren Worten spricht auch der Neid darüber, dass die Union in Baden-Württemberg auch nach einer Regierungszeit von nahezu 60 Jahren noch immer in der Lage ist, sich personell immer wieder zu erneuern und sich den aktuellen gesellschaftspolitischen Herausforderungen zu stellen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das war notwendig! Dringend notwendig! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Aus Ihren Worten mag auch der Neid darüber sprechen, dass wir noch immer die Größe besitzen, immer wieder auch Externe in das operative Regierungsgeschäft einzubeziehen. Dies war bei Annette Schavan und bei Peter Frankenberg und ist jetzt auch bei Marion Schick so. Das war bei Konrad Bey reuther und bei Claudia Hübner und ist jetzt auch bei Regina Ammicht Quinn so.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer ist Konrad Bey reuther? – Abg. Reinhold Gall SPD: Hübner! – Un- ruhe)

Auch dies gehört zum Erfolg dieser Regierung, meine Damen und Herren.

Lieber Herr Schmiedel, wenn ich Ihnen eines raten darf –

(Abg. Reinhold Gall SPD: Lieber nicht!)

im Interesse

(Abg. Reinhold Gall SPD: Lieber nicht!)

auch Ihrer Sache, unserer gemeinsamen Sache, der Wahrung unserer Volksparteien –,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Lieber nicht!)

dann rate ich Ihnen: Bleiben Sie weg von diesen destruktiven Ansätzen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bra- vo!)

Kehren Sie zurück zu einer konstruktiven Oppositionspolitik.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Genau!)

Dann wird es Ihnen vielleicht im Ansatz gelingen, die SPD annäherungsweise wieder überhaupt zu einer Volkspartei zu machen.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Über 20 %!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mannschaft der neuen Landesregierung ist die personelle Antwort auf die aktuellen politischen Herausforderungen.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Es sind die richtigen Frauen und Männer am richtigen Platz und zum richtigen Zeitpunkt.

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

Ich bitte deshalb das Hohe Haus um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Mappus, Sie wollen Herrn Willi Stächele zum Finanzminister Ihrer Regierung berufen. Herr Ministerpräsident, Sie verpassen damit die Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass die „Kies-Affäre“ eine Sache der Regierung Oettinger und ihrer Vorgänger bleibt. Mit Herrn Stächele als Finanzminister tragen Sie selbst die „KiesAffäre“ in die Regierung Mappus.

Gestern hat die Landesregierung zu unserem ersten parlamentarischen Antrag zur „Kies-Affäre“ zumindest in ersten Ansätzen Stellung genommen. Aufgeklärt ist die Sache deshalb noch nicht. Wir können aber Folgendes festhalten: Die von der Landesregierung ausgegebenen Fakten bestätigen unsere Kernvorwürfe voll und ganz.

Ja, es stimmt: Die Landesregierung hat einen bereits Ende 2007 vom Umwelt- und vom Innenministerium mit dem Bund fertig ausgehandelten Vertrag zum Hochwasserschutz verschleppt. Ja, es stimmt: Das Finanzministerium ist als Bremser aufgetreten. Ja, es stimmt: Die Landesregierung hat zwei Briefe der Bundesregierung in dieser Sache erst gar nicht beantwortet.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Hört, hört!)

Ja, es stimmt, dass Exstaatssekretär Gundolf Fleischer die ers te Ursache für diese Verzögerung ist, und zwar mit seinen aus Sicht des Umwelt- und des Innenministeriums und der Arbeitsebene des Finanzministeriums sachlich unbegründeten Zweifeln an einem Wirtschaftlichkeitsgutachten von Bund und Land. Für sein Handeln gab es keine anderen Gründe als die wirtschaftlichen Interessen von ihm nahestehenden Unternehmen.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Unglaublich!)

Er selbst aber ist völlig uneinsichtig. Zu seinem Rücktritt sagt er – ich zitiere –:

Ich tue dies in der festen Überzeugung, in der Sache stets korrekt und im Interesse des Landes gehandelt zu haben.

Warum tritt er dann zurück? Normalerweise kämpft man dann eine solche Angelegenheit durch und beweist seine Unschuld.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Herr Stächele und Herr Mappus teilen diese Ansicht offenbar. Es ist aber für die Demokratie schädlich, wenn die wirtschaftlichen Interessen einzelner Unternehmen sachwidrig und gegen die Interessen des Landes das Regierungshandeln beeinflussen. Der Hochwasserschutz in Baden-Württemberg wurde verschleppt. Laut Bundesregierung sind allein durch die Verzögerung schon Mehrkosten von einer Dreiviertelmillion Euro jährlich entstanden.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ganz genau!)

Die Lösung, die Fleischer verschleppt hat und zu verhindern versuchte, ist für die öffentliche Hand um über 200 Millionen € billiger als die Alternative.

(Abg. Peter Hauk CDU: Wir reden aber über die Re- gierungsbildung!)

In der Stellungnahme zu unserem Antrag gibt es Herrn Stächele aber gar nicht. Der Finanzminister bleibt wie in Luft aufgelöst. Wir wissen bis heute nicht, was Herr Stächele wusste, was er in dieser Sache unternommen hat und was nicht. Wir wollen dies aber aufklären. Sie, Herr Ministerpräsident, wollen dies offenbar nicht.