Protokoll der Sitzung vom 10.03.2010

Wenn man die Prognosen berücksichtigt, dann stellt man fest, dass wir in den neuen Bundesländern einen Rückgang im Bereich der Pkw-Belastung und einen ganz schmalen Anstieg im Bereich des Transports auf den Straßen zu erwarten haben, während wir in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2025 mit einem Anstieg des Pkw-Verkehrs um über 15 % und des Gütertransportverkehrs um etwa 30 % rechnen müssen.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Warum sagen Sie das mir? Ich bin doch kein Ossi!)

Nein. Herr Kollege Kretschmann, der entscheidende Punkt ist: Wenn man baden-württembergische Politik vertritt und wenn man eine ökologische Politik vertritt, dann kann man keine Politik vertreten, die Staus heraufbeschwört,

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es!)

dann kann man keine Politik vertreten, die im Prinzip CO2Emissionen heraufbeschwört, dann muss man für fließenden und für rollenden Verkehr eintreten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Thomas Blenke CDU: Genau so ist es! Bravo!)

Deshalb ist es völlig richtig, dass der Ministerpräsident sagt: Wir wollen und brauchen nach dem Aufbau Ost den Ausbau Südwest.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Wie will er das durchsetzen?)

Z. B. mit Verbündeten, wie Sie sie in diesen Fragen nicht sind.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP sowie des Ministerpräsidenten Stefan Mappus – Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau!)

Das ist der ganz entscheidende Punkt. Dazu kann ich nur sagen: Ändern Sie sich. Das ist der Punkt.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber Sie re- gieren doch! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber er regiert doch gar nicht in Berlin! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ja, eben deswegen!)

Es kommt immer darauf an. Sie betreiben nämlich in vielen Bereichen einfach ein Stück weit Verunsicherung.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Sie regie- ren!)

Sie betreiben in diesem Land eine Verunsicherungspolitik, und Ihr grüner verkehrspolitischer Statthalter in Berlin schürt die se kräftig mit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge- ordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Machen wir uns doch nichts vor. Sie stellen jetzt ein Junktim infrage, das kein Mensch infrage stellt außer den Grünen. Natürlich ist klar, dass Stuttgart umgebaut wird, wenn Stutt

gart 21 gebaut wird. Diese Fragestellung ergibt sich gar nicht, weil niemand das infrage stellt außer Ihnen. Das ist doch der entscheidende Punkt.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU und der FDP/ DVP sowie Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: Jawohl! Bravo!)

Unabhängig von Fragen bezüglich der Realisierung wegen der Planung etc. – darüber braucht man gar nicht nachzudenken – haben Sie den Bürgern von Untertürkheim, von Obertürkheim, von Wangen bis heute noch nicht erklärt, wie und wo alternative Trassenvarianten in ihrem Gebiet letztendlich verlaufen sollten.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Durch die Vorgär- ten!)

Denn um die Alternativen drücken Sie sich wohlweislich herum. Das ist doch der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge- ordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! Genau! Wie immer!)

Ich kann feststellen, dass ein großer Teil derer, die sich beim Neubau der Strecke Stuttgart–Mannheim vor 25 Jahren an Bäume gekettet haben, heute die eifrigsten Nutzer dieser Strecke sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Jörg Döpper CDU: Noch immer! – Abg. Winfried Scheuermann CDU: So ist es! – Unruhe)

Genauso – das prognostiziere ich Ihnen – wird es auch in der Zukunft sein: erst bekämpfen und dann mit die eifrigsten Nutzer sein. Aber das soll in Ordnung sein, wenn es letztendlich gelingt.

Dasselbe gilt für das Thema Rheintalbahn. Natürlich ist es für uns als Regierungsfraktion nicht nur ein Anliegen, sondern eine Selbstverständlichkeit, dass wir den berechtigten Bürgerbelangen und Bürgerinteressen Rechnung tragen wollen. Dazu muss ich ganz klar sagen: Da muss sich auch der Bund ein Stück weit zu einem Umdenken bewegen.

In den letzten Jahren wurden im Rahmen des Aufbaus Ost viele Trassen überwiegend in menschenleerem Gelände gebaut; aber auch die Trassen Würzburg–Nürnberg und Nürnberg–München verlaufen zwischen den großen Städten durch dünn besiedeltes Gebiet. Hier haben wir es mit einer ganz anderen Qualität des Ausbaus zu tun, nämlich in einem hoch entwickelten Wirtschaftsraum, aber auch in einem attraktiven Lebensraum. Deshalb werden sich Bund und Bahn auch daran gewöhnen müssen, dass in der Zukunft bei Neubauten – egal, ob von Autobahnen oder von Bundesschienentrassen – eben zum Teil auch andere Standards angelegt werden müssen.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Woher kommt die Erkenntnis?)

Der Bund und die Bahn werden sich auch daran gewöhnen müssen und werden umdenken müssen, wenn es darum geht,

berechtigten Bürgeranliegen und Bürgerinteressen unter Umständen sogar durch eine Mitfinanzierung aus der Region bzw. durch das Land zum Durchbruch zu verhelfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP sowie des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Auch das gehört zu einer Standortpolitik für Baden-Würt temberg, das eine Einwohnerdichte von über 300 Einwohnern pro Quadratkilometer hat, mit der letztendlich besondere Herausforderungen verbunden sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen für die Unternehmen und die Menschen im Land eine Politik, die ihnen den Anschluss an die Entwicklungen der Zukunft nicht verschließt, sondern eröffnet. Dies gilt für die Infrastruktur, dies gilt gleichermaßen aber auch für den Energiesektor, den auch Sie angesprochen haben, Herr Kretschmann. Nicht nur aus physikalischen, sondern auch aus wirtschaftspolitischen Gründen gilt: Energie muss im Wesentlichen dort erzeugt werden, wo sie gebraucht wird. Das ist ein Grundsatz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Jawohl! – Abg. Thomas Knapp SPD: Dezen- tral und erneuerbar!)

Außerdem gilt – das gilt für die Union in besonderem Maß –: Vorfahrt für den Klimaschutz. Wir wollen mehr Klimaschutz in diesem Land.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Erneuerbare Energien!)

Wir wollen mehr erneuerbare Energien in diesem Land. Wir wollen weniger Dreckschleudern, die mit fossilen Energieträgern wie Öl, Kohle und Gas betrieben werden. Das ist die entscheidende Botschaft.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das ist ein klares Profil, Herr Kretschmann. Sie wollen einerseits die sofortige Abschaltung der Kernkraftwerke. Ihnen ist aber andererseits gleichermaßen bewusst, dass regenerative Energien kurzfristig überhaupt nicht das Potenzial haben – selbst dann, wenn wir sie fördern und unterstützen –, um das Delta abzudecken.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Herr Röttgen sagt etwas anderes!)

Sie nehmen billigend einen Ausbau der Netze an unseren Grenzen in Kauf, damit Importe von Strom aus Kernkraftwerken möglich werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Ulrich Lusche CDU: Französischer Atomstrom! – Zuruf von der SPD: So ein Quatsch! Die kaufen Strom von uns!)

Das ist am Ende grüne Politik pur. Ich sage für die Union ganz klar – das hat auch der Ministerpräsident deutlich gemacht, und das ist auch ein klares Profil der Union –: Wir wollen eine längere Laufzeit der Kernkraftwerke unter Beachtung ihrer Sicherheit. Außerdem wollen wir eine ökologische „regenerative Rendite“ zum Ausbau der regenerativen Energien mit

der Folge, dass der Einsatz fossiler Energieträger sukzessive weniger wird. Das ist eine klare Position.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf von der CDU: Sehr richtig! – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Dabei denken Sie in alten Kategorien, Herr Kretschmann. Da kommen die alten Aufkleber „Atomkraft? Nein Danke“ wieder hervor. Da müssen Sie Klientel bedienen. Von Modernität und Effizienz keine Spur.

Dann prangern Sie eine vermeintliche Windkraftgegnerschaft an, die ich gar nicht erkennen kann.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Bei uns entstehen nahezu tagtäglich neue Windkrafträder.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Jetzt aber!)