Ich will auch gar nicht kritisieren, was andere Länder machen. Entscheidend ist doch: Wir sind ein föderalistischer Bundesstaat. Wir sind deshalb Föderalisten, weil wir davon überzeugt sind, dass wir im Wettbewerb stehen. Wenn das nicht so wäre, hätten wir in der Vergangenheit letztendlich nicht einen solchen Zuzug von Menschen innerhalb der Bundesrepublik gehabt.
Noch einmal: Das Bekenntnis zum dreigliedrigen, aber durchlässigen Bildungs- und Schulsystem gehört für uns ganz klar mit dazu.
Sie müssen sich einmal klarmachen: Es gibt auch ein Leben ohne Studium. Auch das ist ein Teil der Realität in BadenWürttemberg, auch wenn manche dies nicht wahrhaben wollen.
Wenn Sie sagen, Herr Kretschmann, dass die Hauptschulen in den ländlichen Räumen sukzessive ausbluteten, dann hätten Sie recht, wenn wir jetzt nichts dagegen unternehmen würden.
Das ist der entscheidende Punkt: Sie hätten dann recht, wenn wir bei der jetzigen Tendenz – die möchte ich überhaupt nicht wegreden – einfach zuschauten und nicht handelten.
Wir wollen aber die Schulen in der Fläche halten. Wir wollen vor allem einen Schub für den mittleren Bildungsabschluss in der Fläche geben.
Sie ignorieren nämlich völlig, dass wir über die Realschule hinaus mit der neuen Werkrealschule ein deutlich größeres Angebot für den mittleren Bildungsabschluss in der Fläche schaffen wollen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau so ist es! – Abg. Renate Rastätter GRÜ- NE: Das haben wir doch schon!)
Das sagen Sie den Menschen nicht. Wenn wir nichts täten, wäre die Tendenz klar: Die absoluten Schülerzahlen nehmen ab, und in der Tendenz – da haben Sie völlig recht – sinken die prozentualen Übergangsquoten von der vierten in die fünfte Klasse auch an den derzeitigen Hauptschulen. Das ist wahr. Aber gerade deshalb unternehmen wir an dieser Baustelle etwas. Denn ansonsten würde das eintreten, was Sie uns prognostizieren: ein Ausbluten der Hauptschule aus der Fläche. Das wollen wir nicht.
Deshalb setzen wir dieser Tendenz mit aller Kraft ein eigenes Konzept, eine Weiterentwicklung entgegen. Denn wir glauben an die Entwicklungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen. Wir sind davon überzeugt, dass sich auch derjenige, der sich in der fünften Klasse entscheidet – egal, welche Schule er dann besucht –, weiterentwickelt und dann in der achten und neunten Klasse zu dem Ergebnis kommen kann: Ich mache die mittlere Reife, aber an dem Standort, den ich mir ausgewählt habe. Das ist auch in Ordnung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was für die Schulen gilt, nämlich eine größere Verzahnung zwischen Bildungseinrichtungen und Arbeitswelt, ist auch ein Markenzeichen für unsere Hochschulen. Die Duale Hochschule, die früheren Berufsakademien, ist ein großer Erfolg für das Land. Die Beliebtheit bei Unternehmen und bei Studenten wächst in einem ungeahnten Ausmaß.
Generell steigende Zahlen der Studierenden belegen die Attraktivität der Hochschulen im Land überhaupt. Ich habe in diesem Landtag noch Zeiten erlebt, in denen man sich darüber beklagt hat, dass die Ausländeranteile an unseren Hochschulen zurückgehen und dass die Attraktivität unserer Hochschulen innerhalb Deutschlands ein Stück weit sinkt.
Genau das Gegenteil ist heute der Fall: Im Jahr 2012 wird es 20 000 zusätzliche Studienplätze geben. Damit tragen wir nicht nur der Tatsache Rechnung, dass wir im Jahr 2012 zwei Abiturjahrgänge haben werden, sondern auch der Tatsache, dass wir in der Frage der Hochschulen ein Einwanderungsland und kein Netto-Abwanderungsland sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine klare Abstimmung der Studierenden mit den Füßen. Von dieser Abstimmung profitieren wir und wollen wir auch weiter profitieren.
Deshalb werden wir alles daransetzen, dass unsere Hochschulen auch in der nächsten Runde der Exzellenzinitiative vielleicht dann nicht nur im Westen, sondern auch im Osten des Landes gut abschneiden und eine führende Position einnehmen. Wir werden alles daransetzen, dass die Evaluierung des Bologna-Prozesses zielorientiert weiterentwickelt wird.
Wir werden auch alles daransetzen – das füge ich zum Bereich der Medizin hinzu –, dass sich auch bei den Universitätsklinika eine Weiterentwicklung entsprechend den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ergibt. Für die Universitätsklinika gilt dasselbe wie für die LBBW – das sage ich auch an unseren Koalitionspartner FDP –: Wir werden allem eine Absage erteilen, wenn es um die Frage der Privatisierung geht.
Wir werden die Universitätsklinika weiterentwickeln, aber wir stehen zu unserer Verantwortungsträgerschaft. Wir stehen zu diesem Eigentum, weil auch damit ein wichtiger Standortfaktor verbunden ist. Das gilt für die Landesbank genauso wie für die Frage einer Zusammenführung von Forschung und Lehre bei den Universitätsklinika.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Beifall von der falschen Seite! – Gegenruf des Abg. Claus Schmie del SPD: Wo er recht hat, hat er recht!)
Damit tragen wir auch dem Rechnung, dass die Universitätsklinika zu echten Nuklei für den wachsenden Gesundheitsmarkt in Baden-Württemberg werden, der durch Cluster wie im Bereich der Medizintechnologie in Tuttlingen und dergleichen mehr ergänzt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Baden-Württemberg ist in der Summe gut aufgestellt. Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung
klare Perspektiven dafür eröffnet, wo wir entsprechend der Veränderungen der gesellschaftspolitischen Prozesse weiter justieren müssen. Wir müssen Gott sei Dank nichts korrigieren, sondern wir sind in der Lage, entlang der gesellschaftspolitischen Entwicklung auch unser Land weiterzuentwickeln. Das tun wir mit aller Kraft und mit Unterstützung der Unionsfraktion im Landtag.
(Abg. Klaus Herrmann CDU zur SPD: Oh, habt ihr den Schmiedel entmachtet? – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Schon wieder ein neuer Fraktionsvor- sitzender? – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Schmid statt „Schmiedle“!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer in diesem Land in den Betrieben, in den Familien, in der Nachbarschaft, in den Vereinen mit den Menschen redet, der spürt: Sie fühlen sich in diesem Land wohl.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Prima! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Zurufe von der CDU: Jawohl!)
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Hoffentlich bleibt es so! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Herr Schmid, so wohl, dass Sie nach Reutlingen gehen! – Ge- genruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU: Da fühlt er sich besonders wohl! – Weitere Zurufe von der CDU)
Aber die Menschen spüren auch ganz genau, Herr Dr. Birk: Das Fundament dieses Wohlstands zeigt allmählich Risse. Sie spüren: Wir müssen uns anstrengen. Es gibt keinen anstrengungslosen Wohlstand, meine sehr verehrten Damen und Her ren.
(Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Prima! – Abg. Peter Hauk CDU: Willkommen im Klub! – Zuruf des Abg. Klaus Herr- mann CDU)
und die notwendigen Herausforderungen, die in diesem Land stecken, offensiv anzunehmen, damit wir auch in Zukunft den Wohlstand sichern können.
Die Landespolitik wird daran gemessen, ob sie Dynamik zur Sicherung von Wohlstand und sozialem Zusammenhalt aufnimmt oder ob sie darauf beharrt, an alten Korsettstangen festzuhalten und alte Lösungen für neue Zeiten anzubieten.
Die ersten Wochen dieser Landesregierung haben gezeigt: Die se Landesregierung stiehlt sich aus der Verantwortung.
Der unsägliche Hickhack um den Ankauf der „Steuer-CD“ beweist nicht nur, dass Sie den Steuerbetrügern ein liberales Schutzmäntelchen der Barmherzigkeit umhängen.
Nein, er beweist ein Weiteres: Sie sind bei dieser Detailfrage nicht bereit, Verantwortung für das Land im Land zu übernehmen, sondern Sie schieben die Verantwortung ab.