weil ich davon ausgehe, Herr Schmiedel, dass Sie das nicht so gemeint haben. Nehmen Sie den missverständlichen Be griff „Schurkenstaat“ um Gottes willen gleich wieder zurück. Es sind nur drei Meter von Ihrem Platz bis hierher zum Red nerpult. Das sollten Sie tun.
Die Schweizer sind unsere Freunde und Partner. Ich war ge rade gestern mit dem Generalkonsul zusammen. Ich glaube,
es wäre gut, wenn wir das einfach bereinigen. Das darf die sen Raum einfach nicht verlassen. Ich gehe davon aus, dass Sie das tun werden.
Jetzt aber in aller Sachlichkeit zu unserem Thema. Ich bin dankbar für alle sachlichen Beiträge. Denn es geht in der Tat um Rechtsfragen. Diese kann man mit Geschrei nicht lösen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Win fried Kretschmann GRÜNE: Aber mit Leisetreterei schon gar nicht!)
Mit Leisetreterei nicht. Aber es geht vor allem darum, dass man sachlich darüber redet. Ich bin gern bereit, jetzt ein paar Gesichtspunkte vorzutragen, insbesondere die Haltung der Landesregierung.
Wir haben die Diskussion über diese Rechtsfragen im Grun de seit der Liechtenstein-Thematik. Wir haben Gott sei Dank eine richterliche Entscheidung in der Frage, ob solche Mate rialien verwertbar sind. Da sind wir auf klarem, festem Ter rain: ja, verwertbar. Aber nach wie vor offen ist die Frage, ob ich ankaufen darf, ob ich insbesondere dann ankaufen darf, wenn der Verdacht besteht, dass die Daten illegal erworben sein könnten. Diese Frage ist offen.
Da sage ich ganz einfach: Man kann den einen und den ande ren Standpunkt einnehmen. Der eine Standpunkt, geäußert et wa von dem hoch angesehenen Rechtswissenschaftler Sieber aus Freiburg – Sie haben sicher den Aufsatz gelesen, wenn Sie sich hier nachhaltig engagieren –, lautet: Es ist eine strafbare Handlung nicht auszuschließen. Die Einlassung unseres ver ehrten Präsidenten Stilz hat mich gleichermaßen sehr nach denklich gemacht. Selbst wenn man anderer Rechtsauffassung sein sollte – und der Finanzminister hat eine andere Rechts auffassung geäußert –, ist doch klar, dass eine Landesregie rung ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gefahr einer strafbaren Handlung nicht aussetzen darf. Das ist der Punkt.
Da kann man nun alles mögliche Geschrei vollführen. Ich sa ge Ihnen: Auch wenn man einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt, ist es in der Konsequenz richtig, wie die Landes regierung entschieden hat, dass man sagt: Wenn es den ande ren Standpunkt gibt und er nicht durch positive Rechtsetzung oder höchstrichterlich geklärt ist, dann kann ich diese Gefähr dung unseren Mitarbeitern nicht antun. So ist die Entschei dung gefallen, und deswegen ist die Entscheidung richtig ge fallen.
Dass das dem Finanzminister nicht geschmeckt hat, haben Sie zu Recht angesprochen. Sie haben gesagt, es seien Fußfesseln, die dem Finanzminister angelegt würden, wenn er nicht das eintreiben kann, was er gern eintreiben würde, weil er um die Löcher in der Kasse weiß. Das ist doch ganz klar.
Aber noch einmal zurück: Rechtsfragen können Sie nicht durch politische Beliebigkeit, durch politischen Opportunis
mus lösen. Sie können nur sagen: Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen dieser Gefahr nicht ausgesetzt werden. So hat die Landesregierung entschieden.
Nun hat die Landesregierung richtigerweise nicht nur so ent schieden, sondern auch konsequent weitere Schritte eingelei tet. Denn die Bundesratsinitiative war ein konsequenter wei terer Schritt. Dieser Antrag beinhaltet drei Punkte.
Der erste Punkt, das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz, ist jetzt vielleicht schon in gewisser Weise vorange kommen. Dazu habe ich gesagt: Es wäre mir recht, man wür de noch mehr auch auf die Altfälle zugreifen können. Die Fi nanzministerkonferenz wird sich sicherlich noch einmal in haltlich damit befassen.
Aber jetzt komme ich erst zum zweiten Punkt dieser Bundes ratsinitiative. Wir haben gesagt: Weil wir um diesen ungeklär ten rechtlichen Sachverhalt wissen, hätten wir gern eine kla rere Aussage des Gesetzgebers, die da heißt: Wir schaffen Rechtsklarheit, wir nehmen durch eine ganz klare, positive Rechtsetzung die Gefahr beiseite. Das war der zweite Schritt.
Es ist übrigens lauthals behauptet worden, die Initiative wäre im Bundesrat gar nicht behandelt worden. Die Initiative wird in den zuständigen Ausschüssen, dem Rechtsausschuss und dem Finanzausschuss, behandelt. Man muss ein bisschen Ge duld haben und darf nicht einfach nur etwas behaupten. Viel mehr werden darüber ganz wichtige, intensive Diskussionen geführt.
Der dritte Punkt ist die Sache mit der Strafbefreiung bei einer Selbstanzeige. Lieber Kollege Schmiedel, bitte gehen Sie nicht so weit, dass Sie sagen, alle der 4 000 Personen, die sich selbst angezeigt haben, wären schon Steuerhinterzieher. Das ist eine Vorverurteilung, die durch überhaupt nichts gerecht fertigt ist.
Jetzt geht das Geschrei wieder los. Immer dann, wenn der Kopf aussetzt, kommt der Kehlkopf zum Einsatz. Das ist falsch.
Das Rechtsinstitut der Selbstanzeige hat einen ganz großen Vorteil. Immer dann, wenn Ungewissheit besteht – zugegebe nermaßen bietet das Steuerrecht viele Möglichkeiten der Un gewissheit –, hat man die Möglichkeit, zur Klärung beizutra gen und eine Selbstanzeige zu erstatten. Dann beginnt zu nächst einmal die Aufklärung, ob irgendwo ein strafbares Han deln vorliegt.
Die Selbstanzeige bietet einem die Möglichkeit, sich selbst auf den Weg zu begeben und wieder rechtsstaatliches Verhal ten an den Tag zu legen.
Aber das ist diese ungute Methodik in der Politik, dass man schnell bei Vorverurteilungen ist. Das ist nicht gut. Wir ma chen es uns dadurch nicht leichter.
Moment! Hören Sie einmal zu! Ich kann bei 4 000 Selbst anzeigen nicht sagen: „Das alles sind Steuerhinterzieher.“ Ich muss die 4 000 Fälle prüfen. Auch Sie verfügen nicht über die Gabe der Prophetie, um voraussagen zu können, wie die Ver fahren ausgehen. Das heißt, am Ende kann ich sagen: „In die sem Fall war es eine vorsätzliche Steuerhinterziehung“
oder: „In diesem Fall war es keine vorsätzliche Steuerhinter ziehung.“ Aber alle miteinander, ob mit krimineller Energie oder ohne kriminelle Energie, sorgen dafür, dass das Geld, das in die Steuerkasse gehört, in die Steuerkasse zurückkommt.
Wir wollten – da liegen wir möglicherweise auf einer Linie – das Instrument der Selbstanzeige nicht in dem Sinn genutzt wissen, dass man bis auf den letzten Drücker etwas kaschie ren kann. Wir wollen also nicht, dass man dann, wenn der Steuerbeamte zur Tür hereinkommt, noch schnell eine Selbst anzeige erstatten kann. Wir wollen eine Vorverlegung. Das heißt, jemand kann zu Beginn bestimmter Umstände, die ihn nachdenklich stimmen, sagen: „Ich melde, und ich lasse über prüfen.“ Aber es soll nicht so sein, dass er mit einer Selbstan zeige im Grunde in letzter Sekunde den Kopf aus der Schlin ge ziehen kann. Genau darum geht es uns bei dem dritten Punkt unseres Bundesratsantrags, und das ist richtig.
Ich freue mich, dass in den Bundestagsfraktionen von CDU/ CSU und FDP, den die Regierung tragenden Fraktionen, nach unserem Antrag auch Nachdenken eingetreten ist. Wenn ich es richtig weiß, will man genau diese Vorverlegung des Selbst anzeigestandpunkts prüfen und unter Umständen gesetzgebe risch lösen. Das war mir wichtig. Denn ich finde: Diese 4 000 Anzeigen haben zwei Seiten. Die einen sagen so wie Sie: „Das alles sind Kriminelle.“ Davon bin ich weit entfernt. Sie soll ten erst verurteilt werden, wenn es geprüft und abschließend befunden wurde. Die anderen sagen: „Gott sei Dank, dass es nun möglich ist. Sie werden wieder rechtstreu.“ Der Finanz minister sagt: „Gott sei Dank. Das füllt auch unsere Landes kasse.“
Gefahren für die Landesbeamten geäußert. Mich würde inte ressieren, wie sozusagen mit einem Federstrich diese rechtli chen Bedenken und die Gefahren für unsere Landesbeamten weg sind, wenn wir ein anderes Bundesland als Zwischen händler dieser angeblich illegalen Daten einschalten. Können Sie mir erklären, warum die rechtlichen Bedenken auf einmal weg sind, wenn ein anderes Bundesland die Daten ankauft und wir sie auswerten?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ministerpräsi dent Stefan Mappus: Sie kapieren es einfach nicht! Das ist der Unterschied zwischen Ankauf und Ver wertung!)
Herr Kollege Rust, mit ein wenig Nachdenken ist das schnell nachvollziehbar. Die An kaufshandlung ist möglicherweise strafbar.
Sie brauchen für eine strafbare Handlung einen Straftatbe stand. Ausgangspunkt ist § 17 des Gesetzes gegen den unlau teren Wettbewerb. Dazu kommt möglicherweise Beihilfe oder Begünstigung. Das alles ist auch für einen Nichtjuristen nach vollziehbar. Sie brauchen also eine Tat. Sie müssen sich erst einmal strafbar machen.