Protokoll der Sitzung vom 13.07.2010

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Nachtragshaus halt wird die Senkung des Klassenteilers an den Grundschu len umgesetzt. Wir schaffen darüber hinaus eine Vorsorge für die im Landtag gerade laufende Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“, weil wir ansonsten vermutlich keine Ge legenheit mehr haben, einen weiteren Nachtragshaushalt in dieser Periode zu verabschieden. Auch für die Maßnahmen, die der Sonderausschuss „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen“ empfiehlt, stellen wir die not wendigen Mittel bereit; hierüber haben wir uns gemeinsam verständigt.

Zudem legen wir die finanzielle Grundlage für die Dienst rechtsreform. Ich glaube, dass wir im Zuge der Dienstrechts reform, die wohl noch in diesem Monat in den Landtag ein gebracht werden wird, auch die notwendigen Weichen stellen, damit wir für die Zukunft – Stichworte „Pension mit 67“ und Begleitmaßnahmen – entsprechend gut gerüstet sind.

Ich will dabei nur einen Bereich herausstellen, und zwar das wichtige Thema Gesundheitsprävention. Allein dafür werden 6 Millionen € verwendet; auch das steht im Nachtragshaus halt. Vermutlich wird sich zeigen, dass dieser Betrag nicht aus reicht. Aber dieser Aufwand wird sich auszahlen, weil die Krankheitskosten und damit die Beihilfe für unsere Mitarbei ter am Ende sinken werden. Deshalb werden wir genau die sen Bereich nicht nur mit Argusaugen verfolgen, sondern wer den ihn, wenn man so will, einer Evaluierung unterziehen; denn dort werden wir mit Sicherheit nachsteuern müssen. Wenn alle schon länger arbeiten müssen – das gilt für Polizis ten und für Feuerwehrleute gleichermaßen –, dann müssen wir auch die Vorsorge dafür treffen, dass sie dabei persönlich mög lichst nicht zu Schaden kommen. Das ist, glaube ich, das ge meinsame Bestreben.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Lichte des Ver gleichs mit anderen Flächenländern nimmt sich die Neuver schuldung in Baden-Württemberg sehr bescheiden aus. Wenn ich jetzt gerade einmal die neue Minderheitsregierung, die in dieser Woche in Nordrhein-Westfalen mithilfe der Kommu nisten gewählt wird, sehe – –

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Reinhold Gall: Darf ich Sie einmal an die Bundespräsidentenwahl erin nern? Mein Gott! Wie war das mit Herrn Wulff?)

Das wollen Sie nicht hören.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich kenne sie nicht, aber es ist so. Ich meine, wer sich in das Abenteuer hineinbegibt, darf sich nicht wundern, wenn er da für auch gepackt wird. Das muss man klar sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Unruhe bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Z. B. Bundes präsidentenwahl!)

Herr Schmiedel und Herr Kretschmann, Sie haben ja noch Ge legenheit, sich von den Linken zu distanzieren.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt üben Sie einmal Opposition in Nordrhein-Westfalen! – Unruhe)

Ich will nur einmal festhalten, dass es so ist.

(Unruhe bei der SPD)

Wir haben das rot-grüne Experiment schon fast wieder ver gessen, weil es in Deutschland keine rot-grüne Regierung mehr gab. Jetzt haben wir es aber wieder vor Augen. Der Start von Rot-Grün sollte uns allen wieder bewusst machen, wie er erkauft wurde, nämlich zulasten der zukünftigen Generatio nen mit einer uferlosen Ausweitung der Verschuldung.

(Beifall bei der CDU)

Diesen Weg wollen wir nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schmid.

Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Der Nachtrag zum Landeshaus halt umfasst eine Reihe von sinnvollen Maßnahmen, doch lei der ist trotz Ihrer vollmundigen Ankündigungen das klare Konsolidierungsziel überhaupt nicht erkennbar.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Überhaupt nicht! Ja!)

Das heißt, Sie machen jetzt ein großes Volksbeglückungspro gramm, und die Rechnung kommt nach der Landtagswahl.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Thomas Knapp SPD: Und wir müssen es aus baden! – Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)

Sie bewegen wichtige Beträge für die Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen sowie für die Dienstrechtsreform. Dagegen kann man nicht sein. Aber ich weise nur einmal darauf hin: Wenn Sie den Sonderausschuss ernst nähmen, dann müssten Sie auch den geringen Betrag, der für die Schulsozialarbeit nötig wäre, wieder einstellen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Sie sollten sich auch die Mühe machen, den Nachtragshaus halt genau anzuschauen. Denn darin sieht man, dass im Be reich der Dienstrechtsreform versteckt durch die kalte Küche Stellenhebungen für Spitzenbeamte vorgesehen sind, die wir so nicht akzeptieren können, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Warum „versteckt“? Das steht doch im Gesetz drin!)

Sie haben beim Thema Dienstrechtsreform auch heute kein Wort darüber verloren, dass Sie ausgerechnet die Eingruppie rung von Spitzenbeamten anheben wollen, meine sehr verehr ten Damen und Herren. Das passt so nicht in die Landschaft.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Sie haben aber leider zu der Frage, wie Sie die notwendige Konsolidierung des Landeshaushalts anpacken wollen, kein Wort gesagt. Sie haben auch sehr unterschiedliche Ansagen gemacht: Einmal hieß es, Sie wollten spätestens zur Novem ber-Steuerschätzung etwas verlautbaren lassen, und jetzt hat Herr Hauk gesagt, im Mai 2011 könne man allmählich wie der darüber reden, wie der nächste Doppelhaushalt aussieht. Ich sage Ihnen eines: Herr Hauk, Herr Mappus, wenn Sie so weitermachen, dann bereiten Sie ein ganz großes Betrugsma növer an der Bevölkerung von Baden-Württemberg vor, wenn Sie jetzt Wohltaten verteilen und nachher einsparen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Wenn der Finanzminister 50 Millionen € Schuldenabbau als große Konsolidierungsnummer verkauft, dann muss ich sa gen: Schauen Sie sich einmal die Zahlen an. Sie haben allein durch Sondereffekte bei der Besteuerung von Medienfonds 229 Millionen € Mehreinnahmen – für ein Jahr.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Schauen Sie ein mal nach Nordrhein-Westfalen!)

Das ist ein Einmaleffekt, der Ihnen in den nächsten Jahren nicht zur Verfügung steht. Zu meinen, wenn Sie jetzt 50 Mil lionen € davon verwenden, um Schulden abzubauen, sei dies der Einstieg in die Konsolidierung, das ist einfach nur lach haft.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Ihr seid Schuldenmacher!)

Ihre Haushaltsstrukturkommission – das wird heute noch ein mal dokumentiert – bringt keine Ergebnisse.

Sie haben in der Landeshaushaltsordnung zwar eine Schul denbremse verankert, aber das Fluchtloch, das darin steckt, nämlich die sogenannte Ausnahmesituation, wenn die Wirt schaft einbricht, nutzen Sie ausgiebig. Diese Ausnahmesitua tion wird mit einer Naturkatastrophe gleichgesetzt, und diese „Naturkatastrophe“ dauert bis in das Jahr 2012/2013 an, oh ne dass Sie eine Ahnung haben, wie Sie den Haushalt wieder auf gesunde Füße stellen wollen. Damit ist Ihre Schulden bremse das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben ist.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Allmählich komme ich mir ein bisschen seltsam vor. Wenn ich im Land umherziehe – sowohl im Landtag als auch bei spielsweise in Sigmaringen oder Hechingen –, sage ich im mer das Gleiche, wo wir konsolidieren wollen. Von Ihnen be komme ich aber keine Rückmeldung.

Jetzt stellen wir wieder einen Antrag zur Steuerverwaltung, weil es überfällig ist, dass wir mehr Personal in der Steuer verwaltung haben, damit mehr Steuergerechtigkeit eintritt.

(Abg. Ingo Rust SPD: So ist es!)

Bekennen Sie sich endlich einmal – zumindest an einem Punkt – zur Konsolidierung des Landeshaushalts.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Ihre Rede passt in den Landtag von NRW!)

Da ich mit Ihnen leider gar nicht über Inhalte zur Konsolidie rung reden kann, weil Sie nichts präsentieren, muss ich mich immer mehr mit der Art und Weise Ihres Auftretens und Ihres Regierungsstils auseinandersetzen, Herr Mappus. Sie haben bei dem zentralen Punkt der Haushalts- und Finanzpolitik kei ne klare Linie.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt einmal zur Sa che!)

Einmal reden Sie weiteren Steuersenkungen das Wort, ein an deres Mal kündigen Sie große Sparbeiträge an. Wenn jedoch der Finanzminister ein Sparen ohne Tabus ankündigt und Sie gleichzeitig sagen, wo überall Sie nicht sparen wollen, dann frage ich mich: Wie wollen Sie das Land sicher in die Zukunft führen?

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Schmid, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Berroth?

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Herr Präsident, ich wollte mich nur für nachher zu Wort melden! – Heiterkeit)

Schade. – Herr Mappus, Ihnen fehlt bei der Frage, ob Sie nicht nur in der Finanzpolitik, son dern auch darüber hinaus zu Überzeugungen stehen, eine kla re politische Linie. Beispielsweise haben Sie bei der letzten Plenardebatte von diesem Pult aus der früheren rot-grünen Bundesregierung vorgeworfen, sie hätte einen Kahlschlag im Sozialbereich angerichtet. Gleichzeitig sprechen Sie sich für Einschnitte für Hartz-IV-Empfänger aus und halten das Spar paket der Regierung für sozial ausgewogen. Wo ist da Ihre Li nie, Herr Mappus?

(Beifall bei der SPD und den Grünen)