Herr Pfister, ich habe übrigens schon Ihrem Vorgänger, Herrn Döring, gesagt, er solle etwas gegen diese Blockade unterneh
men. Nun, da Herr Pfister versucht hat, ein bisschen zu bewe gen, kommen Ihre Hinterbänkler aus der Antiwindkraftzeit und wollen es noch selbst verhindern.
Wo ist nun der starke Stefan Mappus? Wo ist der entschei dungsfreudige Mappus? Und wo ist sein Fraktionsvorsitzen der, der ihm hilft und ihn unterstützt, damit die Blockade in diesem wichtigen Bereich aufgehoben wird? Fehlanzeige.
Sie ist nicht vorhanden. Es geht nur nach dem Prinzip „Wei ter so!“. In wichtigen Bereichen legt man sogar noch den Rückwärtsgang ein. So kommen wir nicht weiter.
Die Zahlen sind längst bekannt. Schon im November 2008 prognostizierten die Industrie- und Handelskammern für Ba den-Württemberg bis zum Jahr 2020 einen Mangel von mehr als 500 000 Fachkräften überwiegend in technischen Berufen. Das hat Sie aber bislang nicht interessiert.
Aufgrund des McKinsey-Gutachtens wachen Sie endlich auf, und Mappus sagt auf einmal in einem Interview: „Wir müs sen das Ruder herumreißen, wir brauchen qualifizierte Zuwan derung und nicht eine Zuwanderung in die Sozialsysteme.“ Bei Ihren Äußerungen muss immer ein populistischer Schlen ker enthalten sein. Ohne den geht es offenbar nicht.
(Beifall bei den Grünen – Heiterkeit – Abg. Klaus Herrmann CDU: Jetzt kommt der Lehrer wieder durch!)
Herr Ministerpräsident, wissen Sie, wie viele hoch qualifizier te Menschen überhaupt nach Deutschland kommen? Im Jahr 2007 waren es 466 Personen, aber nicht bezogen auf BadenWürttemberg, sondern auf ganz Deutschland. Jetzt wollen Sie Tausende und Abertausende importieren.
Woher sollen diese Menschen kommen? Woher wollen Sie sie nehmen, wenn Sie nicht zaubern können – was Sie sicherlich nicht behaupten werden?
Wir müssen die Menschen nicht erst holen, Herr Mappus; denn sie sind bereits da. In Deutschland leben 500 000 Men schen mit Migrationshintergrund, die hoch gebildet sind, de ren Abschlüsse aber hier nicht anerkannt werden.
Bei einer Anhörung meiner Fraktion hat sich gezeigt, dass bei etwa 2 000 Anerkennungsberatungen gerade einmal fünf An erkennungen ausgesprochen worden sind. Das ist also wie ein Sechser im Lotto.
Jetzt frage ich Sie: Wieso soll ein hoch qualifizierter Mensch hierher kommen, wenn das, was er in seinem Heimatland an Kenntnissen und Qualifikationen erworben hat, hier nicht an erkannt wird? Das kann nicht gut gehen.
Jetzt kommen wir zu dem, was Kollege Nils Schmid gesagt hat: Was für eine Atmosphäre bieten wir diesen Menschen ei gentlich? Wir waren mit dem Finanzausschuss in Kanada. Ka nada ist ein klassisches Einwanderungsland, das das seit Lan gem macht. Wissen Sie, was in Kanada Leitbild ist? Das ist die multikulturelle Gesellschaft. Bei Ihnen hingegen ist „Mul tikulti“ ein Schimpfwort.
Das ist der Unterschied zwischen Kanada und uns. Mit der Haltung, hier gebe es eine deutsche „Leitkultur“ statt Multi kulturalität, schaffen Sie kein Klima, um hoch qualifizierte Kräfte aus anderen Ländern anzuziehen.
Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob es auf Dauer wirk lich nachhaltig ist, wenn wir aus anderen Ländern die besten Kräfte abziehen.
Deswegen lautet die Forderung: Hier müssen wir etwas ma chen, hier müssen wir schauen, dass wir ausländische Ab schlüsse anerkennen, und wir müssen schauen, dass die Ein wandererkinder hier weiterkommen.
Es ist doch eine verkehrte Welt, wenn 50 % der Migranten kinder auf die Hauptschule gehen und 15 % auf das Gymna sium, während es bei den Deutschstämmigen genau umge kehrt ist. Sie werden doch wohl nicht im Ernst behaupten, dass das an der Intelligenz der Kinder liege. Das liegt an Ihrer fal schen Schulpolitik, die Sie seit Jahren betreiben.
Es ist klar: Wir müssen sehr schnell und viel konsequenter in frühkindliche Bildung investieren – das ist einmal die erste Ansage – und den Kommunen dabei helfen, dass sie voran kommen. Aber wenn wir das sofort tun, wirkt das frühestens in zehn Jahren. Da stellt sich die Frage: Was tun Sie eigent lich jetzt für die nächsten zehn Jahre? Sie sollten – das habe
ich schon gesagt – ausländische Abschlüsse anerkennen, aber auch die duale Ausbildung attraktiver machen, die Module in der beruflichen Bildung als Abschlüsse anerkennen und vor allem die beruflichen Gymnasien ausbauen. Sie dürfen den Zugang nicht länger durch einen Numerus clausus blockie ren; derzeit gibt es viel mehr Anfragen als Plätze. Von dort kommen die zukünftigen Ingenieure und qualifizierten Fach arbeiter. Da sind Sie gefragt; dazu hätten wir heute in Ihrer Regierungserklärung – denn dafür sind Sie zuständig – gern etwas Konkretes gehört. Fehlanzeige.
zu dem, was McKinsey sagt: Dieser Arbeitskräftemangel kann nur behoben werden, wenn eine konsequente Frauenförderung gemacht wird. Das ist in Ihrer Regierungserklärung überhaupt nicht vorgekommen. Es ist klar, dass wir nur mit einer ambi tionierten Frauenförderpolitik die Empfehlung, die McKinsey gibt, in die Tat umsetzen können. Fehlanzeige; wir haben da zu von Ihnen nichts gehört.
Frauen in Führungsetagen: Dazu haben wir jetzt den Vorschlag gemacht, dass in landeseigenen Unternehmen eine Quote ein geführt wird – was übrigens die Frauen in der CDU auf Bun desebene selbst wollen. Wer lehnt das ab? Schwarz-Gelb.
Obwohl heute mehr Mädchen Abitur machen als Jungen – das muss man wissen –, obwohl Mädchen im Schnitt ein besse res Abitur machen als Jungen, sind ihnen die Aufstiegswege versperrt. Mit einer solchen Politik bringen wir Baden-Würt temberg nicht voran. Da wären Sie wirklich einmal gefragt.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wie viel Redezeit ha ben Sie denn?)
Ich zitiere aus der Erwiderung auf die Regierungserklärung von Oettinger am 28. Juni 2006. Ich zitiere mich:
(Heiterkeit – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Mit Erlaubnis des Präsidenten! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Nix „mit Erlaubnis“!)