Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 1. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württemberg und be grüße Sie alle recht herzlich zu dieser konstituierenden Sit zung.
Zunächst darf ich anmerken, dass die 15. Wahlperiode bereits am 1. Mai 2011 begonnen hat. Gemäß Artikel 30 Abs. 3 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg tritt der Landtag spätestens am 16. Tag nach Beginn der Wahlperiode zusam men. Daher stelle ich fest, dass die in der Verfassung vorge schriebene Frist eingehalten ist.
Die 14. Wahlperiode dieses Landtags, die letzte als Teilzeit parlament, wurde von unserem Präsidenten, Herrn Peter Straub, abgeschlossen. Im Namen aller Kolleginnen und Kol legen möchte ich Ihnen, lieber Herr Präsident Straub, für Ih re Arbeit in der abgelaufenen Wahlperiode herzlich danken.
Unsere Landesverfassung sieht auch vor, dass die erste Sit zung einer neuen Wahlperiode vom Alterspräsidenten einbe rufen und geleitet wird. Herr Landtagspräsident Straub hat mir mit Schreiben vom 11. April 2011 mitgeteilt, dass ich das äl teste Mitglied des am 27. März 2011 gewählten Landtags bin. Es fällt mir natürlich schwer, das zu glauben,
Für diese Sitzung bestelle ich Frau Abg. Sabine Kurtz und Frau Abg. Bärbl Mielich zu vorläufigen Schriftführerinnen. Herzlich bitte ich Sie, rechts und links von mir Platz zu neh men.
(Die vorläufigen Schriftführerinnen nehmen ihre Plät ze ein. – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Viel Er folg! – Vereinzelt Heiterkeit)
Herr Abg. Jürgen Walter hat heute Geburtstag. Im Namen des Hauses gratuliere ich Ihnen, lieber Herr Kollege Walter, sehr herzlich und wünsche Ihnen alles Gute.
Sehr gern möchte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nochmals herzlich begrüßen. Am 27. März dieses Jahres wur den Sie, meine Damen und Herren, von den Bürgerinnen und Bürgern Baden-Württembergs in den Landtag von BadenWürttemberg gewählt. Ich sehe viele vertraute Gesichter, aber auch viele Damen und Herren Abgeordnete, die zum ersten Mal in dieses Parlament gewählt wurden. Ich gratuliere Ihnen allen zu dieser Wahl und wünsche Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die verantwortungsvolle Ausübung Ihres Mandats viel Kraft, Ausdauer, Pragmatismus, Gesundheit und Geduld.
Was uns über alle Fraktionsgrenzen hinweg verbindet, ist das Bestreben, dieses Land positiv weiterzuentwickeln. Dafür wünsche ich uns allen viel Erfolg und auch das nötige Glück. Wir alle sind Vertreter des ganzen Volkes, also aller Bürgerin nen und Bürger. Wir sind nicht an Aufträge und Weisungen gebunden und nur unserem eigenen Gewissen unterworfen.
Zu einer lebendigen Demokratie gehört es ohne Frage, sich in Debatten zu streiten und um die beste Lösung zu ringen. Aber sowohl im Plenum als auch in den Ausschüssen muss die Ach tung vor jeder Kollegin, vor jedem Kollegen gelten. Die Be reitschaft zum sachlichen Austausch von Argumenten und zur Suche nach möglichen Kompromissen sollte unsere Arbeit prägen.
Meine Damen und Herren, auch dieser konstituierenden Sit zung des 15. Landtags wohnen zahlreiche Gäste bei, die ich alle herzlich begrüßen und willkommen heißen möchte: An gehörige, Partner, Freunde sowie Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter der Abgeordneten, frühere Parlamentarier sowie Ver treterinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens, insbeson dere des Konsularischen Korps, der Kirchen, der Kommunen, der Wirtschaft, der Gewerkschaften und nicht zuletzt der Me dien. Gestatten Sie mir, dass ich einige von ihnen namentlich begrüße.
Nicht weniger herzlich begrüße ich zwei ehemalige Landtags präsidenten, die Herren Dr. Lothar Gaa und Erich Schneider, und die jetzt ausgeschiedene stellvertretende Landtagspräsi dentin, Frau Christa Vossschulte, sowie die langjährigen stell vertretenden Landtagspräsidenten, die Herren Dr. Alfred Gei sel und Frieder Birzele.
Ich freue mich sehr, auch meinen Vorgänger in der Funktion des Alterspräsidenten, unseren früheren Kollegen GustavAdolf Haas, begrüßen zu können.
Mein nächster Willkommensgruß gilt den Landesvorsitzen den von Bündnis 90/Die Grünen, Frau Silke Krebs und Herrn Chris Kühn.
Stellvertretend für das Konsularische Korps begrüße ich die Repräsentanten unserer unmittelbaren Nachbarn: den franzö sischen Generalkonsul, Herrn Michel Charbonnier, und den Schweizerischen Generalkonsul, Herrn Hans Dürig.
Willkommene Gäste sind uns ebenfalls der Präsident des Ba den-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags, Herr Dr. Peter Kulitz, sowie der Vorsitzende des DGB-Lan desbezirks Baden-Württemberg, Herr Nikolaus Landgraf.
Für die Kommunen begrüße ich die Präsidentin des Städte tags Baden-Württemberg, Frau Oberbürgermeisterin Barbara Bosch, den Präsidenten des Landkreistags Baden-Württem berg, Herrn Landrat Helmut Jahn, sowie den Vizepräsidenten des Gemeindetags Baden-Württemberg, Herrn Bürgermeister Jürgen Kurz.
Mit besonderer Dankbarkeit für ihr Kommen begrüße ich für die christlichen Kirchen und für die Israelitischen Religions gemeinschaften den Erzbischof von Freiburg, Herrn Dr. Ro bert Zollitsch, den Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Herrn Dr. Gebhard Fürst, den Landesbischof der Evangelischen Lan deskirche in Württemberg, Herrn Otfried July, Herrn Prälat Dr. Hans Pfisterer als Vertreter des Landesbischofs der Evan gelischen Landeskirche in Baden sowie die Vorstandsspreche rin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs, Frau Barbara Traub, und von der Israelitischen Religionsge meinschaft Baden Herrn Michael Dörr.
Ich danke den Vertretern der Kirchen für den erhebenden Got tesdienst und für die Predigt heute früh in der Stiftskirche.
Ich danke Ihnen allen, die Sie durch Ihre Anwesenheit bei die ser konstituierenden Sitzung Ihren Respekt vor dem Landtag und Ihre Verbundenheit mit uns und unserer Arbeit dokumen tieren. Ich heiße also nochmals alle unsere Gäste aus dem gan zen Land und darüber hinaus herzlich willkommen.
Zu den Privilegien eines Alterspräsidenten gehört es, in der Antrittsrede Punkte ansprechen zu können, die ihm besonders wichtig sind. Diese Gelegenheit möchte ich nun gern nutzen.
Mit der 15. Wahlperiode treten entscheidende Änderungen in Kraft, die uns als Abgeordnete betreffen. Am 30. April 2008 haben wir mit großer Mehrheit die Parlamentsreform in Kraft gesetzt und damit die Weichen für einen moderneren Landtag gestellt. Ziel der Veränderung war es, den Landtag als Parla ment entsprechend der immer größer werdenden Komplexi tät politischer Themenstellungen zu stärken. Dieser einge schlagene Weg ist im Grundsatz richtig. Die nun auch nach außen sichtbar vergrößerte Präsenz macht deutlich, was sich ohnehin bereits in der Vergangenheit gezeigt hat: Die Tätig keit als Abgeordneter ist keine Nebenbeschäftigung.
Als gewählte Volksvertreter sind wir nicht nur für das Wohl des ganzen Volkes zuständig, sondern gleichzeitig auch die Anwälte der Bürgerinnen und Bürger in unseren Wahlkreisen. Die Menschen erwarten völlig zu Recht, dass wir als Abge ordnete uns um ihre Sorgen und Nöte kümmern. Unsere Auf gabe im Landtag geht aber auch noch darüber hinaus: Wir stel len die Weichen für die Zukunft Baden-Württembergs. Als zentrales Organ der Legislative kommt uns hierbei eine Schlüsselrolle zu.
Wir stellen die Weichen für die Zukunft Baden-Württembergs. Der Landtag ist der zentrale Ort, an dem die politischen Ent scheidungen getroffen werden. Die Landesregierung bezieht ihre Legitimation aus dem Parlament heraus und braucht ei ne Mehrheit der Abgeordneten, um ihre Ziele verwirklichen zu können. Als von den Bürgerinnen und Bürgern dieses Lan des direkt gewählten Abgeordneten kommt uns daher eine be sondere Verantwortung zu. Diese sollten wir mit besonderer Sorgfalt wahrnehmen. Dazu gehört auch ein faires Miteinan der. Es geht um die Rechte des Parlaments als Ganzes. Die Menschen im Land werden ein Auge darauf haben, auf wel che Weise wir um politische Inhalte ringen und wie wir unse re Ziele begründen und umsetzen wollen.
Wir Abgeordneten sind vom Volk direkt gewählt, und auch die erfreulicherweise gestiegene Wahlbeteiligung zeigt die ho he Legitimation dieses Parlaments. Deshalb fordere ich – auch mit dem Blick in Richtung Europa –, dass der Einfluss des Landtags weiter gestärkt wird. Der mit der Parlamentsreform eingeschlagene Weg war wichtig und richtig, aber er ist noch nicht abgeschlossen. Daran muss weiter gearbeitet werden. Gerade in Zeiten einer wachsenden Entfremdung der Men schen von der Politik müssen wir alle Mittel ergreifen, diesem Trend wirksam entgegenzusteuern. Nur wenn die Menschen das Gefühl haben, dass ein Parlament im politischen Konzert eine wichtige Rolle spielt und diese auch ehrlich und transpa rent ausfüllt, setzen sie sich mit seinen Aufgaben und den da rin vertretenen Parteien und Abgeordneten, also mit uns, aus einander.
In einer Welt, in der Entscheidungen nicht einfacher, sondern immer komplexer werden, sind eine verstärkte Kommunika tion politischer Fragen und ein intensiverer Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern notwendig. Politische Alternativen, unterschiedliche Konzepte und Lösungswege müssen genau er und besser erklärt und diskutiert werden.
Hier im Plenum des Landtags ist der zentrale Ort für genau diese Aufgabe. Hier können Meinungen ausgetauscht, kann um Zustimmung geworben und können Konzepte erläutert werden. Die modernen Medien bieten allen interessierten Bür gerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich live oder auch
nachträglich zu informieren. Wir als gewählte Abgeordnete haben von den Bürgerinnen und Bürgern das Mandat erhal ten, dies zu tun. Damit haben wir eine einzigartige Verantwor tung, die außer uns niemand besitzt.
Als langjähriger Bürgermeister von zwei kleinen Gemeinden weiß ich: Bei Entscheidungen kommt es darauf an, die Bür gerinnen und Bürger mitzunehmen, sie mit Sachargumenten zu überzeugen. Dabei kommt es vor allem darauf an, sie be reits einzubinden, bevor sich Alternativen gebildet haben und Vorentscheidungen getroffen wurden. Viele Fragen in der heu tigen komplexen Welt lassen sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten.
In den kommenden Jahren müssen wir uns hier im Landtag wie auch im Bund, in den Kommunen und in Europa um ein Thema kümmern, das alle Menschen betreffen wird. Ich spre che vom demografischen Wandel und den daraus resultieren den Herausforderungen.
Mit den Begriffen „Geburtenschwache Jahrgänge“, „Fach kräftemangel“ und „Anstieg der Ausgaben unserer Sozialkas sen“ nenne ich Eckpunkte eines damit verbundenen Span nungsfelds. Den Medien entnehmen wir dazu, dass Demenz ein prägendes Thema der kommenden Jahrzehnte sein wird. Vereinzelt nehmen wir schon wahr, dass sich die Industrie, die Wirtschaft insgesamt mit speziell optimierten Produkten auf die älter werdende Gesellschaft einstellt.
Bei dieser Entwicklung haben wir als Land eine starke Ge stalterrolle, denn der Landtag entscheidet über zahlreiche In frastrukturmaßnahmen und hat darüber hinaus über den Bun desrat Einfluss auf Entscheidungen auf Bundesebene.