Sie haben 2006 ebenfalls versucht – zumindest haben Sie sich damals darauf geeinigt –, auch die Lehrerausbildung an den Universitäten auf Bachelor und Master umzustellen, um sie an die generelle Umstellung auf Bachelor und Master an den Universitäten anzupassen und mit den anderen Abschlüssen zu vereinheitlichen. Allerdings ist dieses Vorhaben erst irgend wo zwischen Kultusministerium und Wissenschaftsministeri um versandet und hat dann letztendlich ganz den Geist aufge geben.
Es ist verschiedentlich angesprochen worden, welche neuen Erwartungen wir an die Lehrerinnen und Lehrer haben. Dazu gehört, dass wir die individuellen Fähigkeiten der Schülerin
nen und Schüler stärker herausarbeiten wollen. Wir werden die Lehrer dementsprechend ausbilden müssen. Wir haben ein sehr wichtiges Projekt. Wir werden zusätzlich Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund gewinnen müssen, die die interkulturelle Kompetenz haben, die die Fähigkeiten ha ben, Kinder zu motivieren.
Zum Schluss möchte ich jetzt noch kurz auf die Lehrerbesol dung eingehen. Es ist sehr schön, Herr Kern, wenn Sie hier die Mutter Teresa der Lehrer machen. Zwei Wochen nach Amtsantritt der Landesregierung haben Sie eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, in der Sie bemängelt haben, dass Junglehrerinnen und Junglehrer über die Sommerferien für sechs Wochen in die Arbeitslosigkeit geschickt werden. Es ist schade, dass die FDP/DVP in den 15 Jahren zuvor – in diesen Jahren Ihrer Regierungsbeteiligung wurde diese Regelung ein geführt – nicht die Kraft hatte, einer solchen Sache zu wider stehen.
In der letzten Landesregierung haben Sie mit Müh und Not das Vorgriffsstundenmodell verhindert. Das war aber meines Wissens nicht die FDP/DVP. Sie haben ferner durch eine Hin haltetaktik bei Neueinstellungen
Sie haben zu Recht erwähnt, dass ich beantragt habe, dass es bei Referendaren keine sechs wöchige Arbeitslosigkeit mehr gibt. Das gleiche Problem ha ben wir bei den Krankheitsvertretungen. Warum haben Sie diesem Antrag im Bildungsausschuss nicht zugestimmt, wenn Sie der gleichen Meinung sind?
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ge nau! Das ist das Thema! – Zuruf des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU)
Es ist schön, dass Sie an die Wundertätigkeit der neuen Regierung glauben und dass Sie von uns schon nach zwei Wochen fertige Konzepte verlangen,
In der weiteren Aussprache erhält der Vertreter der SPD-Fraktion, Herr Abg. Dr. Fulst-Blei, das Wort. Bitte.
Herr Präsident, Kollegin nen und Kollegen! Man muss sich hier an eine neue betrieb liche Übung gewöhnen: Die neue Landesregierung wird mit Versäumnissen aus den vergangenen 60 Jahren konfrontiert. Ich wundere mich, welche „guten Ideen“ Ihnen in der letzten Zeit gekommen sind. Ich war persönlich betroffen. Auch ich bin in die Arbeitslosigkeit entlassen und nach sechs Wochen wieder eingestellt worden. Das ist eine Verlagerung von Kos ten auf die Sozialversicherung. Man fühlt sich da als betrof fene Person richtig schlecht. Das hatte ich der vorherigen Lan desregierung zu verdanken. Noch einmal vielen Dank im Nachhinein.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Aber jetzt sind Sie doch gut versorgt!)
Ich wiederhole meinen Appell von vorhin: Lassen Sie uns end lich einmal von diesem Betondenken zu Strukturdebatten kommen, und lassen Sie uns bitte die konkrete Situation der Lehrkraft und vor allem das Wohl des Kindes und des jungen Erwachsenen in den Mittelpunkt stellen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! Richtig! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)
Wenn ich daran denke, was für Situationen ich allein in den letzten Wochen – kurz vor der Notenvergabe – erlebt habe, in denen man auch merkt, dass es Schülerinnen und Schüler gibt, bei denen viel zu spät erkannt wurde, wo die Defizite liegen – – Man steht da und weiß: Ich bin dafür nicht ausgebildet.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ach, Sie merken das erst am Schuljahresende? – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)
Ich kann in einer solchen Situation keinen Sozialpsychologen, keinen Schulsozialarbeiter hinzuziehen. Es handelt sich um Defizite, die sich auch anhäufen.
Durch das Blocksystem bekommen wir die Schüler nämlich teilweise sehr spät. Die Reaktion erfolgt dann manchmal lei der auch zu spät.
Ich bitte Sie noch einmal, diesen Punkt in den Fokus zu neh men. Hinsichtlich der Diagnose und der individuellen Förde rung haben wir noch einen Weg zu gehen. Erste Schritte in die richtige Richtung sind vollzogen worden. Aber wir müssen noch deutlich nachlegen. Deswegen appelliere ich an Sie: Kommen Sie aus Ihrer ideologischen Kampfecke, aus Ihrer betonierten Strukturdenkecke heraus. Lassen Sie uns das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen.
Das tun Sie schon lange. Möglicherweise ist genau dieser fehlende Realitätssinn und diese mangelnde Wertschätzung auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sie und nicht wir reden doch die Arbeit der Lehrer schlecht!)
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich auch! Da ha ben wir etwas gemeinsam! Ich liebe sogar meine Schüler! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Ob das erwidert wird? – Gegenruf des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Reichlich sogar, Herr Schmiedel! Sie würden sich wundern!)
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kollegin nen und Kollegen! Worüber diskutieren wir heute Morgen bei dieser Aktuellen Debatte? Beantragt ist eine Debatte, eine Aussprache über das Thema „Qualität der Lehrerausbildung nicht antasten“. Die Alternative dazu ist die Frage: Gibt es Handlungsbedarf, gibt es Verbesserungsbedarf in der Lehrer ausbildung? Ich meine, die Debatten, die wir und die Öffent lichkeit in den letzten Wochen ausführlich geführt haben, ha ben deutlich gezeigt: Die neue Landesregierung stößt auf je de Menge Zuspruch, Interesse und Freude, dass sie sagt: Wir müssen anpacken, wir müssen verbessern, wir müssen die Lehrerbildung weiterentwickeln.
Mein Haus hat eine Menge Zuschriften erhalten. Es gab un endlich viele Briefe von Leserinnen und Lesern – ich bin mir
sicher, auch Sie haben sie gesehen – mit dem Tenor: „Endlich wird das Problem erkannt. Gehen Sie diesen Weg weiter.“