Eine Geisterbahn funktioniert nach dem Prinzip, dass durch das plötzliche Erscheinen und das ebenso plötzliche Ver schwinden von Figuren der Adrenalinspiegel der Besucher steigen soll und damit bei ihnen eine Gänsehaut erzeugt wird.
So wirkt es derzeit auch bei der Handlungsweise des Verkehrs ministeriums hinsichtlich des Projekts Stuttgart 21, meine sehr geehrten Damen und Herren.
In manchen Geisterbahnen ergänzen übrigens gruselig ver kleidete Angestellte die mechanischen Gruseleffekte.
Im Verkehrsministerium sollen dem Vernehmen nach zeitlich befristet Praktikanten mit zweifelhafter Qualifikation beschäf tigt sein.
Zweifelhaft ist ihre Qualifikation wohl insbesondere dann, wenn das Projekt Stuttgart 21 realisiert wird. Wir fragen uns: Was machen sie denn, wenn das Projekt gebaut wird?
Wenn schon nicht der Verkehrsminister als Stuttgart-21-Geg ner das Ergebnis des Stresstests, die Projektförderungspflicht und die SMA-Gutachter akzeptieren will, so appellieren wir an den Ministerpräsidenten und an den Koalitionspartner, die SPD, in dieser Sache klar Position zu beziehen, damit das Land Baden-Württemberg in der Öffentlichkeit als verlässli cher Projektpartner wahrgenommen wird.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)
Gibt es keine Wortmeldungen mehr vonseiten der Abgeordneten? – Gut. Dann hat der Minister für Verkehr und Infrastruktur, Herr Hermann, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Her ren! Frei nach Frau Razavi würde ich sagen: Werte Heilige mit und ohne Schein!
Der Landtag erwartet von der Landesregierung, dass sie in dem eingerichteten Lenkungskreis gemeinsam mit den Projektpartnern auf ein striktes Kostencontrolling achtet, die Risiken von Kostensteigerungen so weit wie möglich minimiert und dem Landtag regelmäßig über den Projekt fortschritt und die Kostenentwicklung berichtet.
Das ist der eindeutige Auftrag des Landtags – viele von Ihnen waren dabei –, erteilt im Mai 2009, nachdem dieser Landtag positiv für dieses Projekt gestimmt hat. Das ist der klare Auf trag, und zwar an jede Nachfolgeregierung. Das verstehe ich auch als meinen Auftrag.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Andre as Schwarz GRÜNE: Sehr richtig! – Glocke des Prä sidenten)
Wir kennen jetzt das Spiel, dass Sie immer schon dann, wenn eine Rede beginnt, Zwischenfragen stellen.
(Abg. Peter Hauk CDU: Ich wollte Sie nur ganz kon kret fragen, wann Sie dem Landtag berichtet haben!)
Sie dürfen Ihre Frage gern am Ende stellen. Sie verfolgen nur die Strategie, den Zusammenhang meiner Rede zu zerstören. Stellen Sie Ihre Zwischenfragen bitte am Ende.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist Mitnahme der Bürger! Sie nehmen nicht einmal die Abgeordneten mit! – Zurufe: Endfrage! – Unruhe)
Als Minister der Landesregierung habe ich selbstverständlich die Pflicht, dieses Projekt kritisch zu begleiten und darauf zu
achten, dass die vielen Millionen Euro aus Steuermitteln – egal, ob es Bundes- oder Landesmittel sind; aber vor allem geht es um die Landesmittel – zielgerichtet und zweckgerecht ausgegeben werden
und dass die ausgegebenen Mittel tatsächlich der Verbesse rung des Schienenverkehrs in Baden-Württemberg dienen, und zwar nicht nur in Stuttgart und bei einem Bauprojekt, son dern dem Schienenverkehr in ganz Baden-Württemberg, da mit mehr Menschen das Verkehrsangebot auf der Schiene nut zen können.
Klar ist: Es gibt Verträge, und es gibt Pflichten. Die kennen wir; das habe ich sowohl im Lenkungskreis als auch an ande rer Stelle deutlich gemacht. Allerdings verstehen wir Projekt förderungspflicht nicht so, dass man die Millionen blindlings irgendwo hineinschüttet und nicht nachfragt, was damit ge schieht.
Die Kosten und die Kostenrisiken müssen bei einem solchen Großprojekt offengelegt werden. Wir haben in der Republik vielfach die Erfahrung gemacht, dass Großprojekte aus dem Ruder laufen, insbesondere dann, wenn sie von der Deutschen Bahn realisiert werden. Wir, die Regierung, müssen für Kos tentransparenz sorgen und darauf hinwirken, dass die Kalku lationen und Risiken offengelegt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will mir später nicht nachsagen lassen, dass ich die Kosten nicht ausreichend kon trolliert hätte – schon gar nicht von der Opposition, die das in der Zeit der eigenen Regierungsverantwortung jahrelang nicht so gesehen hat.
Gerade weil wir als Land finanziell so stark beteiligt sind, weil wir Partner sind, haben wir das Recht und die Pflicht, die Bahn immer wieder zu fragen: Wo steht ihr? Was sind die Risiken? Wie entwickeln sich die Kosten? Bleibt es bei 4,1 Milliar den €, oder werden es 4,1 Milliarden € plus x plus x plus x? Das ist unsere Pflicht.
Liebe Kollegen von der CDU, genau an diesem Punkt hat die letzte Regierung meines Erachtens versagt. Sie haben in den vergangenen Jahren die Zweifel vieler Fachleute – heute ist schon der Bundesrechnungshof zitiert worden – zur Seite ge schoben. Der Bundesrechnungshof
hat angesichts der Kostenentwicklung schon sehr früh ge warnt; er hat Vergleichsprojekte herangezogen und Vergleichs