Protokoll der Sitzung vom 26.06.2014

71 Beweisbeschlüsse wurden gefasst; 51 Zeugen und acht Sachverständige wurden gehört. Wir haben insgesamt in 30 Sitzungen 135 Stunden getagt, davon 110 Stunden in öffent licher Sitzung und öffentlicher Anhörung. Eine Sitzung im letzten Jahr ging sogar von morgens 9:00 Uhr bis 22:30 Uhr, also knapp dreizehneinhalb Stunden mit nur einer einstündi gen Mittagspause. Es muss hier auch einmal erwähnt werden, dass der Ausschuss und damit auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtags, der Landtagsverwaltung und auch die Presse einiges leisten mussten und geleistet haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Wir haben also in großer Transparenz und Offenheit unsere Arbeit gemacht, selbstverständlich im Rahmen der rechtlichen und gesetzlichen Vorgaben.

Der Auftrag, der uns gestellt wurde, der aus 25 Einzelfragen bestand, ist politisch abgearbeitet. Es ist richtig, dass im Un tersuchungsausschuss alle Fraktionen einmütig der Auffas sung waren, dass der Ausschuss seine Arbeit jetzt beenden kann, weil sich die politische Bewertung des Sachverhalts er ledigt hat. Nicht davon betroffen sind weitere juristische Prü fungen durch die Staatsanwaltschaft und die Schiedsklage zum Kaufpreis.

Worum ging es im Kern? Im Kern ging es um zwei Fragen, die der Ausschuss zu untersuchen und zu bewerten hatte:

Erstens: War das Verfahren rechtmäßig, wie die EnBW-An teile von der EdF zurückgekauft worden sind?

In diesem Punkt stellen alle Bewertungen der Fraktionen fest, dass das Verfahren nicht rechtmäßig war. Das ist unbestritten. Am Parlament vorbei über das Notbewilligungsrecht war es ein Verfahren, das nicht rechtmäßig gewesen ist.

Zweitens: War der Kaufpreis angemessen und marktgerecht?

Bei dieser Frage gibt es unterschiedliche Bewertungen. Dem Ausschuss sind mehrere Gutachten sowie Stellungnahmen zu Gutachten vorgelegt worden, und diese umfassen eine große Spanne. Eine vollständige Klarheit, ob der Kaufpreis ange messen war oder nicht, wird es wohl nie geben. Das Ergebnis wird am Ende sein, was bei der Schiedsklage herauskommt.

Doch auch dies ist eine Entscheidung, die nicht über ein po litisches Gremium getroffen werden kann.

Wichtig ist mir auch, dass alle Fraktionen des Landtags einig sind in den Bewertungen, dass die Landesbeteiligung an der EnBW richtig ist. Das wird unterschiedlich formuliert. Die ei nen sagen, das liege im wohlverstandenen Landesinteresse, die anderen begrüßen, dass die EnBW mit dem Land über ei nen zuverlässigen Anteilseigner verfügt. Aber alle Fraktionen bestätigen damit, was bereits im Dezember 2010 gesagt wur de, dass nämlich der Rückkauf an sich richtig war und begrüßt wird.

Wir sind uns im Landtag auch einig, dass weder die Verfas sung noch Gesetze geändert werden müssen, um für ähnliche Vorgänge künftig andere Regelungen zu haben. Das heißt aber auch, dass, wenn ein solches Geschäft erneut auf uns zu kommt, es dann nicht zustande kommt und abgebrochen wer den muss, wenn das Parlament nicht rechtzeitig vorher zu stimmen kann. Das muss man wissen. Auch international tä tige Konzerne, Investmentbanken müssen wissen, dass in ei ner Demokratie ein Parlament einem solchen Geschäft zustim men muss. Daher halten wir keine Änderung von Gesetzen oder der Verfassung in diesem Zusammenhang für notwen dig.

Richtig ist auch, dass sich eine Regierung bei Externen Rat holt, sei es bei Rechtsanwaltskanzleien, bei Investmentban ken oder bei anderen Beratern. Richtig ist aber auch, dass das alles unter Einschaltung der Ministerialverwaltung zu erfol gen hat. Die komplette Ausschaltung der Ministerialverwal tung beim Rückkauf der EnBW-Anteile war ein Fehler, war nicht richtig. Auch das ist einvernehmlich zwischen den Frak tionen festgestellt worden.

Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zum Untersu chungsausschuss im Allgemeinen machen. Auch hier bei die sem Untersuchungsausschuss gab es etwas Besonderes und Neues. Ich zitiere aus dem Standardkommentar für Untersu chungsausschüsse, Glauben/Brocker, Seite 158, Randnum mer 7. Da heißt es u. a. – Zitat –:

Da kommt es schon mal zu informatorischen Treffen mit Zeugen oder sonstigen „Strategietreffen“. Mitunter wer den gar regelrechte „Drehbücher“ für Zeugenbefragun gen und „Strategiepapiere“ (auch von Mitarbeitern der Regierung) verfasst. Man mag diese Mechanismen be mängeln; bei realistischer Betrachtung sind sie dem par lamentarischen Untersuchungsverfahren aber immanent und bis zu einem gewissen Grad daher auch hinzuneh men und rechtlich nicht zu beanstanden.

Das ist nicht meine Meinung, sondern das ist die Meinung von Herrn Dr. Lars Brocker in seinem Standardkommentar.

Das heißt also, es gibt rechtlich kein Verbot des Kontakts zwi schen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses und Zeu gen. Gespräche mit Zeugen sind nicht verboten. Trotzdem wur de in der politischen Diskussion bei diesem Untersuchungs ausschuss eine Quasi-Kontaktsperre zwischen den Hauptzeu gen, Herrn Ministerpräsident a. D. Stefan Mappus und Herrn Dr. Dirk Notheis, einerseits und den Ausschussmitgliedern an dererseits gefordert.

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

Seit Februar letzten Jahres haben sich alle Mitglieder des Un tersuchungsausschusses, auch ich, daran gehalten, auch wenn es rechtlich nicht erforderlich, aber politisch geboten ist. Ich will hier darauf hinweisen: Das ist nicht meine Auslegung, sondern entspricht der bisher üblichen Standardkommentie rung zu Untersuchungsausschussgesetzen.

Eine weitere Besonderheit dieses Ausschusses: Der Ausschuss war zeitweise löchrig wie ein Schweizer Käse. Nach § 9 Ab satz 1 des Untersuchungsausschussgesetzes dürfen Inhalte von Unterlagen nicht vor Abschluss der Beratung an die Öffent lichkeit mitgeteilt werden. Teilweise sind aber Inhalte aus staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten, die als geheimhal tungsbedürftig gekennzeichnet waren, an die Öffentlichkeit weitergegeben worden. Die Staatsanwaltschaft hat wegen Ge heimnisverrats ermittelt, die Ermittlungen dann allerdings ein gestellt, weil keine Belege gefunden worden sind. Egal, wer Vertrauliches weitergegeben hat: Das ist nicht in Ordnung und sollte auch künftig bei Untersuchungsausschüssen nicht vor kommen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich habe, als ich den Vorsitz des Ausschusses übernommen habe, allgemein sehr eindringlich darauf hingewiesen, die Ver traulichkeit zu wahren. Ich habe auch im Konkreten einmal ein Verhalten missbilligt. Ich stelle aber auch fest, dass das Verhalten hinsichtlich Indiskretionen in den letzten Monaten deutlich besser geworden ist. Es sind auch keine als geheim haltungsbedürftig gekennzeichneten Unterlagen – zumindest nicht im Wortlaut – weitergegeben worden. Wir sollten uns auch künftig daran messen.

Ich möchte noch einige Punkte ansprechen, bei denen die Rechtstheorie von der Rechtswirklichkeit überholt worden ist. Das betrifft zum einen die Regelung zum Betroffenenstatus. Dieser ist konkret in § 19 des Untersuchungsausschussgeset zes geregelt. Es ist allerdings notwendig, dass wir diese Re gelungen künftig noch konkreter fassen, damit die Arbeit künftiger Untersuchungsausschüsse nicht durch Rechtsstrei tigkeiten verzögert wird.

Ein weiterer Punkt: In der Theorie heißt es in § 9 Absatz 5 des Untersuchungsausschussgesetzes, dass sich die Mitglieder des Ausschusses vor Abschluss der Beratung über einen Gegen stand der Verhandlung einer öffentlichen Beweiswürdigung enthalten sollen. Die Praxis ist allerdings, dass nach jeder Be weiserhebung sofort Würdigungen durch die Mitglieder des Ausschusses stattfinden. Teilweise wurde hier auch in öffent lichen Parteiversammlungen über das Thema des Untersu chungsausschusses diskutiert.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Das geht gar nicht!)

In diesem Ausschuss ist die Beweiswürdigung im Rahmen der nach jeder Anhörung erfolgten berühmten „Pferderunde“ in durchaus geordneten Bahnen verlaufen. Aber wir sollten alle darauf achten, dass bei künftigen Untersuchungsausschüssen bei diesen Erklärungen von Vorverurteilungen abgesehen wird und eine endgültige Wertung der Beratung des Untersuchungs ausschussberichts dem Plenum vorbehalten ist.

Für das Verfahren im Untersuchungsausschuss ist die Straf prozessordnung maßgeblich. Demnach dürfen Zeugen bei der

Vernehmung anderer Zeugen nicht anwesend sein. Die Praxis ist aber: Wenn eine Zeugenvernehmung live im Fernsehen übertragen wird oder auf der Landtagshomepage im Livestream angeschaut werden kann, dann können nachfolgende Zeugen alles mitverfolgen. Sie können es aber nicht mitverfolgen, wenn die Vernehmung nicht live übertragen wird.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Ich halte das für einen Punkt, an dem wir die heutige Rechts theorie der Rechtswirklichkeit, die sich durchaus bewährt hat, anpassen müssen.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Der Kollege Müller hat vor einem Jahr seinen Rücktritt vom Amt des Vorsitzenden dieses Untersuchungsausschusses er klärt. Er hat Unterlagen an den Ministerpräsidenten a. D. Map pus weitergegeben. Auch wenn diese Unterlagen den Medien bereits vorlagen, ist es nicht zulässig, Unterlagen weiterzuge ben. Deshalb war dieser Rücktritt durchaus folgerichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Zu dem Kontakt zu Zeugen habe ich vorhin bereits ausführ lich Stellung genommen; dieser ist rechtlich zulässig. Ich will aber auch festhalten, dass bis Februar 2013 die Arbeit meines Amtsvorgängers Müller von allen Fraktionen als untadelig an gesehen worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Herr Müller hat uns etwas vorgemacht! Es hat uns etwas vorge spielt! – Zurufe der Abg. Claus Schmiedel und Sa scha Binder SPD)

Herr Kollege Schmiedel, ich habe gesagt: „bis Februar 2013“. Hören Sie bitte genau zu.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das kam doch im Pressespiegel!)

Ein weiterer Punkt ist: Es war ein einmaliger Vorgang, dass von den Regierungsfraktionen gefordert wurde, dass die CDUFraktion auf das ihr gesetzlich zustehende Recht verzichtet, den Ausschussvorsitzenden zu stellen.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Wir haben in § 6 Absatz 2 des Untersuchungsausschussgeset zes klare Regelungen dazu, welche Fraktion den Vorsitz stellt, unabhängig davon, um welches Thema es sich handelt. Wir sollten auch künftig diese gesetzlichen Regelungen klar be achten und nicht nach dem jeweiligen Thema entscheiden, welche Fraktion auf den Vorsitz verzichten soll und welche nicht.

(Abg. Sascha Binder SPD: Wir wollten nur unterstüt zen!)

Die Auslegung von Rechtsnormen wurde im Ausschuss teil weise unterschiedlich eingeschätzt. Die Landtagsverwaltung hat dann jeweils gutachterlich Stellung genommen.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Diese gutachterlichen Stellungnahmen der Landtagsverwal tung waren stets von sehr hoher Sachkunde geprägt und wur

den in allen Fällen vom Ausschuss einmütig akzeptiert. Hier hat die Landtagsverwaltung sehr gute Arbeit geleistet.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Ausdrücklich danken will ich hier den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussbüros, speziell Herrn Marco Frau hammer, Frau Ina Steffens und Herrn Björn Strobel

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

sowie den Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, Herrn And reas Finkenbeiner und Frau Martina Kiebler, die alle sehr gu te Arbeit, die von der Breite des Parlaments akzeptiert wor den ist, geleistet haben.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Danken möchte ich auch den Stenografen und dem Haus dienst, vor allem aber auch allen Beraterinnen und Beratern der Fraktionen. Sie haben die Hauptarbeit bei der Durchsicht der Unterlagen und bei der Abfassung der Berichte zu leisten. Auch ihnen ein ganz herzliches Dankeschön.