Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich kann da nahtlos anschließen: Das ist heute in der Tat ein wichtiger Tag für die Privatschulen in Baden-Württemberg, aber übrigens auch für die politische Kultur in unserem schönen Ländle. Das ist ein guter Tag für die Privatschulen, weil wir heute trotz Haushaltskonsolidie rung in der Tat einen deutlichen Mittelaufwuchs vornehmen können bzw. jetzt in die Diskussion darüber eintreten: 2014 plus 6,7 Millionen €, 2015 plus 16 Millionen €. Das sind da mit, auf die Legislaturperiode bezogen, insgesamt 39,5 Mil lionen €. Wir erreichen einen einheitlichen Kostendeckungs grad von 78,7 % und kommen damit dem Ziel einer Förde rung von 80 % nach dem Bruttokostenmodell deutlich näher.
Damit profitieren auch die Privatschulen vom Investitions schwerpunkt Bildung dieser Landesregierung: Nach der Stär kung des öffentlichen Schulsystems, einer verbesserten Un terrichtsversorgung, einer Erhöhung der Krankheitsvertretung und einem Abbau des Reformstaus erfolgt jetzt eben auch ei ne verbesserte finanzielle Absicherung der Privatschulen. Kurz: Wir halten Wort.
Der heutige Tag ist aber, Kollege Wald, auch ein guter Tag für die politische Kultur in Baden-Württemberg. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es gibt Geschichten, die einem nicht aus dem Kopf gehen. Ich bin wie Sie 2011 Neuparlamentarier gewe sen. Ich habe dann, nachdem man mir die Zuständigkeit für das Thema Privatschulen übertragen hatte, auch diverse Ver bandsgespräche geführt. Es war schon eine besondere Situa tion damals, als mir beim Mittagessen ein Verbandsvertreter gesagt hat: „Wir haben uns ja schon damals, bei der alten Lan desregierung, dafür eingesetzt, dass die 80-%-Förderung kommt und bitte auch im Gesetz verankert wird.“
Tatsächlich hat die alte Landesregierung einen Kostende ckungsgrad von 80 % nach dem Bruttokostenmodell auch ins Gesetz geschrieben. Der miese Gag dabei war nur, dass man einen § 18 a im Privatschulgesetz formuliert hat, in dem das alles sauber aufgeführt wurde, in § 18 aber weiterhin stand: Bei der Finanzierung bleibt alles so, wie es ist. Ehrlich gesagt, die Etikette dieses Hauses erlaubt mir nicht, den Kommentar wiederzugeben, mit dem der Privatschulvertreter damals zum Ausdruck gebracht hat, wie er sich fühlte.
Das, was Ihnen jetzt vorliegt, ist kein leichter, aber ein guter Kompromiss, der auf längere Sicht auch einen Beitrag – das sei nicht geleugnet – zur Haushaltskonsolidierung ermöglicht. Angesprochen worden sind die Beteiligung an der Altersvor sorge und der Abbau von Doppelförderungen – beides Maß nahmen von, wie ich meine, verhältnismäßig geringem finan ziellen Umfang.
Aber wichtig war für uns, die Regierungsfraktionen, von An fang an auch, dass beispielsweise die Versorgungsabgabe eben nur für Neubeurlaubungen ab dem 1. August 2014 erhoben wird. Dies, Kollege Wald, erlaubt eine vorausschauende Kal kulation. Wir können hier von einem weitreichenden Be standsschutz reden. Das ist gut für unser Land, weil wir die Privatschulen als eine wichtige gesellschaftliche Säule des Pluralismus anerkennen und uns auch bewusst sind, dass die Privatschulen auch in Sachen Innovation im Bildungssystem wichtig sind.
Die Erfolge – darauf haben Sie hingewiesen – zeigen sich im wachsenden Zuspruch. Aber lesen Sie einmal Ihre eigenen Vorlagen nach: Dieser Zuspruch hat sich schon deutlich vor 2011 abgezeichnet. Übrigens: Von einem Trend zu mehr Dy namik können wir zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht reden.
Für mich ist ein Beispiel für Innovation – ich habe das an die ser Stelle schon einmal gesagt –: Auch die Gemeinschafts schulpädagogik stellt im Grunde eine Antwort auf das durch aus erfolgreiche Modell der Waldorfbewegung dar. Das heißt, das öffentliche Schulsystem profitiert auch immer wieder von Impulsen aus der Privatschullandschaft. Nicht zuletzt verhin dert dieser Wettbewerb Bequemlichkeit und drängt zu Quali tät und Innovation.
Genau so habe ich übrigens auch den Ministerpräsidenten am Samstag in Mannheim verstanden: Wir müssen uns eben die sem Wettbewerb auch mit den öffentlichen Schulen stellen.
Trotzdem markiert unsere Politik in diesem Haus einen Un terschied. Wir, Grüne und Rote, verfolgen einen ausgewoge nen Politikansatz. Das unterscheidet unsere Politik auch von manchem „Wünsch dir was“ der Opposition. Die FDP/DVP will am liebsten gleich eine Förderung von 80 % nach dem Bruttokostenmodell, aber bitte auch sofort die Nullneuver schuldung, wie Herr Rülke immer zum Ausdruck bringt. Das passt nicht zusammen.
Zu den CDU-Belegen aus der Vergangenheit muss man sa gen: „Außer Spesen nichts gewesen.“ Bei Ihnen gilt „hätte“ und „würde“. Wir dagegen haben verhandelt, haben eine Ei nigung erzielt, haben umgesetzt. Oder kurz: Sie reden, wir handeln.
Wir setzen also die Meilensteine, die unser Bildungssystem stark machen. Das hilft den Familien, das ist hilfreich, was die Leistungsfähigkeit unseres Schulsystems angeht – privat wie öffentlich –, und das hilft letztlich auch dem Wirtschaftsstand ort Baden-Württemberg. Daher ist der heutige Tag für uns al le in der Tat ein wichtiger.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Eigentlich wäre heute ein Tag zum Feiern. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf rückt endlich der Deckungsgrad von 80 % bei der Privatschulfinanzierung in greifbare Nähe. Zumindest meine Vorredner von den Grü nen und der SPD – wir haben es gehört – haben sich auch
schon redlich bemüht, Feierlaune zu verbreiten nach dem Motto: „Wir von Grün-Rot haben endlich geschafft, was un sere Vorgänger nicht hinbekommen haben.“
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Stimmt! – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)
Wichtig ist immer, auch das Ende mit zu bedenken. – Wenn dem wirklich so wäre, würde ich jetzt tatsächlich auch hoch achtungsvoll den Hut vor Ihnen ziehen. Weil man jedoch bei einem gelungenen Taschenspielertrick wohl vor einem Zir kuskünstler den Hut ziehen sollte, aber nicht vor einer Regie rung, habe ich heute erst gar keinen Hut mitgenommen.
Außerdem zeichnet sich ein gelungener Taschenspielertrick bekanntlich dadurch aus, dass der eigentliche Trick unerkannt bleibt, und das ist Grün-Rot bei der Privatschulfinanzierung gerade nicht gelungen. Dabei haben sich Grüne und SPD nach Kräften bemüht, die Einführung einer Versorgungsabgabe für beamtete und in den Privatschuldienst beurlaubte Lehrkräfte als Akt der Gerechtigkeit darzustellen.
Nur auf den ersten Blick mag es plausibel erscheinen, dass bei einem auf Transparenz und Vergleichbarkeit angelegten Brut tokostenberechnungssystem der Privatschulzuschüsse irgend wie ausgeglichen werden muss, dass für angestellte Lehrkräf te die üblichen Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind, für beamtete Lehrkräfte aber nichts dergleichen. Dass dies aber nur die halbe Wahrheit ist, zeigt schon das schlechte grün-rote Gewissen, das einem aus der schriftlichen Begrün dung des Gesetzentwurfs geradezu entgegenspringt.
Wäre Grün-Rot wirklich an einer ehrlichen Bruttokostenrech nung gelegen gewesen, hätten die Koalitionspartner auch al les einrechnen müssen, was das Land für die staatlichen Schu len aufwendet. Ich meine beispielsweise die Zuwendungen für die Ganztagsschulen – bei denen die freien Schulen nichts bekommen, obwohl sie ebenso Ganztagsbetreuung anbieten – oder für die Schulsozialarbeit oder für die Inklusion. Der bewusste Verzicht auf die Versorgungsabgabe und auf der an deren Seite der bewusste Verzicht auf die Zuschüsse für die Ganztagsbetreuung und anderes,
das war damals ein tragfähiger Kompromiss, den Grün-Rot nun einseitig aufgekündigt hat. Die Landesregierung verfährt nun nach dem Motto: „Wenn ihr die 80 % haben wollt, dann müsst ihr die Versorgungsabgabe schlucken.“ Faire Verhand lungen auf Augenhöhe, wie dies zu christlich-liberalen Zeiten in der AG Privatschulfinanzierung üblich war,
(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Oje, oje! § 18 und § 18 a!)
Damit gegen die Degradierung der freien Schulen niemand aufmuckt, ist Grün-Rot nach dem Prinzip „Divide et impera“ verfahren. Sie haben einfach die freien Schulen in Gewinner und Verlierer eingeteilt und damit jeglichen Widerstand ge brochen.
Zu den Verlierern gehören beispielsweise – welch Wunder – die Gymnasien in freier Trägerschaft, die von der jetzigen Er höhung auf 78,7 % nur unwesentlich profitieren. 67 € mehr pro Schüler und Jahr
In vielen Gesprächen mit Vertretern von freien Schulen haben wir erfahren, dass man der grün-roten Landesregierung ur sprünglich vertraut hat, sie werde bei der Einführung der Ver sorgungsabgabe für einen fairen Ausgleich bei den Anliegen der freien Schulen sorgen. Nun aber sind Enttäuschung und Kritik bei den Betroffenen zu vernehmen. Dabei hätte GrünRot doch aufgehen müssen, dass ihnen niemand mehr ihren Taschenspielertrick im Gewand einer Heldentat abnimmt. Lei der haben Sie daraus nichts gelernt, sonst würden Sie jetzt nicht noch weitere Vergünstigungen
für die freien Schulen wie die Möglichkeit zur Teilnahme an Lehrerfortbildungen streichen, obwohl all dies in der Verein barung vom Dezember gar nicht enthalten war.
Meine Damen und Herren von Grün-Rot, Sie sollten Ihrem Taschenspielertrick zur Degradierung der freien Schulen nicht noch einen weiteren drauflegen, sondern den Gesetzentwurf dazu nutzen, um diesen im Sinne eines fairen Wettbewerbs der Schulen – der staatlichen wie der freien – zu korrigieren.
Nach Überzeugung der FDP/DVP sind klare und faire Rah menbedingungen die Voraussetzung für einen stabilen Schul frieden in Baden-Württemberg. Schaffen Sie deshalb im Rah men des Gesetzgebungsverfahrens faire Zugangsmöglichkei ten für die freien Schulen zur Förderung von Ganztagsbetreu ung, Schulsozialarbeit und Inklusion, und verzichten Sie da rauf, die sogenannten Doppelfördertatbestände für die freien Schulen auf einseitige und unfaire Weise auszulegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen in der Aussprache keine weiteren Wort meldungen vor. Damit ist die Aussprache beendet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/5839 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Bevor wir in die Mittagspause eintreten, gebe ich noch be kannt, dass der Landesjugendring vorn im Foyer die Ab schlussveranstaltung zur Sommerkampagne durchführt.