Protokoll der Sitzung vom 27.07.2011

degradiert wurde, herrscht ein Schweigegelübde.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Schwere Vorwürfe! – Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

Elektromobilität ist jetzt Sache des personell aufgespeckten Verkehrsministeriums. Die Landesagentur verliert an Bedeu tung. Hoffnung macht mir das nicht.

Aber vielleicht fließt ja die ganze Energie, die der Verkehrs minister in die Verhinderung von Stuttgart 21 steckt, in die Elektromobilität.

(Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das konnte man bei Ihnen nicht in jedem Fall behaupten! – Beifall des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE – Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

Unser Land muss Motor der Innovationsforschung im Bereich der Elektromobilität werden. Wir dürfen den Anschluss nicht verlieren. Unsere Unternehmen und unsere Beschäftigten müs sen darauf vertrauen,

(Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

dass Regierung und Politik sie unterstützen. Dieses Vertrau en, Herr Ministerpräsident, haben Sie trotz aller Lippenbe kenntnisse enttäuscht.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Oh!)

Verdienen Sie sich dieses Vertrauen zurück durch einen Schul terschluss mit unseren Unternehmen und den Beschäftigten. Sie stehen in einem beinharten, weltweiten Kampf um den neuen Markt Elektromobilität. Dabei müssen auch die klei nen und mittleren Zulieferbetriebe an einer Landesförderung partizipieren und Anreize für eine Verbesserung ihrer techno logischen Leistungsfähigkeit erfahren.

Herr Ministerpräsident, das Patent mit der Nummer 37435 ist im Mai dieses Jahres in das Register des Weltkulturerbes auf genommen worden. Es wäre wichtig, dass die Impulse für neue Antriebsaggregate wiederum aus unserem Land kom men – ohne ideologische Scheuklappen und ohne Fixierung auf eine technologische Monokultur.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sehr gut!)

Vielleicht wird es bei uns wieder ein Patent geben, das eine neue Zeit einläutet. Springen Sie, Herr Ministerpräsident, über Ihren grünen Schatten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht jetzt Frau Abg. Lindlohr.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Lie ber Kollege Grimm, lieber Kollege Löffler, nach Ihren Reden

habe ich den Eindruck, dass Sie heute Nacht schlecht geschla fen haben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich glaube, in Ihren Träumen scheint die neue, grün-rote Ko alition allmächtig zu sein,

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Noch nicht!)

und Baden-Württemberg steht zugleich noch kurz vor dem Abgrund.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wir sind einen Schritt wei ter!)

Meine Herren, ich kann Sie beruhigen: Weder das eine noch das andere ist der Fall. Ich schlage Ihnen vor, morgen, wenn die Sommerferien beginnen, einfach einmal in Ruhe auszu schlafen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Dann werden Sie nicht mehr vom Alb geplagt sein, und wir, die Koalition, werden einfach in Ruhe unsere landespoliti schen Schwerpunkte bearbeiten.

Lieber Kollege Grimm, ich habe aus Ihrer Rede eine gewisse Nichtwertschätzung für gute und effiziente Mittelklassefahr zeuge vom Standort Baden-Württemberg vernommen. Ich glaube, das haben Sie nicht wirklich ernst gemeint. Wir schät zen auch die Mittelklassefahrzeuge, die in Baden-Württem berg Arbeitsplätze sichern und hier produziert werden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg ist ein Auto mobilstandort von Weltrang. Die industriellen Kernkompe tenzen in unserem Land liegen in der Automobilindustrie – klar – und im Maschinenbau. Es ist unser Ziel als grün-rote Koalition, diesen beiden Kernbranchen die Rahmenbedingun gen zu verschaffen, mit denen sie weiter erfolgreich sein kön nen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das glaubt keiner!)

Wir konzentrieren unsere Wirtschaftspolitik vom Technolo gietransfer bis hin zur Außenwirtschaftsförderung auf die vier Kompetenzfelder, die der Innovationsrat der alten Landesre gierung bereits aufgegeben hat und die wir jetzt umsetzen. Nicht umsonst ist eines der vier Themen die nachhaltige Mo bilität.

Wenn wir den Automobilstandort betrachten – das klang hier schon an –, zeigt sich: Wir produzieren hier nicht in erster Li nie für uns, sondern für den Weltmarkt.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: So ist es!)

Die deutsche Automobilindustrie hatte laut Verband der Au tomobilindustrie im letzten Jahr eine Exportquote von sagen haften 76 %. Als die Weltkonjunktur darniederlag, haben wir schon alle gemerkt, dass das auch eine Schwierigkeit darstellt. Aber sie gehört zum Automobilstandort dazu.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es wichtig, dass wir diese Debatte vor dem Hintergrund der globalen Ent wicklung führen. Darauf kommt es an, wenn wir Arbeitsplät ze in Baden-Württemberg sichern wollen, und nicht auf das Klein-Klein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die globalen Entwicklungen sind: Immer mehr Menschen wohnen in Megacitys, das Erdöl wird immer teurer, und die Weltgemeinschaft versucht, die Klimaerwärmung zu bremsen und CO2 zu sparen.

Was heißt das für den Automobilstandort? Nehmen wir ein mal den Ölpreis. Gestern betrug er etwa 113 Dollar pro Bar rel auf dem Weltmarkt – eine früher unvorstellbare Zahl. Es ist angesichts dieser Entwicklung ganz offensichtlich nicht klug, technologisch nur auf den Verbrennungsmotor zu set zen. Aber genau das haben wir in der Wirtschaftspolitik der letzten 30 Jahre hier von den CDU-geführten Landesregierun gen erlebt. Das muss ich einfach sagen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

Die mobile Brennstoffzelle immer ein bisschen mitzufördern, wie das seit Lothar Späth die Praxis war, hat hier industriepo litisch offenkundig gar nichts gebracht. Oder sehen Sie irgend wo eine veritable Brennstoffzellenindustrie, die hier Arbeits plätze sichert? Das ist nicht der Fall. Die Elektrifizierung des Automobils war bei den früheren Regierungen lange nicht auf dem Schirm, und die Landesagentur für Elektromobilität ar beitet seit gerade einmal einem Jahr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir von Grün-Rot gehen das Thema beherzt an. Wir wissen, dass die Zulieferindustrie vor einem gewaltigen Umbruch steht, wenn sich der Antriebs strang in Richtung Elektrifizierung verschiebt. Wir wissen, dass der von Grün-Rot beschlossene Wirtschaftsschwerpunkt „Nachhaltige Mobilität“ viel mehr bedeutet als nur Elektro autos.

Diese Koalition wird die Landesinitiative Elektromobilität neu aufstellen.

(Zuruf von der CDU: Das fürchte ich!)

Wir legen Wert darauf, dass wir dabei alle Schnittstellen zwi schen nachhaltiger Mobilität und der Energiewende, die jetzt zu leisten ist – auch mit Beschluss aus Berlin –, bearbeiten. Die Elektrifizierung des Autos müssen wir in Baden-Würt temberg als Exportstandort angesichts der Weltnachfrage be setzen. Denn überall auf der Welt steigt der Ölpreis.

Aber für den Klimaschutz hier bei uns in Baden-Württemberg und auch dort, wo die Autos dann fahren, ist mit der bloßen neuen Antriebstechnologie noch fast gar nichts erreicht. Nach den Berechnungen des Öko-Instituts mit einer Well-to-WheelsBetrachtung sind es für den heutigen Flottenverbrauch der Pkws in Deutschland beim heutigen Strommix vielleicht 10 bis 15 g CO2 pro Kilometer, die bei einer Übertragung auf heu te überhaupt nur eingespart werden können.

Das reicht aber nicht. Wir begrüßen es daher, dass sich unse re Automobilindustrie das Downsizing auf die Fahnen schreibt

und ihre Chancen bei leichteren und effizienteren Fahrzeugen nutzen will. Wir müssen hier unsere Anstrengungen verstär ken, damit der Verkehrssektor zum Klimaschutz beiträgt. Selbst die letzte schwarz-gelbe Landesregierung wollte 27 % weni ger CO2 im Verkehrssektor bis zum Jahr 2020 erreichen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der CDU: Immerhin!)

Das haben Sie kurz vor der Wahl noch in das „KlimaschutzPlus“-Programm hineingeschrieben. Sie haben dann zwar nichts mehr unternommen, aber immerhin: Das Ziel gab es schon.