Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

Sehr geehrter Herr Locherer, ich verstehe Ihre Sicht der Dinge. Aber Fakt ist: Unser Land wirtschaftsminister in Baden-Württemberg heißt Bonde. Er hat in diesem Punkt einen tollen Job abgeliefert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Martin, du bist doch normalerweise nicht so realitätsfern!)

Wir müssen auch einmal genau schauen, um welche Bereiche es geht und wie dieser Erfolg möglich war. Er war dadurch möglich, dass es durch Nachverhandlungen gelungen ist, für den Hektar in Baden-Württemberg eine genauso hohe Wer tigkeit anzurechnen wie überall sonst in Deutschland. Das hat für uns eine massive Absicherung in der ersten Säule bedeu tet. Zugegebenermaßen gab es dazu einen Fehler in der letz ten Verhandlungsrunde. Darum hat man das „heraushauen“ können. Aber das ist die Grundlage.

Dieser Erfolg hilft uns heute sehr. Dass diese Gelder nun vor handen sind, ist die Grundlage dafür, dass wir freudig in die Zukunft schauen können. Ich muss ehrlich sagen: Das war nicht zu vermuten. Wenn letztlich die befürchteten Verände rungen nicht eintreten, dann ist das ein Erfolg, bei dem ich das zuständige Haus für die tolle Arbeit – nicht nur im Parlament, sondern auch in der Agrarministerkonferenz – nur loben kann. Das war eine gute Arbeit, eine wunderbare Zusammenarbeit.

(Beifall des Abg. Paul Locherer CDU)

Was jetzt noch fehlt – das muss man an diesem Punkt auch sagen –, ist, dass der Bund die Mittel, die er in Brüssel spart, einbringt, indem er der gemeinsamen Forderung aller Bun desländer nachkommt, 200 Millionen € mehr in die GAK ein zubringen und den Ländern zukommen zu lassen, damit die se die Mittel für die politischen Zielsetzungen einsetzen kön nen. Das fehlt. Darauf muss man hinweisen.

(Beifall bei den Grünen)

Zur Umsetzung sage ich noch einmal: Aus meiner Sicht finan ziert die erste Säule der Agrarpolitik – um das bildlich auszu drücken – die Agrarbetriebe, die landwirtschaftlichen Fami lienbetriebe. In der zweiten Säule entscheidet sich die Zu kunft. Deswegen war für uns bedeutsam, dass die zweite Säu le weiter ausgebaut wird und dass dort die nötigen Mittel be reitstehen, um die Betriebe zukunftssicher zu entwickeln. Das europäische Geld ist gesichert. Das Landesgeld ist zugesagt. Wenn der Bund jetzt noch seinen Beitrag erbringt, können wir in den nächsten sechs, sieben Jahren erfolgreich Agrarpolitik gestalten.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Rita Haller- Haid SPD)

Ich möchte an dieser Stelle nochmals erwähnen: Es gab im mer wieder Irritationen, weil das MEKA-Programm, das Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleichsprogramm, zum FAKT-Programm geworden ist. Das war einfach eine Frage der Zeit. Ich möchte noch einmal betonen und für die Kollegen deutlich machen: Das bedeutet nicht eine Kritik am MEKA, sondern eine Fortentwicklung. MEKA war ein Aus gleichsprogramm mit sozusagen marktwirtschaftlich eher re duzierender Geste. FAKT ist ein Programm – –

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Genau. Derjenige, der das MEKA eingeführt hat, hieß Wei ser. Er hat das toll gemacht. Aber leider wurde es zwischen zeitlich zu wenig nachjustiert, Herr Bullinger. Natürlich war dies ein tolles Programm. Aber man muss auch das beste Pro gramm immer wieder einmal modernisieren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Schauen wir einmal, was noch fehlt und angegangen werden muss. Wenn man sich die Auswirkungen anschaut, ist Folgen des festzustellen: Bei allen flächenbezogenen Programmen wie der Landschaftspflegerichtlinie und dem Programm FAKT ist eine entsprechende Ausstattung vorhanden. Wir haben für das Agrarförderprogramm wirklich sehr gute Bedingungen. Wir haben es den Notwendigkeiten entsprechend nachjustiert. Das Diversifizierungsprogramm kann sich sehen lassen und bietet den Betrieben Möglichkeiten zur Gestaltung der Zu kunft. Wenn man das in der Summe betrachtet, kann man sa gen: Diese Landesregierung hat die Zukunft der landwirt schaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg, was den politi schen Teil anbetrifft, gesichert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Als letzten Punkt möchte ich die Beratung benennen. Die Um stellung der Beratung ist kein einfaches Thema. Wir sind da noch nicht am Ende des Tages. Aber das Entscheidende, was geleistet wurde, ist Folgendes: Wir haben im Zuge der Um

stellung der Beratung die Mittelausstattung von knapp 2 Mil lionen € auf etwa 4 Millionen € nahezu verdoppelt. Ich glau be, das Entscheidende ist, dass die Initiative und das private Unternehmertum der landwirtschaftlichen Betriebe durch die se Maßnahmen gestützt wird. Wir haben damit einen wesent lichen Schritt zum Fortbestehen sowie zur Verbesserung und Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe getan.

Zum Schluss möchte ich feststellen: Wir haben ein wirklich tolles Erfolgsprogramm. Trotzdem muss man als Agrarpoliti ker an dem Punkt, an dem wir heute stehen, mit ein wenig De mut schauen, was auf uns zukommt.

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Hahn, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rombach?

Bitte, Herr Kollege Rombach.

Kollege Hahn, in der Tat ist Be ratung ein wichtiger Punkt. Da bin ich mit Ihnen einig.

(Zurufe: Mikrofon! – Abg. Wolfgang Reuther CDU: Sprich einfach lauter! – Der Redner biegt das Mikro fon zur Seite. – Unruhe)

Die Mittelanpassung wird geschätzt; das ist in der Tat so. Die Frage ist aber: Sind Sie mit mir einig, dass die Effektivität der entscheidende Punkt ist, nicht die Mittelerhöhung? Und sind Sie weiter mit mir einig, dass damit bestehende Beratungsrin ge, die praktisch funktionieren, zerschlagen werden?

Ich möchte Sie bitten, wenn Sie eine Zwischenfrage stellen, nicht an den Mikrofo nen herumzuspielen. Diese werden zentral eingeschaltet. Wenn man daran herumfuchtelt, funktionieren sie nicht. Da rauf möchte ich im Hinblick auf zukünftige Fragen hinwei sen.

(Heiterkeit – Beifall der Abg. Muhterem Aras und Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Bitte, Herr Kollege Hahn.

Herr Kollege Rombach, natür lich werden die Beratungsdienste nicht zerschlagen. Zwar wird ihnen durch diese Neuorganisation eine Veränderung ab verlangt, aber natürlich will niemand die „Profiliga“ der ba den-württembergischen Beratung zerschlagen. Wir stehen da zu, dass die Beratungsdienste die Grundlast tragen. Neben der Offizialberatung tragen die Beratungsdienste die Grundlast. Wir wollen sie sichern und beim Umbau hin zu den neuen For men begleiten. Von wegen zerstören! Das ist zentral.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Natürlich sagen alle bei jeder Veränderung – das wissen wir; wir sind alle alt genug –: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Das ist natürlich auch bei der Veränderung der Ag rarberatung so. Hier heißt die Veränderung Umstellung. Da müssen für die Kofinanzierung aus Brüssel andere Dinge ge

währleistet werden. Das bringt Veränderungsbedarf, dem wir nicht ohne Weiteres gerecht werden können.

Zum Schluss will ich noch Folgendes sagen – das liegt mir auf der Seele –: Der Teil, den wir in Baden-Württemberg ag rarpolitisch leisten können, läuft aus meiner Sicht hervorra gend. Trotzdem muss man aktuell sehen, dass für uns die Si tuation am Milchmarkt wirklich bedrohlich ist.

(Abg. Paul Locherer CDU: Und Obst!)

Bei Obst ist es eine andere Situation. Darum mag ich diese beiden Bereiche jetzt nicht zusammen im Munde führen.

Aber beim Milchmarkt sehen wir jetzt, dass die Liberalisie rung – das sage ich ganz klar und eindeutig –, die Auflösung der Quote, zu einer Mehrproduktion führt, und das in einer Si tuation, in der Russland seinen Markt zumacht. Natürlich sind wir weltmarktmäßig vernetzt, aber diese Liberalisierung war aus meiner Sicht ein falscher Schritt. Das wird uns in den nächsten Jahren ganz viel Sorgen bereiten. Durch solche Ein flüsse wird natürlich alles das, was man gut macht, stark re lativiert. Daher muss man als Politiker sagen: Wir haben un sere Arbeit gemacht, aber wir können nicht alles richten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Reusch-Frey das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Her ren! Dieser Tagesordnungspunkt betrifft im Kern das Herz der Landwirtschaft in Baden-Württemberg, nämlich die Zukunft der bäuerlichen Familienbetriebe. Deshalb möchte ich darauf eingehen und darlegen, was wir in Baden-Württemberg für die bäuerlichen Familienbetriebe tun.

Das ist zum einen die neue Regelung der gestaffelten Förde rung zugunsten kleiner Betriebe. Wer bis zu 30 ha bewirt schaftet, bekommt einen Zuschlag von 50 € pro Hektar. Wer dann weitere 16 ha bewirtschaftet, bekommt einen Aufschlag von 30 € pro Hektar. Damit werden die Betriebsflächen bis 46 ha bei den Direktzahlungen bessergestellt.

Wie breit diese Maßnahme greift und in die Familienbetriebe im Land hineinwirkt, macht eine einzige Zahl deutlich, näm lich, dass damit 70 % der landwirtschaftlichen Flächen bei uns in Baden-Württemberg zulagenberechtigt sind. Das ist ein sehr hoher Anteil. Das zeigt, dass hier für die bäuerlichen Famili enbetriebe etwas getan wird,

(Abg. Karl Rombach CDU: 100 %!)

dass eher die kleineren Betriebsgrößen profitieren. Das ist gut für unser Land und für die baden-württembergische Landwirt schaft.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Klar muss auch gesagt werden, dass unrentable Betriebe al lein durch diese Förderung nicht rentabel werden. An Struk

turanpassungen werden wir nicht vorbeikommen. Auch in Zu kunft wird es Strukturanpassungen geben. Gerade deshalb möchte ich das Augenmerk auf die einzelbetriebliche Förde rung, also auf die Fortführung des Agrarförderprogramms, richten. Wir müssen aus strukturellen Gründen die zukunfts fähigen Betriebe in ihrer Weiterentwicklung unterstützen und sie bei ihren Investitionen fördern. Das ist für uns gar keine Frage, sondern ist elementarer Bestandteil unserer Agrarpoli tik für eine erfolgreiche bäuerliche Landwirtschaft in unserem Land.

Dazu müssen wir eine weitere Grundlage legen – sie ist vor hin schon angesprochen worden –: Ganz zentral ist für uns ei ne umfassende und ganzheitliche Beratung. Das bestehende Beratungskonzept entwickeln wir weiter und richten es neu aus. Marktentwicklung, Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbs fähigkeit gehören ebenso dazu wie Ressourceneffizienz, Ener giebilanz, Klimaschutz und das ökologische Potenzial der ein zelnen Betriebe. Mit diesem neuen Beratungsbündel schaffen wir eine Grundlage für die Zukunftsausrichtung der landwirt schaftlichen Familienbetriebe.

Zukunftsfähig ist ein Betrieb nur dann, wenn er einen Hof nachfolger hat. Wir unterstützen deshalb mit der Förderung von Junglandwirten den Generationswechsel auf den Höfen. Junglandwirte bekommen in den ersten fünf Jahren nach der Hofübernahme zusätzlich über 40 € pro Hektar für die ersten 90 ha. Das ist ein wichtiger Anreiz zur Hofübergabe an die junge Generation und gleichzeitig ein politisches Signal, dass wir junge Landwirte in unserem Land brauchen und fördern.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf von der SPD: Sehr gut! – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege ReuschFrey, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Rombach?