Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir haben in diesem Land die größte Baustelle Europas. Es ist eine Verkehrsbaustelle. Ich möchte nochmals daran erin nern: Stuttgart 21 wird – allen Unkenrufen zum Trotz – ge baut.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Der Verkehrsminister ist vielleicht nicht erfreut, aber er han delt rechtsstaatlich korrekt, was seine Aufgabe ist.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Wie viele Umfragen brau chen wir da noch?)

Wir brauchen gar nichts mehr, das läuft; das haben wir ja schon einmal deutlich gemacht. Die Schnellbahnstrecke wird gebaut, sie scheint sogar kostengünstiger zu werden. Das macht diese Regierung. Sie fördert es, weil sie der Meinung ist, wir brauchen Verbesserung im Bereich der Schiene und der Straße, und bringt entsprechende Projekte voran. So ist es nicht nur bei Stuttgart 21, nicht nur bei der Schnellbahntras se. Wir führen das fort, was Sie begonnen haben, aber inten siv. Für die Rheintalbahn gibt es Zuschüsse vom Land,

(Abg. Nicole Razavi CDU: Was gibt es?)

es gibt Zuschüsse für die Südbahn, alles etatisiert. Das Prob lem ist nicht das Land, das Problem sind der Bund, der hier nicht vorankommt, und der Bundesverkehrsminister.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf von der SPD: Genau, das ist die CSU!)

Zur Erinnerung – weil auch der vorher zitierte Abgeordnete davon betroffen ist –: Bei der Gäubahn geht es ja nun wirk lich nicht um große Millionenbeträge. Aber es ist ungemein ätzend – das kann man nicht mehr anders formulieren –, wie zäh sich das alles hinzieht, bis der Bund bereit ist, die kleinen Millionenbeträge hierfür dem Land zur Verfügung zu stellen.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Das ist das Dilemma: Alles dauert ewig, bis wir vorankom men, und das ist beileibe nicht die Schuld und das Versäum nis dieser Regierung. Wir stehen Gewehr bei Fuß. Was fehlt, ist sehr, sehr häufig, dass der Bund das Geld gibt.

(Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Herr Schwarz hat es erwähnt: Der Bund gibt uns derzeit ja nicht einmal die Genehmigung für Neubeginne von Straßen.

(Zurufe von der SPD)

Man hat fast schon den Eindruck, das geschieht deshalb nicht, damit Sie sagen können: Minister Hermann baut nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Martin Ri voir SPD: Genau!)

Zwischen Ursache und Wirkung muss man da kräftig unter scheiden.

Zur Erinnerung: Wir haben allein Straßenbauprojekte im Ge samtvolumen von 11 Milliarden € für den Bundesverkehrs wegeplan angemeldet. Das hält Sie nicht davon ab, zu behaup ten, wir wollten keine Straßen bauen. Da fragt man sich manch mal, ob Sie überhaupt noch lesekundig sind. Was motiviert Sie, mit diesen falschen Thesen durch das Land zu marschie ren? Wir haben zusätzlich, damit diese kleine Panne aus dem letzten Jahr nicht mehr vorkommt, die Verfügungsmittel von 60 auf 100 Millionen € erhöht, sodass gesichert ist, dass an gebotene Bundesmittel vollständig abgenommen werden kön nen; da passiert nichts mehr.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Schauen wir einmal!)

Angesichts der fortgeschrittenen Zeit brauche ich gar nicht al les zu wiederholen. Ich möchte zeitlich auch nicht manchen Minister überholen, der heute schon geredet hat.

(Heiterkeit bei der SPD)

Herr Schwarz hat es erwähnt: Zu Beginn dieses Jahrhunderts gab es unter Ihrer Regierung keine ausreichenden Haushalts mittel für den Verkehrsbereich; es wurde wenig investiert, das wenige wurde noch fremdfinanziert, und wir müssen heute daran bluten – also eine doppelte Malaise, die Sie da hinter lassen haben. Wir gehen finanziell solide Wege, um dieses Land – den Mittelstand, die Industrie in unserem Land, die ländlichen Räume, natürlich auch die Ballungszentren – vor anzubringen.

Stichwort Ballungszentren: Ich glaube nicht, dass man noch große Freude daran findet oder überhaupt Möglichkeiten hat – von Ausnahmen abgesehen –, in den Ballungszentren Stutt gart, Rhein-Main, Karlsruhe etc. den Straßenbau auszuwei ten. Das geht flächenmäßig einfach nicht, der Raum ist hier begrenzt. Deswegen setzen wir darauf, dass die Mobilität mit hilfe des ÖPNV, des SPNV und auch eines verbesserten Rad wegesystems unterstützt wird. Dazu braucht man nun einmal Geld. Wir stellen aus eigenen Mitteln 80 Millionen € für den SPNV bereit, um die fehlenden Regionalisierungsmittel zu kompensieren. Das ist eine ungemein große Menge Holz.

(Zuruf von der SPD: Geld, nicht Holz!)

Wir machen das, um die GVFG-Projekte voranzubringen – trotz Bedenken des Rechnungshofs, trotz Bedenken der CDU. Diese hat gesagt, da dürfe man die Oberbürgermeister, die Landräte nicht ins Unglück stürzen. Ja, meine Damen und Herren, wir, die SPD, sind die Partei der Landratsversteher. Wir sagen, die werden das Risiko schon schultern können, während Sie Zweifel an Ihren eigenen Kolleginnen und Kol legen in Ulm, Tübingen oder Reutlingen haben, was die Re gionalstadtbahn betrifft.

Noch einmal zu den viel zitierten Radwegen: Wir haben ei nen enormen Nachholbedarf. Es wird ganz deutlich, worin wir

uns unterscheiden: Für Sie waren und sind Radwege offen sichtlich ein Anhängsel des Straßenbaus. Das sehen wir an ders. Für uns sind Radwege eine eigene Infrastruktur. Wir ha ben die Straße, wir haben die Schiene und die Radwege.

(Zuruf: Fußwege!)

Weil dieses Radwegenetz im Land einen Torso mit Lücken darstellt, haben wir auch dank Martin Rivoir ein Lücken schlussprogramm aufgelegt. Damit sind wir insbesondere auch Forderungen von Bürgermeistern aus Ihren Reihen ge recht geworden, ein durchgehendes Radwegenetz zu ermög lichen.

Das brauchen wir auch deswegen, weil die Technologie der Fahrräder massiv fortschreitet. Sie werden schneller. Hinzu kommen die Elektrofahrräder.

(Abg. Karl Klein CDU: Fährt den Buckel hoch!)

Was meinst du, Karl?

(Abg. Karl Klein CDU: Fährt den Berg hoch!)

Natürlich. – Die Menschen werden immer trainierter. Das Elektrofahrrad eröffnet völlig neue Optionen, um den Anteil des Radverkehrs insgesamt zu erhöhen. Hierfür brauchen wir separate Wege. Radwege zu bauen ist ökologisch und ökono misch in jeder Hinsicht richtig. Deswegen werden wir diesen Weg beschreiten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Ich möchte meine Redezeit nicht ganz ausnutzen. Zusammen fassend möchte ich deshalb sagen: Vor dem Hintergrund des sen, was wir vorgefunden haben, haben wir den Hebel umge legt nach dem Motto: Vorrangig sanieren wir. Wir bauen aus, wenn dies notwendig ist und wenn wir die erforderlichen Mit tel haben. Dazu stellen wir eigenes Personal zur Verfügung, weil wir Vertrauen in die Menschen in diesem Land haben. Wir haben Vertrauen, dass unsere Beschäftigten mit guten Pla nungen ein gutes Verkehrsnetz ausbauen und weiterentwi ckeln.

Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Sascha Binder SPD: Sehr gut, Hans-Martin!)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mobilität und die dazugehörige Infrastruktur sind Grund voraussetzungen unseres heutigen Zusammenlebens....

(Zuruf von der SPD: Das ist aber ein schöner Satz!)

Unser Land, seine Menschen und die Wirtschaft sind da rauf angewiesen, auch morgen und übermorgen schnell, sicher und bequem zur Schule oder zum Arbeitsplatz zu gelangen, Güter und Waren zu transportieren oder zu rei sen.

So steht es im Bericht des MVI zum Staatshaushaltplan. Den noch hat man das Gefühl, dass sich Baden-Württemberg zum Radverkehrsland Nummer 1 entwickelt. Werfen wir einmal einen Blick auf die Verhältnismäßigkeit. Im nächsten Jahr werden 27,5 Millionen € für den Radverkehr zur Verfügung gestellt. Das kann man machen. Der Landesstraßenbau wird aber im Verhältnis dazu nicht angemessen weiterentwickelt.

Für den Neubau haben Sie mit dem Nachschlag jetzt 50 Mil lionen € vorgesehen. Im Hinblick auf die heute schon mehr fach genannten extremen Steigerungen bei den Steuereinnah men sind das sicherlich nicht die Dimensionen, die man beim Radwegebau vorgesehen hat.

Sparen heißt, Geld, das man hat, nicht auszugeben. Wenn man aber die Kreativität beim Landesstraßenbauhaushalt sieht, dann kann man eher vermuten, dass es Ihnen darum geht, Geld, das Sie nicht haben, nicht auszugeben. Das ist so ähn lich, wie es früher einmal bei der Mengenlehre gelehrt wur de. Das ist aber schon einige Jahre her.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Ich hatte Mengenlehre!)

Stellen wir uns einmal eine Kasse mit 100 € vor, aus der Sie 300 € herausnehmen. Dann müssen Sie 200 € einzahlen, da mit nichts mehr in der Kasse ist.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ich kann eine Menge, die nicht vorhanden ist, nicht entfernen! – Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

So ähnlich ist das bei der Darstellung des Erhaltungsbereichs im Landesstraßenbauhaushalt. Sie hatten für dieses Jahr einen Planansatz von 125 Millionen €. In den Entwurf des Staats haushaltsplans haben Sie 80 Millionen € hineingenommen. Jetzt lassen Sie sich dafür feiern, dass Sie 40 Millionen € da zugeben, obwohl das immer noch weniger ist als das, was für dieses Jahr drinstand. So ähnlich ist das mit der Mengenleh re. Offensichtlich hat damals jemand sehr genau aufgepasst, wie das mit der Mengenlehre funktioniert.