Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem vorliegen den Haushaltsplan geben wir Antworten auf eine ganze Rei he weiterer aktueller Herausforderungen.

Streuobstbau: Der Zustand vieler Streuobstwiesen lässt sehr zu wünschen übrig. Wir unterstützen deshalb mit einem neu en Programm den Baumschnitt mit 1,3 Millionen € in den kommenden Jahren.

Bildung: Wir stärken die Bauern, Winzer, Obstbauern, Schaf halter usw. in unserem Land

(Abg. Karl Rombach CDU: Schafhalter! Weideprä mie!)

durch eine hervorragende Bildungs- und Fortbildungsarbeit in unseren Landeseinrichtungen und Landesanstalten.

Weil uns gute Bildung in der Breite wichtig ist, haben wir den CDU-Antrag zur zusätzlichen Stärkung der Erwachsenenbil dung im ländlichen Raum positiv aufgenommen

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

und schon in die Beschlussempfehlung eingearbeitet.

(Zuruf des Abg. Karl Rombach CDU)

Verbraucherschutz – dieser Aufgabenbereich ist hier noch nicht so oft erwähnt worden –: Der wachsenden Bedeutung des Verbraucherschutzes in unserer stark ausdifferenzierten, globalisierten und digitalen Welt werden wir gerecht, indem wir 1 Million € pro Jahr zusätzlich einsetzen. Liebe Damen und Herren, das kann sich sehen lassen. Das ist ein wirklicher Fortschritt.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Bernd Mur schel GRÜNE – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP)

Tierschutz: Weil wir in den Tieren Mitgeschöpfe sehen, stär ken wir die Forschung, die ohne Tierversuche auskommt, mit je 200 000 € pro Jahr.

Gesunde Ernährung, Frau Gurr-Hirsch: Wir sehen, dass sich die Koch- und Ernährungsgewohnheiten ändern. Deshalb brin gen wir eine neue Vernetzungsstelle für die Außerhausverpfle gung auf den Weg, und zwar mit zwei Mal 300 000 €.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Sehr gut!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein besonderes An liegen für die SPD ist das Biosphärengebiet Südschwarzwald. Darin steckt eine gute Chance zur umfassenden Weiterent wicklung dieser Gegend. Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb zeigt uns in vorbildlicher Weise, wie es geht. Deshalb Gratulation hinauf auf die Schwäbische Alb!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir Sozialdemokraten rechnen mit einem ebenso großen Er folg im Südschwarzwald. Deshalb fördern wir diesen Prozess.

Wir wollten – jetzt genau zuhören! – dieses Biosphärengebiet gemeinsam mit den Gemeinden. Auf das Miteinander legen wir allergrößten Wert. Wir gehen vor Ort und nehmen gern die Ideen der Menschen vor Ort auf.

Viele Kommunen stehen schon in den Startlöchern, doch nicht überall ist der Prozess ganz abgeschlossen. Umso wichtiger ist es für uns, dass wir mit dem Landeshaushalt ein klares Zei chen in die Zukunft setzen. Wir verdoppeln die Zahl der Per sonalstellen für die Biosphärengebiete von bisher sieben auf 14. Damit sind wir glaubwürdig, handlungsfähig und schaf fen die Voraussetzung für ein zweites international ausge zeichnetes und von der UNESCO anerkanntes Biosphärenge biet. Es wäre ein Gewinn und eine Auszeichnung für unser ganzes Land.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem National park Schwarzwald sind wir auf einem guten Weg. Die Besu cherzahlen haben sich innerhalb eines Jahres verdoppelt. Ei nen besseren Beweis gibt es nicht. Der Naturschutz zeigt uns außerdem, dass wir mit dem Gebiet richtig liegen und von ei nem noch viel größeren Potenzial bedrohter Arten ausgehen müssen. Das zeigt auch der Fund der Zitronengelben Trame te. Sie hat ja gestern Karriere gemacht.

Der Nationalpark Schwarzwald hat das Zeug dazu, ein Erfolg zu werden. Das Team auf dem Ruhestein macht eine hervor ragende Aufbauarbeit, und auch der Nationalparkrat arbeitet konstruktiv. Der Freudenstädter Landrat und Vorsitzende des Nationalparkrats, Klaus Michael Rückert – ein Mann vor Ort, ein Mann, der in der Materie drin ist und der CDU angehört –, sagt: Das Konzept stimmt.

Dann ist es schon etwas seltsam, wenn man es in Stuttgart in der CDU-Fraktion besser zu wissen meint und von einer Bil ligvariante mit dem Sparetikett „Bürgernationalpark“ spricht. Schade, denn das bringt uns überhaupt nicht weiter.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Wir wollen einen richtigen, einen echten Nationalpark und nichts anderes. Jedenfalls setzen wir mit dem neuen Doppel haushalt den Nationalpark weiter auf die Erfolgsspur und stat ten ihn mit den notwendigen Mitteln aus.

Claus Schmiedel zeigt, was gefragt ist und wie es geht. Er en gagiert sich für verschiedene Tierreservate beim Nationalpark. Das ist konstruktiv und weiterführend und passt zu diesem Projekt mit UNESCO-Auszeichnung.

(Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir geben mit dem Haushaltsplan für die nächsten beiden Jahre zukunftweisen de Antworten auf aktuelle Herausforderungen. Damit können wir den ländlichen Raum weiterentwickeln, einen Beitrag für die Landwirtschaft in diesem Land und den Erhalt unserer Kulturlandschaft leisten wie auch das Tierwohl fördern und all das unterstützen, was dem Boden, dem Wasser, der Luft und dem Klima guttut.

Ein Kompliment an dieser Stelle an Minister Bonde für das, was wir in Berlin und in Brüssel für die Bauern und die länd

lichen Räume in unserem Land erreicht haben. Das ist mehr, als man erwarten konnte. Dieser Haushalt hat unsere Zustim mung verdient.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst eine Vor bemerkung: Viele Dinge, die vor allem Paul Locherer gesagt hat, will ich nicht wiederholen, weil ich die Zeit dafür ver wenden möchte, auch einmal einen Blick darüber hinaus zu werfen. In etwa der Hälfte meiner Redezeit möchte ich hier noch ein paar Tatsachen und Rahmenbedingungen erwähnen. Denn Baden-Württemberg ist im Bereich der Agrarpolitik, der europäischen Agrarpolitik, der Verbraucher, des ländlichen Raums im Wettbewerb alles andere als eine Insel der Seligen, um die ein Zaun herum ist. Hier bestehen hervorragende Ver hältnisse – das ist alles richtig –, aber wir können nicht so tun, als wären wir allein auf der Welt.

Die Vorzeichen der Neuausrichtung der Agrarpolitik – auch der neuen Förderperiode – zeigen uns, dass sie mehr in Rich tung Ökologisierung geht. Allerdings sollte man nicht drauf satteln und übertreiben, sondern sollte wissen, dass die Bäu erinnen und Bauern im Wettbewerb stehen. Ich sage es ein mal ganz salopp: Wenn den Betrieben mit einer Durchschnitts größe von um die 34 ha jetzt vielleicht im Schnitt 800 oder 1 200 € mehr an Einkommen übertragen werden – das Wort „Subvention“ ist falsch und war immer falsch –, dann wird klar, dass wir damit die Betriebe langfristig nicht retten kön nen. Das muss man ganz klar sehen.

Deshalb ist beides erforderlich: zum einen die Entlohnung der Landwirtschaft für die Leistungen, die sie bei der Ernährungs produktion und der Bereitstellung von Ernährungsgütern er bringt, und zum anderen für das, was sie für die Kulturland schaft, was sie insgesamt an gesellschaftspolitischen Leistun gen erbringt. Das muss man anerkennen, und deshalb, so glau be ich, muss man hier klar und deutlich ansprechen, dass be stimmte Leistungen entlohnt werden müssen.

Weiter sage ich Ihnen: Man sollte auch die Situation der Land wirtschaft in Baden-Württemberg sehen. Mit Schulterklopfen und einem Dankeschön allein ist eine gerechte Entlohnung der Leistungen der Bäuerinnen und Bauern in Baden-Würt temberg nicht zu erreichen.

Ich möchte auch einiges zur Wertschöpfung sagen. Am letz ten Freitag waren Kollege Burger, Kollege Reusch-Frey und ich beim Junglandwirtekongress in Denkendorf. Der Kongress ist empfehlenswert – auch für alle, die nicht aus der Landwirt schaft kommen. Dort waren 400 junge Bäuerinnen und Bau ern, die wissen, was auf sie zukommt, die bereit sind, die Be triebe zu übernehmen, und die sehr wohl wissen, worauf es ankommt.

Da ging es auch um das Image. Es hat uns drei gefreut, dass die Landwirtschaft mit einem Wert von 44 % nach den Ärz ten und den Lehrern an dritter Stelle in der Gunst der Bevöl kerung steht. In dieser Erhebung der Universität Göttingen wird auch festgestellt, dass die Politiker bei einem Wert von 140 Promille – das hört sich besser an – stehen.

Was allerdings auch wichtig ist: Wir haben dort erfahren, dass die „Journaille“, die schreibende und berichtende Zunft, auf einen Wert von 6 % kommt. Daran sollte diese Zunft einmal denken, wenn sie über die Landwirtschaft berichtet, meine Damen und Herren.

Ich sage das deshalb, weil – auch das ist in der Studie deut lich geworden – Anspruch und Wirklichkeit beim Kaufver halten der Konsumenten diametral auseinandergehen. Eine Verbrauchsanalyse der Universität Göttingen hat im Juli 2013 gezeigt, dass Verbraucher Idylle wollen, Tierwohl gut finden, jedoch bei Kaufentscheidungen im Supermarkt alles ausblen den, was sie vorher gesagt haben und was sie sich wünschen. 80 % der Konsumenten sind leider immer noch auf Schnäpp chen aus – billig vor Qualität.

Die Verbraucher haben eine gewisse Vorstellung von der Land wirtschaft, eine Sehnsucht nach einer gewissen Agrarroman tik, die eben nicht mit der Wirklichkeit in den Betrieben vor Ort übereinstimmt. Man muss einfach ehrlicher damit umge hen, wie die Landwirtschaft funktioniert. Das beginnt in der Ausbildung, in der Bildung, in den Schulen, überall, aber – wie gesagt – eben nicht in der Boulevard- und Sensationspres se. Das, was man in der Wochenzeitung DIE ZEIT wahrneh men konnte, war beschämend, eine Hetzkampagne gegen die Landwirtschaft, gegen die Veredelungsbetriebe in unserem Land. Ich würde mich schämen, wenn ich das geschrieben hät te.

Etwas Positives gibt es allerdings auch. Da komme ich zum nächsten Punkt, Herr Minister; den sollte man sich vielleicht auch auf der Zunge zergehen lassen. Die „Stuttgarter Nach richten“, die „Südwest Presse“, die „Nürnberger Nachrichten“ haben die Situation sehr nüchtern dargestellt. Die Landwirte im Südwesten verdienen bundesweit am wenigsten – das gilt auch für die letzten vier Jahre, die Jahre Ihrer Regierungszeit. Im Durchschnitt erwirtschaften die Betriebe bundesweit mit 40 894 € ein um rund 27 % höheres Ergebnis als die Betriebe in Baden-Württemberg. Baden-Württemberg ist das Schluss licht bei den Einkommen in der Landwirtschaft – im letzten Jahr 22,5 % weniger beim Weinbau, 14,4 % weniger im Ackerbau, 2,3 % weniger in den Gemischtbetrieben. Das sind ein paar Fakten; die Banken und die Betriebswirtschaft lügen hier nicht.

Diese Beträge sinken gegenwärtig noch weiter. Ich verweise darauf, wie sich die Milchpreise entwickeln, ich verweise auf die beschämenden Preise im Schweinebereich und auf zu gleich steigende Kosten im Energiebereich – okay, ab Januar sind es vielleicht ein paar Cent weniger.

Die Haupterwerbsbetriebe in Baden-Württemberg liegen seit über vier Jahren im Bundesvergleich auf dem letzten Platz. Da wäre es zu billig, Herr Minister, wenn ich sagen würde, daran sei nur die Regierung schuld. Die Struktur ist einfach so, und deshalb muss die Agrarpolitik hier auch die Rahmen bedingungen schaffen, dass die Betriebe investieren, dass die jungen Landwirte bereit sind, die Betriebe zu übernehmen. Wenn sich die jungen Landwirte nur Vorschriften, Verboten und Bürokratie gegenübersehen, wird niemand die Betriebe übernehmen, meine Damen und Herren. Das war auch die Stimmung in Denkendorf.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Die jungen Landwirte haben von Gängelung und Bevormun dung die Nase voll.

Herr Minister, wenn ein Landwirt in Baden-Württemberg Ih nen in der Regierung eine Hand zustreckt und sie dann wie der zurückzieht, hat er an allen fünf Fingern „Ökoschrauben“. Solche Folterwerkzeuge sieht man im Kriminalmuseum in Rothenburg – Pflichtveranstaltung für jeden Juristen aus Würz burg. Wassergesetz, Gewässerrandstreifen, Gründlandumbruch verbot, Nationalpark, Jagd- und Wildtiermanagement, Min destlohn für die Sonderkulturen und die Gastronomie, Arbeits zeitregelungen,

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Bundesgesetz!)

Landesbauordnung etc. – ich könnte gerade so weitermachen. Ich bin der Letzte, der gegen eine naturverträgliche Landwirt schaft wäre, aber wenn man als Unternehmer nicht mehr at men kann, vergeht einem die Lust. Dann werden Sie den Strukturwandel in Baden-Württemberg nicht aufhalten, son dern beschleunigen.

Die Regionalisierung, die Direktvermarktung finde ich gut. Aber das wird eben auch nicht das entscheidende Element sein, um in diesem Wettbewerb innerhalb Deutschlands, aber auch innerhalb Europas – wir haben ja keinen Stacheldraht um Baden-Württemberg; auch der Rhein hält ihn nicht fern – zu bestehen. Das heißt, wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit auch die Vollerwerbslandwirte ihre Unterneh men entsprechend weiterentwickeln können.

Sie haben jetzt vor, das Landesnaturschutzgesetz zu ändern – FFH-Gebiete und Verbandsklagerecht im Tierschutz. Ich sa ge: Wenn Sie da nicht behutsam vorgehen, werden Sie die Be dingungen für die Betriebe in unserem Land weiter verschlech tern, und dann tragen Sie eine Mitschuld am Höfesterben in Baden-Württemberg.