Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Hinderer das Wort.

(Minister Winfried Hermann: In welcher Sprache spricht der?)

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Nicht erst in den Abspann will ich den Dank stellen. Das tue ich jetzt sicher auch im Namen meines Kollegen Manfred Lucha: Namens der SPD-Fraktion und der Grünen danke ich unserer Ministerin Katrin Altpeter und al len Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihrem Haus. Die Frauen und Männer im Ministerium haben im vergangenen Jahr ein enormes Arbeitspensum bewältigt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der grün-rote Koalitionsvertrag wird konsequent zum Wohl der Menschen in unserem Land abgearbeitet. Gemeinsam sind wir gut unterwegs, um die sozialen Herausforderungen zu meistern.

Allein in diesem Jahr wurden drei große Gesetzesvorhaben aus dem Sozialministerium heraus aufs Gleis gesetzt. Diese sind bereits genannt. Alle drei sind Gesetze zu großen und wichtigen sozialpolitischen Entwicklungen, die Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP, während Ihrer Regierungsverantwortung verschlafen, zumindest aber verschleppt haben. Insofern, Herr Kollege Klenk, waren es nicht nur Vorschusslorbeeren, die an die Ministerin herange tragen wurden, sondern es waren hohe Erwartungen. Die Bi lanz kann sich sehen lassen. Wir haben auch hervorragende Rückmeldungen.

Ihnen ist es nicht gelungen – Sie haben das gerade versucht –, jetzt ein bisschen Wasser in den Wein zu gießen. Selbst wenn alles stimmen würde, was Sie an Kritik vorgetragen ha ben – der Wein ist noch ganz schön kräftig. Es ist nicht ein mal eine Schorle daraus geworden.

Mit dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz, mit dem LandesBehindertengleichstellungsgesetz, mit dem Psychisch-Kran ken-Hilfe-Gesetz sorgen wir dafür, dass neben der hervorra genden Wirtschaftskraft unseres Landes auch der soziale Zu sammenhalt ein Markenzeichen für Baden-Württemberg bleibt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Mit diesen Gesetzen sorgen wir dafür, dass alte und pflegebe dürftige Menschen gut versorgt werden, und zwar mitten un ter uns und nicht irgendwohin abgeschoben. Eine Politik für Senioren ist für uns eine Querschnittsaufgabe. Deshalb war es auch richtig, dieses Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz in Kraft treten zu lassen. Natürlich ist es Ordnungsrecht, und mit Ordnungsrecht kann man es nicht jedem recht machen.

Vieles von dem – das haben wir gemerkt, und das wissen wir auch –, was in Sachen WTPG an Kritik vorgetragen wurde, bezog sich im Übrigen überhaupt nicht auf das Landesrecht, sondern es ist an vielen Stellen auch der Frust deutlich gewor den, der über die Pflegeregelungen in der Pflegegesetzgebung im Bund vorherrscht. Es ist auch gut, dass da die SPD wieder mitregiert, denn mit dem Pflegestärkungsgesetz haben wir schon einige Fortschritte erreicht.

Wir nehmen wahr: Das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz wird umgesetzt. Insbesondere ambulante Wohngruppen wer den gerade gegründet, von der Samariterstiftung in Nürtingen aktuell sogar mit sechs Plätzen.

Mit dem Landes-Behindertengleichstellungsgesetz sorgen wir dafür, dass Menschen mit einem Handicap oder mit einer Be

hinderung ihre Rechte besser wahrnehmen und am gesell schaftlichen Leben besser teilhaben können. Wir sorgen da für, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung pass genaue Hilfen bekommen und auch sie zu ihrem Recht kom men.

Alle diese Vorhaben, Kolleginnen und Kollegen, stehen nicht nur im Gesetzblatt. Sie finden ihren Niederschlag auch im Haushalt des Sozialministeriums.

Der am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppe, den Se niorinnen und Senioren, gilt unsere besondere Aufmerksam keit, auch wenn wir hier vergleichsweise wenig Finanzie rungsverantwortung auf Landesebene haben. Trotzdem för dern wir mit dem „Innovationsprogramm Pflege 2014“ zu kunftweisende Projekte in der Altenhilfe mit 3 Millionen €.

Einen weiteren Akzent setzen wir mit unserem Antrag auf je 200 000 € für Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Beschäftigten in der Pflege. Wie wichtig das ist, das wurde uns bereits in den ersten Anhörungen in der Pflegeenquete vor Augen geführt. Gute Pflege braucht gute Arbeit und gute Aus bildung. Schade, dass Sie diesem Antrag im Finanzausschuss nicht zugestimmt haben. Einvernehmen haben wir dagegen wahrgenommen bei unserem Antrag zur Bezuschussung des Landesseniorentags mit 20 000 €. Hier fördern wir das große ehrenamtliche Engagement, das Senioren erbringen.

Nicht nur in der Seniorenpolitik stehen große Herausforde rungen bevor, auch in der Behindertenpolitik wird es enorme Umwälzungen geben. Unser Ziel ist die Gestaltung einer in klusiven Gesellschaft, und dem tragen wir auch mit verschie denen Maßnahmen im Sozialhaushalt Rechnung: 7,5 Millio nen € Investitionskostenförderung für den Umbau der Kom plexeinrichtungen; wir verankern den Landesbehindertenbe auftragten gesetzlich und statten diese Stelle auch angemes sen aus. Beginnend mit dem Jahr 2015 – das wurde schon ge sagt – gibt es zudem die Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung auf der Ebene der Städte und Landkreise.

Herr Klenk, ich sage einfach: Das Ergebnis zählt, egal, ob durch ehrenamtliches oder hauptamtliches Engagement. Sie waren bei der Anhörung dabei. Mit einer Ausnahme – ich glaube, es war der Gemeindetag – haben wir eine sehr große Zustimmung zu diesem Gesetz erhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Die dritte große Initiative, das Psychisch-Kranken-Hilfe-Ge setz, hinterlegen wir ebenfalls mit erheblichen finanziellen Mitteln. Wir verstetigen die Mittelzufuhr für die Sozialpsych iatrischen Dienste; wir erhöhen die Betriebskostenförderung im Maßregelvollzug – hier besteht aus Sicht der Sozialpoliti ker auch in den Folgejahren noch Handlungsbedarf –, und wir erhöhen die Investitionskostenförderung für unsere landesei genen Zentren für Psychiatrie um einige Millionen Euro.

Meine Damen und Herren, ich denke, mit diesen Beispielen kann ich deutlich machen, dass Baden-Württemberg eine gu te Lebensperspektive bietet, auch für Menschen im Alter, für Menschen mit Pflegebedarf, für Menschen, die krank sind oder die ein Handicap haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Wir belassen es aber nicht dabei, sondern wir investieren da rüber hinaus in weitere Bereiche der sozialen Fürsorge. Die Krankenhausinvestitionen wurden bereits genannt. Natürlich können wir uns als Sozialpolitiker, als Gesundheitspolitiker noch mehr vorstellen. Aber ich sage auch dazu: Es gelingt uns zumindest, einen erheblichen Teil des Investitionsstaus abzu bauen, den Sie, werte Kollegen von der schwarz-gelben Sei te, uns hinterlassen haben. Wenn Sie sagen, wir seien noch ein Stück weit von den 600 Millionen € entfernt, dann sage ich: Wir sind viel weiter von dem entfernt, was Sie damals an In vestitionskostenförderung für die Krankenhäuser zur Verfü gung gestellt haben – und zwar liegen wir weit darüber. Und das ist gut so.

Im Bereich der Gesundheitspolitik kommt eine deutliche Er höhung der Mittel für die Schulen für Sozial- und Gesund heitsberufe hinzu, die Bereitstellung von je einer halben Mil lion Euro für die Modellprojekte im Bereich der Krankenhaus planung und nicht zuletzt auch unser Landärzteprogramm. Hier freuen wir uns, dass Sie unserem Antrag im Finanzaus schuss zugestimmt haben.

Ich denke, ein besonderes Markenzeichen baden-württember gischer Sozial- und Arbeitsmarktpolitik ist unser Landesar beitsmarktprogramm „Gute und sichere Arbeit“. Mit großem Erfolg bringen wir benachteiligte junge Menschen in eine Ausbildung – über 6 000 junge Menschen in 44 Stadt- und Landkreisen. Dank der ESF-Mittel können wir diesen Bau stein des Landesarbeitsmarktprogramms auch vollumfänglich fortsetzen. Zusätzlich beantragten wir seitens der Regierungs fraktionen 100 000 € zur Fortsetzung der erfolgreichen Netz werkarbeit Teilzeitausbildung der LAG Mädchenpolitik, nach dem die Projektfinanzierung aus Bundesmitteln ausgelaufen ist.

Besonders glücklich bin ich, dass wir den sozialen Arbeits markt mit dem Kernstück Passiv-Aktiv-Transfer auch 2016 fortsetzen können. Dafür stellen wir zusätzlich 1,3 Millionen € pro Haushaltsjahr zur Verfügung. Mit diesem Programm er reichen wir diejenigen, die von der wirtschaftlichen Entwick lung leider völlig abgehängt sind. Die 560 geförderten Ar beitsplätze für Langzeitarbeitslose sind in den 40 teilnehmen den Kreisen durchgängig belegt. Es gab schon zahlreiche Ver mittlungen in den ersten Arbeitsmarkt.

Da freut es uns, dass auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ein Konzept zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit vorgelegt hat und über 1 Milliarde € zur Verfügung stellt. Was in diesem Programm derzeit noch fehlt, ist eine Schnittstelle zum Passiv-Aktiv-Transfer,

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Ganz genau!)

sodass auch unser Landesarbeitsmarktprogramm anschluss fähig daran wird. Ich weiß, dass die Bundesarbeitsministerin Pläne für einen Passiv-Aktiv-Transfer in der Schublade lie gen hat, mit diesem Ansatz aber beim Bundesfinanzminister bislang noch nicht auf Gegenliebe gestoßen ist.

Vor dem Hintergrund unseres Erfolgs mit dem Landesarbeits marktprogramm und des Erfolgs vieler sozialer Arbeitsmarkt programme in den Kommunen fordere ich Sie, liebe Kolle gen von der CDU, auf, sich mit uns gemeinsam dem Thema „Sozialer Arbeitsmarkt“ auf Bundesebene zu widmen und sich

beim Bundesfinanzminister hierfür einzusetzen. Das wäre ei ne tolle Sache und ein tolles Signal aus Baden-Württemberg.

(Vereinzelt Beifall)

Gute Arbeit zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie Men schen nicht krank macht. Deshalb stärken wir die Arbeitssi cherheit und den Arbeitsschutz mit der Beantragung von zu sätzlichen Stellen für dieses Thema. Denn seit Beginn der Ver waltungsreform wurde der Arbeitsschutz zunehmend ausge höhlt. Allein die Zahl der Betriebsbegehungen durch die Ge werbeaufsicht ist zwischen 2005 und heute um 68 % gesun ken. Wir setzen etwas dagegen.

Einen weiteren Schwerpunkt setzen wir bei der Verbesserung der Situation von gewaltbedrohten Frauen und Kindern mit einem Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen mit je 500 000 €. Mit dem Chancengleichheitsgesetz – heute Mittag war dies Thema – wollen wir kommunale Frauenbeauftragte in allen Landkreisen und Städten mit über 50 000 Einwohnern instal lieren. Dafür stehen im Doppelhaushalt je 2,5 Millionen € be reit. Gewalt an Frauen muss bekämpft werden, sei es häusli che Gewalt, sei es Gewalt in der Prostitution, im Bereich der menschenunwürdigen Arbeit oder im Bereich von Zwangs verheiratungen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufga be. Mit unseren Landesinitiativen können wir Impulse setzen, aber letztendlich nur einen kleinen Beitrag leisten.

Darüber hinaus sind an dieser Stelle insbesondere auch die Kommunen gefordert – so, wie diese auch in anderen Berei chen gefordert sind, Thema Inklusion, Thema Integration. Da ist der immer wieder zu hörende Konnexitätsreflex oftmals die falsche Antwort; da erwarten wir auch vonseiten unserer Städte und Gemeinden ein verantwortliches Handeln.

Meine Damen und Herren, der Sozialhaushalt 2013/2014 kann sich sehen lassen.

(Zurufe: 2015/2016! – Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Es geht doch um diesen Doppelhaushalt 2015/2016!)

Der Haushalt 2013/2014 konnte sich bereits sehen lassen, und der Doppelhaushalt 2015/2016 kann sich natürlich auch sehen lassen; selbstverständlich. Wir sind froh, dass es uns auch in den nächsten beiden Jahren gelingt, sozialpolitisch Schwerpunkte zu setzen, trotz enger finanzieller Spielräume.

Ich nenne noch das freiwillige soziale Jahr, für das wir eben falls zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen; ich nenne das Thema Schulsozialarbeit, das wir weiterhin mit bis zu 25 Mil lionen € fördern; ich nenne auch die Förderung der Verbände der freien Wohlfahrtspflege. Meine Damen und Herren von der CDU, dafür haben Sie die Förderung über 20 Jahre lang eingefroren. Ab dem Jahr 2015 dynamisieren wir den Zu schuss um jährlich 2 %.

Grün-Rot steht zu den Akteuren des Sozialstaats. Wir würdi gen deren Arbeit nicht nur mit Worten, sondern auch finanzi ell.

An den Schluss meiner Ausführungen setze ich die meines Er achtens auch für uns Sozialpolitiker verantwortungsvollste humanitäre Aufgabe der nächsten Monate: den verantwor tungsvollen Umgang mit den Kriegsflüchtlingen in unserem Land. Ministerpräsident Kretschmann hat beim Flüchtlings

gipfel unter Beteiligung von Ministerin Altpeter und Ministe rin Öney

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Welche war wich tiger?)

die Richtung vorgegeben. Es ist gut, dass wir uns verstärkt um die Flüchtlinge kümmern und dafür im Doppelhaushalt 620 Millionen € bereitstellen. Im Einzelplan 09 sind z. B. die Mit tel für die Jugendhilfe für unbegleitete Flüchtlingskinder ver anschlagt; daneben stehen über 600 000 € für die Gesundheits untersuchungen zur Verfügung, insbesondere für Arztstellen auf Ebene der Gesundheitsämter.

Ich weiß, dass weitere Planungen auch für Maßnahmen im Bereich der Flüchtlingshilfe im Sozialministerium laufen.

Nicht nur, weil bald Weihnachten ist und wir uns erneut dar an erinnern, dass unser Jesuskind im Elend geboren ist, sein Leben als Flüchtlingskind begonnen hat und als Folteropfer endete,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber er ist nie mals in die SPD eingetreten! – Gegenruf des Abg. Thomas Poreski GRÜNE: In die CDU ist er schon hineingeboren?)

nein, auch mit Blick auf unsere Landesverfassung stehen wir hier in einer besonderen Verantwortung. Da appelliere ich an uns alle, dass wir für diese Menschen, für die Flüchtlinge, die bei uns Zuflucht suchen, eine besondere Verantwortung über nehmen und auch politisch für sie einstehen – nicht nur bis Weihnachten, sondern auch darüber hinaus.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)