Protokoll der Sitzung vom 15.04.2015

Um das zu erreichen, haben wir mehrere Ansatzpunkte. Wich tig ist aus unserer Sicht, dass wir den bestehenden Rechtsrah men im Sinne des Lärmschutzes der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land nutzen; ferner wollen wir den Rechtsrahmen, insbesondere den bundesrechtlichen Rahmen, aber auch än dern, und zwar ebenfalls im Sinne eines verbesserten Lärm schutzes.

Ich möchte Ihnen zehn Punkte nennen, die aus meiner Sicht die wichtigsten sind. Die Drucksache ist ja dick; nicht jeder wird sie ganz gelesen haben. Ich versuche, diese zehn Punk te in aller Kürze durchzugehen und dabei auch die gestellten Fragen zu beantworten.

Erstens: Ein wichtiger Punkt war, dass wir den sogenannten Kooperationserlass, den es schon unter der Vorgängerregie rung gab, überarbeitet haben. Er gibt Hinweise für die Kom munen, aber auch für die Fachbehörden zur Erstellung und zur Umsetzung von Lärmaktionsplänen.

Damit sind wir auch schon beim Punkt: Natürlich gab es Lärmschutz auch schon früher. Aber wir haben das noch ein mal deutlich stärker akzentuiert. Wir haben einen Schwer punkt gesetzt. Wir haben wirklich ausgelotet: Was ist im be stehenden Rechtsrahmen möglich, um möglichst vielen Men schen in Baden-Württemberg eine gesundheitsverträgliche Umgebung zu bieten?

Das sichtbare Ergebnis dieses neuen Kooperationserlasses aus dem Jahr 2012 ist, dass es seitdem viel mehr Ortsdurchfahr ten gibt, in denen Tempo 30 gilt. Das entspricht dem Wunsch vieler Kommunen; es entspricht im Übrigen auch dem Wunsch vieler Abgeordneter in ihren Wahlkreisen, und es trägt dazu bei, dass Tausende von Anwohnerinnen und Anwohnern an stark befahrenen Ortsdurchfahrten, die wir im Land nach wie vor haben, weniger Lärm zu ertragen haben.

(Beifall bei den Grünen)

Zweitens: Die Lärmaktionsplanung ist eine Pflichtaufgabe, die die Kommunen zu erfüllen haben, eingeführt über die EUUmgebungslärmrichtlinie. Wir unterstützen die Kommunen in vielfältiger Weise, beispielsweise über Hinweispapiere, über Schreiben, aber natürlich auch über Informationsveran staltungen, einen Musterbericht und Ähnliches. Wir kümmern uns natürlich auch darum, was vor Ort passiert. Wir appellie ren an die Kommunen, dass Lärmaktionspläne erstellt wer den. Das ist, wie gesagt, eine weisungsfreie Pflichtaufgabe, die die Kommunen zu erfüllen haben, die aber wichtig ist.

Auch die EU hakt immer wieder nach. Die EU hat die Umge bungslärmrichtlinie unter dem Gesichtspunkt des Gesund

heitsschutzes für die Bürgerinnen und Bürger in Europa erlas sen und hat mehrfach bei uns nachgehakt, wie weit wir in der Lärmaktionsplanung sind. Wir haben inzwischen aus 326 Kommunen Meldungen an die EU übermittelt. Die EU hat in ihrem Arbeitsprogramm die Evaluation der EU-Umgebungs lärmrichtlinie verankert. Auch auf dieser Ebene, in diesem ganzen Spannungsfeld zwischen Europäischer Union und den Kommunen im Land wird also weitergearbeitet.

Drittens: Wir unterstützen die Kommunen auch dadurch, dass wir ein neues Konzept hinsichtlich Mehrfachbelastung durch Straßen und Schienenwege entwickelt haben. Wir haben die ses Konzept mit Fachleuten aus dem ganzen Bundesgebiet er arbeitet und erprobt, und zwar in einem Modellprojekt in Eis lingen, Salach und Süßen. Dabei sind wir kurz vor dem Ab schluss. Zum einen wird das sicher noch einmal ein gutes Bei spiel auch für andere Kommunen sein, was in der Lärmakti onsplanung möglich ist; es wird sicher Verbesserungen in den betroffenen Kommunen bringen. Zum anderen wollen wir da mit aber auch auf die Diskussion auf Bundesebene einwirken. Es ist wichtig, dass sich die rechtlichen Grundlagen ändern. Wir müssen dahin kommen, dass die Gesamtlärmbetrachtung bei der Lärmaktionsplanung in den Kommunen Standard wird, und wir brauchen in den Kommunen vor Ort verbindliche Maßnahmenpakete. Dann sind die Kommunen auch viel mo tivierter, entsprechende Pläne aufzustellen.

(Beifall bei den Grünen)

Es ist uns auch gelungen, den Koalitionsvertrag auf Bundes ebene dahin gehend zu beeinflussen, dass das Thema Gesamt lärm darin benannt ist. Das hat sehr wohl mit der Debatte zu tun, die wir hier im Land geführt und angestoßen haben,

(Abg. Felix Schreiner CDU: Im Land?)

aber die Taten fehlen bislang noch. – Auf Bundesebene. Dan ke, dass Sie an dieser Stelle für Klarstellung sorgen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber wenn Sie es beeinflusst haben, warum ha ben Sie dann nicht weiter nachgehakt?)

Wir haken weiter nach, aber es wäre schön, wenn Sie uns da unterstützen würden.

(Beifall bei den Grünen)

Viertens: Wir haben einen Lärmaktionsplan für den Flugha fen Stuttgart erstellt. Das wäre schon die Pflicht der Vorgän gerregierung gewesen, aber die Vorgängerregierung hat das liegen lassen. Wir haben das, als wir an die Regierung kamen, aufgegriffen und haben Maßnahmen in diesen Lärmaktions plan eingebracht und umgesetzt. Ein wichtiger Punkt ist die lärmabhängige Spreizung der Landeentgelte, ein anderer die Verschärfung der Nachtflugbeschränkungen mit dem Aus schluss lauter Propellerflugzeuge.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das sind wichtige Dinge im Bereich des Flughafens Stuttgart. Im Übrigen sind die Hinweise zur Berücksichtigung des Flug lärmschutzes im Rahmen der Bauleitplanung derzeit in der Anhörung. Auch da kommen wir einen Schritt voran.

Fünftens: Nicht nur der Flughafen Stuttgart beschäftigt uns. Fast noch mehr Zeit verbringe ich mit dem Thema „Flugha fen Zürich“. Wir engagieren uns da im Sinne der Bürgerinnen und Bürger in Südbaden. Wir üben einen engen Schulter schluss mit der Region. Es gibt einen Fluglärmbeirat, dem ich vorsitze. Er tagt regelmäßig, zuletzt vor wenigen Wochen. Erstmalig hat das BAF daran teilgenommen, was ein wichti ger Schritt in die richtige Richtung ist. Wir sind dankbar für die klare Haltung des Landtags und auch für den Konsens, den es hier in dieser Frage gibt.

(Zuruf des Abg. Felix Schreiner CDU)

Aber auch hier muss ich noch einmal betonen: Die Aufgaben verteilung ist klar. Wir haben nicht etwa nur einzelne Briefe an den Bund geschrieben, sondern wir haben uns oft an den Bund gewandt, der politisch verantwortlich ist und handeln muss.

(Abg. Felix Schreiner CDU: Aber Sie feiern diesen Brief als Erfolg!)

Es ist sehr ärgerlich, dass unsere Briefe noch nicht einmal be antwortet werden. Einen Brief des Ministerpräsidenten vom letzten Oktober hat das BMVI bis heute nicht beantwortet.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Vielleicht habt ihr den gar nicht abgeschickt? Briefmarke drauf!)

Wenn Ihnen dieses Thema so wichtig ist, Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dann bitte ich Sie, in dieser Frage auch auf Ihre Kollegen in Berlin zuzugehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es kam auch die Frage: Was ist in den letzten Monaten an Neuem passiert? Inzwischen gibt es einen Antrag des Flugha fens Zürich auf ein neues Ostanflugkonzept. Die Landesregie rung hat dazu gegenüber dem Bund eine ablehnende Stellung nahme abgegeben. Die Region und die Landkreise haben das ebenso gemacht. Die Landkreise haben ein Gutachten in Auf trag gegeben, das noch in Arbeit ist, das wir finanziell unter stützen. Wir werden es auswerten und die Ergebnisse in die entsprechenden Gremien sowie auf den verschiedenen Ebe nen einfließen lassen. Wir setzen uns jedenfalls dafür ein, dass das Ostanflugkonzept so nicht genehmigt wird und dass es nicht zu einer Zunahme der Flugbewegungen über Südbaden kommt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Sechster Punkt: Baden-Württemberg hat ganz maßgeblich da zu beigetragen, dass der Schienenbonus zum 1. Januar 2015 weggefallen ist. Das kann man so sagen; denn die Dinge wur den im Bundesrat vorangebracht. Sie sind nicht vom Himmel gefallen, sondern Baden-Württemberg hat da ganz maßgeb lich Einfluss genommen.

(Abg. Felix Schreiner CDU: Sie hätten das schon frü her zum Abschluss bringen können! – Gegenruf des Ministers Winfried Hermann: 2003 hat es der Bun desrat blockiert!)

Wir haben andere Bundesratsinitiativen zum Thema Lärm schutz eingebracht. Das Thema Motorradlärm ist vorhin schon

angesprochen worden, Fluglärm, Schienenlärm, und es gibt noch einige weitere Baustellen. Auch beim Thema Straßen verkehrsrecht bemühe ich mich um Änderungen im Sinne des Lärmschutzes.

Der siebte Punkt ist das Lärmsanierungsprogramm für Bun des- und Landesstraßen, das wir aufgelegt haben. Natürlich gab es auch früher schon Lärmsanierungen. Wir können auch darüber reden, wie viele Mittel früher abflossen und wie vie le jetzt abfließen. Das ist aber nicht der richtige Erfolgsmaß stab. Wenn Sie es aber ansprechen und hören wollen, sage ich noch einmal: Im Jahr 2006 standen 5,9 Millionen € für Lärm sanierungen an Bundesstraßen zur Verfügung. Davon wurden damals 0,4 Millionen € abgerufen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Unglaublich!)

Vor diesem Hintergrund sollten Sie das Thema Mittelreste in bestimmten Bereichen vielleicht nicht allzu hoch hängen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Felix Schreiner CDU)

Das Wichtige ist: Wir haben das Thema systematisch aufge stellt. Wir haben zum einen die Lärmkartierung ausgewertet und Lärmschwerpunkte identifiziert, die wir systematisch ab arbeiten. Zum anderen wird inzwischen bei jeder Belagssa nierung geprüft, ob Auslösewerte zur Lärmsanierung über schritten sind. Daraufhin wird geprüft, ob lärmarmer Asphalt zum Einsatz kommen kann. Das sind ganz neue, systemati sche Ansätze, die Wirkung haben, aber nicht unbedingt den maximalen Mittelabfluss generieren.

Was die Lärmsanierung von Landesstraßen angeht, wird dies ganz normal aus den Erhaltungsmitteln für Landesstraßen be zahlt; denn da gehört es hin. Bei der Lärmsanierung reden wir ja darüber, was an bestehenden Straßen gemacht wird. Des wegen läuft es in diesem Bereich über die Erhaltungsmittel für Landesstraßen.

(Glocke des Präsidenten)

Im Übrigen gibt es seit dem letzten Jahr – –

Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Bullinger?

Ja, gern.

Bitte schön.

Frau Staatssekre tärin, Sie haben gerade die Beläge angesprochen. Ich habe von sehr unterschiedlichen Gutachten und auch Stimmen zu dem sogenannten Flüsterasphalt gehört. Ist er tatsächlich eine Lö sung, oder ist er nicht vielmehr etwas, was Geld kostet und eigentlich nicht viel bringt?

Wenn Sie mehr wissen wollen, empfehle ich Ihnen unsere Broschüre zum Thema Straßenverkehrslärm, die vor wenigen Monaten neu erschie nen ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Beim Flüsterasphalt müssen wir erst einmal unterscheiden, was gemeint ist. Es gibt den OPA, den Offenporigen Asphalt,

der im Einbau und in der Unterhaltung teuer ist und auch nicht lange hält. Das ist aber der einzige Asphalt mit einem aner kannten DStrO-Wert, sodass er bei Neubauplanungen nach wie vor eingesetzt werden muss. Bei der Lärmsanierung au ßerorts verwenden wir im Normalfall lärmarmen Splittmastix asphalt, SMA LA, der ähnliche Wirkungen bringt, kostengüns tiger ist und länger hält. Wir setzen uns beim Bund dafür ein, dass dieser Asphalt bald anerkannt wird, sodass er auch bei Neu- und Ausbauvorhaben zum Einsatz kommen kann. Inner orts gibt es wieder andere Beläge – aber das führt jetzt viel leicht zu weit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke des Präsidenten)