Protokoll der Sitzung vom 16.04.2015

Ich möchte die Stichworte nennen: Erweiterung der Stundentafel zur Durchführung der Kompetenzanalyse, Einführung von 2,2 Wochenstunden als Poolstunden und natürlich im neuen Kon zept auch die Aufstockung der Zahl der Poolstunden. Da hat Herr Kollege Wolf heute Morgen einen durchaus nachvoll ziehbaren Fehler gemacht.

(Vereinzelt Heiterkeit bei den Grünen und der SPD)

Wenn wir über die Aufstockung der Zahl der Poolstunden an den Realschulen gesprochen haben, dann habe ich immer ge sagt: Das Ziel muss sein, in die Nähe der Ausstattung mit Poolstunden an Hauptschulen, Werkrealschulen und Gymna sien zu kommen, also in den Bereich von zehn Poolstunden.

Dies tun wir, aber nicht im Doppelhaushalt 2015/2016 auf ein mal. Dies ist übrigens gar nichts Neues. Denn auch an den Ge meinschaftsschulen läuft der Aufbau der Poolstunden sukzes sive mit dem Aufwachsen der Klassen. Deswegen werden wir die Aufstockung für das kommende Schuljahr von 2,2 auf sechs Poolstunden in einem Schritt vornehmen. Dieser Schritt – einschließlich der Deputate für die Fortbildungen – wird im Bereich von ca. 250 Deputaten liegen. Dann werden die wei teren vier Poolstunden in drei Schritten sukzessive in den nächsten drei Jahren an die Schulen kommen. Insgesamt wird dann nicht ein Volumen von 300 oder 320, sondern von gut 450 Deputaten an den Realschulen ankommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich auch, dass Kollegin Boser das Papier der CDU vorhin noch einmal hochgehalten hat. Wenn ich Ihr Realschulpapier vom vergan genen Jahr lese – es sieht eine Orientierungsstufe für die Klas sen 5 und 6 vor und enthält verschiedene andere Stichpunkte zu Ihrem Realschulkonzept –, dann frage ich mich ehrlich, warum Sie hier jetzt so tun, als ob der Plan zur Weiterentwick lung der Realschule in irgendeiner Weise zu verurteilen wä re. Sie haben eine ganze Reihe der Maßnahmen, die wir jetzt umsetzen, vor gut einem Jahr noch selbst gefordert. Ich glau be, es wäre der Ehrlichkeit geschuldet, sich hier zu seinem ei genen Konzept zu bekennen. Ansonsten weiß irgendwann

wirklich niemand mehr, was die CDU im Bildungsbereich ei gentlich möchte.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich des wegen mit einem Zitat von Aldous Huxley schließen:

Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

Genau dies scheint mir ein ganz großes Problem der Opposi tionsfraktionen zu sein. Verabschieden Sie sich doch endlich von Ihrem Irrglauben, dass Sie die zunehmende Heterogeni tät in unserer Gesellschaft – Sie sprachen gerade von „verord neter Heterogenität“ – einfach ausblenden können und so wie bisher weitermachen können, dass alles gut wird, wenn Sie nur weiter auf äußere Differenzierung und die strikte Auftei lung junger Menschen in unseren Schulen setzen.

Sie sagen: „Wir wollen keinen weiteren Ausbau der Gemein schaftsschulen“ – der einzigen konsequent integrativ arbei tenden Schulart, die wir haben. Stattdessen diskutieren Sie un ter Überschriften wie „Verbundschule“, „Regionale Verbund schule“, „Differenzierte Realschule“. Meine sehr geehrten Da men und Herren, es wäre gut, wenn Sie sich auf einen Weg machen würden, der es erlaubt, sich mit Ihnen über Konzep te und nicht nur über Worthülsen zu unterhalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Jetzt Herr Kollege Dr. Kern.

Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Einleitend möchte ich feststel len: Wir begrüßen ausdrücklich die Möglichkeit, dass zukünf tig an den Realschulen auch der Hauptschulabschluss gemacht werden kann. Bitte behaupten Sie nichts anderes. Die FDP ist ausdrücklich dafür.

Jetzt die Frage: Was spricht denn aus Ihrer Sicht dagegen, es den Realschulen zu überlassen, selbst zu entscheiden, wie in tensiv und in welcher Form sie integrativ unterrichten wollen oder eben nicht? Warum geben Sie diese Entscheidungsfrei heit nicht an die Profis vor Ort, die genau wissen, was bei ih nen passt?

(Beifall bei der FDP/DVP)

Lieber Herr Kollege Kern, diese Fragen wurden im Zusam menhang mit der Erarbeitung dieses Konzepts intensiv disku tiert. Ich kann Ihnen sagen, dass insbesondere auch von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

die Auffassung vertreten wurde, dass diese Differenzierung eben nicht zwingend durch Elemente der äußeren Differen zierung stattfinden muss.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Nicht zwingend! – Zu rufe der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke und Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Arbeitsge meinschaft der Realschulrektoren hat sich diesem Weg nicht verschlossen. Die Forderungen aus dem Bereich der Realschu len sind aber durchaus unterschiedlich. Ein Teil der Realschu len sagt: „Wir können die unterschiedliche Leistungsfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler mit Maßnahmen der inne ren Differenzierung gut in den Griff bekommen.“ Andere Re alschulen sagen: „Wir brauchen stärkere Elemente der äuße ren Differenzierung.“

Ich würde sagen: Auf der Basis des Konzepts, das wir jetzt vorgelegt haben, ist eine realistische Verbesserung der Aus stattung und damit eine Umsetzung dieser pädagogischen Konzepte an den Realschulen möglich. Sie müssten, wenn Sie eine strikte Differenzierung – und zwar durch Elemente der äußeren Differenzierung – wollen, eine Antwort auf die Fra ge geben, wie Sie diese Ausgestaltung der Realschulen vor al lem auf der Ressourcenseite vornehmen wollen. Wenn Sie – um in dem Beispiel vom Kollegen Käppeler zu bleiben – die se Aufteilung strikt vornehmen, werden Sie erheblich mehr Klassen bilden müssen. Auch in Ihren Konzepten der regio nalen Verbundschule oder differenzierten Realschule bräuch ten Sie erheblich mehr Ressourcen. Ich glaube, diese Ressour cen sind in Maßnahmen der inneren Differenzierung sinnvol ler eingesetzt.

Herzlichen Dank.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Herr Minister, gestatten Sie eine Nachfrage des Kollegen Dr. Kern?

Gern.

Bitte.

Wenn ich Sie, Herr Minis ter, gerade richtig verstanden habe, haben Sie gesagt: Es gibt zwei unterschiedliche Reaktionen von den Realschulen und den Kolleginnen und Kollegen, die dort unterrichten. Wäre es nicht sinnvoll, diesen Realschulen auch unterschiedliche Mög lichkeiten anzubieten und es nicht so zu machen wie Sie, dass Sie sagen: „Das Realschulkonzept sieht genau so aus“? War um nehmen Sie nicht beide unterschiedlichen Reaktionen ernst und räumen Sie nicht auch unterschiedliche Möglich keiten ein?

(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Nicht zugehört!)

Herr Kollege Kern, wir tun dies, nämlich indem wir sagen: Es können Stunden bis zu einer bestimmten Anzahl für die äuße re Differenzierung eingesetzt werden. Wir zwingen aber nie manden dazu.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Aber in den Hauptfä chern komplett äußere Differenzierung ab Klasse 7 geht nicht!)

Das heißt, innerhalb dieses Konzepts kann jeder den für ihn richtigen und passenden Weg wählen. Deswegen gewähren wir, glauben wir, bei Weitem mehr Freiheit in der Umsetzung

der pädagogischen Konzepte, als dies noch während Ihrer Re gierungszeit der Fall war.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Kollegen Wacker.

Herr Minister, es waren einige Unterstellungen dabei, die man so nicht im Raum stehen las sen kann. Deswegen möchte ich zunächst einmal mit der Vor geschichte beginnen. Die AG der Realschulrektoren hat Ihnen gegenüber ganz klar – bevor Sie überhaupt bereit waren, mit den Realschulen in konstruktive Gespräche einzusteigen – ei ne klare äußere Differenzierung ab Jahrgangsstufe 7 in den Kernfächern Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen plus Na turwissenschaften gefordert, aber nicht nur mit zwei Stunden, sondern entlang der gesamten Kontingentstundenstafel. Denn die Praktiker vor Ort wissen, dass man ab einer gewissen Jahr gangsstufe ohne äußere Differenzierungsformen keinen ver nünftigen und pädagogisch wirksamen Unterricht erteilen kann. Sie haben dann am Ende dieses Paket verkündet, das aber nicht der Ursprungsforderung der Realschulen entsprach. Deswegen: Tun Sie nicht so, als wäre das sozusagen ein Kon zept, das die Realschulen begrüßen.

Sie, Herr Minister, haben mit keinem Satz erwähnt, wie Sie jetzt auf die Protestschreiben der Realschulrektoren aus Lör rach, aus Freiburg und aus vielen anderen Regionen des Lan des reagieren.

(Zuruf der Abg. Bettina Meier-Augenstein CDU)

Das heißt, der Unmut ist gewaltig. Er wird Ihnen vor der Landtagswahl auch noch kräftig auf die Füße fallen.

Ich möchte ein Zweites sagen. Wenn Sie von einer starken Gliederung sprechen oder sagen, Sie leisteten einen Beitrag dazu, dass die Vielgliedrigkeit aufgelöst wird, möchte ich Sie, Herr Minister, aber an Folgendes erinnern: Sie sind gerade da bei, eine neue Dreigliedrigkeit zu zementieren. Das muss man allen Ernstes sagen. Sie sagen, Sie wollten neben dem Gym nasium eine zweite Säule. Aber jetzt entsteht eine Zementie rung der Gemeinschaftsschule – die Sie wollen –, das Gym nasium besteht als eigenständige Schulart – wie bisher auch –, und daneben besteht die Realschule. Da brauchen Sie nicht abzuwinken. Im Grunde ist das das, was Bildungsforscher, die Sie bei diesem Prozess begleiten, auch gegenüber der Presse gesagt haben. Das heißt, Sie zementieren gerade eine neue Dreigliedrigkeit, die Sie angeblich gar nicht haben wollen.

Ein Letztes: Natürlich müssen wir lernen, wie wir mit Hete rogenität umzugehen haben. Ich denke, Sie haben sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass wir, die CDU-Fraktion, uns klar positioniert haben und die verbindliche Grundschulempfeh lung nicht wieder einführen wollen. Das hat zur Folge, dass wir eine zunehmende Heterogenität in den Eingangsklassen aller weiterführenden Schularten haben.

Die entscheidende Frage ist: Welche Antwort formulieren wir darauf? Welche Unterstützung geben wir den Schulen? Wir sagen in aller Deutlichkeit: Natürlich muss auch Binnendiffe

renzierung stattfinden. Aber es gibt keine homogenen Lern gruppen. Kein Pädagoge wird Ihnen sagen, dass es an diffe renzierten Schularten homogene Lerngruppen gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Nein. Es gibt keine homogenen Lerngruppen; die gab es nie.

Aber das Entscheidende ist:

(Zuruf des Abg. Gerhard Kleinböck SPD)

In dem Moment, Herr Kollege Kleinböck, in dem Sie eine zu große Heterogenität haben,

(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Wer entscheidet, was zu groß ist?)