Bei der letzten Novellierung des SWR-Staatsvertrags, die zu Beginn 2014 in Kraft getreten ist, war das Urteil des Bundes verfassungsgerichts noch nicht gesprochen und bekannt. Schon damals sind wir aber sehr weit in die richtige Richtung gegangen. Deshalb ist der Änderungsbedarf jetzt auch erfreu lich gering, was uns eine zügige Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ermöglicht.
Mit dieser schnellen Umsetzung stellen wir nicht nur sicher, dass die Neukonstituierung der SWR-Gremien im Juli 2015 nach verfassungskonformen Regeln erfolgt. Baden-Württem berg und Rheinland-Pfalz sind auch die ersten Länder, die die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die eigenen Lan desrundfunkanstalten umsetzen.
Erstens zur Staatsferne bzw. zur Drittelvorgabe: Bereits in frü heren Urteilen hat das Bundesverfassungsgericht die Organi sation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dem Gebot der Staatsferne unterstellt. Die Aufsichtsgremien dürfen daher nicht einem bestimmenden Einfluss staatlicher oder staatsna her Mitglieder unterliegen. Das bedeutet nach Maßgabe des Urteils zum ZDF-Staatsvertrag, dass der Anteil staatlicher und staatsnaher Mitglieder in den Aufsichtsgremien ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder nicht übersteigen darf.
Um diese Drittelvorgabe im SWR-Verwaltungsrat zu erfüllen, wird die Landesregierung von Baden-Württemberg künftig anstelle von zwei nur noch eine Vertreterin bzw. einen Vertre ter in das Gremium entsenden. Stattdessen wird der Rund funkrat ein weiteres Mitglied aus seiner Mitte in den Verwal tungsrat wählen, welches nicht der Bank der staatlichen oder staatsnahen Vertreter angehört.
Die Zusammensetzung des SWR-Rundfunkrats selbst ent spricht dagegen schon jetzt den Kriterien des Bundesverfas sungsgerichts, sodass hier keine Änderungen erforderlich sind.
Die Drittelvorgabe gilt zukünftig zudem aber auch für die Zu sammensetzung der Ausschüsse sowie der Gremien- und Aus schussvorsitzenden.
Durch eine Erweiterung der bestehenden Inkompatibilitätsre gelungen wird zweitens sichergestellt, dass der vom Bundes verfassungsgericht als staatlich bzw. staatsnah definierte Per sonenkreis nicht von staatsfernen Organisationen entsandt oder als staatsfern in den Verwaltungsrat gewählt werden kann.
Über die schon jetzt bestehenden Inkompatibilitätsregelungen hinaus werden nun auch von der Inkompatibilität umfasst:
hauptamtliche kommunale Wahlbeamtinnen und -beamte, Ver treterinnen und Vertreter der kommunalen Landesverbände auf Leitungsebene sowie Vertreterinnen und Vertreter politi scher Parteien, soweit sie Mitglied des obersten Leitungsgre miums auf Landes- bzw. Bundesebene sind.
Zum Dritten hat uns das Bundesverfassungsgericht auch be nannte Ziele der Vielfaltsicherung mit auf den Weg gegeben, die uns aber bereits bei der letzten Novellierung des SWRStaatsvertrags ein wichtiges Anliegen waren. Dementspre chend haben wir unter Berücksichtigung der gesellschaftli chen Entwicklung auch neue Entsenderechte, z. B. für Mus lime oder die Gemeinschaft der Sinti und Roma, geschaffen.
Um aber auch weiterhin sicherzustellen, dass gesellschaftli che Entwicklungen bei der Gremienzusammensetzung Be rücksichtigung finden können, soll die Zusammensetzung des Rundfunkrats zukünftig regelmäßig jeweils nach Ablauf von zwei Amtsperioden überprüft und im Zweifel fortgeschrieben werden.
Die Zusammensetzung der Gremien soll zusätzlich durch ei ne Begrenzung der zulässigen Amtszeiten einem geregelten Wechsel unterliegen. Um aber zugleich eine gewisse Konti nuität in der Gremienarbeit zu wahren, wird die Mitgliedschaft im Rundfunkrat und – jetzt neu – auch im Verwaltungsrat auf drei Amtsperioden festgelegt. In beiden Gremien zusammen sind zukünftig maximal vier Amtsperioden eines Mitglieds möglich.
Viertens zur Transparenz: Mit der Umstellung der Finanzie rung des öffentlichen Rundfunks auf den geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag ist auch die Forderung nach mehr Transpa renz in allen Bereichen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Gremienarbeit gewachsen. Im Rahmen der letzten Novellierung des SWR-Staatsvertrags hatten wir uns bereits für mehr Transparenz in Bezug auf die Arbeit und die Ent scheidungsprozesse innerhalb des SWR eingesetzt und bei spielsweise die Öffentlichkeit der Sitzungen des Rundfunkrats vorgeschrieben. Auch im Urteil zum ZDF-Staatsvertrag wird dieses Erfordernis der Transparenz der Arbeit in den Gremi en betont und der Gesetzgeber aufgefordert, wesentliche Grundsatzentscheidungen hier selbst zu treffen.
In Umsetzung dessen sollen künftig u. a. die Organisations strukturen und die Zusammensetzung der Organe und Aus schüsse sowie die Tagesordnungen aller Sitzungen veröffent licht werden. Die Sitzungen des Verwaltungsrats bleiben nicht öffentlich. Die Öffentlichkeit muss aber im Anschluss an die Sitzungen über die wesentlichen Ergebnisse informiert wer den. Auf diese Weise soll dem Grundsatz der Öffentlichkeit unter Wahrung der Vertraulichkeitserfordernisse einer sach gemäßen Gremienarbeit Rechnung getragen werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat darüber hinaus gleich an mehreren Stellen die Beachtung des Gleichstellungsauftrags hinsichtlich der Geschlechter durch den Gesetzgeber ange mahnt. Hierzu hatten wir im Rahmen der letzten Novellierung des SWR-Staatsvertrags verbindliche Quotierungen bei den Gremienbesetzungen eingeführt und damit die jetzige Vorga be des Bundesverfassungsgerichts bereits vollumfänglich er füllt.
Die Mitglieder der Aufsichtsgremien sind überdies Sachwal ter der Allgemeinheit und als solche an Weisungen nicht ge
bunden. Das Bundesverfassungsgericht betont in diesem Zu sammenhang die Notwendigkeit, die Rechtsstellung der Mit glieder mit entsprechenden Garantien auszustatten, die eine intransparente oder unsachliche Einflussnahme Dritter verhin dern. Daher sollen künftig auch die Mitglieder des Verwal tungsrats, wie bereits jetzt die Mitglieder des Rundfunkrats, nur noch aus wichtigem Grund abberufen werden können.
Jenseits der Regelungen, die auch Ausfluss des Urteils zum ZDF-Staatsvertrag sind, haben wir ein Anliegen aus dem Kreis der Landtagsfraktionen aufgegriffen, das ich abschließend noch erwähnen möchte.
So soll die Intendanz, die die Verantwortung für den gesam ten Betrieb und die Programmgestaltung trägt, zukünftig wie der von Rundfunkrat und Verwaltungsrat gemeinsam gewählt und gegebenenfalls abberufen werden können. Hierdurch schaffen wir eine breitere Legitimationsbasis für die heraus ragende Leitungsfunktion im SWR.
Mit den jetzigen Änderungen im SWR-Staatsvertrag ergän zen wir unsere umfangreiche Novellierung in einzelnen Punk ten und haben damit meines Erachtens einen zeitgemäßen und zukunftsfähigen Rechtsrahmen, der die Vorgaben des Bundes verfassungsgerichts voll umsetzt, für den SWR als Medien unternehmen geschaffen.
Meine Damen und Her ren, das Präsidium hat für die Aussprache über den Gesetz entwurf eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festge legt.
Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Staatsvertrag über den Südwestrundfunk wäre eine ideale Plattform für eine frakti onsübergreifende Initiative, bei der wir ohne parteipolitischen Schlagabtausch sachorientiert etwas zu Papier bringen und dann beschließen könnten.
Herr Minister Friedrich, ich bedaure, dass Sie jetzt den Kopf hinhalten müssen. Sie sind in diesem Fall nicht letztverant wortlich, aber die Frau Ministerin hat sich ja entschuldigt. Ich hoffe, dass wir uns im Ständigen Ausschuss über den vorlie genden Entwurf noch entsprechend austauschen können.
Um bei dem von Ihnen, Herr Minister, zuletzt genannten Punkt zu beginnen: Man muss schon hinzufügen, dass der In tendant künftig wieder vom Verwaltungsrat und vom Rund funkrat gewählt werden soll. Selbstverständlich ist dann die gemeinsame Akzeptanz größer. Es ist auch unlogisch gewe sen, dass Sie beim letzten Staatsvertrag, den wir vor andert halb Jahren mit grün-roter Mehrheit hier durchgepeitscht be kamen,
ebendies geändert hatten. Denn bisher war das so üblich; das hat sich auch bewährt. Wir haben das schon damals kritisiert. Aber, wie gesagt, die Regierungsfraktionen haben das einfach so mitgetragen.
Ich bedanke mich aber, dass Sie diesen Fehler eingestehen und da eben auch unserer Argumentation folgen.
Dieser Änderungsbedarf hätte nicht bestanden, wenn Sie un serem zweiten Ratschlag gefolgt wären, den der Kollege Rau und ich vor anderthalb Jahren hier im Parlament vorgetragen hatten, nämlich mit der Verabschiedung des Staatsvertrags ab zuwarten, bis das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor liegt. Es war damals schon absehbar, dass es bis zur Vorlage nur ein paar Wochen dauern würde. Deswegen hat sich dieser Handlungsbedarf eben ergeben. Das verstehen wir nach wie vor nicht. Sie hätten abwarten können, und wir hätten über haupt keinen Änderungsbedarf mehr gehabt.
Meine Bitte wäre gewesen, dass Sie, wie beim ersten Rund funkstaatsvertrag, den Sie uns vorgelegt haben, rechtzeitig al le Fraktionen dieses Hauses mit einbinden. Das haben Sie diesmal unterlassen. Nachdem die Landesregierung nach wie vor durch die Gegend reist und von der Politik des Gehört werdens redet, ist es nicht nachvollziehbar, warum man nicht den Sachverstand aller Fraktionen hier mit einbindet.
Deren Einbindung lohnt sich bei Staatsverträgen, insbesonde re beim SWR-Staatsvertrag. Wir alle wollen dazu beitragen, diesen starken Sender weiter zu stärken. Wir sitzen hier in ei nem Boot und sollten gemeinsam konstruktiv mitwirken kön nen. Das haben Sie versäumt.
Wenn ich an dieser Stelle einen weiteren Kritikpunkt anbrin gen darf: Es ist nicht nachvollziehbar, warum nach dem Bun desverfassungsgerichtsurteil die Länderparlamente bei der Be setzung des ZDF-Fernsehrats völlig außen vor bleiben. Ich hätte insbesondere von Ihrer Regierung bei Ihrem Selbstbe weihräucherungsanspruch schon auch erwartet, dass Sie das nicht einfach festklopfen, sondern vielleicht auch neue Wege gehen. Ihnen hat der Mut gefehlt, mit dafür zu sorgen, dass der Landtag insgesamt bei den Beratungen und bei den Vor schlägen zur künftigen Besetzung des ZDF-Fernsehrats aus Baden-Württemberg mitreden kann und auch mit einbezogen wird. Das wäre zukunftsorientiert gewesen und hätte zu der Erreichung des Ziels, Staatsferne vorzuleben – das uns das Bundesverfassungsgericht vorgibt –, beigetragen.
Ansonsten kritisieren wir nochmals deutlich die Überregulie rungen, was die Gremienbesetzung anbelangt, die Sie mit dem ersten Staatsvertrag zum SWR vor eineinhalb Jahren durch gepeitscht haben. Im Ständigen Ausschuss erleben wir, dass zum Teil Entscheidungen getroffen werden, die grotesk sind. Sie hatten sich zum Ziel gesetzt, die Beteiligung von Frauen zu fördern. Wir müssen jetzt zwischen Frauen auswählen.
Beispielsweise von den Künstlerverbänden stehen zwei Frau en zur Auswahl. Wir müssen eine davon außen vor lassen. Wir
halten das nicht für zielführend. Sie stehen sich da mit Ihrer Überregulierung selbst im Weg. Das ist nach wie vor nicht zu begrüßen; wir kritisieren das aufs Schärfste.
Wir freuen uns auf die Auseinandersetzung im Ständigen Aus schuss. Wie gesagt, das Angebot steht. Wir bitten darum, bei künftigen Staatsverträgen wieder rechtzeitiger eingebunden zu werden. Das wäre nicht unanständig, sondern geboten.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Fried rich hat im Grunde bereits alles ausgeführt. Er hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF-Staatsvertrag ange sprochen, aufgrund dessen wir auch beim SWR nachbessern müssen.
Aber, Herr Pauli, man muss festhalten, dass Sie damals auch keine hellseherischen Fähigkeiten hatten. Wir hatten schon nachgebessert, indem wir den Staatsvertrag vor eineinhalb Jahren wesentlich verbessert hatten. Das war auch Beispiel für das Bundesverfassungsgericht; da sind wir uns relativ si cher. Das ist auch Beispiel für andere Rundfunkanstalten und andere Landesparlamente, wie man den Staatsvertrag abän dern kann.
Ich will nur ein paar Punkte ansprechen. Der Herr Minister hat das Wesentliche schon ausgeführt. Die Transparenz der Ausschussarbeit ist uns sehr wichtig. Auch die Amtszeitbe grenzung trägt wesentlich dazu bei, dass der zweite Effekt zum Tragen kommt, nämlich die Dynamisierung der Gremi en im SWR. Das heißt nicht nur, dass neue Köpfe hineinkom men. Vielmehr wurde eine Regelung im Staatsvertrag imple mentiert, die vorsieht, dass man sich alle zwei Jahre über die Zusammensetzung der Gremien unterhalten muss und schau en muss, ob noch alles stimmt.
Sie hatten auch angesprochen, dass wir uns im Ständigen Aus schuss darüber unterhalten müssen, ob wir die eine oder die andere Frau für den Rundfunkrat des SWR auswählen. Dem ist mitnichten so. Wir können auch beide Damen wählen. Sie müssen die Regelungen noch einmal genau studieren. Denn auch dies ist in diesem Fall möglich. Sie müssen nämlich ein mal den Korb als Ganzes anschauen, Herr Pauli.
(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Evangelische Kir che! Das sind derzeit zwei Frauen! Sie dürfen nicht mehr!)