Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Land geht es gut, und mit diesem Nachtragshaushalt wird es Baden-Württemberg an vielen Stellen noch besser gehen.

(Beifall bei der SPD)

Zukunftsminister Dr. Nils Schmid hat in seiner Haushaltsre de das seit 2011 verfolgte Ziel klar benannt: Wir machen Ba den-Württemberg zum Bildungsland Nummer 1. Dem dient auch dieser Bildungsnachtrag. Ich komme, wenn ich zur Schulpolitik spreche, noch einmal ausführlich darauf zurück.

Im Rahmen des Hochschulfinanzierungsvertrags stellt das Land den Hochschulen ca. 1,7 Milliarden € im Zeitraum von 2015 bis 2020 zusätzlich zur Verfügung. Baden-Württemberg erhöht als bundesweit erstes Land die Grundfinanzierung um jährlich 3 % und setzt damit die Empfehlung des Wissen schaftsrats um. Die sehr positive Resonanz bei den Hoch schulrektoren im Land hat Claus Schmiedel bereits ausführ lich beleuchtet.

Mir als Sozialdemokrat sind besonders die 2 200 neu geschaf fenen bzw. entfristeten Stellen wichtig; ein Signal mit Vor bildcharakter. Wir halten an unserem Ziel fest, Baden-Würt temberg zum Musterland für gute Arbeit zu machen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dieser Nachtragshaushalt steht aber auch für Verantwortung und Menschlichkeit. Die Mehrausgaben für Flüchtlinge in Hö he von 176,65 Millionen € im Jahr 2015 sowie von 189,08 Millionen € im Jahr 2016 sind in der Tat hoch. Wir ergänzen allein für Flüchtlinge die 200 Lehrerstellen, die wir bereits im Sommer bereitgestellt haben, heute mit weiteren 162 Stellen. Bemerkenswert ist, dass das Land in der Lage ist, durch eine finanzpolitisch solide Grundlage auf eine Herausforderung dieser Dimension die richtige Antwort zu geben. Ohne die Bil dung von Rücklagen in der Vergangenheit könnten wir heute diese Aufgaben so nicht meistern.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Rücklagen durch Schulden!)

Deshalb war es wichtig und richtig, diese in den Urhaushalt einzustellen. Sehen Sie es mir nach, Kollege Rülke und Kol lege Mack: Diese Seriosität unterscheidet auch diese Landes regierung von einer Opposition, die aktuell die volle und zeit gleiche Übernahme des Tarifergebnisses fordert, ohne aber ei nen tragfähigen Finanzierungsvorschlag vorzulegen. Die grünrote Landesregierung hat einen fairen und vor allem sozial ge rechten Kompromiss für die Übertragung des Tarifergebnis ses gefunden. Wir haben der CDU im Finanzausschuss nach gewiesen, dass, würde ihren Anträgen gefolgt – Schulden sen ken, Rücklage plündern –, überhaupt keine Luft mehr für ei ne 1:1-Übernahme des Tarifergebnisses bestehen würde.

(Abg. Winfried Mack CDU: Rücklagen plündern?)

Schauen wir uns die CDU-Vorschläge einmal genauer an. Sie wollen die Nettonull bereits 2015 erreichen. Zur Gegenfinan zierung der dafür notwendigen 768 Millionen € schlagen Sie eine Erhöhung der globalen Minderausgabe im Einzelplan 12 um 318 Millionen € vor; das ist ein Instrumentarium à la Ra senmäher, das wir bewusst heruntergefahren haben. Das ist nichts anderes – da habe ich die volle Unterstützung der Kol legin Aras –, als dass Sie einen Irgendwie-wird-es-schon-ge

hen-Antrag stellen. Sie drücken sich vor allem um konkrete Entscheidungen und Aussagen, wo, an welcher Stelle gekürzt werden soll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Als Zweites schlagen Sie eine Absenkung des Ansatzes für Zinszahlungen um 50 Millionen € vor. Das Finanzministeri um hat aber solide gerechnet, und von dieser kaufmännischen Vorsicht weichen wir nicht ab.

Als Drittes schlagen Sie eine Entnahme von 400 Millionen € aus der Rücklage vor – eine Plünderaktion –, obwohl gerade der Anstieg der Kosten für Flüchtlinge von 60 Millionen € im Jahr 2011 auf heute 618 Millionen € zeigt, wie richtig und wichtig es war, eine Rücklage vorzuhalten.

Aber sehen Sie es mir nach: Vorausschauende Steuerung war noch nie Ihre Stärke, und, Herr Mack, Sie haben leider heute nichts anderes bewiesen.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Hochgradig unseriös werden die Zahlenspiele der Oppositi on, wenn man zur gleichen Zeit einen Entschließungsantrag zur zeit- und inhaltsgleichen Übertragung des Tarifergebnis ses auf die Beamtinnen und Beamten im Land einbringt, oh ne – ich betone: ohne – einen wirklichen Vorschlag zur Ge genfinanzierung vorzulegen. Entschuldigen Sie die offene Fra ge, aber wen wollen Sie damit eigentlich für dumm verkau fen? Ich bleibe bei meiner Aussage: Sie sind die Lehman Bro thers der Finanzpolitik. Sie agieren hochgradig unseriös, und das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Getoppt wir das dann auch mit Ihrem inhaltlich unausgegore nen Antrag zur Erbschaftsteuer. Deutlicher kann man eigent lich nicht mehr sagen, dass Ihr Einfluss bei Herrn Schäuble offensichtlich gegen null geht. Oder haben Sie es schlichtweg nur verschlafen, sich rechtzeitig um das Thema zu kümmern?

Kolleginnen und Kollegen, die Bildungspolitik hat für diese Landesregierung oberste Priorität. 2016 wird der Einzel plan 04 erstmals die Marke von 10 Milliarden € überschrei ten. Heute geben wir weitere 170 Millionen € für wichtige bil dungspolitische Maßnahmen frei: für die konzeptionelle Um setzung des Zukunftsprogramms für die Realschulen 350 Stel len, für die konzeptionelle Umsetzung der Inklusion nach 200 Stellen im Jahr 2014 jetzt weitere 400 Stellen sowie weitere 18 Millionen € für die Kommunen sowie für die konzeptio nelle Stärkung der Grundschulen 180 Lehrerstellen. Dies al les ist – darin liegt der Unterschied zu alten, schwarz-gelben Zeiten – solide durchfinanziert.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen bei der CDU – Abg. Klaus Herrmann CDU: Durch Schulden!)

Dagegen haben Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CDU, und dagegen hat Herr Wolf vor zwei Wochen den Vorwurf er hoben, wir würden das Land auf Kosten der nachfolgenden Generationen regieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der CDU: Sehr richtig!)

Sie unterschlagen dabei – die Rechnung kommt jetzt –, dass es die CDU war, die in wirtschaftlich guten Zeiten unter Mi nisterpräsident Teufel die Verschuldung ohne Anlass massiv in die Höhe getrieben hat. Wir reden von einem Sprung der Schulden des Landes von 30 auf 40 Milliarden € in den Jah ren 2001 bis 2006. Diese Landesregierung dagegen stellt mit Dr. Nils Schmid einen verantwortungsvollen Finanzminister, der beides im Blick hat: Rekordinvestitionen in die Bildung

(Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)

und zugleich solide Finanzen mit drei Mal Nullneuverschul dung, Herr Herrmann, in einer Legislaturperiode. Das hat bis her noch niemand geschafft, und darauf sind wir, die SPD, zu Recht stolz.

(Abg. Winfried Mack CDU: Sie haben doch gar kei ne Ahnung! Schauen Sie sich mal die Zahlen an!)

Ich sehe es Ihnen nach; Sie kennen sich ja mit der Zahl Null prima aus. Sie haben uns gerade im Bildungsbereich an vie len Stellen ein Null-System hinterlassen. Wie viele Poolstun den haben Sie denn den Realschulen zur Verfügung gestellt? Null. Wir dagegen werden die Zahl der Poolstunden, die wir bereits auf 2,2 pro Zug erhöht haben, jetzt auf sechs und per spektivisch weiter auf zehn erhöhen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Wissen Sie überhaupt, was Poolstunden sind?)

Wie viele Lehrerstellen, Herr Mack, hatten Sie für den Mo dellversuch Inklusion zur Verfügung gestellt?

(Zuruf: Null!)

Null. Wir dagegen 600. Und noch eine Frage: Wie viele Län der hatten 2011 eine schlechtere Lehrerkrankheitsreserve als Baden-Württemberg? Null. Wir dagegen haben die feste Krankheitsreserve bereits in der Vergangenheit um 33 % er höht und stocken die flexible KV heute um weitere 16 Milli onen € auf.

Jetzt die Frage an die Opposition: Wie viele eigene tragfähi ge Konzepte haben Sie vorgelegt, Herr Mack? Wie viele?

(Zurufe von der SPD: Null!)

Null. Ich wäre ja froh, wenn ich als Bildungspolitiker mich inhaltlich an Ihnen reiben könnte. Aber da ist ja nichts: Null mal null ist null – das ist das Einmaleins Ihrer Bildungspoli tik.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor: Der Gegensatz könnte kaum größer sein. Hier unser erfolgreicher Minister für Finanzen und Wirtschaft Dr. Nils Schmid, der verlässlich die Balance zwischen solider Haushaltsführung und Investitionen in die Zukunft unseres Landes meistert,

(Zurufe von der CDU)

ein Minister, der für gute Arbeit, Familien und Bildungsge rechtigkeit steht, eine grün-rote Politik, die über 70 % Zustim mung erfährt; selbst 58 % der CDU-Anhänger finden diese

Politik gut. Dort die wolfsche „Gestern-CDU“ ohne Konzep te und Ideen, aber gleichzeitig mit der Drohung, das Bildungs system komplett umkrempeln zu wollen. Dieses Unruhestif ten werden wir nicht zulassen.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Nachtragshaus halt findet die Zustimmung der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rülke.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Fulst-Blei, Sie schei nen ein großes Interesse und eine große Begeisterung für die Zahl Null entdeckt zu haben.

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

Es wäre ja erfreulich, wenn es nur null wäre, was Sie hier in der Haushaltspolitik dieser Landesregierung vorzulegen ha ben. Bei den Steuereinnahmen, bei der wirtschaftlichen Lage, bei der Zinssituation, die wir in den letzten Jahren hatten, wä re es ein Leichtes gewesen, nicht nur mit null neuen Schulden Haushaltspolitik in dieser Legislaturperiode zu machen, son dern wie das Land Bayern Schulden zurückzuzahlen. Null wä re gut, meine Damen und Herren, aber davon sind Sie weit entfernt.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Sie brüsten sich mit Rücklagen. Was sind denn das für Rück lagen? Das sind schuldenfinanzierte Juliustürme, die Sie auf gehäuft haben, um dann kurz vor der Landtagswahl Wahlge schenke verteilen zu können und gleichzeitig gegenüber der Bevölkerung zu behaupten, Sie hätten einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt. Das sind Taschenspielertricks ohne Ende, meine Damen und Herren.

So ist dieser gesamte Nachtragshaushalt eine reine Wahlkampf inszenierung. Dieser Nachtragshaushalt wäre in keiner Weise notwendig gewesen. Das Allermeiste, was dort drinsteht, hät ten Sie schon in den Urhaushalt einstellen können. Sie haben diesen Nachtragshaushalt nur deshalb vorgelegt, weil Sie sich im beginnenden Wahlkampf vor der Öffentlichkeit inszenie ren wollten.

Im Übrigen ist es schon bemerkenswert, dass der Ministerprä sident überall erzählt, er wolle einen kurzen Wahlkampf, die Menschen wollten keine Wahlkampfinszenierungen – schon lange, bevor überhaupt die Landtagswahl ansteht. Er hat Herrn Wolf sogar noch eingeladen und gesagt: „Lass uns über einen kurzen Wahlkampf reden.“ Und dann marschiert er mit sei nem Finanzminister im Haus der Architekten auf, man tauscht Rucksäcke aus – grüne und rote –; das ist aber angeblich al les kein Wahlkampf;