Protokoll der Sitzung vom 10.06.2015

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, kom men Sie bitte zum Schluss.

… – ja – der jugendmusikalischen Spitzenförderung in den Akademien Schloss Weikersheim, Ochsenhausen, Trossingen und, nicht zu vergessen

(Ein Abgeordneter zeigt auf stellv. Präsident Wolf gang Drexler.)

er grimassiert wieder hinter mir; ich kenne das schon –,

(Heiterkeit – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ein fach weiterreden!)

der landesweit hervorragenden Musikschulen, Jugendorches ter und Ensembles. Das muss man mit Nachdruck betonen.

Frau Kollegin, kom men Sie bitte zum Schluss!

Letztlich ist Baden-Württemberg beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ nach wie vor un schlagbar. Das sehen wir auch in diesem Heft,

(Die Rednerin hält ein Heft hoch.)

der neuesten Mitteilung des Landesmusikrats.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, kom men Sie bitte zum Schluss! Sonst muss ich das Mikrofon ab schalten.

Jawohl. – Ein letzter Satz – Eh renwort –: Sieht so der Untergang der musikalischen Kultur unseres Landes aus? Nein, meine Damen und Herren, es ist der Aufschwung, wie ihn das Land lange nicht gesehen hat.

(Oh-Rufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, schauen und hören Sie nur hin, und wertschätzen – –

(Stellv. Präsident Wolfgang Drexler schaltet der Red nerin das Mikrofon ab. – Abg. Helen Heberer SPD: Und genießen Sie unser Musikland Baden-Württem berg! Man versteht mich auch so! Ich bedanke mich besonders! – Heiterkeit – Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Helen Heberer SPD verlässt das Red nerpult. – Abg. Helen Heberer SPD: Kulturlos!)

Es gilt: Unabhängig von Thema muss man die Konsequenzen der Geschäftsord nung tragen. Sonst muss man die Geschäftsordnung ändern und sagen: Für kulturpolitische Sprecherinnen gilt die Ge schäftsordnung nicht.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Wenn die Mehrheit von der CDU und der SPD das beschlie ßen möchte, kann sie das machen. Dann kann ich mich da nach richten. Aber ansonsten haben in diesem Parlament alle Themenbereiche die gleiche Geltung.

Ich darf für die FDP/DVP-Fraktion Herrn Abg. Dr. Bullinger das Wort geben.

(Zuruf: Der gleicht es jetzt wieder aus!)

Hallo, hallo! Funk tioniert das Mikrofon wieder? – Ja. Gut.

(Zuruf: Was sagt er?)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche, die Zeit nur begrenzt zu überschreiten. Denn ich ha be damals, am Anfang der Legislaturperiode, die Geschäfts ordnung mit den Kollegen gestaltet. Darin ist tatsächlich das, von dem der Präsident glaubte, es müsste nachgereicht wer den, nicht enthalten.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das geht alles von der Redezeit ab!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Baden-Württemberg ist das Land der Musik mit der größten Vielfalt. Aber nicht nur Vielfalt, sondern auch Qualität bieten die Musikerinnen und Musiker in Baden-Württemberg. Das zeigen die vielen national und international gewonnenen Wettbewerbe; wir ha ben es gerade schon gehört.

Das kommt allerdings nicht von ungefähr, sondern ist einer hervorragenden Ausbildung durch die Schulen, Hochschulen und Musiklehrer und vor allem dem ehrenamtlichen Engage ment der Vereine und Gruppen zu verdanken.

Ich darf aber darauf hinweisen, dass dieses Thema in diesem Haus großes Gewicht hat. Ich darf nur ein paar Namen nen nen, um zu zeigen, wie stark die Musik ehrenamtlich unter stützt wird: Ehrenpräsident Rau, Präsident Rapp, ehemaliger Kollege Christoph Palm, Präsident Haußmann, Präsidentin Gurr-Hirsch, Präsident Köberle, Präsident von Eyb, Präsident Wald, Präsident Schreiner. Ich habe wochenlang nach Präsi denten von Rot-Grün gesucht. Ich konnte niemanden finden. Wenn Sie es nachreichen würden.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Naturfreunde!)

Naturfreunde machen auch Musik. Jawohl, lieber Nik.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich wollte nur einmal klarstellen, dass die Musik in diesem Haus eine große Bedeutung hat.

Das rührt auch daher, dass die Politik in Baden-Württemberg seit Jahrzehnten, vor allem durch die Vorgängerregierungen, die gesamte Bandbreite gefördert und immer wieder neue Im pulse gesetzt hat. Ich nenne nur die Popakademie in Mann heim. Ich finde es daher gut, dass die jetzige Regierung ver sucht, diese erfolgreiche Politik fortzusetzen.

Sorgen bereitet mir allerdings, dass Grün-Rot einseitig die ver pflichtende Ganztagsschule favorisiert. Das könnte bedeuten, dass Eltern vielerorts keine Wahlmöglichkeit

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

zwischen einer Ganztagsschule und einer klassischen Halb tagsschule haben.

(Minister Andreas Stoch betritt den Plenarsaal.)

Ich freue mich, dass der Minister wieder hereingekommen ist. Das ist nämlich auch ein Schulthema, bei dem es darum geht, „Erziehung von Anfang an“ anzubieten.

Meine Damen und Herren, es fehlen die Ganztagsangebote. Gerade die offene Form von Ganztagsschulen, wie wir sie wollen, mit Unterricht am Vormittag und freiwilligen Ange boten am Nachmittag vermag es aber nach unserer Auffas sung am besten, Wahlfreiheit zu gewährleisten und Schule in das gesellschaftliche Umfeld der Vereine, in die Jugendarbeit und in andere Institutionen einzubinden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Eine verpflichtende Ganztagsschule für alle birgt dagegen die Gefahr, dass sie sich um die eigene Achse dreht und statt ei ner Suche nach einem außerschulischen Partner irgendein Ein heitsangebot vorgibt. Meine Damen und Herren, im schlimms ten Fall wird dazu noch eine Lehrkraft zusätzlich zu ihren sonstigen Aufgaben verdonnert. Gerade im Bereich der Mu sik könnte das einen herben Verlust an Vielfalt und Qualität nach sich ziehen. Wir fordern deshalb, dass auch die offene Form der Ganztagsschule ins Schulgesetz aufgenommen wird.

Ich will hier klar sagen – Herr Präsident, Sie haben noch in einer Sportorganisation ein Präsidentenamt –: Es ist wichtig, nicht nur die Sportvereine, sondern verstärkt auch die Musik mit in die Angebote aufzunehmen. Man darf die beiden nicht gegeneinander ausspielen, sondern muss jetzt mit der Musik nachziehen. Im Sport sind wir mit diesem Thema schon ein Stück weiter.

Das Programm „Singen – Bewegen – Sprechen“, mit dem die seinerzeitige CDU-FDP/DVP-Landesregierung flächendeckend die musikalische Frühförderung an Kindergärten und Grund schulen ausbauen wollte, hat die jetzige Landesregierung auf ein Wahlpflichtmodul im Kindergarten reduziert.

Da sich die Einrichtungen zwischen Sprachförderung und dem Programm „Singen – Bewegen – Sprechen“ entscheiden müs sen, ist das SBS-Programm an den Rand gedrängt worden. Das ist nicht gut. Wir sind also weit entfernt davon, dass je des Kind die Möglichkeit einer musikalischen Frühförderung erhält. Das ist eine eindeutige Verschlechterung, die Sie zu verantworten haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Besonders augenfällig wurde das – vorsichtig ausgedrückt – mangelnde Verständnis der grün-roten Landesregierung für die Musik und ihren besonderen Stellenwert in der Fläche Ba den-Württembergs – ich will hier noch kurz darauf eingehen, welches Spektakel wir vor zwei Jahren im Sommer erlebt ha ben –, als die Landesregierung zwei von fünf Musikhochschu len schließen wollte. Ich nenne hier vor allem die Musikhoch schule Trossingen, die für den ländlichen Raum und ganz Süd württemberg eine hohe Bedeutung hat.

Dabei hat gerade der Rechnungshof der dezentralen Aufstel lung und der produktiven Arbeit der Musikhochschulen, und zwar aller, ein gutes Zeugnis ausgestellt. Dem Ministerpräsi denten ist es irgendwann aufgefallen. Er hat gesehen, dass sei ne Parteifreundin, die Wissenschaftsministerin, die Chöre und Orchester im ganzen Land letztendlich schädigt, und er hat die Notbremse gezogen. Meine Damen und Herren, das Zu

rückpfeifen war dringend erforderlich. Jetzt gilt es, diesen Be reich entsprechend auszugestalten und effektiv weiterzuent wickeln.

Am Ende kam das heraus, was zu Beginn von uns schon be antragt wurde, was wir also schon immer gewollt haben, dass nämlich alle fünf Standorte als vollwertige Hochschule erhal ten bleiben. Und das ist auch gut so.

Dass Sie nun kurz vor der Wahl natürlich besonders mit dem Füllhorn unterwegs sind, ist bei 3 Milliarden € Mehreinnah men im Jahr im Land keine besondere Leistung. Meine Da men und Herren, so kann man sich die Stimmen im Land nicht kaufen. Halten Sie die Wählerinnen und Wähler nicht für so dumm.