Protokoll der Sitzung vom 18.06.2015

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ver kehr auf der Schiene wird in den nächsten Jahren und Jahr zehnten zunehmen. Die Prognosen gehen bis zum Jahr 2030 von einer Steigerung um 43 % im Güterverkehr aus, und es ist unser zentrales politisches Anliegen, den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Dies macht aber auch einen optima len Lärmschutz erforderlich. Der Lärmschutz hat vollkommen zu Recht in den letzten Jahren einen immer höheren Stellen wert eingenommen. Klar ist, dass wir dafür auch in den nächs ten Jahren viel Geld werden in die Hand nehmen müssen; denn die Menschen brauchen keine kurzfristigen Wahlge schenke, sondern langfristige Planungssicherheit und die Ge wissheit, dass der Lärm für sie und ihre Familien erträglich bleibt.

(Beifall bei der CDU)

Am 12. März 2015 hat das Bundesverkehrsministerium dann schließlich in Mannheim und Frankfurt die Ergebnisse der Korridorstudie Mittelrhein vorgestellt. In dieser Studie wird aufgezeigt, wie mit dem prognostizierten Verkehr auf der Schiene umgegangen werden soll; denn fest steht: Entlang des Korridors von Karlsruhe über Mannheim und Frankfurt bis nach Köln gibt es ein Kapazitätsproblem sowohl für den Per sonen- als auch für den Schienengüterverkehr.

Die Studie macht hierzu zwei konkrete Vorschläge: erstens ei ne zweigleisige Neubaustrecke zwischen Mannheim und Frankfurt und zweitens den Ausbau von zwei auf vier Gleise zwischen Karlsruhe und Graben-Neudorf. Der Ausbau der Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim ist nicht nur für die Metropolregion Rhein-Neckar, sondern für das ganze Land Baden-Württemberg sehr wichtig.

Durch die Schaffung neuer Kapazitäten lässt sich die Betriebs qualität im bestehenden Netz verbessern. Darüber hinaus kommt es zum Lückenschluss im Hochgeschwindigkeitsnetz zwischen Köln, Frankfurt-Flughafen, Mannheim, Stuttgart und im Zuge von Stuttgart 21 auch weiter nach Ulm. Deshalb hat sich der Landtag bereits im Juni 2002 einstimmig dafür ausgesprochen, dass der Hauptbahnhof Mannheim auch wei terhin am Schnellbahnnetz angeschlossen bleibt.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das unterstützen wir!)

Diese Anbindung bietet eine Reihe von Chancen für den Per sonenverkehr: Erstens wird die Metropolregion Rhein-Neckar als Ballungsgebiet und Wirtschaftszentrum weiter gestärkt. Zweitens werden der S-Bahn RheinNeckar mit dem Mann heimer Hauptbahnhof in ihrem Zentrum dringend benötigte Wachstumsperspektiven geboten, und drittens wird es infol ge neuer Kapazitäten eine Entlastung auf den bestehenden Strecken der Riedbahn und der Main-Neckar-Bahn geben. Dies bietet weitere Vorteile für den Nahverkehr in der gesam ten Region.

Die Hauptsorge bereitet aber der Umgang mit dem prognos tizierten Güterverkehr und seinen Auswirkungen auf Mann heim. Die bisherigen Planungen sehen hier einen Mischver kehr vor, und es ist völlig klar, dass eine deutliche Auswei tung des Güterverkehrs gerade in einer Stadt wie Mannheim – wir sprechen hier von 200 Güterzügen – zu erheblichen Be lästigungen in Form von Lärm führen wird. Freiwillige Lärm sanierungsmaßnahmen entlang der Bestandsstrecken im Stadt gebiet reichen hier bei Weitem nicht aus. Gerade der Ausbau der östlichen Riedbahn von Waldhof in Richtung Rangier bahnhof für den Güterverkehr muss mit deutlichen Lärm schutzmaßnahmen vorangetrieben werden.

Neben dieser Neubaustrecke zwischen Frankfurt und Mann heim sieht die Korridorstudie aber auch den Ausbau des Ab schnitts zwischen Graben-Neudorf und Karlsruhe vor. Die viergleisige Ausbaustrecke zwischen Graben-Neudorf und Karlsruhe sowie der Bau eines dritten Gleises zwischen Karls ruhe und Durmersheim sind bislang lediglich im Weiteren Be darf des Bundesverkehrswegeplans aufgeführt. Wenn wir aber die Korridorstudie ernst nehmen, dann wird schnell klar, dass die Schaffung neuer Kapazitäten zwischen Mannheim und Frankfurt auch den Ausbau der Strecke zwischen Graben-Neu dorf und Karlsruhe voraussetzt.

Egal, ob in Karlsruhe-Hagsfeld oder Rintheim, in Stutensee oder Graben-Neudorf – die Verunsicherung in der Bevölke rung ist groß, und das kann ich gut verstehen. Die Menschen fragen sich, wie sich die örtliche Wohnbebauung mit den Aus bauzielen vereinbaren lässt, denn schließlich grenzen schon heute zahlreiche Gebäude unmittelbar an die Bahngleise an. Das heißt, auch in Karlsruhe müssen weitere Alternativen ge prüft werden. Diese reichen von einer Trassenführung entlang der Autobahn bis hin zu Untertunnelungen bzw. Teiluntertun nelungen einzelner Abschnitte.

Abschließend möchte ich auf die gestrige Debatte zur Rhein talbahn verweisen. Denn der Ausbau in Südbaden zeigt, dass sich der Einsatz für mehr Lärmschutz und für eine optimier te Trassenführung lohnen kann. In diesem Zusammenhang müssen nun die Ergebnisse der Korridorstudie weiter disku tiert und entsprechend in den Bundesverkehrswegeplan 2015 aufgenommen werden.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen, der SPD und der FDP/DVP)

Das Wort für die SPDFraktion erteile ich Herrn Abg. Stober.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine beiden Vorredner sind bereits auf die Grundzüge des Themas eingegangen. Es geht eigentlich um drei Bereiche; ich möchte noch einen dritten anführen. Der eine Bereich, der Abschnitt Mannheim–Frank furt, ist bereits angesprochen worden. Es ist jetzt gesichert, dass die bekannteste „Milchkanne“ Deutschlands auch wei terhin angefahren wird.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: He! Karlsruher, auf passen!)

Das ist ein großer Erfolg. – So ist es. Es gibt die zweitgrößte Stadt Baden-Württembergs, und es gibt die drittgrößte, lieber Kollege Fulst-Blei.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Wir kriegen euch! Wenn wir die Konversion fertig haben, seid ihr wie der an dritter Stelle! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Fusioniert doch!)

Konkurrenz belebt das Geschäft. Es wird auf jeden Fall vo rangehen; davon bin ich überzeugt.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Steigt ihr erst ein mal auf!)

Auf jeden Fall wird dann die „Milchkannen“-Debatte woan ders stattfinden, weil dann eine Diskussion stattfinden wird, ob Darmstadt angebunden wird oder nicht. Aber das ist eher eine hessische Frage als eine baden-württembergische.

Ich möchte noch auf einen anderen Bereich eingehen, ohne ins Detail zu gehen. Die Korridorstudie setzt sich auch sehr massiv mit dem Bahnlärm im Mittelrheintal auseinander. Das ist ein ganz massiv betroffener Bereich. Dort ist es noch um ein paar Dimensionen problematischer als bei uns. Da gibt es auch entsprechende Vorschläge, etwa eine Strecke über Sie gen zu führen. Ich möchte jetzt aber nicht im Detail darauf eingehen, sondern nur einmal ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es auch um diesen Bereich geht.

Ein spannender Bereich ist natürlich auch das Thema: Was passiert südlich von Karlsruhe? Es ist vom Kollegen Raufel der schon angesprochen worden: Die Züge kommen am Gü terbahnhof in Mannheim an, und von dort müssen sie natür lich weiter nach Karlsruhe bzw. durch Karlsruhe hindurch in Richtung Offenburg und Freiburg. Dort stellen sich natürlich ebenfalls massive Fragen. Dazu musste ich feststellen, dass in dieser relativ dicken Korridorstudie der ganze Bereich nörd lich von Mannheim sehr detailliert untersucht wurde, auch mit dem Vorschlag einer Trasse entlang der Autobahn, aber für den Bereich südlich von Mannheim nur ein paar Striche in die Landschaft gezeichnet wurden. Ich muss offen sagen – zumin dest kommt es bei uns in Karlsruhe so an; ich sehe das auch so –, dass man hier dabei ist, die Fehler, die man im südbadi schen Bereich gemacht hat, zu wiederholen, indem man da einfach einen Strich in die Landschaft zieht und überhaupt nicht darüber nachdenkt, wo rechts und links von der Strecke Leute wohnen und wie vor diesem Hintergrund eine Lösung erreicht werden kann.

Deswegen ist es auch gut, wie sich in Südbaden – gestern ist mehrfach das Engagement von Christoph Bayer angesprochen worden – die Bürgerinnen und Bürger damit auseinanderge setzt haben. Sie sind ja nicht gegen den Schienengüterverkehr, sondern suchen nach einem Weg, um den Güterverkehr ver antwortlich auf die Schiene zu bringen. Ich denke, da haben wir eine sehr produktive Diskussion. Wir werden sicherlich in dem Bereich zwischen Graben-Neudorf und Karlsruhe – genau genommen bei Molzau; das ist am Abzweig der Neu baustrecke nach Stuttgart – zu entsprechenden Trassendiskus sionen kommen, wie sie eben auch in Südbaden stattfanden.

Ich möchte als Karlsruher Abgeordneter diesem Haus noch mals ausdrücklich für den Beschluss, den der Landtag gestern gefasst hat, danken. Ich weiß nicht, ob es jedem bei dieser Ent

scheidung bewusst war: Wir haben festgelegt, für zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen entlang der Rheintalbahn nimmt das Land im Zweifel auch Geld in die Hand, und zwar in der Hö he von bis zu 50 % der entsprechenden Kosten. Ich habe im Verkehrsausschuss schon darauf hingewiesen, als wir über die Korridorstudie diskutiert haben, dass die Rheintalbahn von Mannheim bis Basel führt, also auch den Abschnitt von Mann heim bis Karlsruhe umfasst. Daher richte ich noch einmal mei nen herzlichen Dank an alle Abgeordneten dieses Hauses, die diesem Beschluss zugestimmt haben, der auch für diesen Ab schnitt gilt.

Darüber hinaus müssen wir uns bewusst sein, dass die betrof fenen Kommunen auf diesem Abschnitt nördlich von Karls ruhe eine entsprechende Diskussion bekommen werden. Ich habe den Eindruck, dass der Regionalverband bei uns dieses Thema sehr konstruktiv aufgreift. Ich glaube auch, dass bei uns die Region mit entsprechenden Vorschlägen auf die Poli tik zukommen wird.

Man muss jetzt erst einmal abwarten, bis der Beschluss ge fasst ist und das Projekt im Bundesverkehrswegeplan steht. Dann bin ich auch der Überzeugung, dass wir, selbst wenn wir mehr Güter auf die Schiene bringen können, mehr Lärmschutz erreichen werden. Wenn man sich die Situation in Karlsruhe etwas genauer anschaut, dann sieht man, dass man die Bahn strecke an die Autobahn legen kann und dass es dann gelin gen kann, den Schienenverkehr aus den Orten heraus an die Autobahn zu verlegen, sodass in den Orten weniger Lärm ent steht. Hinzu kommt der Einsatz der Flüsterbremsen.

Deswegen bin ich der Überzeugung, dass wir trotz des Aus baus des Schienengüterverkehrs, der notwendig ist, um den Gütertransport von der Straße auf die Schiene zu verlagern, in Summe etwas für den Lärmschutz machen können. Es ist keine einfache Aufgabe, es ist eine hoch komplizierte Aufga be. Wenn das Land Baden-Württemberg, die Region und wir alle hier gemeinsam an einem Strang ziehen, dann bin ich auch guter Dinge, dass wir hier zu einem positiven Ergebnis kommen werden.

In diesem Sinn herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Danke schön für die Punktlandung.

Das Wort für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Haußmann.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Plenar tage gestern und heute hatten durchaus einen gewissen Schwerpunkt in der Verkehrspolitik. Kollege Stober hat schon auf die gestrige Debatte zur Rheintalbahn hingewiesen. Auch über die ÖPNV-Finanzierung haben wir gestern gesprochen. Zudem fand gestern Abend ein Parlamentarischer Abend des Verbands der Verkehrsunternehmen statt. Heute beraten wir über die Korridorstudie zur Mittelrheinachse. Das zeigt: Ba den-Württemberg hat Nachholbedarf bei Investitionen im Be reich des Güterverkehrs, des Schienenverkehrs.

Ich habe auch noch in Erinnerung, als Herr Fricke in seiner damaligen Funktion als Konzernbevollmächtigter der Deut

schen Bahn dem Verkehrsausschuss berichtet hat, welche Mil liardeninvestitionen in Baden-Württemberg anstehen. Dem nach müsste die Deutsche Bahn – ich habe das einmal umge rechnet – jeden Tag zwischen 4 Millionen € und 4,5 Millio nen € in Baden-Württemberg investieren. Daran sieht man, welche Dimensionen sich in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren in diesem Bereich niederschlagen. Ich kann nur hoffen, dass die Deutsche Bahn auch tatsächlich die per sonellen Kapazitäten bereitstellen kann, um diese Dimensio nen abzuarbeiten. Aber wenn das alles vollzogen ist, werden, denke ich, neue Impulse für die dringend benötigte Verbesse rung des Güterverkehrs geschaffen.

Die Güterverkehrsstrecke entlang des Rheins ist eine der am stärksten befahrenen Schienenstrecken Europas. Deswegen war es wichtig, hierzu eine Korridorstudie in Auftrag zu ge ben. Die Korridorstudie hat auch noch einmal die Notwendig keit einer zweigleisigen Neubaustrecke im Korridor Frank furt–Mannheim, die sowohl vom schnellen Personenverkehr als auch vom Güterverkehr genutzt werden kann, eindrucks voll bestätigt. Eine möglichst zügige Realisierung des Pro jekts ist dringend erforderlich, wie die bestehenden Kapazi tätsengpässe und Belastungen im Gesamtkorridor Mittelrhein/ Karlsruhe sowie auch die Verkehrsprognosen belegen.

Mitte Januar fand eine Podiumsdiskussion mit Herrn Dr. Gru be in Mannheim statt. Herr Raufelder, Sie waren dort auch zu Gast.

(Zuruf der Abg. Helen Heberer SPD)

Ich bin dankbar, dass Herr Dr. Grube dort noch einmal sehr deutlich gemacht hat, dass für ihn der Bahnhof Mannheim ei nen zentralen Faktor darstellt und seitens der Deutschen Bahn das Stichwort „Milchkanne“ wieder ad acta gelegt wurde.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

In dieser Podiumsdiskussion wurde also die Bedeutung des Hauptbahnhofs Mannheim für den Personenverkehr ganz ein drucksvoll unterstrichen.

Das Vorhaben beinhaltet drei Vorteile: Es führt zu einem bes seren ICE-Anschluss, es bietet die Möglichkeit, bessere und deutlich mehr Regionalverbindungen aufzubauen, und es bie tet insbesondere die Möglichkeit einer Entlastung von Schie nenverkehrslärm auf der Bestandsstrecke.

Wir dürfen auch nicht vergessen: Die Metropolregion RheinNeckar mit 2,35 Millionen Einwohnern braucht eine gute ver kehrliche Anbindung. Es ist ein enormes Verdichtungsgebiet. Neben Hamburg ist die Stadt Mannheim die einzige Großstadt in Deutschland, die an zwei weitere Bundesländer direkt und unmittelbar angrenzt. Das zeigt schon, wie bedeutsam die ver kehrliche Einbindung ist.

Was sehr wichtig ist – die Kollegin Meier-Augenstein hat es angesprochen –: Wenn man sich die Prognosen bis 2030 an schaut, muss man über die Korridorstudie hinausgehen und durchaus auch prüfen, ob es möglich ist, entlang der bzw. pa rallel zur vorgeschlagenen zweigleisigen Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim, entlang der Autobahn A 67, eine Frei haltetrasse für weitere zwei Gleise vorzusehen, damit man im Sinne einer Aufwärtskompatibilität auch für den Güterverkehr der Zukunft gerüstet ist. Das Jahr 2030 kommt schneller, als

uns lieb ist, und der Zuwachs des Güterverkehrs rechtfertigt, meine ich, dies auch noch einmal zu untersuchen.

Ganz wichtig ist aber, dass der Hauptbahnhof Mannheim voll einzubinden ist und dass die bislang sehr gute Anbindung im Personenverkehr auch in Zukunft sichergestellt ist und auch ausgebaut wird.

Die Prüfung einer zusätzlichen reinen Güterverkehrsumfah rung für das Stadtgebiet Mannheim, die direkt an den Ran gierbahnhof anschließt, halten wir aus Kapazitäts- und Lärm schutzgründen für dringend geboten. Damit könnte die Ried bahn – also Frankfurt–Biblis–Mannheim –, die im Zuge der Neubaustreckenplanung bislang keine Entlastung erfährt, ebenfalls entlastet werden.

Ganz wichtig ist – das sollten auch die Lehren aus Südbaden sein –, dass wir eine aktive Bürgerbeteiligung bei dem gesam ten Planungsprozess einbeziehen, damit wir die Menschen in der Region mitnehmen, sodass uns dort eine gute Umsetzung der Planungen gelingen kann.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)