Protokoll der Sitzung vom 16.07.2015

Die Frage ist, ob die Realschulen die Gemeinschaftsschu le als Option sehen, ihre eigenen Probleme zu lösen. Die Alternative wäre, dass wir ein Reformkonzept vorgeben, um die Realschulen Schritt für Schritt weiterzuentwickeln.

Übersetzt heißt das nichts anderes als:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wer nicht freiwil lig will, muss!)

Und seid ihr nicht willig, Gemeinschaftsschulen zu werden,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau!)

dann werdet ihr zwangsumgewandelt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau so ist es!)

Von den insgesamt 271 Gemeinschaftsschulen sind nur 25 aus Realschulen hervorgegangen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Die übrigen Gemeinschaftsschulen sind ehemalige Haupt- und Werkrealschulen. Ihre Sorge um den Fortbestand ihres Schul standorts hat die Landesregierung eiskalt ausgenutzt,

(Widerspruch bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

um möglichst viele Gemeinschaftsschulen in Baden-Württem berg zu etablieren.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: So ein Käse! Ihr habt doch null Perspektive geboten!)

Meine Damen und Herren, insgesamt sind 409 staatliche Re alschulen nicht auf den Gemeinschaftsschulzug aufgesprun gen. Auch von den 79 privaten Realschulen des Schuljahrs 2013/2014 ist mir keine bekannt, die sich in eine Gemein schaftsschule umwandeln wollte.

Die bisherige Standhaftigkeit der Realschulen droht das ideo logische Prestigeprojekt der Landesregierung zu gefährden.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: So ein Blödsinn! Das läuft hervorragend! – Zuruf des Abg. Matthias Pröfrock CDU)

Der mittlerweile von der Landesregierung mit der Evaluation der Gemeinschaftsschule betraute Bildungswissenschaftler Thorsten Bohl warnte die Landesregierung im Jahr 2013 – Zi tat –:

Es ist strukturell nicht erkennbar, wie eine wirklich hete rogene Schülerschaft für die Gemeinschaftsschulen ge wonnen werden kann, wenn Gemeinschaftsschulen unver ändert mit Realschulen und Gymnasien konkurrieren. Da mit läuft die Gemeinschaftsschule Gefahr, als Standortret tung missverstanden zu werden, und ist damit langfristig in einem unklaren und möglicherweise fragilen Zustand.

Deutlicher als Professor Bohl kann man es nicht sagen.

Meine Damen und Herren, aus Sicht von Grün-Rot haben sich die Realschulen in Baden-Württemberg bisher bockig gezeigt. Aus diesem Grund hat die Landesregierung mit dem heute im Entwurf vorliegenden Gesetz nun das Zwangsumwandlungs gesetz vorgelegt.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! Völlig richtig! – Abg. Georg Wacker CDU: Das kann man nicht besser formulieren!)

Dabei ist es offensichtlich, dass die Landesregierung die Ge meinschaftsschulen an den Realschulen durch die Hintertür einführen will.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Zwar ist zu begrüßen, dass die Realschulen mehr Poolstun den erhalten sollen. Womöglich gerade weil sie so erfolgreich und geräuschlos arbeiten, blieben die Realschulen bei der Per sonal- und Sachmittelausstattung hinter den anderen weiter führenden Schularten zurück.

(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Bei wem?)

Wir Freien Demokraten befürworten außerdem, dass die Re alschulen zukünftig auch den Hauptschulabschluss anbieten sollen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Denn Grün-Rot kann natürlich die Hauptschulen abschaffen, Sie können aber nicht die Hauptschüler abschaffen, liebe Kol leginnen und Kollegen.

In dieser Situation wäre es vernünftig und auch naheliegend, an den Realschulen Kurse auf verschiedenen Leistungsniveaus zu bilden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Pfui!)

Gerade das aber will der Gesetzentwurf unterbinden. Zitat:

Der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit entspricht sie vor allem durch individuelle Förderung in binnendiffe renzierter Form.

Zudem wird an allen Realschulen eine Orientierungsstufe ein geführt. Die Möglichkeit der Nichtversetzung in Klasse 6 soll abgeschafft werden.

Die hierbei geplanten Maßnahmen bedeuten für die Realschu len und ihre Lehrkräfte eine erhebliche Einschränkung ihrer pädagogischen Freiheit. Dabei brauchten die Realschulen nach Einschätzung der Freien Demokraten eher mehr als we niger Gestaltungsspielräume, wenn sich zukünftig Schülerin nen und Schüler sowohl auf den Realschulabschluss als auch auf den Hauptschulabschluss vorbereiten sollen.

Die FDP/DVP ist dezidiert der Ansicht, dass den Realschulen erlaubt werden müsste, nach Leistung differenzierte Kurse zu bilden,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

wenn sie dies für zweckmäßig erachten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Ebenso sollte nach unserer Auffassung auch die Entscheidung über eine mögliche Nichtversetzung weiterhin in der Verant wortung der Schule liegen.

Die Realschule hat gerade aufgrund ihrer pragmatischen und leistungsorientierten Pädagogik zahlreichen jungen Menschen echte Lebenschancen eröffnet. Die Betriebe schätzen die Re alschüler und den Realschulabschluss außerordentlich.

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion hält daher die Zwangsum wandlung der Realschulen zu Gemeinschaftsschulen für hoch riskant

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: So ein Quatsch! Das macht kein Mensch!)

und daher für unverantwortlich, und wir lehnen sie entschie den ab.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das ist nur Wahlkampfrhetorik, gegen besseres Wissen!)

Hauptschulabschluss und bessere Ausstattungen für die Real schulen ja, aber Einschränkung ihrer pädagogischen Freiheit nein.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich habe noch eine Frage! – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, las sen Sie die Zwischenfrage des Herrn Abg. Röhm noch zu?

Bitte schön.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Gute Frage, gu te Antwort!)