Protokoll der Sitzung vom 12.10.2011

nem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zu stand befinden oder geeignet sind, sich in einen Zu stand zu entwickeln

das, was Sie vorhaben –

oder in einen Zustand entwickelt zu werden, der einen

möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ih rer natürlichen Dynamik gewährleistet.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was will die FDP/ DVP? – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Lassen Sie ihn doch ausreden!)

Haben Sie schon einmal festgestellt, dass man etwas begrün det und dann am Schluss die Forderung klar und deutlich for muliert? Das muss man bei einer Rede vielleicht einmal ab warten, Herr Kollege.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die fünf Minuten sind gleich um!)

Also Naturlandschaft – Urwald – statt Kulturlandschaft, nicht Ökonomie und Ökologie in einer nachhaltigen Waldbewirt schaftung wie heute, auch, meine Damen und Herren – der Herr Energieminister ist nicht anwesend –, keine Windkraft dort.

Ich zitiere weiter aus § 24 Abs. 2 des Bundesnaturschutzge setzes:

Nationalparke haben zum Ziel, in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik zu gewähr leisten.

Im Vordergrund steht somit eindeutig der Arten- und Prozess schutz.

Touristische Interessen können nur am Rande und nur inso weit berücksichtigt werden, als der Schutzzweck dies erlaubt. Insofern ist festzustellen: Nationalparks sind explizit kein In strument der Tourismusförderung. So lauten auch die einschlä gigen Kommentare zum Bundesnaturschutzgesetz.

Wir müssen, Herr Minister, den Bürgerinnen und Bürgern rei nen Wein einschenken. Wir müssen sagen, was auf sie zu kommt, worauf sie verzichten müssen und was der Preis aus ökonomischer und ökologischer Sicht ist.

Meine Damen und Herren, am 24. September hat in Bad Wild bad unter großer Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und der Presse eine Informationsveranstaltung des Landwirt schaftsministeriums stattgefunden. Ich fand die Veranstaltung gut, auch wenn die Referenten am Anfang doch etwas einsei tig argumentierten. Dort wurde das Für und Wider eines Na tionalparks erörtert. Solche Veranstaltungen sind eigentlich zu begrüßen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja also! Jetzt! Was will die FDP/DVP?)

Herr Minister Bonde, Ihnen wurden die Sorgen und Befürch tungen, aber auch die Hoffnungen der Arbeitskreise mit auf den Weg gegeben; das gilt vor allem für die Abschlussdiskus sion. Der Moderator hat grundsätzlich klargemacht und mehr fach betont, dass das Verfahren einen offenen Ausgang haben muss.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was will die FDP/ DVP?)

Die FDP/DVP möchte, dass Sie jetzt einmal zuhören, Herr Kollege.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Heiterkeit)

Es stellen sich elementare Fragen: Welche Ansprüche stellt die Landesregierung an den geplanten Nationalpark? Was soll geschützt werden? Wo und in welcher Größe soll dort über haupt konkret etwas entstehen? Welche Vor- und Nachteile hat ein Nationalpark, und zwar vor allem – jetzt komme ich auf den Punkt – gegenüber anderen Möglichkeiten wie einem Biosphärenpark?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was wollen Sie denn?)

Genau das ist nämlich der Punkt. Muss dort tatsächlich ein nach § 24 des Bundesnaturschutzgesetzes definierter und ver bindlich festgeschriebener Nationalpark eingerichtet werden?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Entweder – oder!)

Genau das ist der Punkt: „Entweder – oder“. Sie können an scheinend nicht mit der Natur umgehen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was wollen Sie? – Ge genruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Wissen Sie denn, was Sie wollen?)

In der Natur gibt es kein Entweder-oder.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Manchmal schon!)

Das muss man hier vielleicht einmal deutlich sagen.

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Meine Damen und Herren, warum werden als Alternativen nicht ein Biosphärengebiet oder ein Bannwald geprüft? Herr Minister, das ist für mich der Punkt. Welche Auswirkung hat dieser neue Park, auch für den Wasserhaushalt? All dies sind Fragen, die von Ihnen noch nicht angesprochen wurden. Ei ne weitere Frage: Welche Aktivitäten sind noch zulässig? Mit welchen Auswirkungen in puncto Arbeitsplätze muss gerech net werden?

Ich könnte hier noch eine ganze Reihe weiterer Fragen anbrin gen.

Ich frage auch: Wie sieht es denn mit der gesamten Ökobilanz aus? Schließlich verzichten wir auf 10 000 ha Holz. Wir ver zichten auf den Rohstoff Holz. Was bedeutet das für die Öko bilanz? Holen wir dann den nachwachsenden Rohstoff Holz von weit her, vielleicht irgendwo aus dem Ausland, und kar ren diese Importe nach Baden-Württemberg?

All das sind Fragen, die meines Erachtens noch erörtert wer den müssen und in der Gesamtbilanz thematisiert werden müs sen. Es sind Fragen, die aus Sicht der Fraktion der FDP/DVP bereits in der von mir erwähnten Veranstaltung hätten thema tisiert werden müssen. – Der zuständige Herr Minister hört im Moment gar nicht zu. Vielleicht können Sie meine Ausfüh rungen hinterher nachlesen, wenn Sie jetzt nicht zuhören möchten. Zuhören gehört allerdings auch zu den Gepflogen heiten im Parlament. Sie waren lange genug im Bundestag, Herr Minister.

(Zuruf des Ministers Alexander Bonde – Abg. Peter Hauk CDU: Das passt schon!)

Herr Minister Bonde, Regieren bedeutet auch Handeln. Nie mand der bei dieser Veranstaltung Anwesenden hat konkret erfahren, was genau Sie eigentlich wollen. Sie haben sich bis heute nicht konkret dazu geäußert. Sie sprechen von Chancen und Risiken, aber mögliche Alternativen wurden nicht be nannt.

Was mich auch stört – auch das sage ich Ihnen –: Wir haben einen hervorragenden Sachverstand in den Ministerien. Wir haben hervorragende Institute. Dennoch wird versucht, dies anhand eines extern eingekauften Gutachtens zu erörtern.

Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung, man soll te sich auf dieses vor Ort mit kundigen Experten bestückte Land verlassen und sollte den Sachverstand der Institute nut zen, um abzuwägen, ob man den Nationalpark mit all den in § 24 des Bundesnaturschutzgesetzes genannten Einschränkun gen tatsächlich will oder ob es nicht besser wäre, so, wie wir es wollen, beispielsweise einen spezifizierten Biosphärenpark einzurichten, in dem eben nicht so viele Restriktionen beste hen wie nach diesem § 24 und in dem die Auflagen nicht ganz so exakt eingehalten werden müssen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das wäre der richtige Weg; es wäre ein Kompromissweg, wenn man so, wie man es auf der Schwäbischen Alb gemacht hat, ein Biosphärengebiet ausweisen würde. Denn das ist ein Erfolgskonzept, das man, meine ich, auch hier umsetzen könn te. Für entsprechende Diskussionen sind wir immer offen.

Meine Damen und Herren, die zentrale Frage war ja in die sem Fall auch, wie denn die Umsetzung aussehen soll. 30 Jah re lang sollen jährlich 150 bis 200 ha Fichtenholz abgeholzt werden, und dann soll die Fläche sich selbst überlassen blei ben? Sollen wir das so umbauen, wie Sie es vorsehen? War um gehen wir nicht den bewährten baden-württembergischen Weg, den wir bei der Schwäbischen Alb gegangen sind, und versuchen nun, dies so umzusetzen, wie man es vielleicht von Naturschutzverbänden in den Koalitionsvertrag hineinge schrieben bekommen hat? Das ist doch der wahre Punkt.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir dieses Gutachten abwar ten. Bei diesem Gutachten – darum bitte ich; das habe ich in Bad Wildbad deutlich gesagt, Herr Minister – sollte man auch die Fragenkataloge der Wirtschaft, der vier IHKs, der Säge werksverbände, der örtlichen Handwerkskammern und des Tourismus sowie auch die Bedenken abarbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, ich frage weiter: Wie sieht es denn bezüglich der regenerativen Energien mit der Natur aus? Wie sieht es beispielsweise mit dem Ausbau des naturnahen Tou rismus, der Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung und der bestehenden Kulturlandschaft aus?

Anders als ein Nationalpark – mit Totholz und ohne Nutzung – könnte dieser Biosphärenpark, wie wir uns das vorstellen, naturverträglich für alle sein, also Ökologie, Ökonomie und Nachhaltigkeit auf einen Punkt bringen. Sie, Herr Minister Bonde, haben zu der Frage, ob Sie dies überhaupt prüfen, bis her geschwiegen. Es ging nur um die Frage Nationalpark – klar – und um die Frage: Wie bringe ich es den Bürgerinnen und Bürgern bei? Verschweige ich die eine oder andere Kon sequenz? Das dürfen Sie nicht machen.

Nach dieser Tagung, bei der Sie in den Arbeitsgruppen auch sehr deutlich mitbekommen haben, was die Menschen bewegt, habe ich die Hoffnung, dass das künftig anders angegangen wird und bei den Gutachten auch entsprechend berücksichtigt wird.

Meine Damen und Herren, noch einmal zur wirtschaftlichen Entwicklung. Zu diesem Punkt wird immer der Nationalpark Bayerischer Wald angeführt. Ich war lange genug – acht Jah re lang – in der bayerischen Verwaltung tätig und kenne die

Wirtschaft Bayerns genau. Das Armenhaus Bayerns sind die beiden Landkreise mit dem Nationalpark.

(Zuruf von den Grünen: Gewesen!)

Dort ist das Einkommen der Bevölkerung am niedrigsten, und dort liegt das Armenhaus Bayerns. Sie müssen sich auch ein mal die Bevölkerungsentwicklung ansehen. Die jungen Leu te gehen eben nicht dorthin, um ihr Brot zu verdienen; sie wol len nicht den Tourismus dort mit den zum Teil leeren Hotels erleben. Sie gehen vielmehr anderswo hin. Sie gehen nach München, nach Ingolstadt oder nach Dingolfing. Das muss man einfach wissen und wahrhaben wollen.

Ich bitte Sie, Herr Minister, dass Sie die Bürgerbeteiligung mit einer fairen Bürgeraufklärung, mit einer Befragung vor Ort verbinden und es nicht bei den 120 000 Wurfsendungen belassen, die Sie versandt haben. Das muss mit den Bürgerin nen und Bürgern gemeinsam besprochen werden. Vor allem dürfen Sie auch die Holzwirtschaft, die seit Jahrhunderten be stehende Waldwirtschaft der Bauern nicht dadurch kaputt ma chen, dass Sie eine Käseglocke darüber setzen.

Meine Damen und Herren, ich bitte, nachher in der zweiten Runde vielleicht noch zu dem einen oder anderen Punkt, den ich hier angesprochen habe, Ausführungen machen zu dürfen.