(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Und Sie wollen die Realschu le zur Gemeinschaftsschule machen! Sie entwickeln sie weiter zur Gemeinschaftsschule!)
Herr Kollege Röhm, Ihr Einwurf bringt überhaupt nichts, weil wir weder die Realschulen noch die Gymnasien in den vergangenen Jahren mit solchen Plattitüden, wie Sie es hier bei der Gemeinschaftsschule machen,
belegt haben. Ganz im Gegenteil: Wir stärken die Gymnasi en, wir stärken die Realschulen, wir haben den Haupt- und Werkrealschulen, wovon Sie – –
Jetzt einmal Halt hier. Sie haben die Haupt- und Werkreal schulen in Ihrem Wahlprogramm in keinem einzigen Punkt erwähnt. Das möchte ich hier einmal festhalten. Sie sprechen von Realschulen und Gymnasien. Was ist denn mit den Haupt- und Werkrealschulen bei uns im Land?
Wir haben noch einmal versucht, die Haupt- und Werkreal schulen zu stärken. Wir haben es nicht geschafft, dass die Schülerzahlen hier steigen. Deswegen ist die Gemeinschafts schule so wichtig für den ländlichen Raum.
Jetzt gehen Sie doch einfach einmal zu den Schulen vor Ort und informieren sich dort, welche Gründe es dafür gibt, dass die Schülerzahlen teilweise zurückgehen und dass die Schü lerzahlen in anderen Fällen steigen. Das hat nichts damit zu tun – wie Sie behaupten –, dass die Eltern den Gemeinschafts schulen nicht trauen. Es hat etwas damit zu tun, dass es teil weise im Umkreis zu einer zusätzlichen Einrichtung von Ge meinschaftsschulen kam.
Sie wollten den Schulträgern verwehren, in die Gemein schaftsschulen zu investieren. Es gibt auch Gemeinschafts schulen, die auf uns zukommen und sagen: „Ja, wir sind aus einer Brennpunktschule entstanden. Man hat in unsere Schu le nicht weiter investiert, wir wurden eine Gemeinschaftsschu le, und wir konnten dieses Image nicht ablegen.“ Das heißt, es würde sich auch lohnen, in manche Standorte nochmals zu investieren, weil gute Chancen bestehen, dass die Schülerzah len in den Schulen auch steigen.
Aber gerade mit Ihrem Aufruf und Ihrem Vorgehen verhin dern Sie alles, was eine Zukunft für die Gemeinschaftsschu len in Baden-Württemberg bedeuten würde.
Ich muss an dieser Stelle gar nicht ausführen, was Sie in den vergangenen Jahren alles gegen die Gemeinschaftsschule vor gebracht haben. Wir wollen, dass die Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg funktioniert. Wir sehen auch eine gute Chance für die Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg.
Ich nenne jetzt z. B. die Gemeinschaftsschule in Rosenberg im Ostalbkreis, die ich vor Kurzem besucht habe. Kollege Mack ist nicht da. Ich weiß vom Schulleiter, dass Kollege Mack die Schule in ihrer Ausführung auch schon gelobt hat. Auch die Rosenberger Gemeinschaftsschule musste jetzt mit sinkenden Schülerzahlen kämpfen, hat weniger Anmeldungen als zuvor. Das liegt auch daran, dass im Umfeld neue Gemein schaftsschulen gestartet sind.
Diese Gemeinschaftsschule hat sich an den Vergleichsarbei ten beteiligt. Ich habe den Schulleiter gefragt, ob ich das hier öffentlich zitieren darf. Er hat mir die Erlaubnis dazu gege ben. Seine Schülerinnen und Schüler haben über dem Landes durchschnitt auf Realschulniveau abgeschnitten, obwohl 50 % der Schülerinnen und Schüler eine Hauptschulempfehlung ha ben. Wenn das kein Beweis für das gute Gelingen der Gemein schaftsschule ist, dann tut es mir leid.
Das ist das Potenzial im ländlichen Raum, das Sie so gern ne gieren und das auch der Kollege Röhm gerade eben wieder infrage gestellt hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, man muss bei jeder Schule vor Ort schauen, wie die Bedingungen sind.
Die Schulen sind natürlich immer auch ein Ausdruck dessen, wie Lehrerinnen und Lehrer Schule gestalten. Aber das, was Sie wöchentlich gegen die Gemeinschaftsschule machen, ist wirklich ein Novum in der Bildungslandschaft in Baden-Würt temberg.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen, liebe Kollegen! Herr Müller, im Ausschuss hatten wir das Vergnügen schon mehrfach, und jetzt auch wieder im Ple num. Über viele Jahre kein Konzept für die Schulentwicklung, das Hauptschulsterben ungebremst zugelassen – das ist die Bilanz der Bildungspolitik der CDU. Ich denke, wenn Sie jetzt im Wahlprogramm schreiben: „Die Gemeinschaftsschule ist gescheitert“, dann ist das keine scharfsinnige Analyse, son dern eine bildungspolitische Fehleinschätzung.
Wenn Sie gestern verbreiten ließen, den Gemeinschaftsschu len liefen die Schüler weg, muss ich Ihnen sagen: auch wie der falsch. Die „Badische Zeitung“ hat es gemerkt und schreibt – ich zitiere –:
Meine Damen und Herren, Gemeinschaftsschulen sind ein Er folgsmodell. Das können Sie nicht wegdiskutieren. Sie die nen insbesondere – auch das wissen wir – natürlich dem länd
lichen Raum als nachhaltige Entwicklungsperspektive für ein Schulangebot, das auf sämtliche Schulabschlüsse vorbereitet.
Es gibt derzeit 271 Standorte, bald sind es 300, über 35 000 Schülerinnen und Schüler – die Zahlen sprechen für sich. Ob wohl neu und nicht überall verfügbar, wechselt heute schon fast jeder sechste Schüler im Land auf diese Schulart.
Meine Damen und Herren, über ein Drittel der Standorte wur den von CDU-geführten Gemeinden beantragt, Tendenz stei gend. Ich denke, auch das spricht für sich. Liebe CDU, wenn Sie in Ihrem Wahlprogramm die Gemeinschaftsschule weiter entwickeln wollen, dann denke ich, dass diese Zusage vergif tet ist.
In Wirklichkeit wollen Sie an den pädagogischen Kern des Konzepts, Sie wollen an den gemeinsamen Unterricht,
Sie wollen an das Ganztagsangebot, und Sie wollen das Er reichen des Abiturs wegnehmen. Als finalen Rettungsschuss haben Sie dann noch vor, den Ausbau völlig zu stoppen und sogar die eingereichten Anträge zu blockieren.
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Schaden für den ländlichen Raum! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Meine Damen und Herren, wenn die GEW in diesem Fall da von spricht, dass das eine niveau- und perspektivlose Bil dungspolitik der CDU ist, dann kann ich sagen oder muss ich sagen: Das ist von der GEW richtig analysiert.
Wir wissen, dass die Schulen im Land Ruhe brauchen. Sie brauchen Zeit für Entwicklung und keine Störfeuer und kei ne Verunsicherungen. Herr Müller, wenn Sie jetzt mit Ihrem Anliegen vom Februar 2013 noch einmal in die Debatte ge hen: Es gab die Gemeinschaftsschule damals gerade einmal sechs Monate. Lassen Sie die Schulen doch einfach arbeiten, und warten Sie ab, was sich an diesen Schulen entwickelt.
Ich denke schon, dass wir die Belange der Basis hier auch ernst nehmen müssen, und wenn die Nachfrage kommt und die Schulträger für diese Schulen Anträge stellen, dann soll ten wir den Wünschen vor Ort auch Raum geben.
Die Gemeinschaftsschule ist eine neue Schulart, und sie be findet sich immer noch, auch nach vier Jahren, im Aufbau. Die Kolleginnen und Kollegen leisten dort Außerordentliches, und genau dafür werden eben auch die zugeteilten Ressourcen dringend gebraucht. Da kann also nicht die Rede von einer Privilegierung der Schulart sein.
Ganz nebenbei: Ich habe noch nie behauptet, wir haben noch nie behauptet, dass an allen Gemeinschaftsschulen alles per fekt läuft. Ich möchte allerdings dafür werben, dass alle Schu len bei der Weiterentwicklung von der Politik unterstützt und eben nicht an den Pranger gestellt werden.
Meine Damen und Herren, Sie nehmen die Grundschulemp fehlung als Basis, um hier entsprechend zu kommentieren. Dabei haben wir doch bei den drei Gesamtschularten gesehen, die wir in Baden-Württemberg haben, dass diese ein Hinweis geber gewesen ist. Es hat sich doch aber gezeigt, dass die tat sächlichen Schulabschlüsse oftmals weit von dem entfernt wa ren, was von den abgebenden Schulen empfohlen war.
Also, meine Damen und Herren, geben Sie der Gemein schaftsschule die Zeit, die sie verdient, und urteilen Sie nach sechs Jahren, urteilen Sie anhand der Abschlüsse und nicht anhand der Empfehlungen.
Meine Damen und Herren, ich stelle abschließend fest: Der Unterschied zwischen Ihrer Angstpolitik und unserer Bil dungspolitik zeigt sich darin, dass wir Schularten nicht gegen einander ausspielen, sondern am größtmöglichen Bildungser folg aller Schülerinnen und Schüler interessiert sind. Deshalb, liebe CDU-Landtagsfraktion: Die Gemeinschaftsschule ist in Baden-Württemberg angekommen. Sie ist in der Fläche ver ankert. Kultusministerium und Lehrkräfte arbeiten intensiv an einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung. Unterstützen Sie die Kolleginnen und Kollegen, und beenden Sie jetzt endlich Ihren ideologischen Feldzug gegen die Gemeinschaftsschule. Wie hat doch Ihr Frontmann in einer der letzten Sitzungen trefflich gesagt: „Man kann jeden Tag klüger werden.“ Beher zigen Sie diese Erkenntnis von Herrn Wolf.