Protokoll der Sitzung vom 25.11.2015

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass die 225 Millionen € ein Bruttopreis sind, der sich überhaupt nicht auf alle Kosten, die bezuschussungsfähig sind, bezieht, sondern dass der be zuschussungsfähige Preis wieder deutlich niedriger liegt. Der bezuschussungsfähige Preis liegt etwa bei 200 Millionen €. Da wären wir mit unseren 112 Millionen € im Angebot sogar darüber,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Mehr als die Hälf te!)

wobei wir dann sagen müssten: Aus verfassungsrechtlichen Gründen – Sie wissen das, Sie selbst haben das Gutachten ma chen lassen – können wir nur bis zur Hälfte der bezuschus sungsfähigen Kosten zuzahlen. Jedenfalls haben wir jetzt das Polster noch zweimal erhöht, sind deutlich darüber. Da kann mir keiner mehr sagen, wir wären knauserig gewesen, son dern das Gegenteil ist der Fall.

Ich weise noch einmal darauf hin: Dies ist ein Projekt der Bun desrepublik Deutschland, ein internationales Schienenprojekt und eigentlich ausschließlich Aufgabe des Bundes. Sie und wir haben gesagt: Weil der Bund nicht vorankommt, weil er es nicht macht, beteiligen wir uns, weil es uns auch für den regionalen Nahverkehr sehr wichtig ist, dass diese Strecke elektrifiziert wird. Aber es geht nicht, dass der Bund sich völ lig aus seiner Verantwortung stiehlt und glaubt, er könne von uns alles haben, was er will.

Da sind Sie seitens der CDU-Fraktion auch einmal gefragt. Sie besetzen dieses Bundesministerium jetzt auch schon fast zehn Jahre – nicht Sie persönlich, aber die CDU/CSU hat die ses Ministerium – und sollten da auch einmal deutlich ma chen: Auch Baden-Württemberg hat ein Interesse.

(Zurufe der Abg. Andreas Schwarz und Manfred Lucha GRÜNE)

Man kann sich nicht immer verhalten, als wäre man nur für Bayern zuständig und Baden-Württemberg interessiere einen nicht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister. – Ich lasse keine weiteren Wortmeldungen zu.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Schade! Es war gerade gut! – Minister Franz Untersteller: Das hätte man ru hig verlängern können!)

Die für die Regierungsbefragung vorgesehene Zeit ist abge laufen. – Herzlichen Dank, Herr Minister.

Damit ist Tagesordnungspunkt 5 beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Verankerung eines Spekulations verbots sowie eines Verbots von Fremdwährungskrediten ohne Absicherung des Währungsrisikos im kommunalen Haushaltsrecht (Gesetz zur Änderung der Gemeindeord nung) – Drucksache 15/7340

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 15/7662

Berichterstatter: Abg. Hans-Ulrich Sckerl

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich für die CDU-Frak tion das Wort Herrn Abg. Hollenbach.

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch nach wiederholter Beratung dieses Gesetzentwurfs bzw. des Anliegens der FDP/DVP-Fraktion, die Gemeindeordnung zu ändern und dort in die §§ 77 und 102 die Worte „Spekulative Finanzgeschäfte sind verboten“ aufzunehmen, und auch nach intensiven Beratungen in unserer Fraktion sind wir nicht zu der Überzeugung gekommen, dass wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Die Gründe haben wir hier wiederholt vorgetragen. Wir tei len die Auffassung von Städtetag, Landkreistag und Gemein detag, dass die bisherigen Formulierungen in der Gemeinde ordnung, nämlich sparsam und wirtschaftlich zu agieren, bei Finanzgeschäften ausreichen und das beinhalten, was der Ge setzentwurf der FDP/DVP beabsichtigt.

Wir sind heute sogar in noch stärkerem Maß davon überzeugt, dass der Satz „Spekulative Finanzgeschäfte sind verboten“ nicht in ein Gesetz gehört. Denn dann müsste man wirklich anfangen, konkret darüber nachzudenken: Was sind Spekula tionsgeschäfte? Letztendlich ist jedes Geldgeschäft, ob es ei ne Geldanlage zu einem bestimmten Zins ist oder eine Kre ditaufnahme mit der Verpflichtung, Zinsen zu zahlen, immer ein Spekulationsgeschäft.

Wer lange genug dabei ist, weiß: Es gab Zeiten, in denen man für einen Kredit 6, 7 oder 8 % Zinsen zahlen musste. Als der Zinssatz schließlich auf 4 % heruntergegangen ist, haben vie le Darlehensnehmer langfristige Verträge abgeschlossen. Im Nachhinein hat sich das als ein Fehlgeschäft herausgestellt. Denn heute bekommen sie Kredite zu einem Zinssatz von 2 % oder sogar zu einem noch günstigeren Zinssatz. Also: Was ist Spekulation?

Insofern: Diese Oberbegriffe „wirtschaftlich“, „sparsam“ und letztendlich auch „gewissenhaft“ gelten. Ich bin auch über zeugt, dass die Verantwortlichen in den Städten und Gemein den gewissenhaft gehandelt haben und handeln. Die wenigen, die da wirklich ihren Wunsch nach Spekulation ausleben woll ten und damit auf die Nase gefallen sind, wie man volkstüm lich sagt, müssen eben in Gottes Namen damit leben.

Deshalb sind wir der Meinung, dass die jetzige Gesetzesrege lung ausreicht.

Notwendig aber ist, Herr Innenminister, dass der sogenannte Derivateerlass, die Verwaltungsvorschrift, wie mit Derivaten umzugehen ist, dringend neu formuliert werden muss. Denn es gibt seit 1998, seit dieser Erlass erstmals veröffentlicht wur de, neue Begriffe, neue Finanzgeschäfte, und diese müssen in diesem Derivateerlass auch geregelt werden.

Aber – das möchte ich hinzufügen – man muss auch aufpas sen, dass man den Bogen nicht überspannt und die Grenzen nicht zu eng zieht. Denn letztendlich müssen Kommunen und vor allem Stadtwerke und Verkehrsunternehmen noch hand lungsfähig bleiben. Es gibt gerade in der Energieversorgung bzw. in der Verkehrswirtschaft die Notwendigkeit, längerfris tige Verträge abzuschließen, sich längerfristig einen Preis zum Einkauf von Energie oder von Rohstoffen zu sichern. Das sind letzten Endes auch Derivate. Es muss natürlich nach wie vor möglich sein, längerfristige Verträge – auch mit gewissen Schwankungen – zuzulassen. Wir hoffen, Herr Minister, dass dies in der nun bald kommenden Verwaltungsvorschrift De rivate enthalten ist. Das ist meines Erachtens ausreichend, und eine Ergänzung der Gemeindeordnung ist aus diesem Grund nicht erforderlich.

Wir werden deshalb den Gesetzentwurf der FDP/DVP ableh nen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Schwarz.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Den Gesetzentwurf der FDP/DVPFraktion können wir heute gut ablehnen. Er ist nichts anderes als ein Placebo. Die FDP/DVP-Fraktion schlägt eine Vor schrift vor, die den Kommunen nicht hilft und die Kommu nen nicht weiterbringt.

Wenn Sie sich Ihren Gesetzentwurf noch einmal anschauen, dann erkennen Sie, dass er tatsächlich nicht weiterhilft. Denn derjenige, der bewusst ein spekulatives Rechtsgeschäft ein geht, wird sich nie auf die Nichtigkeit dieses Rechtsgeschäfts berufen können. Sie kennen doch den Grundsatz in unserer Rechtsordnung, dass man sich nicht auf die Nichtigkeit eines Vertrags oder auf die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts beru fen kann, wenn man diesen Vertragsabschluss bzw. dieses Rechtsgeschäft in vollem Bewusstsein herbeigeführt hat. Es ist eine irrige Annahme, die Sie da zugrunde legen: Ein Käm merer oder ein Bürgermeister würde ein spekulatives Rechts geschäft eingehen, und zu seinem Schutz soll er sich nachher auf die Nichtigkeit berufen. Da verkennen Sie unsere Rechts ordnung. Dabei haben Sie einen Gesetzentwurf vorgelegt, der nicht weiterhilft, der ein Placebo ist. Deswegen können wir diesen gut ablehnen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es gab in der Geschichte des Landes nur ganz wenige Vorfäl le, und nach diesen wenigen Vorfällen ist für alle klar: Es gibt keinen Platz für spekulative Finanzgeschäfte, keinen Platz für Zockerei in den Kommunen. Damit gibt es auch keinen Platz

in der Gemeindeordnung für den Gesetzentwurf der FDP/ DVP-Fraktion.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Heiler.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Kollege Hollenbach sprach davon, dass in der CDU nochmals intensivst beraten wurde.

(Abg. Manfred Hollenbach CDU: Wie immer!)

Ich kann Ihnen versichern: Viele schlaflose Nächte hatte ich nicht.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Man sieht es Ihnen an!)

Mir und meiner Fraktion war relativ schnell klar, dass wir die sen Gesetzentwurf ablehnen.

Zum fünften Mal in dieser Legislaturperiode, Herr Kollege Rülke, rede ich jetzt zu diesem Thema.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir wollten Ihnen nochmals Gelegenheit geben!)

Es ist von Mal zu Mal besser geworden, aber ich will es trotz dem relativ kurz machen. Heute nur nochmals der Hinweis: Ich denke, dass Angst ein schlechter Ratgeber ist. Von Angst ist offensichtlich die FDP/DVP getrieben worden. Angst war der Ratgeber für diesen Gesetzentwurf. Warum? Es gibt zwei ganz bekannte Fälle in Baden-Württemberg, in denen Bürger meister vor einem Richter landeten bzw. demnächst landen, und zwar vor dem Strafrichter. Der eine Fall betrifft Neckar westheim, der andere Pforzheim. In beiden Fällen gehörten die Oberbürgermeisterin bzw. der Bürgermeister der FDP an.

(Zurufe)

Da hat wohl Ihr Beschützerinstinkt die Oberhand gehabt. Sie haben gedacht: „Jetzt müssen wir schauen. Wir haben insge samt noch 13 FDP-Bürgermeister in Baden-Württemberg – das sind nicht allzu viele –; da können wir uns keinen großen Schwund mehr erlauben und machen ein entsprechendes Ge setz. Hoffentlich behalten wir zumindest diese 13 Oberbür germeister und Bürgermeister.“ Das sind übrigens 1,2 % aller baden-württembergischen Bürgermeister.

(Beifall des Abg. Georg Nelius SPD)

Also: Dieser Beschützerinstinkt ist eigentlich sehr lobenswert, Herr Dr. Rülke – weil Sie mich gerade anschauen.

Es ist wie in der Erziehung: Wenn Sie den Kindern zu viel verbieten, ist das auch nichts. Ich denke, es wäre eher Vertrau en in die Kommunalverantwortlichen angebracht. Sie wissen auch, um was es geht; sie wissen schlichtweg, dass Spekula tionsgeschäfte verboten sind. Das wissen Kämmerer, Gemein