Walter Heiler
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Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hitzler, wenn man die bisherige Diskussion, auch in der ersten Lesung, verfolgt, muss man sich schon fragen: Über was reden wir eigentlich? Reden wir über die Weiterentwicklung unseres demokratischen Rechts staats, oder reden wir – dieser Eindruck entsteht, wenn ich Sie so höre – über den bevorstehenden Weltuntergang? Ich ten diere eindeutig zu Ersterem. Das Gesetz kann eine Weiterent wicklung unseres demokratischen Rechtsstaats sein.
Sie reden hier von Misstrauen und tun so, als würde alles ganz schlimm. Dazu zitiere ich Ihnen einen Ausspruch von Bruno Labbadia.
Er würde zu Ihnen sagen: „Hören Sie auf, alles so hochzuste rilisieren“, lieber Herr Kollege Hitzler.
Ganz gelassen bleiben! Wir streiten nur über einen Gesetzent wurf. Wir fragen uns: Welche Vorteile bringt dieser Gesetz entwurf und welche Nachteile?
Wir denken, die Vorteile überwiegen. Dieser Gesetzentwurf stärkt unsere Bürgergesellschaft insgesamt. Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, sich mit ihren Anliegen, mit ihren Beschwerden an einen vom Landtag gewählten Bürgerbeauf tragten bzw. eine Bürgerbeauftragte zu wenden.
Diese Institution hat zum einen die Pflicht – so steht es wört lich in § 1 –, „die Stellung der Bürgerinnen und Bürger im Verkehr mit den Behörden zu stärken“. Es geht also oftmals darum, dem Bürger die Entscheidung der Behörde oder auch der Behörde das Anliegen des Bürgers zu erklären. Der Bür gerbeauftragte soll sich Zeit nehmen, soll zuhören, erläutern, Sachverhalte erklären. Er kann Ortstermine durchführen, soll versuchen, zu vermitteln und zu schlichten. Was ist denn da ran falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren?
Zum anderen – das ist der zweite Punkt – hat der Bürgerbe auftragte die Aufgabe, „das partnerschaftliche Verhältnis zwi schen Bürgerschaft und Polizei zu stärken“. Er ist auch An sprechpartner zur Klärung innerpolizeilicher Anliegen. Bitte erklären Sie mir, Herr Kollege Hitzler: Was ist denn daran falsch? Wo ist hier der Weltuntergang zu sehen? Ich sehe ihn jedenfalls nicht.
In der öffentlichen Anhörung hat uns die Polizei durchaus ge lobt. Sie hat ausdrücklich grundsätzliche Zustimmung zu die sem Vorhaben gegeben.
Ich darf den Landesvorsitzenden der GdP, Rüdiger Seiden spinner, aus der öffentlichen Anhörung vom 28. Januar zitie ren:
Eine zentrale Beschwerdestelle, u. a. für Angehörige der Polizei, ist daher zu begrüßen.
Wenn ich gerade bei der Anhörung bin, will ich noch erwäh nen: Auch der Anwaltsverband Baden-Württemberg begrüßt den Entwurf. Professor Dr. Peter Kothe, der Präsident des Ver bands, hat wörtlich gesagt – auch hier ein Zitat –:
Nach unserem Verständnis soll der Bürgerbeauftragte die Funktion einer Ombudsfrau bzw. eines Ombudsmanns so
wohl im Verhältnis zwischen der Bürgerschaft und der Verwaltung... sowie der Polizei als auch polizeiintern wahrnehmen.
Jetzt passen Sie genau auf:
Mit dieser Zielsetzung wird der Gesetzentwurf von uns ausdrücklich begrüßt.
Besser kann man es nicht sagen.
Mir ist natürlich nicht entgangen, dass auch Kritik in der An hörung zu vernehmen war,
insbesondere von der DPolG. Aber ich muss schon sagen: Ich war da wie viele andere Kolleginnen und Kollegen auch eini germaßen sprachlos. Der Landesvorsitzende Ralf Kusterer er eiferte sich zu folgender Aussage – auch hier zitiere ich –:
Ein solches Hilfsorgan
das soll dann der Bürgerbeauftragte sein –
wäre in Wahrheit ein parteipolitisch wirkendes und ent sprechend abhängiges Gremium und mithin ein Rückfall in vordemokratische Zeiten.
Mit Verlaub, Herr Kusterer: Jeder hat das Recht, seine Mei nung auch einmal in deftige Worte zu kleiden. Aber uns vor zuwerfen, wir würden in vordemokratische Zeiten zurückfal len, ist sehr respektlos. Damit haben Sie sich nach unserem Dafürhalten disqualifiziert.
Im Fußball würde man dazu sagen: Das war eine Blutgrät sche. Das lassen wir uns nicht gefallen; das kann nicht sein.
Wir sehen natürlich auch die Problematik wegen der Abgren zung zum Petitionsausschuss; wir wiegen ja Vorteile und Nachteile gegeneinander ab. Der Bürger kann aber den Peti tionsausschuss immer noch anrufen, wenn er eine Eingabe beim Bürgerbeauftragten gemacht hat. Nach Abschluss des Petitionsverfahrens kann sich der Bürger aber nicht mehr an den Bürgerbeauftragten wenden.
Kollege Sckerl hat es völlig richtig gesagt: Es ist ein nieder schwelliges Angebot. Der Bürgerbeauftragte kann Sprechstun den überall im Land abhalten, wenn er dies wünscht; das wä re auch vernünftig. Man kann ihm auch mündlich vortragen; es muss keine schriftliche Eingabe sein. Das ist also ein sehr unkomplizierter Weg, um als Bürger sein Anliegen loszuwer den.
Die Stellungnahmen in der öffentlichen Anhörung waren – das gebe ich zu – insgesamt sehr unterschiedlich. Auf der ei nen Seite haben der Landesverband Baden-Württemberg von
„Mehr Demokratie“, der Anwaltsverband Baden-Württem berg, der Bürgerbeauftragte von Mecklenburg-Vorpommern und die GdP alle vom Grundsatz her die Einführung eines Bür gerbeauftragten – ich drücke es einmal so aus – eher positiv gesehen, wenn auch teilweise mit Einschränkungen oder auch Ergänzungsbedarf. Manchen ging es zu weit, manchen nicht weit genug; das war ein sehr großes Spektrum. Lediglich der Beamtenbund, die Tarifunion Baden-Württemberg und die DPolG – ich habe es erwähnt – haben den Gesetzentwurf rundum negativ bewertet.
Es gibt also Argumente für, und es gibt – das gestehe ich zu – auch Argumente gegen den Bürgerbeauftragten. Ich bin aber der Überzeugung, dass bei einer vernünftigen Abwägung al ler Argumente die Einführung eines Bürgerbeauftragten sinn voll sein kann – auch wenn es bei manchen unserer Kollegin nen und Kollegen durchaus eine nicht immer leichte Entschei dung war. Es war keine 100:0-Entscheidung. Wir werden nachher aber einstimmig für diesen Gesetzentwurf stimmen – wie gesagt, auch wenn es manchmal schwer war.
Nun möchte ich noch einen Fußballerspruch bringen. Chris toph Daum hat einmal gesagt:
Man muss nicht immer die absolute Mehrheit hinter sich haben, manchmal reichen auch 51 %.
In diesem Sinn stimmen wir dem Gesetzentwurf zu.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man diesen Gesetzentwurf sehr nüchtern betrachtet, muss man sagen: Es ist ein sehr trockener Stoff. Wenn man tiefer einsteigt und sich mit diesem Material inten siv befasst, dann bleibt das ein trockener Stoff, nicht mehr und nicht weniger.
Herr Kollege Hollenbach, Sie haben jetzt hier versucht, einen Rundumschlag zu machen. Über was reden wir heute? Wir re den über eine Evaluierung, die wir hier im Plenum vereinbart haben – nicht mehr und nicht weniger. Wir haben diejenigen, die sich auskennen, ins Boot geholt und haben mit ihnen in tensiv gesprochen, diskutiert. Dies waren die kommunalen Landesverbände – Landkreistag, Gemeindetag, Städtetag – und natürlich auch die Gemeindeprüfungsanstalt und der Fach verband der kommunalen Kassenverwalter e. V., Landesver band Baden-Württemberg. Alle haben gesagt: Das ist ein gu tes Gesetz; dem stimmen wir zu.
Es gibt ein gemeinsames Schreiben der drei kommunalen Lan desverbände. Darin steht wörtlich:
Der Gesetzentwurf spiegelt das Ergebnis von intensiven Gesprächen zwischen Innenministerium und kommuna len Landesverbänden wider. Deshalb sind wir mit dem Entwurf einverstanden.
Dem gäbe es eigentlich nichts hinzuzufügen.
Es war übrigens eine schöne Zeit, als wir hier um die Frage „Doppik oder Kameralistik?“ gerungen haben. Was das The ma Wahlfreiheit, Herr Kollege Hollenbach, anbelangt, so ha ben wir diese um vier Jahre verlängert. Das ist gut für viele Kommunen, die das in Anspruch nehmen und in Anspruch nehmen müssen.
Zu diesem Gesetzentwurf, um den es heute geht, habe ich Fol gendes gemacht: Ich habe ihn einer Mitarbeiterin bei uns im Rathaus vorgelegt. Als Anlagebuchhalterin im Rahmen der Umstellung auf das doppische Haushaltsrecht – das machen wir ja auch in Waghäusel – ist sie u. a. mitverantwortlich für die Erfassung des beweglichen, unbeweglichen usw. Vermö gens der Stadt Waghäusel – Klammer auf: soweit vorhanden; Klammer zu.
Ihr habe ich das gegeben und habe sie darum gebeten, einfach eine Kommentierung abzugeben. Sie hat das sehr umfassend gemacht – Kollege Hollenbach, in ihrer Freizeit wohlgemerkt, nämlich über das Wochenende. Daraus zitiere ich jetzt ein bisschen. Am Anfang hat sie geschrieben:
Insgesamt gibt es tatsächlich keine Alternative zu diesem Gesetzentwurf. Es ist sinnvoll, diese Gesetzesvorschläge umzusetzen.
Sie hat dann jeden einzelnen Paragrafen aus ihrer Sicht kom mentiert. So hat sie z. B. bei § 79 hingeschrieben:
Völlig in Ordnung meines Erachtens.
Bei § 80 – da geht es um den Haushaltsplan –:
Macht Sinn, da eine flexiblere Gestaltung des Haushalts plans möglich ist.
Usw. usf. – Also ausschließliche Zustimmung von jemandem, der sich täglich damit befasst.
Damit kann ich auch schon zum Ende kommen. Es gibt ja of fensichtlich eine Einmütigkeit – das haben wir auch bereits im Innenausschuss festgestellt – hier in diesem Haus, eine ein stimmige Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Es ist in der Tat so: Dieses Gesetz ist praxisgerecht. Es schafft mehr Klar heit, mehr Transparenz und Flexibilität, in vielen Fällen auch Vereinfachung. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Deshalb wird die SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Kollege Hollenbach sprach davon, dass in der CDU nochmals intensivst beraten wurde.
Ich kann Ihnen versichern: Viele schlaflose Nächte hatte ich nicht.
Mir und meiner Fraktion war relativ schnell klar, dass wir die sen Gesetzentwurf ablehnen.
Zum fünften Mal in dieser Legislaturperiode, Herr Kollege Rülke, rede ich jetzt zu diesem Thema.
Es ist von Mal zu Mal besser geworden, aber ich will es trotz dem relativ kurz machen. Heute nur nochmals der Hinweis: Ich denke, dass Angst ein schlechter Ratgeber ist. Von Angst ist offensichtlich die FDP/DVP getrieben worden. Angst war der Ratgeber für diesen Gesetzentwurf. Warum? Es gibt zwei ganz bekannte Fälle in Baden-Württemberg, in denen Bürger meister vor einem Richter landeten bzw. demnächst landen, und zwar vor dem Strafrichter. Der eine Fall betrifft Neckar westheim, der andere Pforzheim. In beiden Fällen gehörten die Oberbürgermeisterin bzw. der Bürgermeister der FDP an.
Da hat wohl Ihr Beschützerinstinkt die Oberhand gehabt. Sie haben gedacht: „Jetzt müssen wir schauen. Wir haben insge samt noch 13 FDP-Bürgermeister in Baden-Württemberg – das sind nicht allzu viele –; da können wir uns keinen großen Schwund mehr erlauben und machen ein entsprechendes Ge setz. Hoffentlich behalten wir zumindest diese 13 Oberbür germeister und Bürgermeister.“ Das sind übrigens 1,2 % aller baden-württembergischen Bürgermeister.
Also: Dieser Beschützerinstinkt ist eigentlich sehr lobenswert, Herr Dr. Rülke – weil Sie mich gerade anschauen.
Es ist wie in der Erziehung: Wenn Sie den Kindern zu viel verbieten, ist das auch nichts. Ich denke, es wäre eher Vertrau en in die Kommunalverantwortlichen angebracht. Sie wissen auch, um was es geht; sie wissen schlichtweg, dass Spekula tionsgeschäfte verboten sind. Das wissen Kämmerer, Gemein
derätinnen und Gemeinderäte, das wissen Bürgermeister, Ober bürgermeister – egal, welcher Couleur –: Spekulationsge schäfte sind verboten. Das ergibt sich aus den §§ 77 und 91 der Gemeindeordnung, es ergibt sich aus vielen GPA-Berich ten. Insofern bedarf es, denke ich, nicht noch einer zusätzli chen Aufnahme in die Gemeindeordnung.
Zudem ist es ein ziemlich unbestimmter Rechtsbegriff. Das Wort „spekulieren“ kommt aus dem Lateinischen von dem Wort „speculari“; es bedeutet erspähen, darüber nachdenken, wie etwas, von dem man nicht viel Ahnung hat, sich entwi ckeln wird, und entsprechend handeln. Das ist die Definition von „spekulieren“. Lassen wir es so stehen. Es ist also relativ problematisch, diesen Begriff in das Gesetz zu schreiben.
Zum Schluss will ich nur noch auf eines aufmerksam machen. Ich denke, dass ein ganz wichtiges Instrument in der badenwürttembergischen Kommunalverfassung die kommunale Selbstverwaltung ist. Das heißt, die Gemeinden entscheiden über die Konditionen einer genehmigten Kreditaufnahme im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Sie treffen die Entscheidung, sie haben Vorteile und Risiken abzuwägen.
Kommunale Selbstverwaltung ist gerade in Baden-Württem berg mit seiner langen Tradition ein hohes Gut, das man nur dann einschränken sollte, wenn es dafür dringende Bedürfnis se gibt.
Es gilt ganz allgemein das Gebot der Zurückhaltung.
Dieses dringende Bedürfnis gibt es unseres Erachtens nicht, weil im Prinzip schon alles klar geregelt ist: Spekulationsge schäfte waren verboten und sind verboten. Deshalb werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Karl Klein, so viel Lob tut si cherlich gut. Es war ein Lob an den Herrn Innenminister, ein Lob an die Regierungsfraktionen. Das ist auch gut so. Das ist völlig berechtigt.
Interessant war für mich, dass Sie den Kollegen Heribert Rech angesprochen haben. Sie müssten nur noch aufklären, was er damals mit dem Gesetzentwurf, den er angeblich schon in der Schublade hatte, getan hat. Vielleicht können Sie das in der zweiten Lesung nachholen. Das wäre interessant.
Nun aber zur Sache selbst. Die beiden Regierungsfraktionen und die Regierung sind 2011 angetreten, um u. a. mehr Frei heit für die Kommunen zu schaffen.
Kommunale Selbstverwaltung und Unterstützung der Kom munen sind für uns nicht nur hohle Begriffe. Vielmehr sind sie für uns Leitbild unserer Arbeit. Bürgernähe, Bürgerservice, kundenorientierte Dienstleister, dafür stehen unsere Kommu nen zwischenzeitlich. Dafür stehen sie auch deshalb, weil wir als Gesetzgeber ihnen die entsprechenden Möglichkeiten ge geben haben und auch weiterhin geben werden. Unter dieser Prämisse ist auch die nunmehr beabsichtigte Einführung der selbstständigen Kommunalanstalt bzw. der gemeinsamen selbstständigen Kommunalanstalt zu sehen. Damit soll den Kommunen für ihre Aufgabenwahrnehmung eine neue Orga nisationsform zur Verfügung gestellt werden.
Es gibt einen interessanten Artikel des „Staatsanzeigers“ vom 13. September 2013. Es ist heute in der Tat so, dass viel Kom munales gar nicht mehr in einem Gemeinderat oder Kreistag entschieden wird. Ich zitiere aus dem „Staatsanzeiger“:
Weil der Wettbewerb inzwischen viele Bereiche der öffent lichen Verwaltung erfasst hat, ist es zu einer Vielzahl von Unternehmensgründungen gekommen. Die Gesellschaf ten mit beschränkter Haftung unterstehen zwar meistens zu 100 % der Kommune oder dem Landkreis, sind aber verpflichtet, nach Unternehmensrecht zu agieren – mit al len Konsequenzen.
Das stimmt. In der Praxis ist es in der Tat so, dass sich Ge meinde- und Kreisräte nicht selten darüber beschweren, sie hätten zu wenig Einblick in die jeweiligen Unternehmen und zu wenig Mitspracherecht.
Auf der anderen Seite gibt es dann Eigenbetriebe – das haben wir schon gehört –, bei denen es sich eigentlich umgekehrt verhält.
Zum Thema Eigenbetrieb will ich nur noch einmal zur Wie derholung für alle, die es vergessen haben, auf § 10 des Ei genbetriebsgesetzes hinweisen:
Der Bürgermeister kann der Betriebsleitung eines Eigen betriebs Weisungen erteilen, um die Einheitlichkeit der Gemeindeverwaltung zu wahren,
Kollege Schwarz, ich persönlich finde das gar nicht schlecht; aber okay –
die Erfüllung der Aufgaben des Eigenbetriebs zu sichern und Missstände zu beseitigen.
Der Bürgermeister muss anordnen, dass Maßnahmen der Betriebsleitung, die er für gesetzwidrig hält, unterbleiben oder rückgängig gemacht werden; er kann dies anordnen, wenn er der Auffassung ist, dass Maßnahmen für die Ge meinde nachteilig sind.
So weit § 10.
Ich will aber eigentlich nur klarstellen: Allein an diesem Pa ragrafen ist zu erkennen, dass der Eigenbetrieb ganz maßgeb lich vom Verwaltungsorgan der Gemeinde abhängig ist.
Genau in dem Spannungsfeld zwischen Eigenbetrieb und kommunaler GmbH befinden wir uns. Deshalb führen wir jetzt die Anstalt des öffentlichen Rechts ein. Ich will da auch nichts wiederholen. Es ist alles bereits mehrfach richtig dargelegt worden.
Tatsache ist, dass die kommunalen Landesverbände die neue Rechtsform der kommunalen Anstalt begrüßen. Dies gilt so wohl einzelgemeindlich im Rahmen der Gemeindeordnung als auch interkommunal im Rahmen des Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit. Den Städtetag will ich hier stellvertretend zitieren – er weist darauf hin, dass das Land mit der Modernisierung des Gemeindewirtschaftsrechts eine langjährige Forderung des Städtetags Baden-Württemberg aufgreift –:
Wir begrüßen daher die mit diesem Entwurf vorgeschla gene Novellierung.
Ähnliches hören wir vom Gemeindetag und vom Landkreis tag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind überzeugt, dass die Anstalt des öffentlichen Rechts bessere Steuerungs- und Kon trollmöglichkeiten besitzt. Ich will vor allem explizit noch da rauf hinweisen, dass wir es in den jeweiligen Satzungen den Kommunen – bzw. überall dort, wo die Anstalt eingeführt wird, dann der Anstalt – überlassen, die Einzelheiten speziell für ihren Fall klären zu können.
Wir haben also einen Gesetzentwurf vor uns liegen, der eine weitere Verbesserung für die Kommunen darstellt. Das reiht sich in viereinhalb Jahre erfolgreiche Tätigkeit für die Kom munen hier im Landtag ein.
Es ist eine Innovation für die Kommunen. Die Kommunen er halten neue Gestaltungsspielräume. Es ist ein Fortschritt für die kommunale Selbstverwaltung. Ich bin deshalb froh, dass die bisherigen Redner geäußert haben, dass sie diesem Gesetz zustimmen werden. Das werden wir natürlich auch tun.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! „Und täglich grüßt das Murmeltier“ – daran fühlt man sich erinnert, wenn man den Gesetzentwurf der FDP/DVP liest. Herr Dr. Goll, Ihr Versuch, vom eigentlichen Thema abzulenken, in allen Ehren. Das können Sie hier vorn machen. Es gelingt Ihnen aber natürlich nicht.
Nachdem dasselbe Thema 2012 hier x-fach diskutiert wurde, habe ich mir schon überlegt, was Sie eigentlich damit bezwe cken wollen bzw. wo die Motivation zu sehen ist. Da ist es in der Tat wichtig, einen Blick in die Geschichte zu werfen.
Pforzheim ist schon mehrfach erwähnt worden. In der FAZ vom 13. Oktober 2015 steht:
Pforzheims Ex-OB wegen Zinswetten bald vor Gericht
Die ehemalige FDP-Oberbürgermeisterin muss sich wegen Geschäften verantworten, die sie – ich zitiere – „nie hätte ab schließen dürfen“. So heißt es in der Anklageschrift, die die Staatsanwaltschaft bereits 2013 formuliert hat.
In der „Südwest Presse“ vom 14. Dezember 2014 ist zu lesen – ich zitiere wörtlich –:
Kommunen sind Spekulationen mit Steuergeldern nicht erlaubt. Dieses Verbot war in einem besonders spektaku lären Fall ignoriert worden, als der damalige Bürger meister von Neckarwestheim, Horst Armbrust (FDP), auf unseriöse Angebote hereingefallen ist. Dem Ort im Kreis Heilbronn, der dank der Steuern der beiden Atomkraft werke sehr reich geworden ist, hatte er zwischen 1987 und 1995 einen Schaden von umgerechnet 22 Millionen € zugefügt. Das Landgericht Stuttgart verurteilte Armbrust im Januar 1996 wegen schwerer Untreue und Urkunden fälschung zu achteinhalb Jahren Haft.
Wenn man das alles betrachtet, ist klar, was Sie mit diesem Gesetzentwurf bezwecken: Sie haben offenbar Angst, dass ir gendwann der nächste FDP-Bürgermeister vor dem Strafge richt landet.
So kommt einem dies jedenfalls vor. Auf den ersten Blick kann man das nachvollziehen. Denn in Baden-Württemberg gibt es laut Kommunalhandbuch des „Staatsanzeigers“ 13 Bürgermeister und Oberbürgermeister, die der FDP angehö ren. Das sind 1,2 %. Da muss man natürlich um jeden kämp fen.
Da ist ein Schwund relativ beachtlich. Deshalb verstehen wir das. Man will ja – Herr Dr. Bullinger, Sie schauen mich so treu an – keinen verlieren. Da haben wir Verständnis.
Die Angst ist aber unbegründet. Denn ich bin überzeugt, dass alle Oberbürgermeister, alle Kämmerer hier in Baden-Würt temberg, auch die, die der FDP angehören, zumindest inzwi schen kapiert haben, um was es geht, nämlich dass Spekula tionsgeschäfte unzulässig und streng verboten sind.
Ich will, weil es von meinen Vorrednern erwähnt wurde, noch einmal die Gemeindeprüfungsanstalt und ihren Bericht von 2008 erwähnen. Übrigens: Nach 2008 kommt gar nichts mehr; die GPA hat vor dieser Zeit öfter berichtet und dann irgend wann gedacht: „Es wird uns zu blöd, jedes Jahr darauf hinzu weisen.“ Aber 2008 war es noch der Fall. In dem Bericht von 2008 steht wörtlich:
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei Kreditaufnahmen:...
Für Kommunen gilt striktes Spekulationsverbot. Den Kommunen sind ihrer Aufgabenstellung und dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechend spe kulative Finanzgeschäfte zur Erwirtschaftung separater Gewinne untersagt. Allgemein hat ein Finanzinstrument bereits dann spekulativen Charakter, wenn dessen Er tragsseite variabel und zusätzlich das Risiko eines Kapi talverlustes wahrscheinlich ist.
Kollege Hollenbach hat noch § 77 der Gemeindeordnung er wähnt.
Wenn man das alles zusammennimmt, sieht man: Jeder weiß es inzwischen. Deshalb werden wir den Gesetzentwurf ableh nen. Wir sehen überhaupt keinen Sinn, ein Gesetz einzufüh ren, das gar nicht notwendig ist, weil, wie gesagt, alle Verant wortlichen dies inzwischen wissen müssten. Diejenigen, die es nicht wissen wollen oder die es immer noch nicht kapiert haben, werden es auch nicht kapieren, wenn es ein Gesetz gibt.
Kurzum: Wir haben natürlich noch Zeit, es im Ausschuss nä her zu erörtern, auch das, was Sie, Herr Dr. Goll, heute hier gesagt haben. Aber wir diskutieren es in der Tat zum x-ten Mal hier im Plenum.
In der Fußballersprache würde ich sagen: Sie haben seit 2012 x-mal denselben Spielzug gemacht.
Ihr Vollstrecker, Torjäger Dr. Rülke, stand hier, und er ist bei jedem Spielzug ins Abseits gerannt. Jetzt hat man offensicht lich gedacht: „Wenn wir hier jetzt Herrn Dr. Goll als Ergän zungsspieler für Herrn Dr. Rülke“ – den Sie offensichtlich aus gewechselt haben – „ins Spiel bringen, ist der Spielzug bes ser.“ Aber Sie sind auch wieder ins Abseits gerannt. Deshalb werden wir den Gesetzentwurf ablehnen.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Kollege Klein, Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze. Aber bei dem, was Sie heute zum Teil gesagt haben –
die Regierung würde die Kommunen vor den Kopf stoßen, wir hätten Misstrauen gegen die Kommunen, wir müssten die Kommunen mehr unterstützen und würden dies nicht tun, und Sie seien die wahren Partner der Kommunen –, habe ich mich schon gefragt: Haben Sie eigentlich schon vergessen, wie das zu Ihrer Regierungszeit war und wer wirklich der wahre Part ner der Kommunen ist?
Ich will an drei Beispielen unterstreichen, was Kollege And reas Schwarz gesagt hat:
Erinnern Sie sich nicht mehr, wie es zu Ihrer Zeit mit dem kommunalen Finanzausgleich, mit der Vorwegentnahme war? Wir haben gemeinsam mit den kommunalen Landesverbän den ein Finanzpaket geschnürt, haben die Vorwegentnahme auf 315 Millionen € reduziert. Zu Ihrer Zeit waren das 405 Millionen €.
Das ist eine jährliche Entlastung um 90 Millionen € für unse re Kommunen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir haben mit den kommunalen Landesverbänden einen Pakt für Familien mit Kindern geschlossen. Im nächsten Jahr be teiligen wir uns mit 795 Millionen € an den Betriebsausgaben für die Kleinkindbetreuung. Das sind 68 %.
Ich habe mal in einen alten Haushalt von Waghäusel hinein geschaut, wie das zu Ihrer Regierungszeit war. Da waren es läppische 20 %. Jetzt sind es 68 %.
Gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden haben wir dies erreicht.
Noch ein Beispiel, das ich konkret erlebt habe: Schulsozial arbeit. Wir hatten damals bei uns – wie viele andere Kommu nen auch – im Hinblick darauf, dass das Land eine Finanzie rung gab, einen Schulsozialarbeiter eingestellt. Nach zwei, drei Jahren, als sich das Land aus dieser Anschubfinanzierung zurückzog, standen wir belämmert da. Wir haben die Arbeit des Schulsozialarbeiters auf eigene Kosten weitergeführt. Die se Regierung war es, die gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden erreicht hat, dass wir, das Land, uns jetzt wiederum zu einem Drittel an den Kosten der Schulsozialar beit beteiligen.
So viel zum Thema „Wahre Partner“, bevor ich zum eigentli chen Thema komme. Jeder kann sich jetzt überlegen, wer wirklich der wahre Partner ist.
Zum Tagesordnungspunkt „Gesetz zur Änderung kommunal verfassungsrechtlicher Vorschriften“: Es ist sicher richtig, dass sich die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg in den ver gangenen Jahren und Jahrzehnten durchaus bewährt hat. Die baden-württembergischen Kommunen sind hervorragend auf gestellt und haben in den letzten Jahrzehnten außerordentlich gute Arbeit geleistet. Das muss aber nicht heißen, alles so zu belassen, wie es ist.
Kollege Klein, Sie sind 1992 in Mühlhausen zum Bürgermeis ter gewählt worden, waren dies bis 2011, wenn ich es recht weiß, aber seitdem ist die Zeit weitergegangen. Das bedeutet: Nichts ist so gut, dass es nicht noch besser werden könnte. Dies war unser Anspruch, als wir an die Überarbeitung und Verbesserung unserer Kommunalverfassung gegangen sind, und dies ist uns auch gelungen. Wir ermöglichen mehr Bür gerbeteiligung. Die direkte Demokratie – es wurde bereits er wähnt – auf kommunaler Ebene wird erweitert. Die Quoren werden gesenkt. Damit sind Sie einverstanden.
Auch beim Thema „Bürgerentscheid bis zum Aufstellungsbe schluss im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens“ waren wir uns einig. Dann entstand die derzeitige Flüchtlingssituation. Lieber Kollege Klein, wenn Sie das angesichts dieser Situa tion jetzt herausnehmen wollen, ist das meines Erachtens ein falsches Signal. Sie sagen den Bürgerinnen und Bürgern: „Okay, grundsätzlich Ja zum Bürgerentscheid. Aber wenn es in der Entscheidungsfindung dann mal problematisch wird, dann seid ihr außen vor, dann machen wir das im Gemeinde rat.“ So kann es wohl nicht gehen.
Eines sage ich Ihnen auch, Herr Kollege Klein.
Herr Kollege Klein, diese Rede ist so gut und in sich schlüs sig, dass sich Ihre beabsichtigte Frage sozusagen von selbst beantwortet.
Herr Kollege Klein, ich muss mich ernsthaft fragen, ob Sie gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern Misstrauen hegen oder ob Sie Angst vor ihnen haben. Im Rahmen des Problems der Flüchtlingsunterbringung, das Sie angesprochen haben, erreichen Sie vor Ort ohnehin nur dann gute Lösungen, wenn Sie gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern zu einer Entscheidungsfindung gelangen.
Deshalb bleiben wir dabei, dass das zum Bürgerentscheid Ver einbarte nicht aufgedröselt werden kann.
Nächster Punkt: Wir stärken die Fraktionen.
Ja, das haben manche Gemeinden so gemacht. – Aber wir werden erstmals die Bildung von Fraktionen in kommunalen Vertretungsorganen gesetzlich regeln. Damit stärken wir die Fraktionen, und wir stärken auch die kommunale Selbstver waltung, weil wir es den Kommunen selbst überlassen, in ih ren Geschäftsordnungen die Detailregelungen hierzu zu tref fen.
Wir stärken gleichzeitig die Minderheitenrechte in kommu nalen Gremien. Künftig kann eine Fraktion oder ein Sechstel des Gemeinderats oder Kreistags Anträge auf Aufnahme ei nes Verhandlungsgegenstands in die Tagesordnung stellen.
Außerdem erweitern wir die Rechte von Gemeinde- und Kreis räten. Wir stärken diese Rechte z. B. dadurch, dass wir Auf wendungen für Kinderbetreuung und die Betreuung pflegebe dürftiger Angehöriger während der Sitzungen von Gemeinde räten und Ortschaftsräten erstatten wollen. Wir leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt und damit auch zur Gleichstellung von Män nern und Frauen. Es ist sicher richtig, dass die Kommunen dies bislang bereits können und einige Kommunen das bereits machen. Wir haben es z. B. in unserer Stadt. Aber richtig ist auch, dass viele Kommunen es noch nicht getan haben. Wir wollen, dass es in Baden-Württemberg flächendeckend ein geführt wird.
Lieber Kollege Klein, ich komme zur Frist von sieben Tagen für die Zusendung der Sitzungsunterlagen. Wir wissen, dass das bislang nicht in allen Kommunen der Fall ist. Wir haben
von den kommunalen Landesverbänden gehört, dass es Kom munen gibt, bei denen die Sitzungsunterlagen zwei bis drei Tage vorher kommen. Ich selbst war 19 Jahre lang ehrenamt lich Mitglied des Gemeinderats. Ich erwarte schon, dass die Sitzungsunterlagen eine Woche vor der Sitzung kommen. Denken Sie einmal an Sitzungstage am Donnerstag oder Frei tag. Wenn Sie die Sitzungsunterlagen drei Tage vorher zuschi cken, kommt ein ehrenamtlich Tätiger gar nicht dazu, sie zu lesen. Man sollte sie, pragmatisch gesehen, zumindest übers Wochenende haben. Deswegen legen wir diese Frist jetzt im Gesetz fest.
Wir stellen es den Gemeinderäten und den Kreistagen frei – auch das ist kommunale Selbstverwaltung, unser oberstes Ge bot, unsere Priorität –, zu entscheiden, ob Vorberatungen in den Ausschüssen in öffentlicher oder nicht öffentlicher Sit zung erfolgen. Auch das ist ein deutlicher Fortschritt, wie ich denke.
Wir stärken weiter die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen. Das Wahlrecht ab 16 Jahren haben wir mit Er folg eingeführt. Wir denken, dass, wenn wir in der Gemein deordnung jetzt festlegen und fest verankern, dass Kinder und Jugendliche angemessen beteiligt werden, sie auch ihre Inte ressen einbringen können und dass damit das Bewusstsein für Kommunalpolitik gestärkt wird. Ich denke, das ist ein wich tiger und richtiger Schritt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich habe jetzt noch einige kurze Anmerkungen zu unseren vor gesehenen Änderungsanträgen. Darauf sind Sie noch gar nicht eingegangen. Wir verzichten auf Hinderungsgründe für die gleichzeitige Mitgliedschaft von Familienangehörigen im Ge meinderat. Dies war in den Kommunen über 10 000 Einwoh nern bislang ohnehin schon so. Ich habe mich immer gefragt, weshalb die Einwohnerzahl eigentlich einen Einfluss auf Hin derungsgründe haben soll.
Wir wollen hier für alle Kommunen in Baden-Württemberg die gleichen Voraussetzungen schaffen. Wenn die Wählerin nen und Wähler vor Ort entscheiden, den oder die mögen sie im Gemeinderat als Mitglied haben, auch wenn diese mitein ander verwandt sind, dann ist es unser höchstes Gebot, den Willen der Wählerinnen und Wähler zu beachten. Nicht mehr und nicht weniger.
Dies soll künftig übrigens auch für Hinderungsgründe gelten, wenn man mit dem Bürgermeister in einem die Befangenheit begründenden Verwandtschaftsverhältnis steht.
Wir wollen der kommunalen Selbstverwaltung ferner überlas sen, wie öffentliche Bekanntmachungen zu tätigen sind. Hier geben wir die Wahlfreiheit zwischen Veröffentlichungen im Internet und Veröffentlichungen in Zeitungen. Ich denke, auch das ist angemessen. Wir überlassen es auch hier den Kommu nen vor Ort – Stichwort kommunale Selbstverwaltung –, wie jeweils entschieden wird. Wir greifen da nicht ein, sondern bieten nur die Möglichkeit an. Aber wie es geregelt wird, das entscheidet der Gemeinderat vor Ort in eigener Regie.
Zum Thema „Altersgrenze Bürgermeister, Oberbürgermeis ter“ ist schon vieles gesagt worden. Ich kann auf die letzten Plenarsitzungen verweisen. Das brauche ich hier nicht zu wie derholen. Wir denken, dass unser Änderungsantrag hier der richtige ist. Sonst hätten wir ihn ja auch nicht eingebracht.
Lieber Kollege Karl Klein, vielleicht klären Sie mich auf; ich glaube, Sie haben noch Redezeit für eine zweite Runde reser viert.
Ich sehe es, Herr Präsident. Das blinkt ja wie in der Disco.
Herr Kollege Karl Klein, klären Sie mich einmal auf, wie es funktionieren soll, dass jemand wie ich, der gewählt wird – ich muss ausscheiden, weil ich 2022 dann 68 Jahre alt wäre, obwohl acht Jahre noch nicht erreicht sind –, die volle Amts zeit im Amt bleiben sollte. Das geht verfassungsrechtlich gar nicht, denn man kann nicht rückwirkend in den Wählerwillen eingreifen. Die Wähler wissen: Er ist soundso lange im Amt, und dann muss er ausscheiden.
Sie können also nicht rückwirkend irgendetwas machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, letzter Satz. Ich bin der Überzeugung, dass wir mit der heutigen Verabschiedung der Kommunalverfassung einen wichtigen Schritt zu einer notwendigen Modernisierung der kommunalen Demokratie gehen.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Ich gehe davon aus, dass dieses Thema, über das wir uns heute unterhalten, den Wahlausgang im März 2016 nicht entscheidend beeinflussen wird.
Ich denke, dass wir uns deshalb frei von irgendwelchen par teipolitischen Zwängen und relativ entspannt dem Thema wid men können.
Wenn ich mich in meiner Eigenschaft als kommunalpolitisch Tätiger mit Kolleginnen und Kollegen Bürgermeistern und Oberbürgermeistern unterhalte, höre ich das gesamte Spekt rum. Ich höre die Aussagen „Gebt doch alles frei im Land tag!“, „Lasst doch alles, wie es ist; das hat sich bewährt!“ und dazwischen relativ viele Varianten. Jeder und jede hat zu die sem Thema seine und ihre ganz eigene Meinung – wie gesagt – frei von allen parteipolitischen Zugehörigkeiten.
Aber – ich darf es vorwegnehmen, habe es auch schon in ers ter Lesung gesagt – wir werden den Gesetzentwurf der Frak tion der FDP/DVP ablehnen, weil wir denken, dass eine völ lige Abschaffung der Altersgrenzen angesichts der rechtlichen Ansprüche an das Bürgermeisteramt in Baden-Württemberg nicht angemessen ist. Kollege Schwarz hat die Aufgaben er wähnt. Zusätzlich darf ich mitteilen: Der Bürgermeister – das ist eine ganz wesentliche Aufgabe – vollzieht auch die Be schlüsse des Gemeinderats.
Er muss rechtswidrigen Beschlüssen widersprechen, er ist Dienstvorgesetzter, er ist oberste Dienstbehörde aller Gemein demitarbeiter. Deshalb ist das eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.
Die Geschichte hat nun einmal in den Fünfziger- und Sechzi gerjahren gezeigt, dass dies durchaus manchmal mit Proble men zu tun hatte. Keine Angst, ich zitiere nicht.
Herr Rülke, Sie schauen etwas erwartungsvoll zu mir. Aber das mache ich heute nicht, weil ich es in erster Lesung er wähnt habe.
Okay. Aber Sie haben mir in die Augen geschaut.
Wir kommen zurück zum Ernst dieses Themas. Wir haben von Baden-Baden in den Sechzigerjahren gehört. Deshalb hat man damals angefangen, darüber nachzudenken, ob man die Alters obergrenze nicht aufhebt. Es gab aber auch noch andere Fäl le, dass ältere Bürgermeister mit zunehmendem Alter seltsa me Entscheidungen fällten
und manchmal noch seltsamere Verhaltensweisen an den Tag legten.
Deshalb hat man sich auf das 68. Lebensjahr als Ende der Dienstzeit geeinigt. Letztmals kann man sich im Augenblick noch zur Wahl stellen, wenn man das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Die Menschen werden in der Tat immer gesünder – Gott sei Dank –, sie werden immer älter. Gestern stand in den „Badi schen Neuesten Nachrichten“:
Mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss.
Ja, Udo Jürgens; das kennen wir.
Nebenbei erwähnt: Es steht dort z. B., dass über eine Million Menschen über 65 in der Republik arbeiten. Ein Bürgermeis ter hingegen dürfte sich nach geltendem Recht nicht mehr auf stellen lassen. Man kann und sollte darüber nachdenken, und das haben wir auch getan.
Wir hören bei den kommunalen Landesverbänden durchaus unterschiedliche Meinungen. Wir werden uns auch noch mit dem Landkreistag unterhalten. Ich denke, irgendwo dazwi schen – zwischen völliger Aufhebung und dem jetzigen Rechts zustand – liegt in diesem Fall auch die Wahrheit. Kollege Schwarz hat es ausgeführt: Wir wollen die Altershöchstgren ze, die bisher bei 68 Jahren liegt, um fünf Jahre auf 73 erhö hen,
und wir wollen die Wählbarkeit auf all diejenigen ausweiten, die das 68. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Ich den ke, das ist ein guter Kompromiss, den wir hier gefunden ha ben. Kollege Beck, er unterscheidet sich übrigens durchaus wesentlich von Ihrem Vorschlag.
Ich nenne ein Beispiel. So, wie Sie es vorschlagen, dürfte ich z. B. nicht mehr kandidieren; denn ich bin vor einem halben Jahr gewählt worden und muss mit Erreichen des 68. Lebens jahrs ausscheiden. Nach Ihrer Vorstellung dürfte ich nicht mehr kandidieren.
Es gibt viele Beispiele; ich nenne halt mich, weil ich gerade hier stehe. So, wie wir es vorschlagen, dürften all diejenigen Bürgermeister und Oberbürgermeister, die genauso betroffen sind wie ich, nochmals kandidieren und müssten mit 73 Jah ren ausscheiden. Das hat nichts mit „Lex Heiler“ zu tun, son dern das ist eine vernünftige Lösung.
Reiner Zufall.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ein letzter Punkt: Herr Dr. Rülke, ich denke, wenn man es so öffnen wür de, wie Sie es wollen, müsste man auch daran denken, eine Abwahlmöglichkeit zu schaffen, gerade wegen der Fälle in der Geschichte, die wir erlebt haben. Wenn man das Ganze offen macht, müsste man auch überlegen, ob man die Unter grenze von 25 Jahren infrage stellt. Da gäbe es also viele Pro bleme. Ich denke deshalb, dass unser Vorschlag der vernünf tigste ist. Wir werden deshalb den vorliegenden Gesetzent wurf und auch den Änderungsantrag der Fraktion der CDU ablehnen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Herr Kollege Hollenbach, ich weiß, Sie waren 40 Jahre lang Bürgermeister im schönen Murr.
Sie waren erfolgreicher Bürgermeister. – Aber als ich hör te, was Sie heute gesagt haben, hatte ich manchmal den Ein druck, die CDU hat Angst vor den Bürgern.
Wir schaffen mehr Rechte für die Bürgerinnen und Bürger, wir ermöglichen mehr Bürgerbeteiligung.
Eines darf ich Ihnen noch vorweg sagen: Die Gemeindeord nung von Baden-Württemberg – so, wie sie jetzt ist – stellt in der Tat ein gutes Instrumentarium für alle Beteiligten dar: für die Verwaltung, für die Bürgermeister, für die Gemeinderäte. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, nichts ist so gut, als dass es nicht noch besser gehen würde.
Deshalb haben wir uns in sehr vielen Diskussionen auf Fol gendes geeinigt – ich brauche das jetzt nicht alles zu wieder holen –: Wir wollen mit diesem Gesetz die direkte Demokra tie fördern. Wir stärken die Fraktionen, wir stärken ihre Rech te in den kommunalen Gremien, und damit stärken wir auch den Gemeinderat insgesamt. Wir bieten einen besseren Schutz von Minderheitenrechten, wir leisten einen Beitrag zur Ver einbarung von Familie und Beruf, wir würdigen und unter stützen die Arbeit der ehrenamtlich Tätigen, und wir verbes sern die Transparenz der Arbeit in kommunalen Gremien, die zu mehr Bürgerfreundlichkeit führt; wir stärken ferner die Rechte der Kinder und Jugendlichen.
Ich will darauf hinweisen – Herr Hollenbach, Sie haben dazu keinen Satz gesagt –, dass es dazu einen gemeinsamen An trag, einen interfraktionellen Antrag, aus dem Jahr 2013 gibt, nämlich den Antrag Drucksache 15/3332. Für mich ist es ein wesentlicher Punkt, dass wir die Rechte von Jugendlichen stärken, und das ist ziemlich genau das, was damals zu dieser interfraktionell getragenen Entschließung führte. Gerade in Richtung Kinder und Jugendliche will ich sagen – dazu darf ich aus der Antragsbegründung zitieren –:
Demokratie kann am besten gelernt werden, indem sie nicht nur gelehrt, sondern auch praktisch erlebbar wird.
Wir leisten also auch hier einen enorm wichtigen Beitrag, lie be Kolleginnen und Kollegen.
Zur Bürgerbeteiligung will ich nicht mehr viel sagen. Das wurde hier alles dargelegt. Interfraktionell hat man sich geei nigt.
Nur, Herr Kollege Hollenbach, eines sei hier zu sagen gestat tet: Sie haben nur die Bürgerversammlung bzw. die Einwoh nerversammlung genannt. Wir gehen da einen Schritt weiter: Es gibt künftig auch einen Einwohnerantrag. Das ist ein rie sengroßer Unterschied zum Bürgerantrag. Das heißt, wir stär ken hier auch die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedsstaats haben.
Die Bildung von Fraktionen wird erstmals in der Gemeinde ordnung erwähnt. Da gilt für uns natürlich, dass die kommu nale Selbstverwaltung ein sehr hohes Gut ist. Denn wir über lassen es den Gemeinderäten, zu entschieden, wie dies nach her im Einzelnen durchgesetzt wird.
Wir wollen die Minderheitenrechte in kommunalen Gremien stärken. Künftig kann eine Fraktion oder ein Sechstel der Ge meinderäte bzw. Kreisräte die Aufnahme eines Verhandlungs gegenstands auf die Tagesordnung beantragen.
Wir stärken ferner die Rechte der Mitglieder von Gemeinde- und Kreisräten hinsichtlich der Erstattung von Aufwendun gen für Kinderbetreuung. Herr Kollege Hollenbach, an die sem Thema will ich Ihnen einmal zeigen: Wir wollen durch unser Gesetz künftig gewährleisten, dass das in den Gemein den geregelt wird. Sie haben zu Recht gesagt: Das kann man; wir haben es z. B. bei uns in Waghäusel getan. Aber ich be haupte, dass der ganz überwiegende Teil der Kommunen in Baden-Württemberg das gerade noch nicht gemacht hat. Des halb ist dieses Gesetz, wie ich denke, auch notwendig.
Gleiches gilt für die Frist von sieben Tagen für die Zusendung der Sitzungsunterlagen. Es heißt übrigens: „in der Regel min destens sieben Tage vor dem Sitzungstag“. Damit werden die Rechte des Gemeinderats gestärkt. Wir haben im gemeinsa men Gespräch mit dem Städtetag erfahren: Es gibt Kommu nen, in denen es zwei, drei Tage sind. Das ist unseres Erach tens zu wenig; deshalb: „in der Regel... sieben Tage“. Wir be lassen es dabei: Die Gemeinden können – das schreiben wir im Gesetz auch fest – festlegen, ob in den Ausschüssen in öf fentlicher oder nicht öffentlicher Sitzung vorberaten wird.
Jetzt will ich noch ganz kurz drei Punkte benennen. Wir wer den gemeinsam mit den Grünen auch noch drei Änderungs anträge einbringen. Wir wollen die bestehenden antiquierten Hinderungsgründe abschaffen; denn es versteht kein Mensch, dass in Gemeinden bis 10 000 Einwohner nicht zwei Brüder, zwei Schwestern – was weiß ich – im Gemeinderat sein kön nen. Wir überlassen es den Wählerinnen und Wählern, künf tig zu sagen, wen sie im Gemeinderat haben wollen.
Das Gleiche gilt auch, wenn man mit dem Bürgermeister oder Oberbürgermeister verwandt ist. Auch da soll es keine Hin derungsgründe mehr geben.
Weiter wollen wir den Kommunen ermöglichen, ihre öffent lichen Bekanntmachungen auch über das Internet vorzuneh men, damit sie dann verbindlich werden. Auch dies ist eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung.
Der dritte Punkt – das haben wir heute Morgen besprochen – ist die Anhebung der Altersgrenze für die Kandidatur von Oberbürgermeistern und Bürgermeistern, Landräten usw.
Insgesamt schaffen wir mit diesem Gesetz die notwendige Modernisierung der Demokratie auf der kommunalen Ebene. Ich freue mich auch schon auf die Behandlungen im Innen ausschuss und dann in der zweiten Lesung.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man darf sicherlich über das Thema nachdenken. Herr Kollege Dr. Rülke, Sie haben bei manchen Punkten recht. Für die Bundes kanzlerin, den Bundespräsidenten, den Ministerpräsidenten, den Landtagspräsidenten, für Abgeordnete, für Minister und im kommunalen Bereich für Gemeinderäte und Kreisräte gibt es keinerlei Altersbeschränkung.
Werfen wir einmal einen Blick über die Grenze: Auch für den Papst gibt es keine Altersbeschränkung.
Werfen wir – sehr ernsthaft – einen weiteren Blick über die Grenze, in eine andere Richtung:
Prinz Charles dürfte nach der derzeitigen Rechtslage nicht kandidieren. Er ist zwar EU-Bürger, aber er ist 66 Jahre alt. Wenn wir das Gesetz in dem Sinn ändern würden, wie wir es vorschlagen, dann könnte Prinz Charles kandidieren – nur um Ihnen das einmal etwas anschaulich zu vermitteln.
Insofern darf durchaus darüber nachgedacht werden.
Herr Dr. Rülke, Sie haben vorhin die Gesetzesänderung im Jahr 1972 erwähnt. Darauf komme ich nachher noch zurück. Da mals gab es einige ältere Bürgermeister, die nicht so ganz – – Auch dafür gibt es Gegenbeispiele. Ich zitiere aus den „Stutt garter Nachrichten“ vom 20. April 1953. Die Überschrift lau tete:
Sein Tag läuft wie ein Uhrwerk ab
Der älteste Bürgermeister Westdeutschlands, Hermann Endres aus Waghäusel, wird heute 80 Jahre alt.
Aus Anlass des 80. Geburtstags von einem meiner Amtsvor gänger fand damals in Waghäusel eine Bürgermeisterver sammlung statt. Es hieß weiter:
Damit Hermann Endres seinen Geburtstag auch im Kreis seiner Kollegen feiern kann, hat der Bruchsaler Landrat Weiß an diesem Tag in Waghäusel eine Bürgermeisterver sammlung einberufen. Viele Hände wird Bürgermeister Endres schütteln. Er ist das feste Zupacken von seiner täglichen Gartenarbeit nach den Dienststunden gewohnt.
Die Zuckerfabrik mit ihren großen steuerlichen Abgaben und ihrem sozialen Wirken hat das Dorf Waghäusel zu ei nem kleinen Paradies gemacht. Mit der Weisheit des Al ters wacht Hermann Endres darüber, dass immer Frieden herrscht und dass die Steuergelder richtig verwendet wer den.
Über alles erst einmal eine Nacht zu schlafen, ist der pri vate und kommunalpolitische Standpunkt des Waghäuse ler Bürgermeisters, damit ein junges Mädchen an der Schreibmaschine alle im Amt anfallenden Arbeiten allein bewältigt.
Insofern: Man sieht, dass bereits früher ältere Bürgermeister Erfolg hatten.
Übrigens, ein Jahr später – ich komme gleich zum Thema – wurde Hermann Endres mit 81 Jahren wiedergewählt – dies mal für die Dauer von zwölf Jahren.
Das heißt, am Ende seiner Dienstzeit wäre er 93 Jahre alt ge wesen. Er ist dann allerdings mit 85 Jahren im Amt verstor ben.
Nun, es gibt allerdings auch Gegenbeispiele. Herr Dr. Rülke, Sie haben es vorhin erwähnt. Ich darf nur einmal den dama ligen OB von Baden-Baden – in den Sechziger-, Siebziger jahren – nennen, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Das kann man alles im Internet googeln. Aber es ist sicherlich nachvoll ziehbar, dass man damals die Gesetzeslage so schaffte, wie sie heute noch besteht.
Ich wollte mit diesen Beispielen einordnen, wo wir stehen. Sie verlangen die vollständige Abschaffung der Altersgrenze für Bürgermeister, Beigeordnete, Landräte und Amtsverwe ser. Wir stellen natürlich fest, dass wir dem demografischen Wandel Rechnung tragen müssen. In der Tat werden die Men schen immer älter, sie bleiben immer länger gesund. Deshalb haben wir uns – Herr Kollege Schwarz, ich will die Einzel heiten nicht wiederholen – auf diesen Kompromiss geeinigt, den wir allerdings mit den kommunalen Landesverbänden noch sehr, sehr intensiv besprechen werden; das will ich deut lich betonen. Wir sind da auch einigermaßen offen.