Protokoll der Sitzung vom 10.10.2012

Meine Damen und Herren! Ich eröff ne die 46. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württemberg. Ich darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen.

Dienstlich verhindert ist Herr Abg. Professor Dr. Reinhart.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Dr. Rapp erteilt.

Krankgemeldet sind Frau Abg. Lindlohr, Herr Abg. Raab und Herr Abg. Schwehr.

Für die Zeit von etwa 13:00 bis 15:00 Uhr hat sich aus dienst lichen Gründen Herr Minister Dr. Schmid entschuldigt.

Dienstlich verhindert sind Frau Ministerin Warminski-Leit heußer bis 12:00 Uhr und Herr Minister Friedrich.

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass heute ein Kol lege Geburtstag hat. Ich möchte dem Kollegen Andreas Stoch im Namen des Hohen Hauses sehr herzlich dazu gratulieren.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvor schlägen zu. Es ist so beschlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung der Landesregierung vom 2. Oktober 2012 – Information

über Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf des Staatsvertrags über die Übertragung hoheitlicher Aufgaben zum Betrieb eines gemeinsa men Vollstreckungsportals der Länder – Drucksache 15/2441

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

2. Mitteilung der Landesregierung vom 2. Oktober 2012 – Bericht der

Landesregierung nach § 6 Absatz 4 Landesstatistikgesetz (LStatG) – Drucksache 15/2436

Kenntnisnahme, keine Ausschussüberweisung

Damit treten wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Schulden über Schulden – Die grünroten Pläne zur Umsetzung der Schuldenbremse – bean tragt von der Fraktion der FDP/DVP

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Schon wieder eine ten denziöse Überschrift!)

Das Präsidium hat wie üblich für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleiten den Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich möchte auch daran erinnern und dazu ermuntern, die Ak tuelle Debatte in freier Rede zu führen.

Das Wort für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Kol legen Dr. Rülke.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Er hat schon wieder ei nen ganzen Karteikasten dabei! Guck mal!)

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Finanzminister Schmid hat in der letzten Woche die Sparer in diesem Land in zwei Katego rien aufgeteilt: die Verbalsparer und die Realsparer. Herr Kol lege Schmid, es wäre interessant, in diesem Haus eine gehei me Abstimmung zu der Frage durchzuführen, in welche Ka tegorie Sie gehören.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Noch interessanter wäre es, eine Umfrage bei der Bevölke rung im Land zu der Frage zu machen: Ist der Finanzminister jetzt ein Realsparer oder ein Verbalsparer? Wenn man sich Ih re mittel- bis langfristige Finanzplanung anschaut, dann ist die Frage leicht zu beantworten. Sie wollen in den Jahren 2013 und 2014 3,3 Milliarden € neue Schulden machen. Bis 2020 wollten Sie 8,8 Milliarden € neue Schulden machen. Nach dem dieses Vorhaben öffentlich wurde, sind Sie dann zurück gerudert. Zunächst war von einer Schuldenaufnahme von 6,7 Milliarden € die Rede, jetzt immerhin noch von 6,4 Milliar den €. Aber Ihr Ziel war die Schuldenaufnahme von 8,8 Mil liarden €.

Das war auch kein Versehen, Herr Finanzminister. Denn Sie haben hochoffiziell der Opposition einen – ich zitiere – „Re ferentenentwurf des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft als Gesprächsgrundlage für ein Gesetz zur Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung“ zugeleitet. Darin standen 8,8 Milliarden €. Das war Ihr Ziel, meine Damen und Herren. Da soll noch jemand ernsthaft die Frage formulieren: Handelt es sich um einen Real- oder um einen Verbalsparer?

Auch der Vergleich mit anderen Bundesländern spricht eine eindeutige Sprache. Bayern tilgt 1 Milliarde €, Baden-Würt temberg macht 3,3 Milliarden € neue Schulden. Thüringen –

das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – will til gen, Baden-Württemberg macht 3,3 Milliarden € neue Schul den. Sachsen: ausgeglichener Haushalt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört! – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Was ist das für eine Geisterrede?)

Mecklenburg-Vorpommern strebt einen ausgeglichenen Haus halt an.

Meine Damen und Herren, mit Ihnen, Herr Schmid, als Fi nanzminister kommt Baden-Württemberg in der Haushalts politik dahin, wo Bremen in der Bildungspolitik schon ist. So sieht es aus.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sehr anschaulich!)

Sie legen dem Landtag von Baden-Württemberg einen Haus halt vor, der rechtswidrig ist und der Landeshaushaltsordnung widerspricht. Die Landeshaushaltsordnung sieht nämlich vor, dass bei solchen Steuereinnahmen, wie wir sie im Moment haben, eine Neuverschuldung gesetzwidrig ist. Das kümmert Sie nicht, bzw. Sie ändern die Landeshaushaltsordnung, um von einer rechtswidrigen in eine rechtskonforme Situation zu kommen.

Außerdem haben Sie Ihre Wählerinnen und Wähler getäuscht, meine Damen und Herren. Denn wenn man sich anschaut, was Sie in Oppositionszeiten alles angekündigt haben – sowohl Rot als auch Grün –, dann wird sehr deutlich, dass es sich bei diesem Haushalt um Wählertäuschung handelt, meine Damen und Herren.

Es ist doch möglich, ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Das haben CDU und FDP/DVP in den Jahren 2008 und 2009 vor geführt. So ist es.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: In den letz ten 16 Jahren! 38 Milliarden € Schulden! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Alles verschoben! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das war doch wie ein Lottogewinn für Sie und nichts anderes! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Unruhe)

Das können Sie nicht bestreiten. Man muss sich anschauen, wie Sie diesen aktuellen Haushalt in die Öffentlichkeit ge bracht haben, meine Damen und Herren:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die letzten Steuer einnahmen!)

Der Auftritt im Oktober vor der Landespressekonferenz war schon denkwürdig. Zunächst brauchen Sie einen Ministerial beamten, der Ihnen aus den Unterlagen heraussucht, wo über haupt die angeblichen Einsparungen sind.

(Abg. Volker Schebesta CDU: So ist es!)

Dann stellen Sie plötzlich überrascht fest: Nicht 800 Millio nen € haben Sie – angeblich – eingespart, sondern nur 640 Millionen €. Meine Damen und Herren, dieser Auftritt vor der Landespressekonferenz hat nicht an einen Regierungschef und

an seinen Stellvertreter erinnert, sondern das war eher eine Folge aus der Serie „Hannes und der Bürgermeister“.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und Abge ordneten der CDU – Abg. Volker Schebesta CDU: Fragt sich nur, wer der Hannes ist! – Abg. Wolfgang Drexler und Abg. Walter Heiler SPD: Haben Sie et was gegen Bürgermeister? – Abg. Rita Haller-Haid SPD: Das Niveau sinkt stündlich! – Unruhe – Glo cke des Präsidenten)

Ich weiß, dass Sie das nicht gern hören. Aber man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was da angeblich für Einsparungen sind.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist die popu lärste Sendung!)

340 Millionen € nehmen Sie den Kommunen weg. Das kann man ja tun. Aber dann zu erklären, das sei eine Einsparung, das ist schon ziemlich dreist, meine Damen und Herren. Das soll eine strukturelle Einsparung sein. Bis 2016 läuft die Ver einbarung. Wo wird denn da strukturell gespart?

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Wissen Sie, was „struk turell“ bedeutet?)

Noch besser, meine Damen und Herren: 120 Millionen € Aus schüttung von der Landesbank Baden-Württemberg als Ein sparung zu bezeichnen