Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

... es wäre ja für uns ganz einfach, jetzt die Polizei aus der Verantwortung zu nehmen im Nachhinein, wenn wir sagen könnten: Wir haben ja eigentlich nur das getan, wozu wir von der politischen Seite angewiesen worden sind. Dem ist aber nicht so....

Und jetzt, warum der Tag aufgrund vieler, vieler unglück licher Zustände so verlaufen ist: Das kann man alles auf listen. Da gibt es auch Berichte dazu, dass Kräfte nicht rechtzeitig... am vorgesehenen Ort waren. Wir hatten... die Lage und unseren Plan... ganz anders vorgesehen. Wenn wir das geahnt hätten, dass es so kommt, dann hät ten wir natürlich einen anderen Plan... aufgesetzt.... Das war wirklich eine Verkettung vieler, vieler Elemente, die dazu geführt haben, dass es so lief, wie es gelaufen ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Trotzdem bleiben die Kollegen Sckerl und Binder von den Grünen und der SPD bei ihrer falschen Darstellung. Da sitzen zwei Juristen,

(Zuruf von der CDU: Einer!)

die ihr juristisches Sachwissen ihren parteipolitischen Zielen geopfert haben. Gerade von Ihnen, lieber Kollege Binder, hät te ich ein anderes Verhalten erwartet. Es tut mir leid, dies hier feststellen zu müssen. Aber die SPD konnte sich in diesem Untersuchungsausschuss nie als Juniorpartner von den Grü nen emanzipieren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Die Bevölkerung durchschaut aber hoffentlich Ihre parteipo litische Motivation. Aber welches Bild hat Grün-Rot eigent lich von der Polizei? In der Einsetzungsdebatte sagten Sie,

Herr Sckerl, Sie seien der Polizei Antworten schuldig. Diese Antworten haben Sie gegeben. Die Polizei ist für Sie eine will fährige Institution ohne Rückgrat.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sag mal! Geht es noch?)

Vielleicht passt das in Ihr grünes Weltbild; mit der Realität in Baden-Württemberg aber hat das nichts zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Glück FDP/DVP)

Die Polizeibeamten haben nämlich durchaus ein starkes Rück grat bewiesen, als sie auch eigene Fehler einräumten.

Wie wollen Sie, liebe Kollegen von der SPD, der Polizei in Zukunft begegnen? Wie sollen Polizeibeamte Ihnen vertrau en, wenn Sie deren Vorgesetzte verunglimpfen und im Grun de der Falschaussage bezichtigen? Nichts anderes machen Sie, wenn Sie trotz der gegenteiligen Zeugenaussagen auf Ihren unbewiesenen Behauptungen beharren und dem Zeugen Er innerungslücken vorwerfen, beispielsweise dem Zeugen Ham mann. Er ist immerhin Amtschef in Ihrem Integrationsminis terium.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss wird gemein hin als politisches Kampfmittel bezeichnet. Das ist sicher nicht völlig falsch. Aber wenn man sich den NSU-Untersu chungsausschuss im Bund und wohl auch den im Land an schaut, dann sieht man, was möglich gewesen wäre. Grün-Rot ging es jedoch leider nicht um ernsthafte Aufklärung.

Weil aber Mehrheit zum Glück nicht automatisch Wahrheit bedeutet und um zu zeigen, dass sich aus der Beweisaufnah me des Untersuchungsausschusses durchaus seriös Erkennt nisse ableiten lassen, will ich die letzten Minuten nutzen, um die zentralen Ergebnisse aus unserem Minderheitsvotum vor zustellen.

Die Landespolitik hat das Agieren der Polizei in Sachen Stuttgart 21 verfolgt, und die zuständigen Ministerien standen in engem Kontakt zur Polizei. Dies ist bei Groß projekten... völlig normal. Die jeweilige Einsatztaktik sollte jedoch von der Polizei festgelegt werden. Hier hat sich unseres Erachtens die Politik herauszuhalten.

Diesen Maßstab an das Verhalten der Regierung des Mi nisterpräsidenten Mappus angelegt, kann der Untersu chungsausschuss keine politische Einflussnahme auf den Polizeieinsatz am 30.09.2010 erkennen....

Der Polizei und den zentralen politischen Akteuren war im Zusammenhang mit dem 30.09.2010 klar, dass die Po lizei für die Einsatztaktik zuständig ist. Nach einhelligen Zeugenaussagen wurde sie von der Polizei festgelegt.

Der Untersuchungsausschuss hat demzufolge keinen Be weis für eine politische Einflussnahme der früheren Lan desregierung auf die Polizeitaktik des 30.09.2010. Durch die Beweisaufnahme erhielt der Ausschuss jedoch viele Zeugenaussagen damaliger Entscheidungsträger aus Po lizei, Verwaltung und Politik, die glaubhaft nahelegen, dass es eine solche Einflussnahme nicht gab. All diese Zeugen würde man der Lüge bezichtigen, käme man trotz dem zu einem anderen Ergebnis.

Auch aus den Akten des Untersuchungsausschusses geht nicht hervor, dass sich die Politik in die Polizeitaktik des 30. Sep tember 2010 einmischte. Selbst die von uns eingesehenen E-Mails der Ministerin Gönner führen nicht zu einer anderen Einschätzung.

Die Regierungserklärung hatte nach unserer Überzeu gung keinen Einfluss auf die Festlegung des Einsatzter mins 30.09.2010.

Für die Angehörigen der Polizei ging es bei der Terminierung um das Verhindern einer weiteren Verfestigung des Wider stands im Schlossgarten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Dr. Kern, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Lehmann?

Nein. – Aussagen, ein Ter min unmittelbar zum Ende der Vegetationsperiode sei offen kundig sinnvoll gewesen, überzeugen.

Die Regierungserklärung war einzelnen Angehörigen der Po lizei mit Blick auf den Polizeieinsatz egal, weil sie zu keiner Kollision mit dem Polizeieinsatz führte, wie es der Zeuge Stumpf sagte, oder die Entscheidung für den 30. September bereits gefallen war, wie der Zeuge W. betonte.

Die von anderen Angehörigen der Polizei allgemein gehalte nen Aussagen, die Regierungserklärung habe eine Rolle ge spielt, ist wohl dahin gehend zu verstehen, dass die Polizei er kannt hat, dass die Regierungserklärung für politische Akteu re von Bedeutung war. Hieraus ergab sich aber kein Konflikt. Denn Polizei und Politik wollten den Einsatz am 30. Septem ber.

Die Frage, ob dem letzten Untersuchungsausschuss Ak ten vorenthalten wurden, können wir aus eigener Fest stellung nicht beantworten. Dies ist uns deshalb unmög lich, weil Grün-Rot die entsprechenden Beweisanträge so formuliert hat, dass ein Vergleich der Aktenlieferungen des ersten Untersuchungsausschusses mit den Akten des zweiten Untersuchungsausschusses kaum möglich war.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Da hätten Sie mehr Akten lesen müssen, Herr Kollege!)

Wir hatten ein gestuftes Verfahren vorgeschlagen. Leider lehnte Grün-Rot unseren Vorschlag ab. Die grün-rote Landesregierung stellte in ihrem Regierungsbericht fest, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass dem ersten Untersuchungsausschuss Akten bewusst vorenthalten wurden.

Ärgerlicherweise konnten zwei Fragen nicht geklärt werden, da Grüne und SPD mit ihrer Mehrheit eine Behandlung der Sachverhalte verhinderten.

Aus den Akten des Untersuchungsausschusses ergibt sich, dass das Staatsministerium im Oktober 2011 auf Wunsch von Ministerpräsident Kretschmann und Staatsministerin Krebs im Justizministerium nach personenbezogenen Daten von Stuttgart-21-Gegnern und Polizeibeamten fragte. Das Justiz

ministerium verweigerte die Herausgabe der Daten, da dies gegen die Strafprozessordnung verstoßen hätte. Heute noch unklar ist, was der Ministerpräsident und die Staatsministerin mit den Daten anfangen wollten. Grüne und SPD verhinder ten mit ihrer Mehrheit die Aufklärung dieses Sachverhalts.

(Beifall des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Kurz nach der Landtagswahl 2011 wurde der gesamte Server bestand des damaligen Umweltministeriums von einer Fachab teilung gespeichert, um die Informationen der neuen Landes regierung zur Verfügung zu stellen. Dieser Bestand sei dann vergessen worden. So wurde der Bestand später nicht ge löscht, obwohl dies datenschutzrechtlich erforderlich gewe sen wäre.

Im Raum steht der Vorwurf, die grün-rote Landesregierung habe die Daten absichtlich nicht gelöscht, damit die Unterla gen später dem Untersuchungsausschuss zugeführt werden konnten. Wir wären dem gern nachgegangen und beantragten daher die Überstellung der zu diesem Sachverhalt vorhande nen Akten und die Vernehmung von Zeugen. Dies war GrünRot aber anscheinend zu unangenehm. Zunächst vertagten sie mit ihrer Ausschussmehrheit die Abstimmung über diese An träge. Dann ließ die Koalition die Zulässigkeit der Anträge durch die Landtagsverwaltung prüfen, und obwohl die Land tagsverwaltung die Anträge für zulässig hielt, lehnte Grün-Rot sie dann als unzulässig ab. Grün-Rot garnierte dies mit der Aussage: „Die“ – also FDP/DVP und CDU – „klagen doch sowieso nicht.“ Dieses Verhalten zeugt von einer Überheb lichkeit, wie wir sie bei der Behandlung unserer Anträge lei der nicht nur einmal erleben mussten.

(Beifall des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Sehr gut!)

Angesichts dieses Verhaltens verwundert es nicht, dass es mit unter des Verwaltungsgerichtshofs bedurfte, um grün-rote Selbstherrlichkeit in die Schranken des Rechtsstaats zu ver weisen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Na, na, na!)

Die Entscheidung vom 7. August 2015 sollte Ihnen von Grü nen und SPD noch in den Ohren klingen.

Die heutige Debatte hätte zum Ende der Legislaturperiode zei gen können, dass Politik auch gemeinsam an der Sache ori entiert arbeiten kann. Vor allem Sie, liebe Kollegen von Grü nen und SPD, haben dies aber verhindert. Damals haben Sie in Zeiten, in denen auch für unsere parlamentarische Demo kratie geworben werden sollte, leider das Gegenteil getan.

Abschließend möchte ich mich zum einen bei der Landtags verwaltung bedanken. Ganz besonders danken möchte ich aber meinem parlamentarischen Berater Dr. Christian Lange für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.

Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Untersuchungsausschusses im Vierten Teil des Berichts und der Beschlussempfehlung, Drucksache 15/8008.

Zu der Beschlussempfehlung des Untersuchungsausschusses liegt der Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/8074, vor, der aus sechs Abschnitten besteht. Ich schlage Ihnen vor, dass ich zunächst diesen Änderungsantrag insge samt zur Abstimmung stelle. – Sie sind damit einverstanden.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksa che 15/8074, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussemp fehlung des Untersuchungsausschusses, der Drucksache 15/8008. Sind Sie damit einverstanden, dass ich die Abschnit te I bis IV gemeinsam zur Abstimmung stelle?

(Abg. Volker Schebesta CDU: Nein, Kenntnisnahme gesondert!)