Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

a) Wie bewertet die Landesregierung den Tatbestand, dass das

Betreuungsgeld in Baden-Württemberg von einem großen Teil der Eltern (110 261 im dritten Quartal 2015) in An spruch genommen worden ist, obwohl das Betreuungsgeld in der medialen und politischen Diskussion (auch seitens der Landesregierung) überaus kritisch gesehen worden ist?

b) Welche Gründe hindern die Landesregierung, die erfreuli

cherweise vom Bund (mangels dessen Zuständigkeit) an die Länder übertragenen Mittel dafür zu verwenden, ein entsprechendes familien- und sozialpolitisch orientiertes Angebot des Landes für die Mehrheit der Eltern ersatzwei se zu konzipieren, welches das 2012 gestrichene Landes erziehungsgeld wenigstens mit Bundesmitteln kompen siert?

Schriftliche Antwort des Ministeriums für Arbeit und So zialordnung, Familie, Frauen und Senioren

Zu a: Die Landesregierung hat das Betreuungsgeld stets ab gelehnt, weil es das familien- und bildungspolitisch falsche Ziel verfolgt, die Nichtinanspruchnahme von Betreuungsein richtungen durch finanzielle Anreize zu fördern.

Im Gegensatz dazu orientiert sich die Familienpolitik der Lan desregierung an den wirklichen Bedürfnissen der Familien. Das betrifft vor allem den weiteren Ausbau umfassender An gebote im Bereich der Kinderbetreuung, um allen Eltern die Vereinbarkeit ihres Berufs- und Familienlebens zu ermögli chen.

Unabhängig davon hat aber die Landesregierung selbstver ständlich ihre Pflicht zur Umsetzung des Gesetzes zum Be treuungsgeld bundesweit mit am schnellsten sowie so einfach, bürgernah, familienfreundlich und kostengünstig wie möglich erfüllt. Das ist in Baden-Württemberg besser gelungen als in vielen anderen Ländern.

Die Inanspruchnahme des Betreuungsgelds hat zudem Grün de, die die Kritik an den Fehlanreizen und den langfristig nachteiligen gesellschaftspolitischen Auswirkungen des Be treuungsgelds in vollem Umfang bestätigen. Dies machen die Ergebnisse einer Auswertung amtlicher Daten zu den Effek ten des Betreuungsgelds durch das Deutsche Jugendinstitut (DJI) und die Technische Universität in Dortmund mit Unter stützung des Bundesfamilienministeriums deutlich. So hängt die Inanspruchnahme im Ländervergleich weitgehend mit dem Ausbaustand der Kinderbetreuung zusammen. Und obwohl Baden-Württemberg bei der Kinderbetreuung infolge der Po litik der Landesregierung mittlerweile bundesweit die höchs ten Zuwachszahlen aufweist, konnten wir die politischen Ver säumnisse der Vorgängerregierungen leider noch nicht völlig aufholen.

Bei der Befragung durch das DJI sagten 60 % der Bezieher, sie würden sich parallel um einen Kita-Platz für ihr Kind be werben. In den meisten Fällen diente das Betreuungsgeld al so nur zur Überbrückung. Nur etwa 40 % der Eltern gaben an, grundsätzlich der Überzeugung zu sein, dass Kinder in den ersten Lebensjahren in der Familie groß werden und keine Krippe besuchen sollten.

Nach der Auswertung des DJI war die Nutzung des Betreu ungsgelds außerdem stark abhängig vom flächendeckenden Ausbau der öffentlichen Betreuungsangebote. In Regionen mit vergleichsweise wenigen Kita-Plätzen wurde das Betreu ungsgeld öfter und länger beantragt. Auffällig war auch der Unterschied zwischen alten und neuen Bundesländern, in de nen die Kinderbetreuung traditionell besser ausgebaut ist: „Die Bezugsdauer des Betreuungsgelds ist in Ostdeutschland häufig kürzer, weil Eltern frühzeitiger einen Platz in der Kita oder bei einer Tagespflege erhalten.“

Zudem handelt es sich bei der Inanspruchnahme des Betreu ungsgelds in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle um ei nen reinen Mitnahmeeffekt. 87 % der Mütter und Väter, die Betreuungsgeld bezogen, gaben laut einer neuen Studie an, sie hätten ihr Kleinkind auch dann nicht in eine Krippe ge bracht, wenn sie kein Geld für die Betreuung zu Hause erhal ten hätten. Bei mehr als 80 % der Empfänger der Prämie war vor allem die Mutter für die Kinder zuständig; die Mütter wa ren vor der Geburt gar nicht oder nur geringfügig erwerbstä tig.

Sie stiegen deutlich später und mit geringerer Stundenzahl wieder in den Beruf ein. 150 € Betreuungsgeld pro Monat ha ben wenig Einfluss auf die Entscheidung der Eltern, wie und wo sie ihr Kind betreuen lassen.

Noch ein Hinweis ist wichtig: Betreuungsgeld wurde über durchschnittlich häufig von Eltern bezogen, die zu Hause mit ihren Kindern kein Deutsch sprechen. Gerade in Westdeutsch land haben oft auch Familien Betreuungsgeld beantragt, die noch weitere Transferleistungen bezogen haben. Dabei wäre es gerade für die Zukunft dieser Kinder wichtig, dass sie eine sprachliche Förderung und Integration durch gute Angebote öffentlich geförderter Betreuung erhalten.

Zu b: Die Auswertung der tatsächlichen Inanspruchnahme des Betreuungsgelds hat die Kritikpunkte der Landesregierung zu den Fehlanreizen und den langfristigen gesellschaftspoliti schen Auswirkungen voll bestätigt. Das Betreuungsgeld setzt falsche Anreize, weil es Eltern ermuntert, ihre Kinder von den vorschulischen Bildungseinrichtungen fernzuhalten. In einer großen Anzahl von Fällen hat das Betreuungsgeld lediglich Mitnahmeeffekte ausgelöst.

Es trägt zudem dazu bei, die traditionelle Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern zu verfestigen. Außerdem er schwert es bei Familien mit Migrationshintergrund die gesell schaftliche Integration. Gerade in Westdeutschland haben oft auch Familien Betreuungsgeld beantragt, die noch weitere Transferleistungen bezogen haben.

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e r A b g. R i t a H a l l e r - H a i d S P D – V e r b l e i b d e s N a t u r s t e i n p a r k s R o n g e n i m S c h i n d h a u i n T ü b i n g e n

a) Wie beurteilt die Landesregierung die ökologischen Aus

wirkungen einer Betriebsverlagerung des Natursteinparks Rongen, bei der ca. 40 000 t Natursteine von einem in ei nem Wald gelegenen ehemaligen Munitionslager zu einer vormals zum Biolandanbau genutzten Ackerfläche verlegt werden?

b) Unter welchen Voraussetzungen kann von den Bestimmun

gen des Landeswaldgesetzes abgewichen werden, um auf dem Gelände des Natursteinparks ein Sonderbaugebiet aus zuweisen?

Schriftliche Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur

Seit rund zwei Jahrzehnten befindet sich im Bereich des ehe mals militärisch genutzten Areals Schindhau in Tübingen der Natursteinpark Rongen. Hinsichtlich des nunmehr kommu nalpolitisch gewünschten dauerhaften Verbleibs befinden sich die Stadt Tübingen und das Regierungspräsidium im Dialog. In Kürze finden weitere Gespräche statt, ob und wie eine Lö sung für den von der Stadt jetzt gewünschten Verbleib des Na tursteinparks am bisherigen Ort gefunden werden kann. In die sem Rahmen sind auch alle fachrechtlichen Fragen zu prüfen. Hinsichtlich der Frage der Umwandlung von Wald ist das MLR zuversichtlich, dass das Regierungspräsidium eine trag fähige Lösung finden können wird.

Zur Frage der ökologischen Folgen einer Verlagerung kann die Landesregierung ohne genauere Untersuchungen und aus der Ferne keine Aussage treffen, da es sich um eine im Rah men der kommunalen Planung zu klärende Frage handelt.

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. P e t e r H a u k C D U – V e r t u s c h u n g v o n E r m i t t l u n g e n b e i m P o l i z e i p r ä s i d i u m H e i l b r o n n ?

a) Seit wann und mit welchen Ergebnissen ermittelt das Po

lizeipräsidium Heilbronn wegen eines versuchten Sexual delikts im Bereich Mudau, Neckar-Odenwald-Kreis, am Fastnachtsdienstag?

b) Warum bzw. auf wessen Veranlassung hin fand dieser Über

griff keinen Niederschlag im Polizeibericht, sondern kam erst durch Nachfrage der Presse ans Tageslicht?

Schriftliche Antwort des Innenministeriums

Kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit sowie polizeiliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit orientieren sich grundsätz lich an Fakten und Indizien. Der Informationsanspruch der Öffentlichkeit und der individuelle Persönlichkeitsschutz wer den dabei verantwortungsbewusst miteinander abgewogen. Zudem ist der Gang des Strafverfahrens in Ermittlungs- bzw. Strafsachen zu berücksichtigen, besonders dann, wenn es sich um ein jugendliches potenzielles Opfer eines Sexualdelikts handelt, der vorgetragene Sachverhalt gewisse Zweifel auf wirft und wichtige kriminalpolizeiliche Ermittlungen für ei ne belastbare Faktenlage noch nicht abgeschlossen sind.

Nun zu Ihren Fragen:

Zu a: Nach Sachverhaltseingang beim Führungs- und Lage zentrum des Polizeipräsidiums Heilbronn am 9. Februar 2016 gegen 3:40 Uhr wurden unverzüglich die Ermittlungen auf genommen und der rund um die Uhr im Dienst befindliche Kriminaldauerdienst der Kriminalpolizeidirektion mit der ers ten Sachverhaltsaufklärung betraut.

Bereits am frühen Morgen wurde Rücksprache mit dem zu ständigen Bereitschaftsstaatsanwalt genommen. Da es sich um laufende Ermittlungen handelt, kann ich nur so viel sagen, dass die Einlassungen des zur Tatzeit stark alkoholisierten Op fers aktuell berechtigte Zweifel aufwerfen und die Veröffent lichung einer solchen wenig belastbaren Sachverhaltsschilde rung die Gefahr einer unverhältnismäßigen Opferstigmatisie rung mit sich bringt, die sich sodann erheblich auf die weite re Sachverhaltsklärung auswirken kann. Dies gilt umso mehr, als sich die vermeintliche Tat im ländlichen Raum zugetragen hat und das Opfer nicht anonym im großstädtischen Bereich wohnhaft ist.

Zu b: Die Verantwortung für die Berichterstattung polizeili cher Ereignisse liegt grundsätzlich bei den Stabsstellen (Pres sestellen) der Polizeipräsidien. Bei Sachverhalten, die den Jus tizbereich betreffen (z. B. staatsanwaltschaftliche Ermittlungs verfahren), erfolgt eine Veröffentlichung in enger Abstim mung mit der jeweils zuständigen Justizbehörde bzw. dem je weils zuständigen Gericht. Gemäß diesen allgemeingültigen Standards wurde in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Mosbach auf eine Mitteilung durch das Polizeipräsidium Heil bronn an die Medien verzichtet, da zu befürchten stand, dass die sachgemäße Durchführung des Ermittlungsverfahrens er schwert oder gar gefährdet werden könnte.

Bei den ersten Einlassungen gegenüber den ermittelnden Kri minalbeamten bestanden aufgrund des geringen Kooperati onswillens, einer erheblichen Beeinflussung durch alkoholi sche Getränke und der sich widersprechenden Aussagen durchaus berechtigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit der mut maßlich Geschädigten.

Um mit diesem Kenntnisstand eine objektive Sachverhalts klärung nicht zu erschweren und den Persönlichkeitsschutz der minderjährigen Geschädigten zu gewährleisten, wurde auf Anfrage durch die „Rhein-Neckar-Zeitung“ am 10. Februar 2016 zu besonderen Vorkommnissen in der Faschingszeit im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft von der Bekannt gabe des Sachverhalts Abstand genommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit rufe ich Tagesordnungspunkt 7 auf:

a) Beschlussempfehlungen und Berichte des Ausschusses

für Finanzen und Wirtschaft zu den Mitteilungen des Rechnungshofs vom 20. Juli 2015 – Denkschrift 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Ba den-Württemberg – Drucksachen 15/7000, 15/7001 bis 15/7025 und 15/7501 bis 15/7525

Berichterstatter: Abg. Dr. Reinhard Löffler

b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Rech nungshofs vom 13. Oktober 2015 – Prüfung der Rech nung des Rechnungshofs (Einzelplan 11) für das Haus haltsjahr 2013 durch den Landtag – Drucksachen 15/7599, 15/7691

Berichterstatter: Abg. Karl Klein

c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Ministeri ums für Finanzen und Wirtschaft vom 20. November 2014 – Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württem berg für das Haushaltsjahr 2013 – Drucksachen 15/6209, 15/7692

Berichterstatter: Abg. Joachim Kößler

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.

Zunächst erteile ich das Wort Herrn Rechnungshofpräsident Munding.

Sehr geehr te Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Herr Staatssekretär Hofelich! Zunächst bedan ke ich mich sehr herzlich, dass Sie sich sozusagen auf der Zielgeraden der Legislaturperiode noch die Zeit nehmen und die Geduld aufbringen, sich mit unserer Denkschrift 2015 aus einanderzusetzen.

Mein besonderer Dank gilt dem Finanz- und Wirtschaftsaus schuss und seinen Mitgliedern sowie dem Vorsitzenden, Herrn Karl Klein. Sie haben über die gesamte Legislaturperiode hin weg in fast jeder Sitzung mehrere Beiträge, Beratende Äuße rungen und Berichte des Rechnungshofs gründlich durchge arbeitet und dazu Empfehlungen beschlossen. Wir fühlen uns in diesem Ausschuss, in der fachlichen, sachlichen Atmosphä re, die dort herrscht, gut aufgehoben.