Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

Damit ist Punkt 34 der Tagesordnung erledigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich für die Schluss ansprache das Wort an den Herrn Landtagspräsidenten über gebe, möchte auch ich mich, auch im Namen meines Kolle gen Drexler, für die letzten fünf Jahre für die meist gute Zu sammenarbeit ganz herzlich bedanken und wünsche uns allen für die nächsten vier Wochen gute Gesundheit, viel Kraft und viel Erfolg.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich rufe Punkt 35 der Tagesordnung auf:

Schlussansprache des Präsidenten

Der Aufruf dieses Punktes bedeutet: Wir haben unser Pensum für diese Wahlperiode vollbracht – eine parlamentstechnisch wirklich besondere Wahlperiode. Das klingt jetzt ein bisschen

pathetisch, aber ein bisschen Pathos ist ja nicht unbedingt et was Schlechtes.

Besonders waren jedenfalls zum einen das detaillierte Aufar beiten von Ereignissen in der letzten Wahlperiode – teilweise in Untersuchungsausschüssen – und zum anderen die Zahl der Präsidentenwahlen. Diese zu erwähnen heißt wiederum, vier fach Dank zu bekunden, nämlich meinen beiden Vorgängern im Amt – also Ihnen, Kollege Stächele, und Ihnen, Kollege Wolf –

(Beifall bei allen Fraktionen)

sowie den beiden Konstanten in der Landtagsspitze, sprich Ih nen, Kollegin Lösch, und Ihnen, Kollege Drexler, als Vizeprä sidenten.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Eine weitere Besonderheit dieser Wahlperiode war, dass wir unsere Arbeit zweieinhalb Jahre lang unter eingeschränkten räumlichen Bedingungen verrichten mussten –

(Zuruf: Ohne Tunnel!)

entschädigt allerdings durch echte Vorfreude.

Unter Ihrer Ägide, Kollege Wolf, gelang es endlich, den gor dischen Knoten zu durchschlagen, zu dem sich die baulichen Überlegungen für das Haus des Landtags einerseits mit den Anforderungen des Denkmalschutzes und des Städtebaus an dererseits verwickelt hatten.

Ich kann heute bekräftigen, dass die Generalsanierung des Landtagsgebäudes sowie der Bau des Bürger- und Medien zentrums nach Aussagen der Fachleute und Planer voll im Zeit- und Kostenplan sind.

(Zuruf: An die Berliner!)

Einige Kolleginnen und Kollegen haben ja von dem gestrigen Angebot einer Baustellenbesichtigung Gebrauch gemacht. Zu gegeben: Für den Nichtfachmann sieht vieles noch unfertig aus. Aber die Experten können dies sicher besser einschätzen als wir.

Die konstituierende Sitzung des 16. Landtags von BadenWürttemberg wird also an alter Stelle, aber mit einem völlig neuen, „lichtreichen“ Raumgefühl stattfinden.

Zunächst gilt aber: Keine Verpflichtung ist dringlicher als die, Dank zu sagen. Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, schul den der gesamten Landtagsverwaltung ein ganz großes Kom pliment für die enorme Leistung, die sie unter teilweise sehr erschwerten Umständen erbracht hat.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich sage ein 138-faches Dankeschön für den Service, auf den wir Abgeordneten jederzeit zurückgreifen konnten, und für al les, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Land tagsverwaltung tun, damit sich der Landtag seinen Besuchern und Gästen stets hervorragend präsentiert.

Uns allen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt daran, die Intensität unserer parlamentarischen Arbeit zu steigern und

das Ansehen des Landtags als Institution zu stärken. Sie, Kol lege Stächele, haben als Präsident beim Start in diese Wahl periode mannigfaltige, Schwung und Selbstbewusstsein ver mittelnde Anstöße gegeben.

Ich meinerseits rege bereits heute an, dass wir zu Beginn der kommenden Wahlperiode wieder prüfen, wo wir nachjustie ren sollten oder optimieren können. Dabei sollten wir auch re flektieren, warum die beim Start in diese Wahlperiode geschaf fenen Neuerungen – das Selbstbefassungsrecht der Ausschüs se und die erweiterten Möglichkeiten zu öffentlichen Aus schusssitzungen – relativ selten genutzt worden sind.

Positiv bilanzieren können wir zweifellos, dass sich die „Schlagzahl“ unserer Arbeit erhöht hat. Mit den von uns ver mehrt durchgeführten Aktuellen Debatten haben wir unsere Hand erheblich näher am beschleunigten Puls unserer Zeit. 109 Aktuelle Debatten führten wir in der letzten Wahlperiode – 230 in dieser. Aktuelle Debatten sind ein probates Mittel, politische Pflöcke einzuschlagen und unsere Kontrollfunkti on gegenüber der Regierung auszuüben. Wir sollten aber da rauf achten, dass Aktuelle Debatten nicht bloß aus Prinzip stattfinden und damit zum Selbstzweck schrumpfen. Wie für manches im Leben, so existiert möglicherweise auch für ihre Anzahl eine kritische Grenze.

Diese Feststellung soll aber nicht im Geringsten relativieren, wie viel wir bewegt haben, namentlich im gesetzgeberischen Kerngeschäft: 197 Gesetzentwürfe sind eingebracht und 170 verabschiedet worden.

Wie zu vermuten war, haben wir bei der Zahl der Drucksa chen den Allzeitrekord der letzten Wahlperiode übertroffen: 8 000 statt 7 600. Aber auch da nähern wir uns naturgemäß ir gendwann dem Grenznutzen. So betrachtet weist es in die richtige Richtung, dass die Zahl der Kleinen Anfragen und der Anträge fast gleich geblieben ist.

Erheblich aufwendiger geworden ist die Arbeit in den Unter suchungsausschüssen und Enquetekommissionen. Ein Abbild ist der Umfang der Abschlussberichte mit über 1 000 Seiten.

Einen beachtlichen Mehraufwand erforderten auch die euro päischen Angelegenheiten. In dieser Legislaturperiode haben wir uns mit 130 EU-Vorhaben befasst – in der letzten mit 77. Zu 27 EU-Vorhaben haben wir uns förmlich geäußert. In zwölf davon sahen wir Anlass, mahnend auf das Subsidiaritätsprin zip hinzuweisen.

Das erscheint nebensächlich am heutigen Tag, an dem wir al le gebannt nach Brüssel blicken. Unser aller Interesse ist, dass sich die düsteren Prognosen für die Zukunft der EU nicht er füllen. Gerade deshalb bleibt wichtig, dass wir für die demo kratischen Strukturelemente – zuvorderst für Subsidiarität – sichtbar eintreten.

Als Flankierung hilfreich wäre ein regelmäßiger politischer Dialog zwischen den regionalen Parlamenten und der Euro päischen Kommission. Baden-Württemberg ist in der Konfe renz der Landtagspräsidenten für diesen Themenbereich fe derführend. Ich habe deswegen bei der EU-Kommission an geregt, einen festen Ansprechpartner für die regionalen Par lamente mit eigener Gesetzgebungskompetenz zu installieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ab jetzt ist Endspurt im Wahlkampf. Jede Partei will, dass sie gewählt wird und die andere nicht, weshalb wir uns nicht allzu sehr gegenseitig lo ben können. Bedenken wir dennoch: Das Grundvertrauen in politische Institutionen sinkt. Wir sind deshalb gemeinsam he rausgefordert. Die Betonung liegt auf „gemeinsam“ – auch in den kommenden dreieinhalb Wochen bis zum 13. März.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute schon den ganzen Tag über bei der einen oder anderen Rede ein bisschen Wehmut gespürt. Nun aber prägt das Phänomen Abschied wirklich die Stimmung. Und es bewahrheitet sich: Ist der Mo ment tatsächlich gekommen, dann schmerzt jeder Abschied, selbst wenn man sich nach einem langen Wirken auf ihn freut.

27 Kolleginnen und Kollegen wechseln mit Ansage in den de mokratischen „Adelsstand“ der ehemaligen Abgeordneten – rund ein Fünftel. Ihnen allen bleiben wir menschlich verbun den, und wir danken Ihnen für die Arbeit, die Sie – mit uns zusammen – geleistet haben.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Jede und jeder von Ihnen steht dafür, dass die parlamentari sche Demokratie getragen wird von unterschiedlichen Lebens erfahrungen, vom ungleichen Herangehen an Probleme, vom beherzten Ringen in der Sache, von Konzilianz im persönli chen Umgang und von dem Bestreben, das uns alle eint, dem Bestreben, das Beste für Baden-Württemberg zu bewirken.

Mustergültig trifft das auf Sie, lieber Kollege Köberle, zu. Nach einer „Laufzeit“ von 26 Jahren stellen Sie sich ohne Ab nutzungserscheinungen außer Dienst. Diese Verschleißfrei heit liegt sicherlich auch daran, dass Sie als gesundes Plus mindestens zehn Äpfel pro Tag verzehren – also seit Ihrem Mandatsantritt nahezu 100 000 Stück.

(Heiterkeit – Beifall des Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU)

Wir alle sagen über Sie: Schade, dass er geht – eben weil Sie durchgängig Ihre persönlichen Eigenschaften als politische Qualitäten zur Geltung gebracht haben.

1990 kamen Sie als Nachrücker; nach der Landtagswahl 1992 wurden Sie zum Senkrechtstarter in ein Regierungsamt: Staatssekretär im Kultusministerium. Der Anfang eines 19-jährigen Langstreckenflugs im Landeskabinett: ab Juni 2001 Minister und Bevollmächtigter beim Bund, zwischen 2005 und 2010 Staatssekretär im Innenministerium und da nach bis 2011 Minister für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz. So vielseitig wie ein Schweizer Offiziers messer – nur nicht so rot.

(Heiterkeit bei der CDU – Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/DVP)

Aber vor allem: Ihr Langstreckenflug, Kollege Köberle, führ te nicht zu einem Höhenrausch. In dieser Wahlperiode haben Sie ohne Vertun den Vorsitz im Ausschuss für Verkehr und In frastruktur übernommen und mit Ihrer ganzen Erfahrung in den dort oft harten Diskussionen gezeigt: Ausschusssitzungen klug zu leiten, das ist auch eine wichtige Form, unserem Land zu dienen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Nach 24 Jahren – also nach fünf Wahlperioden – treten die Kollegen Müller, Rau, Rech und Stratthaus von der landespo litischen Bühne ab – vier „Tenöre der Realpolitik“.

(Heiterkeit des Abg. Walter Heiler SPD)

Sie, Kollege Müller, zieren eigentlich auch 26 Parlamentsjah resringe. Denn Ihr beruflicher Werdegang begann mit zwei – in Anführungszeichen – „Lehrjahren“ als parlamentarischer Berater. Durch Ihren Rückzug verlieren wir einen blitzge scheiten Vollblüter, einen schlagfertigen Haudegen, der rhe torisch aber am liebsten mit dem eleganten Florett gefochten hat, eine strategisch denkende Führungspersönlichkeit, die klaglos willens war, sich in die Pflicht nehmen zu lassen. Bei Ihrem offensiven Politikverständnis, Kollege Müller, konnten kleine Schrammen nicht ausbleiben; sie mindern jedoch den Wert Ihrer politischen Lebensleistung nicht im Geringsten.

Einer Lebensleistung, zu der gleichermaßen Regierungsäm ter und herausgehobene Parlamentsfunktionen gehören: von 1996 bis 2004 zunächst Staatssekretär, dann Minister im Um welt- und Verkehrsministerium, später einige Monate Minis ter im Staatsministerium und für europäische Angelegenhei ten und seit 2006 Vorsitzender des Umweltausschusses.

Legendär wurden in den Neunzigerjahren Ihre zahlreichen Te lefaxnummern auf Ihrem Abgeordnetenbriefbogen.

(Abg. Walter Heiler SPD: Genau! Das stimmt!)