Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

(Abg. Walter Heiler SPD: Genau! Das stimmt!)

Vermissen werden wir zweifellos Ihr Talent, Plenardebatten mit Humor aufzulockern oder mit Ironie anzuheizen. Vielen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ihr Abgang, Kollege Rau, nach fünf Wahlperioden bedeutet: Wir haben einen gelernten „Homo politicus“ weniger in un seren Reihen. Studierter Politologe nebst entsprechender Be rufserfahrung – mit diesem Rüstzeug traten Sie 1992 an, und Sie verschafften sich als Bildungspolitiker rasch Reputation.

2001 wurden Sie Staatssekretär im Kultusministerium und 2005 Kultusminister, 2010 Minister im Staatsministerium und damit Generalist. Sie haben u. a. erreicht, dass sich unsere Kommunen von reinen Schulträgern, die sich um die Sach ausstattung kümmern, zu strukturellen Schulgestaltern gewan delt haben. Sie sind felsenfest zu Ihren Überzeugungen ge standen und waren im Einzelfall bereit, mit aller Konsequenz dafür einzutreten. Unerschütterliche Loyalität ist ebenso ein Markenzeichen von Ihnen gewesen wie unaufdringliche In tellektualität. Vielen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Eine gute Nachricht gibt es trotz allen Trennungsschmerzes aber dennoch – zumindest für den männlichen Teil des Hohen Hauses. Sie lautet: Wir haben wieder eine Chance bei der Wahl zum „Mister Landtag“, weil Sie, Kollege Rech, sich in das Leben ohne Mandat verabschieden.

(Heiterkeit)

Sie, der „Mario Adorf der CDU“

(Heiterkeit – Vereinzelt Beifall – Zuruf: Oi!)

ich weiß, das ist ein bisschen abgedroschen; ich sage es auch bloß deshalb, um hinzufügen zu können: aber nicht deren John Wayne. In zehn Jahren, von 2001 bis 2011, zunächst als Staatssekretär im Innenministerium und dann als Innenminis ter, sind Sie nie wie ein Sheriff aufgetreten.

Das Renommee, das Sie sich zuvor als Rechtspolitiker erar beitet hatten, und Ihren prickelnden Ruf als klassischer Char meur – beides untermauerten Sie als Kabinettsmitglied, ob schon Sie keine leichten Aufgaben hatten: von der großen Ver waltungsreform bis zur Auseinandersetzung um Stuttgart 21. Auch der Amoklauf von Winnenden fiel in Ihre Amtszeit. Wie tief Sie berührt hat, was Sie dort sehen mussten, haben Sie erst vor einiger Zeit in einem Interview offenbart.

Keine schroffen Kanten und trotzdem nicht stromlinienför mig, persönlich zuvorkommend, in Plenardebatten dennoch streitbar, Boxen als Fitnesssport und Violine spielen zur Er bauung – einfach ein „klasse Kerl“. Herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Dass Sie, Kollege Stratthaus, in dieser Reihe erst als Vierter genannt werden, ist allein dem Alphabet geschuldet. Selbst Ihr körperliches Gardemaß spiegelt Ihre menschliche Größe nur ansatzweise wider.

(Zuruf: Ui!)

Sie blieben in jeder Situation absolut souverän; wahrlich: in jeder.

Von 1998 bis 2008 sind Sie Finanzminister gewesen. Zu Ih ren Verdiensten gehört, dass Sie nicht nur die Schuldenbrem se mit Pioniermentalität in der Landeshaushaltsordnung ver ankert, sondern auch den Weg zu einer ersten Nullneuver schuldung geebnet haben. Ermutigend war, dass Sie als ener gischer Hüter der Landesfinanzen höchste Sympathiewerte hatten.

Nach Ihrer Amtszeit als Minister zehrten Sie nicht einfach vom angehäuften Ansehens- und Beliebtheitskapital – nein, Sie mehrten beides weiter: als „Bankenretter“ im Leitungs ausschuss des Finanzmarktstabilisierungsfonds, als Präsident der Führungsakademie und landtagsintern im Europaaus schuss. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei allen Fraktionen)

20, 19, 16 Jahre sind die Kennziffern für die Länge Ihres par lamentarischen Wirkens: Kollege Traub, Kollege Heiler und Kollegin Grünstein. Obgleich die Zahlen numerisch bereits höchst respektabel sind, beschreiben sie weder den Nachdruck noch den Tiefgang Ihrer Arbeit.

„Der Karl“, wie Sie, Kollege Traub, bei vielen zu Hause im Wahlkreis und ebenso hier bei uns im Landtag nur heißen, ist dabei ein heimlicher Champion. Wohl noch nie hat ein Abge ordneter mit so wenig „Klappern“ so viel erreicht. Sie, Kol lege Traub, ließen allein redliches Kümmern für sich spre chen. Als bescheiden-spröde wurden Sie einmal charakteri siert. Aber wer Sie unterschätzte, lag am Ende garantiert falsch. Sie beherrschten perfekt, Ihre Ausdauer, Ihre Hartnä ckigkeit und Ihr Geschick zu tarnen.

(Heiterkeit der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Ihr Wissen als Bürgermeister, „was Sache ist“, und Ihre Fä higkeit als Landwirtschaftsmeister, „das Gras wachsen zu hö ren“ – dieser Kompetenzmix verlieh Ihnen 15 Jahre lang als Vorsitzender des Ausschusses für Ländlichen Raum unum schränkte Autorität. Es fügte sich daher hervorragend, dass Ihnen in dieser Wahlperiode die Funktion und der Status des Alterspräsidenten zufielen. Auch da hatten Sie einen beson deren Nimbus: den Nimbus des – in Prozenten gerechnet – „Stimmenkönigs“ bei der Landtagswahl 2011. Demgemäß verneigen wir uns heute vor dem „nicht royalen Bürgerkönig Karl“. Herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Sie, Kollege Heiler, wären eigentlich gemeinsam mit den vier Kollegen zu nennen gewesen, die ich als „Tenöre der Realpo litik“ gewürdigt habe. Auch Sie sind 1992 in den Landtag ge kommen. Sie verordneten sich jedoch aus freien Stücken nach zwei Wahlperioden eine parlamentarische Auszeit. Bei der Wahl 2006 gelang Ihnen das Comeback. Das ist durchaus ei ne parlamentarische Seltenheit und damit auch eine persönli che Auszeichnung für Sie.

Ihr Revier ist die Innenpolitik gewesen. Sie profilierten sich zunächst als kommunalpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion. Seit 2009 sind Sie Vorsitzender des Innenausschusses. Den leiten Sie so straff, versiert und ergebnisorientiert, wie Sie als Bürgermeister bzw. seit 2013 als Oberbürgermeister die Ge meinderatssitzungen der Stadt Waghäusel durchziehen.

Womit angedeutet ist: Sie mussten sich jetzt entscheiden zwi schen Landtag und Rathaus. Sie sind deshalb ein Musterbei spiel dafür, dass wir durch unsere Unvereinbarkeitsregelung Klarheit und Konsequenz gewinnen, aber „praxisfrische“ Kompetenz und ein Stück Hang zum Pragmatismus einbüßen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Sie, Kollege Heiler, zeigen: Ein gebürtiger Kurpfälzer kann sich für den Hamburger SV begeistern.

(Beifall des Abg. Walter Heiler SPD – Abg. Walter Heiler SPD: Bravo!)

Sie, Kollegin Grünstein, manifestieren quasi umgekehrt: Ei ne richtige Kurpfälzerin kann in Berlin geboren sein.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Sie sind Anfang 2000 in die Landtagsarbeit eingestiegen. Ih re ersten Schwerpunkte waren die Innen- und die Umweltpo litik. In dieser Wahlperiode sind Sie Sprecherin für Auslän der-, Migrations- und Integrationspolitik und stellvertretende Vorsitzende Ihrer Fraktion gewesen.

Sie wussten Leidenschaft mit Kenntnisreichtum und Tempe rament mit Zielstrebigkeit konstruktiv zu vereinen. Dabei kam auch Ihr vielfältiges gesellschaftliches Engagement zum Tra gen. In Ihnen verlieren wir eine sehr belesene, allseits geach tete Kollegin. Herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Aus dem Parlamentsjahrgang 2001 verlassen uns sieben Kol leginnen und Kollegen – ein echter Aderlass.

Sie, Kollege Bayer, brachten Ihre originäre berufliche Kom petenz in der Jugend- und Bildungspolitik ein: Fachstudium, langjährige einschlägige Tätigkeit, eine pulsierende soziale Ader als politisch-anatomischer Vorteil, ein jugendliches Feu er, das nie erloschen ist,

(Vereinzelt Heiterkeit)

und trotzdem – ich zitiere Ihre Heimatzeitung – „kein Mann der Schnellschüsse“. Dieses Profil hat etwas.

Ihr Credo war: Jugendliche interessieren sich dann am ehes ten für Politik, wenn man ihnen das Hineinwachsen durch konkretes Mitwirken ermöglicht. Sie zählten deshalb zu den frühen Protagonisten des Wählens mit 16. Sie wirkten enga giert an den jugendpolitischen Veranstaltungen des Landtags mit. Herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Sie, liebe Kollegin Brunnemer, haben gezeigt, worauf es in der Politik systemrelevant ankommt; nämlich darauf, mit bei den Beinen im Leben zu stehen und Alltagserfahrung konse quent in politisches Handeln zu übersetzen. Ländlicher Raum, Verbraucherschutz, Schule, Sport, Gesellschafts- und Sozial politik, diesen Feldern widmeten Sie sich nicht durch Hand auflegen, sondern konkret und tiefschürfend.

Ihre volle Konzentration und Ihr wesensgemäßer Elan galten ausschließlich der Sache. Sie verschwendeten keine Energie damit, Wind um die eigene Person zu machen. Auf Ihre Art, also höchst effektiv, haben Sie zudem als stellvertretende Fraktionsvorsitzende herausgehobene Verantwortung getra gen.

Ein Extradank gebührt Ihnen für Ihren Einsatz als Vorsitzen de des Beirats unseres Schülerwettbewerbs, eine Aufgabe, die Sie mit dem Impetus einer passionierten Pädagogin wahrge nommen haben. Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Dass persönlicher Facettenreichtum kein Nachteil im politi schen Geschäft ist, das haben Sie eindrucksvoll unter Beweis gestellt, lieber Kollege Haller. Oberbürgermeister, Bäckerei meister und – der Begriff sei erlaubt – Schulmeister, dieses Tripel hat bei Ihnen ein außergewöhnliches Standing ergeben.

Das Prädikat „Experte“ wird ja gelegentlich ziemlich freigie big verwendet. Sie wurden völlig zu Recht als solcher be zeichnet. Verkehrsexperte der SPD-Fraktion, das hieß: Sie sind ein ambitionierter Realist gewesen. Das machte Ihre zu gespitzten, aber schlüssigen Debattenbeiträge für uns alle wertvoll – für uns alle einschließlich des Verkehrsministers, der gerade amtiert hat, wohlgemerkt selbst der in dieser Wahl periode. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Sie, Kollegin Haller-Haid, haben nie einen Hehl daraus ge macht, dass Ihr Herz auch politisch links schlägt, und zwar kräftig. Soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit prak tisch durchzusetzen, dieses Ziel war, ist und bleibt der An trieb, ja die Mission Ihres gesamten politischen Engagements.

Das trat in Ihrer parlamentarischen Arbeit überall zutage, ob als frauenpolitische Sprecherin, ob in Bildungsfragen, ob im Europaausschuss, ob als stellvertretende Fraktionsvorsitzen de.