Wir haben genau diesen Befund, dass es am Ende viele fal sche Entscheidungen der Eltern gibt, weil sie mit dem eige nen Entscheidungsrecht überfordert werden. Das ist eine Tat sache. Deswegen werben wir dafür, das ausgewogene Verfah ren so beizubehalten, wie es seit vielen Jahren praktiziert wird.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen, meine Damen und Herren! Mit dem Weg fall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung setzen wir heute eine seit Langem erhobene Forderung des Landeseltern beirats und der Eltern in Baden-Württemberg in die Tat um, sehr geehrter Herr Wacker. Wir geben damit die Verantwor tung für die Wahl der weiterführenden Schule in die Hände der Eltern. Wir sind davon überzeugt, dass die Eltern sich die ser Verantwortung bewusst sind und mit der Entscheidung be hutsam umgehen werden.
Um diese Entscheidung treffen zu können, sind die Beratungs gespräche zwischen Eltern und Lehrern wichtiger denn je. Die schon in der Vergangenheit mit großem Engagement geführ ten Beratungen durch die Lehrerinnen und Lehrer über die Entwicklung und das Potenzial der Kinder erhalten ab heute ein noch größeres Gewicht. Wir untermauern damit die ver antwortungsvolle Aufgabe der Lehrer und Lehrerinnen an den Grundschulen. Denn was bisher am Ende in eine Verbindlich keit mündete und daher oftmals nicht die Akzeptanz der El tern fand, wird künftig eine echte Empfehlung an die Eltern sein, die ihnen eine Entscheidung abverlangt. Am Ende liegt
es also an den Eltern, die richtige Wahl zu treffen, die Schule zu wählen, die zu ihrem Kind passt und ihrem Kind den best möglichen Bildungserfolg bietet.
Damit entlasten wir die Grundschüler. In den vergangenen Jahren haben diese mit einem steigenden Notendruck umge hen müssen.
Diese Belastung zog sich oftmals durch die gesamte Grund schulzeit, Herr Wacker. Sie müssen nur mit Eltern, Schülern und Grundschullehrern sprechen, um dies bestätigt zu bekom men.
Wir wissen, dass diese Entscheidung nicht immer leicht zu treffen sein wird, solange unser Schulsystem durch die Glie derung einen selektiven Charakter hat.
Die Entwicklung und das Potenzial eines Kindes sind nicht stringent, sondern individuell. Jedes Kind entwickelt sich an ders.
Es ist zu einem so frühen Zeitpunkt, nach der vierten Klasse, nicht immer abzusehen, welche Entscheidung, welche Wahl die richtige sein wird. Daher kann der Wegfall der Verbind lichkeit der Grundschulempfehlung nur der erste Schritt hin zu einem offenen Bildungssystem in Baden-Württemberg sein.
Wer weiterhin behauptet, das gegliederte Schulsystem biete die besten Möglichkeiten für jedes Kind, unterschlägt die Tat sache, Herr Wacker, dass in kaum einem anderen Bundesland die Herkunft eine so große Rolle für den Bildungsabschluss spielt wie in Baden-Württemberg.
Der Bildungsatlas in der OECD-Studie zeigt dies deutlich. In dieser Hinsicht steht Baden-Württemberg an neunter Stelle und nicht vorn, nicht an erster, zweiter oder dritter Stelle.
Daran konnte auch die Verbindlichkeit der Grundschulemp fehlung in der Vergangenheit nichts ändern. Denn die verbind liche Grundschulempfehlung war nach unten nicht bindend. So wurde beispielsweise von 17 % der Gymnasialempfehlun gen überhaupt kein Gebrauch gemacht.
Zudem haben sich bereits in den vergangenen Jahren die Über gangsströme an die einzelnen Schulen stark verändert. So ha ben die Haupt- und Werkrealschulen mit einem massiven Schülerrückgang zu kämpfen, während die Realschulen ste tig steigende Zahlen zu verzeichnen haben.
Meine Damen und Herren, wir werden in den nächsten Mo naten den Weg für ein Schulsystem bereiten, das allen offen steht, das die soziale Selektion aufgreift und aktiv angeht.
Wir werden endlich Möglichkeiten schaffen, um die wachsen de Heterogenität in den Klassen zu berücksichtigen. Dazu werden wir die Ansätze bieten, dass individuelle Förderung über alle Schularten hinweg möglich gemacht wird.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mit welchen Res sourcen? Können Sie dazu auch etwas sagen? – Glo cke der Präsidentin)
Darüber hinaus sind wir mit der grün-roten Landesregierung davon überzeugt, dass längeres gemeinsames Lernen auf die Entwicklung der Kinder eingeht und ihnen mehr Zeit lässt, ihr Potenzial zu entfalten. Die Einführung der Gemeinschafts schule wird daher ein wichtiger Schritt hin zu einem sozial gerechten und leistungsstarken Schulsystem sein. So schaffen wir die Voraussetzung dafür, dass es am Ende weniger Verlie rer im Bildungssystem gibt. Denn unser Ziel ist es, das Ras ter in der Schullandschaft so zu verengen, dass am Ende nie mand mehr hindurchfällt, sondern jeder aufgefangen und un terstützt wird...
Frau Kollegin Boser, Sie haben in Ihrer Rede auch den Zusammenhang zu der von Ihnen ge planten Einführung der Gemeinschaftsschule hergestellt.
schulempfehlung dem Ziel dient, die Rahmenbedingungen für die Einführung einer Gemeinschaftsschule zu schaffen und somit einen Systemwechsel in unserem Bildungssystem her beizuführen?
Weil wir die Probleme in Ba den-Württemberg angehen müssen. So müssen wir beispiels weise dafür sorgen, dass die soziale Selektion aufgehalten wird, dass wir hier bessere Voraussetzungen für die Schüle rinnen und Schüler schaffen. Die Forderung nach dem Weg falls der Grundschulempfehlung – –