(Abg. Volker Schebesta CDU: Ihre Fraktion wollte doch bis 25 herunter! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wieso wurden damals 25 gefordert?)
Wir halten es daher für dringend erforderlich, an der Ausge staltung der Realschulen weiterzuarbeiten. Hier bietet die Ganztagsschule wichtige Veränderungen, um einen rhythmi sierten Unterricht möglich zu machen. Außerdem sind die Stundenpools für individuelle Förderung zu nennen.
Da Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, immer davon sprechen, dass die Schülerinnen und Schüler nur dann erfolgreich sind, wenn sie nach der Klasse 5 ins geglie derte Schulsystem wechseln, möchte ich dazu noch ein paar Punkte sagen. Wie bereits am Anfang dargestellt, hat sich der Trend innerhalb des Schulsystems stark verändert. Nun müss te laut Ihnen die Folge daraus sein, dass viele Schülerinnen
und Schüler auf die Realschulen, auf die Gymnasien gewech selt sind und in diesen Schulen chancenlos und überfordert ihr Glück versucht haben und daran gescheitert sind.
Ist das die Realität? Nein, das ist nicht die Realität. Die Quo te der Schülerinnen und Schüler, die die Realschulen mit ei nem Realschulabschluss verlassen haben, ist gestiegen.
Auch die Ergebnisse aus den Verbundschulen zwischen Real schulen und Werkrealschulen zeigen ganz deutlich, dass Schü lerinnen und Schüler, die mit einer Haupt- und Werkrealschul empfehlung an die Realschulen in diesen Verbundschulen ge wechselt sind, nach Klasse 7 sehr wohl den Übergang an die Realschulen geschafft haben und nicht im Haupt- und Werk realschulzweig verblieben sind. Wir haben es damit aber in den vergangenen Jahren nicht geschafft – das zeigt die Studie der Bertelsmann Stiftung –, die Chancengerechtigkeit und die soziale Gerechtigkeit im Bildungssystem zu verbessern.
Wenn man diese Erfahrungen und Möglichkeiten nun fort setzt, muss man zu dem Schluss kommen, dass es ohne Se lektion und mit individueller Förderung noch mehr Schüle rinnen und Schülern gelingen würde, einen besseren Schul abschluss zu erreichen.
Stellen Sie einmal eine Alternative vor, Herr Schebesta, wie es uns in Baden-Württemberg gelingen kann, mehr Schüle rinnen und Schüler zu einem besseren Bildungsabschluss zu führen. Denn wir sind – Sie werden diese Studie vielleicht auch gelesen haben – zusammen mit Bayern Schlusslicht in Deutschland.
Ich glaube, dass es sich ein wirtschaftsstarkes Land wie Ba den-Württemberg dauerhaft nicht leisten kann, an diesem Sys tem festzuhalten und diese Quote hinzunehmen und sie sozu sagen als gottgegeben darzustellen.
Deswegen halten wir es für einen wichtigen Punkt, bei der Weiterentwicklung des baden-württembergischen Bildungs systems Möglichkeiten zu schaffen, um die Chancengerech tigkeit und die Entkopplung des Bildungserfolgs von der so zialen Herkunft voranzubringen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Welche Bedeutung haben die Realschulen in diesem System? – Gegen ruf von der SPD: Eine wichtige! – Glocke der Präsi dentin)
Ich möchte meinen Gedankengang gern noch zu Ende füh ren. – Die Realschule spielt eine ebenso wichtige Rolle wie die anderen bestehenden Schularten. Wir haben dort deshalb zum ersten Mal – das betone ich nochmals – Stunden für die individuelle Förderung zur Verfügung gestellt. Das hätten Sie während Ihrer Regierungszeit doch ebenfalls machen können.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sie wollen die Realschulen er halten! Schön, dass wir das wissen!)
Nachdem auch bei Kol legin Boser die Redezeit bereits überschritten ist, besteht die Möglichkeit einer Zwischenfrage nicht mehr.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Abgeordneten der CDU haben für ihre Große Anfrage zur Realschule einen in teressanten und, wie ich meine, aufschlussreichen Titel ge wählt. Sie ordnen der Realschule ein sehr wichtiges Körper teil zu, nämlich das Rückgrat. Nun bin ich auf weitere Anfra gen von Ihrer Seite gespannt und würde gern erfahren, wel che Körperteile Sie denn den anderen Schularten zuordnen. Für die Grundschule finden Sie hoffentlich das Herz, für das Gymnasium womöglich das Gehirn. Was bleibt für die Haupt schule?
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Restschule, wie Sie sie jahrelang bezeichnet haben! Das bleibt! – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)
Etwa die Niere? Welcher Körperteil steht für die Förderschu le, und wo ordnen Sie dann die Gemeinschaftsschule ein?
Die Antwort auf die Große Anfrage hat das bestätigt, was wir schon wissen: Die Realschule ist eine von den Eltern und von den Schülern gern gewählte und anerkannte weiterführende Schule.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der SPD: Jawohl! – Abg. Claus Schmie del SPD: Sehr gut!)
Sie hat ein persönlichkeitsbildendes Profil, ist berufsorientie rend; ihr mittlerer Abschluss ist Voraussetzung für sehr viele Berufsausbildungen und eröffnet auch den Weg über ein be rufliches oder allgemeinbildendes Gymnasium zum Abitur.
Ist also alles auf bestem Wege? Hier setze ich ein Fragezei chen. Aus der Sicht der Schulleiter an Realschulen sieht vie les nicht so rosig aus. Die Realschulen haben durchgängig sehr große Klassen und Lerngruppen. Sie weisen die schlech teste Lehrer-Schüler-Relation unter allen weiterführenden Schulen auf.
Es gibt im Gegensatz zum Gymnasium keine Poolstunden für pädagogische Maßnahmen. Neue Poolstunden gibt es in Re alschulen je Zug im Umfang von 1,5 Stunden; im Gymnasi um gibt es in den Stufen 5 und 6 je eine Stunde. Das ergibt bei einer vierzügigen Schule ein Minus von zwei Stunden für die Realschule.
In Realschulen gibt es keine Deputatsstunden und auch kein Geld für die Hausaufgabenbetreuung – im Gegensatz zum
Gymnasium. Der Ergänzungsbereich ist kaum berechenbar; hieraus muss auch noch die Krankheitsvertretung gebildet werden. Dadurch wird die Profilbildung erschwert und manch mal auch gefährdet.
Die Krankheitsvertretungsstunden sind zu knapp bemessen; Unterrichtsausfall ist zum Teil amtlich verordnet, z. B. dann, wenn Prüfungen stattfinden. Für die Realschulrektoren gibt es weniger Leitungszeit im Vergleich zu den Rektoren etwa gleich großer Gymnasien. Zudem erhalten die Schulträger für die Realschüler die niedrigsten Sachkostenbeiträge.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: So sieht es aus! – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Was beabsichtigen Sie daran zu ändern?)
Wir können diese Ungereimtheiten nicht von einem Jahr zum nächsten ausgleichen, aber wir arbeiten daran. Über 4 000 Lehrerstellen, obwohl von Ihnen in den Haushaltsjahren 2011 und 2012 noch als „künftig wegfallend“ verbucht, bleiben im System. Im laufenden Haushaltsjahr gibt es 200 Deputate mehr für die Realschulen. Dazu kommt die Aufstockung der Krankheitsvertretungsreserve. Das ist noch immer zu wenig, aber deutlich mehr, als Sie zu geben bereit waren.
Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, das, was Sie mit Ihrer Initiative nicht abgefragt haben, möchte ich hier und heute benennen. Mit der Einführung des G 8 haben sich vie le Eltern mit ihren Kindern für die Realschule entschieden, obwohl die Empfehlung der Grundschule „Gymnasium“ lau tete. So sitzen in manchen Realschulklassen bis zu 30 % Schü lerinnen und Schüler,
die die Voraussetzungen für das Gymnasium mitbringen. Gleich zeitig nehmen die Realschulrektoren seit Jahren Kinder in ih re Schule auf, die ein Jahr zuvor noch eine Hauptschulemp fehlung erhalten haben, weil die Eltern alles daransetzen, dass ihr Kind die Realschule besuchen kann, selbst wenn es die Klasse 5 wiederholen muss.
So haben wir schon heute in vielen Realschulklassen eine große Heterogenität, die der einer Gemeinschaftsschule ent spricht.
Vermutlich wird die Bandbreite der Begabungen mit dem Wegfall der verpflichtenden Grundschulempfehlung nicht klei ner.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das werden demnächst die Gymnasien haben, die Heterogenität! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Meine Damen und Herren von der Opposition, natürlich wis sen Sie das längst, wollen es sich aber nicht eingestehen: Die Realschule ist Gemeinschaftsschule.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: So sieht es aus! – Abg. Volker Schebesta CDU: Dann brauchen wir ja keine Schul gesetzänderung! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Deswegen haben sie so viele Anträge gestellt! – Wei tere Zurufe – Unruhe – Glocke der Präsidentin)