Auf eine entsprechende Anfrage erhielten wir nun eine aus weichende Antwort. Das gibt Anlass zur Hoffnung, dass Sie von Grün-Rot Ihre Positionen und Ihr teilweise etwas ver korkstes Verhältnis zur Wirtschaft noch einmal überdenken
und das Erfolgsmodell der dualen Ausbildung wertschätzen lernen, um das uns Menschen in vielen Ländern der Welt be neiden.
Bezüglich des erfreulich großen Markts der Weiterbildung ist es wichtig, für mehr Informationen und somit für mehr Trans parenz zu sorgen. Für sehr bedeutend halten wir Liberalen schließlich auch die Bemühungen, weiterbildungsferne Per sonengruppen gezielt anzusprechen und auf Weiterbildungs möglichkeiten aufmerksam zu machen.
Die FDP verspricht sich viel von Weiterbildungsgutscheinen, die nicht nur Anreize für mehr Weiterbildungsbeteiligung set zen, sondern auch ein faires Finanzierungsinstrument darstel len.
Zunächst einmal hoffen wir, dass die 10 Millionen € für die Umsetzung der Enqueteempfehlungen nicht eine einmalige Angelegenheit waren, sondern dass die grün-rote Landesre gierung im Bewusstsein der Tragweite der Enqueteergebnis se die Finanzierung auch weiterhin sicherstellt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Das berufliche Bildungssystem in BadenWürttemberg ist zweifellos ein Pfund. Ich darf das als gleich sam vor vier Jahren Zugereiste wirklich sagen.
Erstens war ich beeindruckt, als ich dieses System in seiner Ausdifferenziertheit kennengelernt habe. Die Kolleginnen und Kollegen in der Kultusministerkonferenz haben mir auch schon so manches Mal gesagt: „Da seid ihr richtig gut aufge stellt.“ Das ist überhaupt keine Frage.
Zweitens: Natürlich hat uns die Enquete eine wunderbare Ana lyse des beruflichen Schulsystems und auch der Weiterbil dungslandschaft vorgelegt. Vor allem liegt uns ein Maßnah menkatalog vor, der einvernehmlich verabschiedet wurde und eine sehr gute Basis für unsere künftige Arbeit darstellt.
Wir haben ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht; das ist noch unter der vorherigen Landesregierung geschehen. Es ist übrigens nicht vollständig ausfinanziert; das will ich nur am Rande erwähnen.
Wir haben 6,5 Millionen € in den Haushalt 2012 eingestellt, um das Maßnahmenpaket I tatsächlich weiter fortsetzen zu können. Das haben wir auch gern gemacht.
Die Antwort auf die Frage, was wir insgesamt im beruflichen Bildungssystem zu tun haben, ist ziemlich klar. Wir, die neue
Jetzt muss ich – Sie werden es mir verzeihen, Frau Abg. Schmid – schon noch einmal darauf eingehen, vor welchem Hintergrund wir die Maßnahmen diskutieren. Natürlich ist ein Maßnahmenpaket II sinnvoll. Das wird es sicherlich auch ge ben.
Das Ausmaß dieses Pakets entscheidet sich letztlich anhand der Ressourcen, die wir dafür freimachen können. Denn was haben wir im Bildungsbereich an Hinterlassenschaft mitzuor ganisieren? Ich habe es gestern schon erwähnt: 223 Millio nen € für die Qualitätsoffensive Bildung. Die müssen wir fi nanzieren und werden wir finanzieren. Das ist ein Riesenbat zen. Wir haben eine Bugwelle von 3 300 Deputaten, davon knapp 1 700 Deputate im beruflichen Bereich. Das sind die Überstunden, die aufgrund des strukturellen Defizits in der Unterrichtsversorgung anfallen. Wir haben ferner ein struktu relles Defizit bei der Unterrichtsversorgung an den beruflichen Schulen und auch an den Sonderschulen. All das müssen wir unter einen Hut bringen, all das müssen wir von den 3 300 Deputaten demografische Rendite mitbeackern. Das werden wir auch tun und sorgfältig abwägen.
In einem ersten Schritt haben wir weitere Deputate eingesetzt, um das strukturelle Defizit in der Unterrichtsversorgung von 4,4 % auf immerhin 4,1 % abzubauen. Das scheint ein klei ner Schritt, aber es ist auf jeden Fall ein wichtiger Beitrag, um besser zu werden. Denn das berufliche Bildungssystem kann wirklich nur dann so leistungsfähig sein, wie wir es uns wün schen, wenn wir diese Deputate tatsächlich einrichten.
Ein ganz wichtiger Punkt, der uns allen gemeinsam Sorge be reitet, ist, dass beileibe nicht alle Realschüler, die die forma len Voraussetzungen erfüllen, um an einem beruflichen Gym nasium das Abitur zu machen, auch tatsächlich einen Platz be kommen. Deshalb sind 100 zusätzliche Klassen eingerichtet worden, die wir übrigens auch weiter finanzieren. Auch das war in der mittelfristigen Finanzplanung nicht abgebildet. Das sind immerhin 175 Deputate. Wir haben hier um weitere 50 Eingangsklassen aufgestockt. Es ist vollkommen klar, dass wir entsprechend dem Bedarf dort auch weiter nachlegen müs sen. Denn wir wollen den jungen Menschen nicht Wege ver bauen, sondern wollen die Wege ermöglichen.
Wir haben ferner 15 neue sechsjährige berufliche Gymnasien mit einer Öffnung für Technische, Ernährungs- und Sozial wissenschaftliche Gymnasien eingerichtet. Wir hatten bisher nur fünf sechsjährige Wirtschaftsgymnasien. Auch das ist ein wichtiger Schritt, der zu einem Rechtsanspruch auf einen Platz in einem beruflichen Gymnasium führen könnte.
Wir haben ferner – auch das ist ein wichtiger Schritt, der u. a. die beruflichen Schulen entlastet – die Krankheitsvertretung, die feste Krankheitsreserve um 200 Deputate aufgestockt. Da von entfallen auf die beruflichen Schulen insgesamt 40 Depu tate. Auch das ist ein Beitrag.
Wenn Sie das jetzt alles zusammenrechnen und es den Res sourcen gegenüberstellen, die wir für die Gemeinschaftsschu le im Haushaltsjahr 2012 einsetzen, dann werden Sie sehen: 60 Deputate für die Gemeinschaftsschule und auf der ande ren Seite – –
Da kommt natürlich in den nächsten Jahren mehr dazu, aber wir reden jetzt über das Haushaltsjahr 2012.
Ich möchte gern noch etwas zur Berufsorientierung sagen, weil dies angesprochen worden ist. Herr Dr. Kern, die beruf liche Orientierung kann sich doch nicht nur darauf beschrän ken, dass die Werkrealschulen mit den Berufsfachschulen zu sammenarbeiten. Ich hoffe, da sind wir uns einig. Unsere ge meinsame Aufgabe ist es jetzt, sehr genau darauf zu achten, dass sich bei der Überarbeitung der Bildungspläne die beruf liche Orientierung wie ein roter Faden durch die Ausbildungs inhalte zieht. Denn es kommt darauf an, jungen Menschen frühzeitig den Blick dafür zu eröffnen, was sie gut können und wie sie sich weiterentwickeln können.
Wir haben im Bereich der beruflichen Schulen in der Tat ein großes Dilemma; ich will es ruhig so offen formulieren. Auf der einen Seite haben wir eine Bugwelle von – ich habe es ge rade gesagt – 1 700 Deputaten und auf der anderen Seite ein strukturelles Defizit von 4,1 %. Das bedeutet, wir müssen ab wägen. – Ich glaube, Herr Schebesta möchte nach Hause.
(Heiterkeit – Abg. Volker Schebesta CDU: Nein, noch zusätzliche Redezeit für die Redner der Frakti onen! Andersherum, Frau Ministerin!)
Gut, denn das ist ein wichtiger Punkt, weil wir da auch ge meinsam Verantwortung tragen. Die Frage ist nämlich: Wie geht man damit um, wenn man auf der einen Seite ein struk turelles Defizit hat, das dazu führt, dass sich immer mehr Überstunden aufbauen, und auf der anderen Seite die berech tigte Forderung besteht, diese Bugwelle endlich abzubauen?
Mein Plädoyer ist nach wie vor, in allen Schularten zunächst einmal das strukturelle Defizit abzubauen. Denn das ist die Basis dafür, dass keine weiteren Bugwellen entstehen und wir gemeinsam mit den Personalvertretungen Schritte vereinba ren können, wie wir mit den Überstunden umgehen.
Im Ergebnis, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehe ich immer wieder große Einigkeit – gerade auch im Bildungs ausschuss –, was das berufliche Bildungswesen angeht. Ich finde, das ist eine gute Basis, die sich vielleicht auch auf sons tige Inhalte der Bildungspolitik ausdehnen lässt.
Ich bin der Auffassung, dass wir weiter daran arbeiten müs sen, allen jungen Menschen, die, nachdem sie die Realschule erfolgreich absolviert haben, den Weg weitergehen wollen, die entsprechenden Plätze zur Verfügung zu stellen, und in diesem Rahmen immer wieder nachjustieren müssen.
Frau Ministerin, wir müssen, wie Sie ausgeführt haben, mit den Ressourcen so wohl im Haushalt als auch bei den einzelnen Menschen sehr sorgsam umgehen. Für mich ist z. B. die Situation der Berufs kollegs immer ein Sorgenkind. Schüler in der Berufsfachschu le absolvieren eine spezielle Ausbildung – nehmen wir ein mal an, eine kaufmännische. Anschließend gehen sie aufs Be rufskolleg und machen als Drittes eine Ausbildung zum In dustriekaufmann. Jedes Mal müssen sie dieselben Fächer noch einmal absolvieren. Wäre es nicht sinnvoll, eine Reform, möchte ich sagen, dahin gehend vorzunehmen, dass man mit dem dualen Partner vereinbart, die letzte Ausbildung zum In dustriekaufmann um die Inhalte zu kürzen, die in den beiden Ausbildungen davor schon umfänglich behandelt wurden?