Protokoll der Sitzung vom 18.04.2012

Jetzt kommen wir zu Ihrem großen Verkehrsvertrag. Sie ha ben immer behauptet, vonseiten des Verbraucherschutzes hät ten Sie sogar eine gute Beurteilung erhalten.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das stimmt!)

Das weiß ich. Das anerkenne ich. Die Untersuchung hat Ih nen bestätigt, dass man, bezogen auf die tatsächlichen Bedar fe, richtig bestellt hat. Das ist nicht bestritten. Aber wir sagen, dass Sie bezogen auf das, was man mit dem Geld erlösen könnte, einen schlechten Vertrag abgeschlossen haben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Widerspruch!)

Wir haben heute nämlich Vergleichszahlen. Sie haben den Ver trag damals direkt vergeben, obwohl man hätte ausschreiben

können. Das haben Sie nicht gemacht. Heute wissen wir, was dieser Direktvertrag gekostet hat: Im Schnitt zahlen wir 30 % mehr als das, was man heute im Wettbewerb für einen Kilo meter ausgeben muss.

(Zurufe von der CDU: Unglaublich! – Abg. Peter Hauk CDU: Aber damals! Das war im Jahr 2003!)

Jetzt kommt Ihr Argument: „aber damals“. Aber warum ha ben Sie ihn dann damals – da muss ich sagen, das war wirk lich unklug, und das war wirklich Missmanagement –, wenn man schon einen großen Verkehrsvertrag macht, so angelegt, dass man nach 13 Jahren wieder einen großen Brocken hat und wieder nicht detailliert und abgestuft vergeben kann? Das war Ihr größter Fehler. Sie hätten in diesem Vertrag zeitlich abstufen müssen, damit ich überhaupt in der Lage bin oder die Nachfolger in der Lage sind, zeitlich abgestuft Ausschreibun gen vorzunehmen. Heute stehen wir vor der Situation, dass ich in diesem Vertrag gefangen bin. Ich komme ja gar nicht heraus! Ich kann ihn bis zum Jahr 2016 gar nicht kündigen!

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der CDU: Quatsch!)

Es ist doch absurd, dass ausgerechnet Sie, die diese Fesseln angelegt haben, mir vorwerfen, dass ich in ihnen stecke. Das ist doch ein Witz. Sie haben einen Vertrag abgeschlossen, der nicht vor 2016 kündbar ist,

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU – Vereinzelt Heiterkeit)

und wenn Sie sagen, aber die Bahn biete doch an, dass wir vorzeitig etwas machen können,

(Abg. Peter Hauk CDU: Genau!)

dann sage ich Ihnen, was die Bahn anbietet. Die Bahn bietet nämlich Folgendes an: Weil sie den bis 2016 laufenden Ver trag in der Hand hat und nicht aussteigen muss, kommt sie zum Verkehrsminister und fragt: „Können wir da nicht etwas machen?“, und dann lautet das Angebot: „Wenn wir vorzeitig kündigen,“ – in Klammern: einen gut dotierten Vertrag kün digen wir ja nicht vorzeitig – „dann müssen Sie uns etwas bie ten, dann wollen wir im Gegenzug die eine Hälfte als Direkt vergabe, und für die andere Hälfte können wir dann über ei ne Ausschreibung reden.“

Dazu sage ich Ihnen: Nach dem Urteil des Europäischen Ge richtshofs – –

(Abg. Tanja Gönner CDU: BGH-Urteil!)

Entschuldigung, nach dem BGH-Urteil, nach höchstrichter licher Entscheidung, können wir keine Direktvergabe mehr machen, jedenfalls nur noch in ausdrücklichen Ausnahmefäl len. Das wäre aber keine ausdrückliche Ausnahmesituation. Aus dieser Sicht heraus muss ich Ihnen sagen: Das war ein vergiftetes Angebot. Aus dem Verkehrsvertrag komme ich nicht ohne Weiteres heraus.

Gleichwohl muss ich Ihnen sagen: Wir werden Übergangs verträge machen müssen, wenn wir vermeiden wollen, dass in 15 oder 20 Jahren das gleiche Problem wie heute auftritt, dass alles in ein Paket kommt und nicht gestaffelt werden kann. Deswegen werden wir Übergangsverträge machen, um

zu einer Staffelung zu kommen. Das habe ich übrigens auch den Mitgliedern des Verkehrsausschusses dargelegt, und da her ist der Vorwurf, wir würden nichts machen und nicht da ran arbeiten, völlig daneben.

Ich will heute nicht so blöd sein und Ihnen Vorwürfe machen, aber so viel möchte ich Ihnen schon sagen: Wenn man viel vorbereitet hätte, wären wir schneller gewesen. Beispielswei se gehört zu dieser Vorbereitung, dass man sich überlegt, wie wir zukünftig die Fahrzeuge finanzieren. Müssen wir, wenn wir Wettbewerb wollen, dann den Anbietern eventuell bei der Fahrzeugfinanzierung helfen? Ich habe inzwischen erfahren, Frau Gönner, dass Sie sich vehement gegen einen Fahrzeug pool gewehrt haben. Das wäre eine Variante gewesen.

(Zuruf von den Grünen: Aha! – Zuruf: 1 Milliarde €! – Abg. Peter Hauk CDU: 25 Jahre Finanzierung!)

Das wäre eine Variante gewesen, die man hätte vorbereiten können. Da gibt es inzwischen auch andere Lösungen; wir sind auch an anderen Lösungen dran. Wir überlegen z. B. ein Konzept der Wiedereinsatzgarantie, über die Verträge abgesi chert werden können. Das sind Punkte, an denen wir dran sind. Darüber sind übrigens alle, die ebenfalls in diesem The ma drin sind und die Mitglied im Ausschuss sind, informiert. Zu behaupten, wir würden da gar nichts machen, ist wirklich völlig daneben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Jetzt will ich Ihnen sagen, was uns bei der Finanzierung der Zugbestellungen Probleme macht: Man hat in den Jahren, in denen die Regionalisierungsmittel richtig üppig waren – sie lagen über dem, was man an Zugbestellungen ausgegeben hat; auch Sie, Herr Hauk, können sich gut daran erinnern, denn das waren für Sie die goldenen Jahre des Schienen-ÖPNV – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Weil die Dynamisierung da mals höher war!)

Ja, die Dynamisierung war höher. Ferner gab es keine Kür zungen durch die Große Koalition auf Bundesebene, an der die CDU ja auch beteiligt war. Aber davor gab es goldene Zei ten, und man hat relativ viel Geld gehabt.

In dieser Zeit haben Sie, die CDU-FDP/DVP-Koalition – jetzt reden wir über Weichenstellungen –, nahezu alles, was ur sprünglich auch einmal aus dem Landeshaushalt finanziert worden war, vollständig aus Regionalisierungsmitteln finan ziert. Sie haben – das hat mich überrascht – zum Teil sogar auch noch die Kofinanzierungsmittel bei Bundesprojekten da raus entnommen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ein Blödsinn, Kul tur aus Regionalisierungsmitteln zu finanzieren! – Gegenruf des Abg. Winfried Mack CDU: Ist das blöd, oder was?)

Das weiß ich inzwischen. Der Bund hat dies merkwürdiger weise toleriert. So ist das halt in der Politik. Aber Sie haben daraus alles Mögliche finanziert. In der Phase – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Aber das ist doch zum Nut zen des Landes! Was ist daran nicht zum Nutzen des Landes?)

Dass man Bundesmittel zur Kofinanzierung von Bundes projekten einsetzt, geht eigentlich nicht. Da muss man Lan desmittel bringen. So ist das. Das geht wirklich nicht,

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

aber Sie haben es gemacht. Sie haben damit Innovationspro gramme finanziert. Nun sind Innovationsprogramme gut, aber sie müssen nicht zwingend aus Regionalisierungsmitteln fi nanziert werden. Sie haben ein Bahnhofsmodernisierungspro gramm finanziert; auch das ist eine gute Sache, aber auch das muss nicht aus Regionalisierungsmitteln finanziert werden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das kommt doch den Regi onen zugute!)

Sie haben auch die Verbundförderung, die uns inzwischen fast 50 Millionen € kostet – sie ist gut –,

(Abg. Peter Hauk CDU: Ja, also!)

aus Regionalisierungsmitteln finanziert.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist doch in Ordnung!)

Dann haben Sie noch insgesamt 285 Millionen € für Stuttgart 21 aus Regionalisierungsmitteln finanziert.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Staatstheater!)

Die eigentliche Dramatik der Finanzierung entsteht übrigens im nächsten Jahr, weil dann der Sprung bei den Zahlungen für Stuttgart 21 sehr hoch ist.

(Abg. Peter Hauk CDU: Aber das ist doch ein großer Teil des Regionalverkehrs!)

Natürlich ist das auch ein Teil des Regionalverkehrs.

(Abg. Peter Hauk CDU: Natürlich!)

Aber Sie haben in Zeiten, als die Mittel üppig geflossen sind, alles Mögliche aus Regionalisierungsmitteln finanziert. Jetzt aber, da die Trassenpreise, die Stationspreise, die Energieprei se steigen und der Vertrag so ist, dass man alles durchreicht und der Aufgabenträger bzw. das Land als Verantwortlicher für den Nahverkehr bezahlen muss, wird es eng. Darüber müs sen wir reden. Aber Sie können nicht so tun, als hätten Sie nichts damit zu tun. Denn Sie haben alle diese Weichen ge nau so gestellt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Oper Stuttgart! – Zu ruf von der SPD: Schauspielhaus!)

Jetzt sage ich Ihnen, was der Skandal hinter dem Skandal ist.

(Zuruf: Oh!)

Was ist der Skandal hinter dem Skandal?

(Abg. Peter Hauk CDU: Also doch ein Skandal!)

Dieser Skandal ist, dass die jetzige Bundesregierung, getra gen von FDP und CDU/CSU, einen interessanten Vorgang