Oder nehmen wir die Posse von der verschwendungssüchti gen Vorgängerregierung. Es empört sich ein sozialdemokra tischer Finanzminister darüber, dass während der Wirtschafts krise die Ausgaben erhöht worden sind. Das, was Sie in der letzten Woche kritisiert haben, Herr Finanzminister, war ja offensichtlich der Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland – übrigens gemeinsam mit der damaligen Bun desregierung geschaffen, in einer Großen Koalition, an der die SPD beteiligt war. Der Vorwurf ist, in der Krise die Ausgaben erhöht zu haben, um eine antizyklische Wirtschaftspolitik zu machen.
Das ist hochinteressant; lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen. Denn was haben wir in diesem Jahr in Ber lin erlebt? In Berlin ging es um die Ratifizierung des Fiskal
pakts und des Europäischen Stabilitätsmechanismus. Da ha ben Ihre Genossen in Berlin erklärt: „Es ist viel zu wenig, in der Krise einfach nur alles kaputtzusparen. Die Voraussetzung für unsere Zustimmung ist, dass es auch Programme gibt, die die Wirtschaft wieder auf die Beine bringen. Nur dann stim men wir zu.“ Gleichzeitig kritisieren Sie hier im Landtag von Baden-Württemberg mit Ihrer gespaltenen Zunge, dass wir in der Vergangenheit das Gleiche gemacht haben. So sieht es aus, so ist die Realität.
Das, was Sie mit Ihren Aussagen zur Haushaltsstruktur im mer an Märchen verbreiten, ist auch bemerkenswert. Sie wa ren es doch, die die Studiengebühren abgeschafft haben
und damit den Haushalt strukturell belastet haben. – Ja, aber es ist eine strukturelle Belastung des Haushalts.
Das Zurückholen der freiwilligen Lebensarbeitszeitkonten be lastet den Haushalt. Die Rücknahme unseres Stellenabbau programms belastet den Haushalt. Und Ihr „Ouzo-B-Besol dungsrausch“, den Sie in den Ministerien an den Tag gelegt haben – belastet dieser den Haushalt oder nicht, meine Da men und Herren?
Zu nennen sind auch die unsinnigen Doppelstrukturen von G 8 und G 9, das Prestigeprojekt Gemeinschaftsschule, die völlig unsinnige und regional unausgewogene Polizeireform, die wahrscheinlich Hunderte von Millionen Euro kostet, und – das kann man Ihnen auch an dieser Stelle nicht ersparen – das Steuerabkommen mit der Schweiz. Das, was Sie, Herr Fi nanzminister, in der Vergangenheit zu diesem Thema immer zu sagen hatten, war schon interessant. Da haben Sie erklärt: „Es mag ja sein, dass wir da 1 Milliarde € bekommen. Aber diese Milliarde will ich nicht, denn sie ist ja nicht strukturell.“ Das ist Ihre finanzpolitische Logik.
Also, wenn es Ihnen besser passt, dann stückeln Sie die Ein nahmen meinetwegen in jeweils 100 Millionen € über die nächsten zehn Jahre oder meinetwegen auch jeweils 10 Mil lionen € über die nächsten 100 Jahre, dann können Sie sie als strukturell bezeichnen.
Gegenüber dem, was Sie offensichtlich nicht einsparen oder bei dem Sie nur vorgetäuschte Einsparungen vornehmen, sind die neuen strukturellen Ausgaben in diesem Haushalt eindeu tig erkennbar.
21 Millionen € für die Energiewende, 30 Millionen € für die Duale Hochschule und natürlich 10 Millionen € für Fahrrad wege.
dazu empfehle ich Ihnen einmal, eine Aussage des RWI zur Kenntnis zu nehmen. Das RWI attestiert Ihnen nämlich eine schlechte Finanzpolitik. Und warum? Wegen der Kreditfinan zierung der aus Politikwechseln resultierenden Zusatzausga ben. Genau das ist der Punkt, dass Sie nämlich das, was Sie an anderen Akzenten setzen, nicht an anderer Stelle gegenfi nanzieren.
Meine Damen und Herren, besonders schön finde ich die fol gende These des RWI. Das RWI formuliert: „Vom Muster schüler zum Problemfall“. Meine Damen und Herren, der Pro blemfall sind Sie, die Musterschüler waren wir.
Wenn man Ihre Haushaltspolitik betrachtet, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Titel Ihres Koalitionsvertrags „Der Wechsel beginnt“ stimmt. Aber gemeint war ein Schuldwech sel, meine Damen und Herren. Das ist der Punkt.
wurde nach jedem Regierungswechsel der Staatsapparat größer, weil viele Unterstützer versorgt wurden.
Dazu passen auch die Meldungen über Einsparungen, die Sie so über den Äther schicken. Besonders gefreut hat mich eine dpa-Meldung vom 8. November.
Darin stand nämlich, das Finanzministerium plane Portoein sparungen. Das glaube ich gern, Herr Minister.
Diese Portoeinsparungen resultieren wahrscheinlich daraus, dass Sie den Genossen im Land keine Briefe mehr schreiben müssen, weil Sie sie schon alle im Ministerium haben.
(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Alles andere waren Märchen! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Witz komm raus, du bist umzingelt!)